Meine Länder

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Sonntag, 8. Juni 2014

Wellen 2, ich 0

Ein Freundschaftsspiel zwischen den brasilianischen Wellen und dem deutschen Urlauber endete heute an der Copacabana mit einem leistungsgerechten und letztlich ungefährdeten 2:0-Sieg für die Lokalmatadoren. Nach einer spannenden ersten Halbzeit im kühlen Nass ging es beim Spielstand von 0:0 zum Pausentee. Der Pausentee wurde, wie bei dem deutschen Urlauber üblich, durch Bier ersetzt.

Kurz nach Wiederanpfiff um 11 Uhr wurde der Urlauber auf dem rechten Flügel überrumpelt und trug bei einem Wellenreitmanöver brutalstmögliche Hautabschürfungen in der Nähe des Knies davon. Gegen Ende des Spiels warf der Urlauber alles nach vorne, was dazu führte, dass nicht mehr er die Wellen ritt, sondern die Wellen ihn. Unmittelbar danach gab der Urlauber auf.

Wir waren gestern natürlich viel zu früh am Flughafen in Zürich, konnten aber trotzdem schon einchecken und setzten uns nach Durchlaufen der Sicherheitskontrolle gemütlich in ein Terminal-Bistro. Eineinhalb Stunden später wurde uns das Gate bekanntgegeben, sodass wir uns auf den langen Weg von den A- zu den B-Gates machten.

Christusstatue von der Dachterrasse unseres Hotels aus
Das Boarding ging fix, und wir konnten auch bald abfliegen, sodass wir in den Genuss eines für die Alitalia sicherlich nicht alltäglichen Satzes kamen: "Siamo puntuali." Wir waren tatsächlich vor der geplanten Ankunftszeit in Rom gelandet.

Wir wanderten in Richtung der Ausreisekontrolle, an der wir wieder auf eine Riesenschlange auf der einen Seite bei den "tutti passaporti" und eine Nichtschlange bei den EU-Bürgern trafen. Natürlich wählten wir die EU-Bürger-Reihe und waren schnell durch.

Auch das Boarding in Rom ging relativ schnell, nur saßen wir dann eine Stunde im Flieger bei nervtötender Jazzmusik (ich mag ja Jazz ganz gerne, aber dieses Gedudel hat nur aggressiv gemacht, was die Stewardess nach einem Blick in die Augen der Umsitzenden offenbar auch gemerkt hat. Verwunderlicherweise fiel sie daraufhin nicht tot um, sondern stellte die Musik aus. Brav.)

Der Flug ging, mit Hilfe einer Schlaftablette, 12 Years A Slave und Rush, relativ schnell vorbei, sodass wir nach weniger als elfeinhalb Stunden Flug in Rio de Janeiro einschwebten.

Für die schnelle Ausreise aus Italien erhielten wir bei der Einreise nach Brasilien die Quittung: Unsere Schlange war nicht nur gefühlt (das ist sie ja immer), sondern auch tatsächlich die langsamste, sodass meine Mutter gegen Ende am anderen Schalter stand, weil der seine Schlage schon abgearbeitet hatte. Die eigentliche Einreise in mein 90. Land war erwartet unproblematisch, auch wenn sie beim Zoll ein bisschen einen Hindernisparcours eingebaut haben, der aber auch bewältigbar ist.

Copa-...
Wir kamen in die Schalterhalle und waren ob der Ruhe, die dort herrschte, völlig beeindruckt: Da waren durchaus viele Menschen, aber es kamen keine 827 Taxifahrer auf einen zugestürmt mit dem Hinweis, dass man das beste und billigste Taxi zum Zuckerhut hätte. Während die Abwesenheit von aufdringlichen Taxifahrern also durchaus angenehm war, war die völlige Abwesenheit von Geldautomaten in der Ankunftshalle weniger erfreulich. Nach endlicher Suche ließ ich meine Ma (in Absprache mit ihr!) stehen und ging weiter auf Jagd. Auch auf der Abflugsebene gibt es keinen Geldautomaten, aber in der Ebene darüber wurde ich glücklicherweise fündig. Das "Night Limit" betrug aber 300 Reais, etwa 100 Euro: Mehr kann man also nachts nicht abheben, was es dem Expressentführer wohl erschweren soll, fette Beute zu machen. Beruhigend.

Der Bus, den wir benutzen wollten, kam tatsächlich ungefähr zur erwarteten Zeit, der Schaffner lud unser Gepäck ein und ich zeigte dem Fahrer die Adresse unseres Hotels, welche er sich aufschrieb. Wir fuhren über das Terminal 2, den Busbahnhof, den Inlandsflughafen und diverse Umleitungen in einer guten Stunde in Richtung Copacabana. Wir hatten gehofft, dass uns der Busfahrer möglichst nahe bei unserem Hotel rausließe: Er ließ uns direkt am Hotel raus.

Copacabana
Wir konnten - um 7.30 Uhr - schon aufs Zimmer, wo wir ein wenig auspackten und uns umzogen, denn es sollte schnell an den Strand gehen. Davor guckten wir uns aber noch die Dachterrasse unseres Hotels an. Von da sieht man ein paar Kilometer weiter eine 38 Meter hohe Statue von so 'nem Kirchenfuzzi mit ausgebreiteten Armen. Bevor ich jetzt böse oder fragende Kommentare ernte: Es geht um die Christusstatue, die man von unserem Hotel aus sehen kann. Wow.

Noch wowiger ist der Strand der Copacabana, zu dem wir unglaubliche sechs Minuten zu laufen haben. Wow. Achso, hab ich schon geschrieben. Weißer Strand, Fußballfelder, superfreundliche Menschen, die Brandung des südlichen Atlanktik: Herz, was willst du mehr? Bier! Ja, Bier gibt's auch.

Erstmal aber begab ich mich ins Wasser, in dem mir die durchaus zwei, drei Meter hohen Wellen große Freunde bereiteten: Die Strömung ist zum Glück sehr schwach, sodass man, wenn man sich klug anstellt und nicht mitten in die Welle hüpft, da schön entspannt baden kann.

Wir setzten uns - schließlich hatten wir Durst - morgens um 9 Uhr an die Strandbar und waren nicht die Ersten, die heute ein Bierchen zischten. Und wir waren auch nicht die Ersten, die um 10.30 Uhr das vierte Bier bestellten. Danach bekamen wir aber ein bissschen Hunger und aßen lecker Kabeljau-Bällchen (ein wenig salzig) und Fischfinger. Sehr lecker.

Alle Rettungsschwimmer werden sich jetzt - leider mit Recht - an den Kopf greifen, aber wir machten uns gleich nach Alkohol- und Speisenkonsum wieder auf den Weg zum - und ins - Wasser. Dass dann in der großen Welle mein Kopf Bekanntschaft mit einer wasserförmigen Faust und dem sandförmigen Boden machte, lag aber (wirklich) nicht am Alkohol ...

Aber keine Sorge: Die drei Schrammen werde ich überleben, und Spaß gemacht hat's allemal.

Um 12 Uhr ging's zurück ins Zimmer, duschen, Wunden lecken (oooooooooooh). Meine Ma bemüht sich gerade redlich, den doch nicht üppigen Schlaf der letzten Nacht nachzuholen (es ist früher Nachmittag hier), aber ich werde mich bemühen, sie gleich noch in eine Rodizio-Kneipe (All-you-can-eat-Fleisch mit Bedienung, wenn ich das richtig verstanden habe) zu locken.

Ich gewinne in der Regel innerhalb der ersten Stunde in einer Stadt oder einem Land einen Eindruck, ob mir die Gegend gefällt. Rio de Janeiro gefällt mir außerordentlich gut, gerade der Architekturmix in der Innenstadt ist hochinteressant. Ich freue mich sehr auf die nächsten Tage in Rio. Ich denke, wir werden hier relativ zeitig aufstehen, weil die Sonne schon um 6.30 Uhr auf- und um 17.30 Uhr untergeht, und im Dunkeln muss man dann ja vielleicht doch nicht die nächstgelegene Favela erkunden. Wobei, heute Morgen auf der Busfahrt sind um halb sieben Unmengen von Menschen auf den Straßen unterwegs gewesen. Keine Ahnung, wo die alle herkamen. Das Nachtleben könnte man sich ja dochmal angucken.

Aber ganz bestimmt nicht heute Abend.

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