Meine Länder

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Freitag, 29. März 2024

Ins Lenkrad gegriffen

... hat Christian mir heute, weil er fürchtete, dass ich im Sekundenschlaf in den Gegenverkehr gerate; ich bin zwar der Ansicht, dass ich da schon längst wieder wach war, aber besser so herum als andersherum. Nach diesem Schreck (und einer weiteren Cola) war ich dann jedenfalls wach, um die Fahrt zu Ende zu bringen, aber anstrengend war es heute schon, auch wenn wir so unendlich viel Schönes gesehen haben.

Wenige Minuten, nachdem ich den gestrigen Blog online gestellt hatte, rief das Bodenpersonal dazu auf, Handgepäck möglichst noch am Gate aufzugeben, weil der Flug ausgebucht sei und erwartet werde, dass viele Leute größeres Handgepäck dabei hätten. Christian und ich waren die Ersten, die das Angebot wahrnahmen (so waren wir das Köfferchen los, und in Eriwan würden wir sowieso an der Einreise stehen, sodass es nicht viel gebracht hätte, das Köfferchen in der Hand zu halten - so war es am Ende auch ...). Dennoch machten viele das nicht und wunderten sich dann, dass es in den Gepäckfächern im Flieger eng wurde ...

Wir saßen in der letzten Reihe im Flieger, bei den Toiletten, das war weniger eine Geruchsbelästigung als eine Lärm- und Lichtbelästigung, aber wundersamerweise schlief ich ein, eineinhalb Stunden - juchhe!

Ich schlief, und das, obwohl wir ziemlich starken Turbulenzen hatten, die das Flugzeug teilweise richtig durchbogen - hinter München aber war das Schlimmste vorbei (wie üblich halt ...), und am Ende landeten wir praktisch pünktlich in Eriwan.

Die Einreise ging einigermaßen fix bei sehr, sehr vielen offenen Passkontrollhäuschen (und das nachts um 4 Uhr!), das Gepäck war auch bald da, der Zoll wollte nichts von uns, und das Geldabheben funktionierte auch auf Anhieb problemlos.

Der (junge) Angestellte von Hertz war auch schon vorhanden, auch wenn es ziemlich lange dauerte, bis wir alle seine bürokratischen Hürden genommen hatten. Besonderes Augenmerk legte er auf meinen Führerschein, von dem er behauptete, der Führerschein sei älter als er (der Angestellte) selbst ... Tja, Jüngelchen, siehste mal, wie alt ich schon bin ... Jedenfalls war er beruhigt, als ich ihm meinen handgeschriebenen Zettel zeigen konnte, auf dem steht, dass mein Führerschein nur noch bis zum 19. Januar 2027 gültig ist, denn dieses Datum konnte er dann in das Mietdokument eintragen.

Er führte uns dann zu unserem Suzuki Swift (mit Automatik, was sich noch als sehr hilfreich erweisen sollte), zeigte uns zwei Macken und ließ uns dann alleine. So fuhren wir gegen 5 Uhr aus dem Parkhaus und in Richtung Süden, denn wir wollten den Sonnenaufgang am Kloster Chor Wirap mit Blick auf den Ararat erleben.

Die Fahrt durch die Eriwaner Vorstadt war nicht immer ganz unproblematisch vor lauter Schlaglöchern und Straßenhunden, aber als wir auf die Schnellstraße in Richtung Süden kamen, war die Straße einigermaßen gut. Wir waren gegen 5.45 Uhr, eine ganze Stunde vor Sonnenaufgang, in Chor Wirap, und da war wirklich der Hund begraben, auch wenn das Kloster wunderbar angeleuchtet wurde.

Ich machte einen kleinen Spaziergang, sah den Kleinen Ararat schon schemenhaft und ging dann zurück ans Auto, weil ich ein paar Schritte weiter ein offenes WLAN entdeckt hatte. Dort wurden erst einmal Fotos an die Heimat verschickt, bis wir noch ein Stück weiterfuhren und den Sonnenaufgang abwarten wollten. Eine kleine Erkundungstour, ob es noch einen besseren Aussichtspunkt gebe, wurde erfolglos abgebrochen, und so ab 6.20 Uhr konnte man den majestätischen Blick auf Chor Wirap und Kleinen und Großen Ararat so richtig genießen - es war herrlich.

So gegen 7 Uhr kam Frau Sonne dann auch hinter den Hügeln auf der anderen Seite hervor, und spätestens da war der Blick überwältigend, gerade auch, weil kein Wölklein den Himmel trübte, aber dafür der Mond sich noch ins Bild geschummelt hatte - großartig!

Nun aber brachen wir auf in Richtung Sewansee, und dafür fuhren wir weiter in Richtung Süden, denn wir wollten den Sewansee von Süden her angreifen und dann im Nordwesten wieder in Richtung Eriwan abbiegen. Der Hertz-Mensch hatte gemeint, dass man bei Fahrten im armenisch-aserbaidschanischen Grenzgebiet keine Sorgen haben müsse, also hielten wir uns an ihn und ... nunja, öhm, nicht an die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes.

Sowas mache ich ja nicht so gerne, aber hier ging ich wirklich davon aus, dass der Armenier das besser weiß als die manchmal übervorsichtigen Diplomaten, und so fuhren wir in Richtung Jerasch und von dort weiter in Richtung Osten in Richtung Jeghegnadsor. Dabei kamen wir durch das völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende Gebiet Kərki, das die Armenier nach der Vertreibung/Flucht der Aserbaidschaner als Tigraneschen bezeichnen und besetzen. Wir machten einen kleinen Abstecher in das Dorf (Schlaglochpiste ohne Ende!), ehe wir am anderen Ende des Dorfes wieder auf die Schnellstraße fuhren.

Kurz vor Jeghegnadsor bogen wir von der M2 auf die M10 in Richtung Sewansee ab, und diese Straße führt bis hoch auf 2.800 Meter und in den Schnee ... Die Straßen wechseln zwischen wunderbar und furchtbar, und auf 2.800 Meter war es -9° C kalt, während die Straße vereist war. Na halleluja!

Wir schrubbten mit unserem Suzuki über die teils schnee- und eisbedeckte Schlaglochpiste, mehr als einmal knallte und scheuerte es ziemlich, aber - die Spannung kann ich herausnehmen - wir erreichen Eriwan glücklich und ohne Schaden.

Als es von der Passhöhe so richtig nach unten ging, sahen wir den Sewansee, und als wir ein paar Minuten später direkt an ihm vorbeifuhren, waren wir vollends begeisterte. Das Ganze erinnerte mich an die Färöer, an Spitzbergen, aber auch an Neuseeland, das war ganz, ganz großartig.

Ebenfalls großartig und bitter nötig war die Cola- und Snack-Pause nach meinem Zehntelsekundenschlaf, denn wir kauften nicht nur Getränke, sondern auch armenisches Käse- und armenisches fleischgefülltes Gebäck - das war wirklich sehr, sehr lecker!

Die letzten Kilometer nach Eriwan bewältigten wir auch noch, auch wenn in Eriwans Stadtverkehr die Hölle los war, aber die Armenier fahren eben auch mit ein bisschen Puffer, sodass dann schlussendlich selten etwas passiert.

Wir checkten in unserem Hotel bei sehr, sehr freundlichen Rezeptionisten ein. Immer wieder fällt uns auf, dass die Kombination aus Jessi, Christian und mir für Verwirrung sorgt, weil viele denken, dass Jessi das Einzelzimmer nimmt. Das konnten wir aufklären, nur wurde den beiden dann gesagt, dass sie ein Zweibett- und kein Doppelzimmer hätten; das war aber in Ordnung. Als die Leutchen an der Rezeption sagten, dass man aber - wenn es doch ein Problem sei - da noch etwas drehen könnte, winkte Christian etwas zu euphorisch ab, was für großes Gelächter sorgte, wenn der Ehemann keinesfalls das Bett mit der Ehefrau teilen will ... 

Nach kurzen Wiederherstellungsarbeiten wollten wir das Auto auftanken und abgeben. Ersteres erwies sich in der Eriwaner Innenstadt als nicht ganz so einfach, aber nach längerer Suche im starken Verkehr fanden wir eine Tankstelle. Christian bestellte - wie vom Vermieter erbeten - ausdrücklich Premium, also Super 95, aber der Tankstellenmensch ignorierte das und wollte Super 92 einfüllen, bis ich intervenierte und auf Super 95 zeigte. Das wäre beinahe schiefgegangen, auch wenn wir nicht wirklich glauben, dass das Auto bei 92 Oktan postwendend verreckt wäre.

Die Autovermietung (wir konnten das Auto - für uns praktischerweise - in der Innenstadt abgeben und mussten nicht zurück zum Flughafen) fanden wir aber schnell, die Rückgabe klappte auch (obwohl unser Auto aussah, als ob es von einer Safari käme ...), und dann machten wir uns noch auf einen kleinen Stadtspaziergang auf.

Wir liefen am Platz der Republik vorbei und durch die (wunderbare) Fußgängerzone zur Oper und von dort - der Mann mit dem Hammer hatte schon Steckbriefe mit den Konterfeis von uns drei aufgehängt - ging es in eine armenisch-georgische Kneipe.

Dort wurden wir um 15 Uhr freundlich zum Mittagessen begrüßt, es wurde aber bald voller, und es gab Soljanka und Salat, Chinkali und Schweinerippchen, dazu armenisches Bier und armenischen Wein, das war alles wunderbar.

Um 17.30 Uhr oder so gingen wir aber, wir waren hundekaputt, und verzogen uns sofort auf unsere Zimmer. Ich zwang mich jetzt, noch Blog zu schreiben, falle aber bald nach dem Upload ins Bett, wenn ich nicht noch duschen gehe - mal gucken ...

Ein unglaublich ereignisreicher, schöner, manchmal auch riskanter Tag geht (früh?) zu Ende (oder spät, wenn man bedenkt, dass wir kaum geschlafen haben im Flieger?), und morgen geht es schon nach Georgien - mal sehen, was uns dort erwartet.

Jetzt aber erstmal Fotos von heute - guten Tag und gute Nacht!

Korrektur am 30. März: Es sollte in jedem Satz die Rede von Sonnenaufgang sein, und ein Bild habe ich versehentlich von Christian geklaut. Bild bleibt, aber Hinweis jetzt auch...

Chor Wirap bei Nacht

... mit Ararat bei Tagesanbruch

... nach Sonnenaufgang (mit freundlicher Genehmigung von Christian)

Blaue Moschee in Eriwan

Oper

Regierungspalast

Sewansee

On Tour im Schnee

Blick von da oben

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