Meine Länder

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Sonntag, 31. Mai 2020

Über das Engländerunglück

... von 1936 hatte ich vor einigen Jahren im britischen Guardian mal gelesen, und als ich gestern überlegte, dass ich heute - von wegen Ruhetag und so ... - mal den Schauinsland erwandern könnte, fiel mein Blick in der Wikipedia wieder auf dieses Ereignis. Danach war die Sache klar, und heute guckte ich mir das (große) und das Kleine Engländerdenkmal zur Erinnerung an dieses Unglück an - und natürlich den Schauinsland ...

Ich hatte meiner Mutter versprochen, dass sie ihren freien Sonntag behalten dürfe, und daher wurde es eine Selbstfahr-Taxi-Rundtour. Ich fuhr - wie so oft in den letzten Tagen - über den Feldbergpass, bog dann aber in Todtnau ab auf die Straße in Richtung Notschrei. Das wäre vor einigen Tagen mein Notfallausstieg gewesen, als ich vom Feldberg über den Stübenwasen bis zum Wiedener Eck bin, damals brauchte ich ihn nicht, jetzt ergab es sich als praktischer Ausgangspunkt. Ich wurde zwar durch Todtnau hindurch umgeleitet, weil die Landesstraße dort gesperrt ist, aber das war zu überleben ...

Ich parkte also hinter dem Notschreipass (und -obelisken) schon auf Oberrieder Gemarkung, also im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, stellte aber zunächst die Verbindung zu meinem Streckennetz her, indem ich zurück in den Landkreis Lörrach wanderte und die ersten Meter auf dem Notschreiweg hinter mich brachte. Sehr bald bog ich aber nach rechts auf den Siebelhügelweg ab, der mich schnellstens wieder in den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald führte.

Ich muss mir wirklich angewöhnen, die ersten Kilometer möglichst flache Einstiege zu wählen, damit meine (Waden-)Muskulatur sich warmlaufen kann - heute hatte ich wieder einen Berg-und-Tal-Weg gewählt, und meine Waden brüllten schon nach wenigen Metern ganz laut "aua!" Ich hörte ihnen aber nicht zu und lief weiter, bis ich die Schauinslandstraße erstmals überquerte. Weiter ging es in den Wald (hier gibt es im Winter sogar beleuchtete Loipen - Unkostenbeitrag 2 Euro) und dann am Hotel "Die Halde" entlang zum anscheinend allseits anerkannten Schauinslandpfad. Von allen Seiten (und von allen Parkplätzen) strömten die Menschen auf diesen Pfad; wenn man auf dem Schauinsland seine Ruhe haben will, ist der Pfingstsonntag eine schlechte Wahl für den Aufstieg ...

Unterwegs legte ich die erste Pause ein und genoss den Blick auf Hofsgrund, den Feldberg und den Belchen, ehe ich über einige steile Treppen - einschließlich "steiler Abkürzung zum Turm" - den Gipfel des Schauinsland erreichte. Hier waren - für den Wanderer, der den einsamen Wald gewöhnt ist - wahre Menschenmassen anzutreffen, aber den (noch tolleren) Blick auf Feldberg und Belchen wollen halt auch andere erleben. Einen tollen Blick auf Freiburg gibt es irgendwie nicht, weil prompt da, wo die Altstadt Freiburgs zu sehen sein müsste, ein kleines, vorgeschobenes Waldstück den Blick verdeckt ... Schade.

Ebenfalls schade war, dass der Schauinsland-Turm coronabedingt gesperrt war, aber so ist es nun einmal in diesen Zeiten ...

Ich verspeiste meinen Proviant und machte mich dann auf den Abstieg, auf dem ich noch ein letztes - besseres, aber keineswegs vollständiges - Panorama von Freiburg erhielt. Interessant sind die Skulpturen, die hier an der Südostroute den Abstieg begleiten.

Durch das Feld ging es zum (großen) Engländerdenkmal, und jetzt ist es Zeit, das Engländerunglück ganz kurz zusammenzufassen. Für einen ausführlichen Abriss verweise ich auf die oben verlinkten Wikipedia- und Guardian-Artikel:

Im April 1936 brachen 27 Schüler einer Schule in London und ihr Lehrer, die sich auf Ausflugsfahrt im Schwarzwald aufhielten, von Freiburg aus auf, um über den Schauinsland nach Todtnauberg zu wandern (das ist eine ordentliche Strecke von über 20 Kilometern, die ich mir im Sommer geradesoeben und auch erst inzwischen zutrauen würde). Das Problem war, dass ein Wintereinbruch angekündigt war, aber Monsieur Lehrer das mit der Aussage abtat, dass Engländer schlechtes Wetter gewohnt seien. Nun denn, es fing an zu schneien, der Lehrer hörte nicht auf die Warnungen der doofen Bauern unterwegs, verlief sich dafür aber mehrfach, die Kleidung der Schüler bestand wohl zum Teil aus kurzen Hosen und Sandalen, war also nicht so ganz richtig wintertauglich ... Irgendwann, die ersten Schüler waren schon kollabiert und mussten getragen werden, hörten die Schüler die Abendglocke der Kirche in Hofsgrund. Einige von ihnen retteten sich dorthin, erklärten in gebrochenem Deutsch die Situation, und die Hofsgrunder Einwohner starteten auf Skiern und mit Schlitten eine Rettungsaktion. Dank dieser kamen schlussendlich nur fünf der Schüler ums Leben.

Weder britische noch (nazi)deutsche Stellen waren daran interessant, einen Schuldigen zu suchen (man könnte da auf einen gewissen Lehrer kommen ...), vielmehr hatte insbesondere die deutsche Seite großes Interesse, die ganze Situation propagandistisch auszuschlachten, sodass eine Hitjerjugendtruppe Ehrenwache an den Särge der verunglückten Schüler hielt und man ein Engländerdenkmal errichtete, demzufolge die englischen Kinder für Frieden und Völkerverständigung gefallen seien ... (Die feierliche Einweihung mit britischem Botschafter und so fiel dann 1938 wegen des Münchner Abkommens ins Wasser, aber das ist eine weitere Geschichte.)

Der Vater eines der ums Leben gekommenen Schüler verzweifelte darüber, dass niemand an Aufklärung interessiert zu sein schien, forschte auf eigene Faust nach und ließ auch ein Steinkreuz errichten (das ist das "Kleine Engländerdenkmal"); ihm wurde aber verboten (deutsche Stellen und so), wenigstens auf diesem Kreuz den Lehrer des Versagens zu beschuldigen ...

Ich wanderte also vom Schauinslandgipfel zum Engländerdenkmal, einer Art steinernem Tor, auf dessen beiden Säulen in englischer und deutscher Sprache an die Schüler erinnert wird (auf dem Querbalken hat man das Hakenkreuz inzwischen entfernt). Heute spielten da Kinder in diesem Denkmal herum, und das finde ich - ehrlich gesagt - gar nicht so schlimm ...

Weiter ging es - ich spielte mit einem eher unfreundlichen Paar Katz und Maus, weil die offenbar die gleichen Ziele wie ich hatten - zum Eaton-Kreuz, dem Kleinen Engländerdenkmal. Unterwegs hatte ich hier noch einmal einen unglaublichen schönen Blick auf die grünen Wälder unterhalb des Feldbergs - so, so toll!

Das Eaton-Kreuz steht - mit Blick auf Hofsgrund und ebenfalls zweisprachig beschriftet - nahe bei der Stelle, an der Jack Eaton, der Sohn des verzweifelnden Vaters, tot aufgefunden wurde. Da liegen ein paar Steine obendrauf, was ich jetzt eher von jüdischen Gräbern kenne, aber was weiß ich schon?

Nun hatte ich gesehen, was ich sehen wollte - es kommt nicht oft vor, dass der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald im Guardian Erwähnung findet ... -, und machte mich an den Abstieg. Ich kam am Schniederlihof vorbei, einem alten Bauernhof, der heute als Museumsbauernhof verwendet wird, und ging dann noch kurz in die Hofsgrunder Kirche, weil da eine Gedanktafel hängt, mit der die Eltern der geretteten Schülern den Hofsgrunder Bürgern für ihre Rettungsaktion dankten.

Schließlich aber machte ich mich wieder an den Anstieg, den ich aber streckenmäßig verkürzte, indem ich ein Stück an der Straße entlangging. Ich kam noch an zwei Bauernhöfen vorbei und war dann - endlich, möchte man sagen - wieder im Wald ...

Ich überquerte noch einmal die Schauinslandstraße (und entschied mich dagegen, an dieser entlang zum Notschrei zu laufen, das wäre zwar kürzer und weniger steil gewesen, aber eben auch nicht ganz ungefährlich ...), musste ein Stück nach unten, nur um weniger Meter den letzten steilen Anstieg zu bewältigen (jetzt hatte ich mich aber warmgelaufen, sodass es nur anstrengend, aber nicht schmerzhaft war).

Am Notschrei trank ich erstmal noch ein bisschen Wasser, ehe ich nach Hause aufbrach.

Das war heute eine Wanderung mit dem Prädikat "historisch wertvoll" (und sorry für das kurze historische Proseminar), ich war auf dem Schauinsland (und weil dieser gerade so auf Freiburger Gemarkung liegt, also auch im Stadtkreis Freiburg im Breisgau, dem sechsten Kreis, den ich jetzt erwandert habe), ich bin also - in Etappen - aus meiner Heimatstadt in meine Geburtsstadt gelatscht, was ich vor zehn Wochen keinem geglaubt hätte ...

Der Mai ist jetzt um, meine App gibt mir über 265 Kilometer für diesen Monat aus, sodass ich insgesamt bei fast 438 Kilometern bin. Wenn man den Höhenmeterangaben glauben dürfte (was man nicht tun sollte), hätte ich mit 8984 Höhenmetern meinen persönlichen Mount Everest geschafft - ganz egal, das wird gefeiert!

Alle wollen sie Fotos sehen - dann sollen sie halt Fotos kriegen:

Notschrei-Obelisk

Da ist wohl ein Landwirt ein bissel genervt ...

Blick auf den Schauinsland

Schauinslandturm

Panorama vom Schauinsland

"Windbohrer"

Blick auf Freiburg

Engländerdenkmal

Blick auf den Feldberg

Eaton-Kreuz (Kleines Engländerdenkmal) und Blick auf Hofsgrund

Freitag, 29. Mai 2020

Genießerpfad für Masochisten

So kann man, glaube ich, den Belchensteig qualifizieren, denn auch wenn der Anstieg heute nicht so megabrutal war wie befürchtet, ziemlich brutal ist er schon (und wenn man Schmerzen mag, macht genau das bestimmt Spaß), aber, ja, die Ausblicke aufs Münstertal und später auf das Kleine Wiesental sind "schon au" fantastisch, das muss man dazusagen.

Nach einem leckeren Frühstück brachte das Mamataxi mich ans Wiedener Eck. Ich kann von Glück sagen, dass ich gestern noch die paar Meter zum Auto gedackelt war, denn nur dadurch habe ich die Verbindung zum heutigen Startpunkt an ebendiesem Wanderparkplatz herstellen können. Ich Dussel hatte daran gar nicht gedacht, aber meine Mutter und ich waren uns einig, dass das passte, und damit passt das auch (ich hatte das mit dem Vorteil des Machens der eigenen Regeln schon erläutert ...).

Das Wiedener Eck ist auch ein Etappenort des Westweges des Schwarzwaldvereins, und hier ging ich durch das Tor, das den Etappenstart symbolisiert. Anschließlich wanderte ich eine ordentliche, aber gut machbare Steigung hoch und genoss schon die ersten Blicke in Richtung Münstertal ... Ich hielt unterwegs immer mal wieder an, um zu verschnaufen und zu gucken, aber auch wenn ich von 1042 m bis auf 1200 m aufstieg, war das alles erst einmal Vorgeplänkel ...

Es ging weiter durch den Wald und dann einen längeren Geröllweg hinab (überab waren da heute ziemlich viele Geröllpfade dabei), bis ich oberhalb von Obermulten in den Belchensteig einstieg. Bei ebendiesem Einstieg sah ich das Hinweisschild "Genießerpfad", das ich bisher nur bei der Schluchseeumrundung gesehen hatte ... Nur war die Schluchseeumrundung auch kein Spaziergang, aber der Blick auf den See war schon an vielen Stellen toll - ich hoffte also, dass der Schmerz des Anstiegs durch tolle Ausblicke gemindert würde ...

Erstmal ging es aber einige Serpentinen am bewaldeten Hang des Rübgartenkopfes hoch, die dann ziemlich übergangslos zu Serpentinen am (weniger) bewaldeten Hang des Belchen wurden. Aufgrund der Tatsache, dass die Pfade ziemlich viel Geröll enthielten, konnte man gar nicht schnell gehen, und das machte den Aufstieg, wenn auch anstrengend, weniger brutal als die - von der reinen Steigung her - ähnlich heftigen ersten Kilometer vom Rinken zum Feldberg hoch. Man wird einfach nicht so von einer guten Straße verleitet, da schnell hochmarschieren zu wollen, sondern man muss einfach gemächlichen Schrittes da hochkraxeln, denn wenn man zu schnell ist, stolpert man alle paar Meter über eine Wurzel oder einen Stein.

Man will aber auch gar nicht so richtig schnell gehen, denn die Ausblicke aufs Münstertal sind - wenn man von Nordosten kommt - richtig, richtig toll ...

Vier Serpentinen sind es am eigentlichen Belchenaufstieg - es kamen mir heute viele Wanderer entgegen -, dann hat man es im Wesentlichen geschafft und hat am Beginn des Belchenrundweges einen schönen Blick auf den Feldberg. Nur noch ca. 40 Höhenmeter fehlen, um auf den Gipfel zu kommen, und wenn das Gipfelkreuz winkt, schafft man die, ganz egal, wie sehr man vorher geflucht hat ...

Joa, und dann kommt man da oben hin, hat 300 Höhenmeter reinen Anstieg in den Beinen - und ist einfach nur glücklich. Nicht nur, weil man es geschafft hat, sondern weil der Ausblick vom Belchen so unfassbar schön ist - das ist ein echtes Panorama (ich habe keine 360-Grad-Aufnahme gemacht, weil mir da so viele andere Touristen im Weg herumstanden) mit Blick auf die Rheinebene bis zu den Vogesen (heute gut zu erkennen) und die Alpen (heute passte das Wetter nicht so recht).

Das ist richtig, richtig toll da oben, und wenn eine Bank freigewesen wäre, hätte ich mich da (im kühlen Wind) hingesetzt und das Ganze mal im Sitzen genossen ...

So aber stolperte ich da noch ein bisschen auf dem Belchengipfel herum und machte mich dann an den Abstieg ... Den unterbrach ich aber nach wenigen Metern für den abermals tollen Blick auf das Münstertal. Es ging einen einigermaßen ebenen Weg nach links, und bei der Kehre nach einigen hundert Meter kannst du es nicht fassen - dieser Blick auf das unfassbar grüne Kleine Wiesental ist einer der schönsten Landschaftsblicke, die ich je hatte ... Unfassbar.

Der Pfad wurde jetzt steil und ging teilweise in engen und steilen Kehren abwärts, bis dann unterhalb des Hohlkelchs der Weg breiter wird und mehr den Waldwegen ähnelt, die ich so in der Umgebung von Bonndorf kenne. Nach der Umgehung des Stuhlkopfs begegneten mir zum letzten Mal die schon auf dem Belchen gesichteten Grenzsteine von 1790, denn hier verlief damals die Grenze zwischen der Markgrafschaft Baden und den vorderösterreichischen Gebieten. Diese alten Grenzsteine sind zum Teil noch ziemlich gut in Schuss, und auch wenn ich noch lieber "echte", noch gültige, internationale Grenzsteine erkunde, waren diese Grenzsteine auch sehr interessant.

Der Weg war nur gut (nur wurde es nochmal sehr windig), ich kam an einer schönen Kapelle vorbei, lief das letzte Stück an der Straße entlang (es hätte einen Wanderweg gegeben, aber der war unnötig steil) und fiel - heute war ich wieder erschöpft - meiner Mutter am Haldenhof in die Arme. Ohne unnötige Verzögerung ging es heim und unter die Dusche ...

Das war ein Tag mit vielen Höhenmetern (632, sagt das nicht immer zuverlässige Handy, aber heute könnte es ungefähr passen), mit unglaublichen Ausblicken, mit der Besteigung des nach meinem Verständnis dritthöchsten Berges des Schwarzwaldes (ich sage nur "Schartenhöhe" ..., achso, das Wiedener Eck liegt nämlich genau auf der Höhe, bis zu der man mindestens absteigen muss, um vom Belchen zum Feldberg zu kommen - das Wiedener Eck bestimmt also die Schartenhöhe des Belchen) - das war schön, aber morgen und übermorgen lege ich erstmal Ruhetage ein ...

Kurz hinter dem Wiedener Eck

Vom Wiedener Eck zum Belchen

Belchen-Gipfelkreuz

Genießerpfad, soso ...

Blick aufs Münstertal und die Rheinebene

Blick auf das Kleine Wiesental

Grenzstein von 1790

Kurz vor dem Haldenhof

Donnerstag, 28. Mai 2020

Einen Fluchschrei vom Notschrei

... hätte ich heute fast abgelassen, aber das Unglück war schon weit davor passiert.

Ich war früh wach (Vorfreude?), und das war auch gut so, denn die Wettervorhersage war ab der Mittagszeit nicht ganz so prickelnd (tatsächlich wurde es gegen 14 Uhr dann ein bisschen windiger, aber das Wetter hielt). Also fuhren wir gegen halb neun los und waren kurz nach 9.15 Uhr an der Talstation der Gondelbahn auf den Seebuck (den Nebengipfel des Feldbergs).

Der Plan für den heutigen Tag war der Aufstieg bis zum - wie sich herausstellte - Herzogenhornblick ein Stückchen unterhalb des Feldbergs (das war der Verbindungspunkt zu meinen bisherigen Touren), von dort weiter zum Stübenwasen, hinunter zum Notschrei (das ist eine Passstraße) und, wenn ich dann noch körperlich und moralisch dazu in der Lage wäre, hinauf in Richtung Trubelsmattkopf, zwischen diesem und dem Hörnle vorbei und schließlich zum Etappenziel am Wiedener Eck.

Etappenziel? Was soll das denn heißen? Nun, ich habe es mir - größenwahnsinnig wie ich in den letzten Wochen geworden bin - zum Ziel gesetzt, in Etappen die französische Grenze zu erreichen. Und nachdem ich das mit der Rückwärts-Etappe aus Seebrugg nach Bonndorf (die Richtung der Route ist für mich nicht wichtig, auch wenn das ein bisschen gemogelt ist; 27. April), der vorhergehenden Schluchsee-Umrundung (22. April), der Strecke von Aha über Bärental zum Titisee (3. Mai) und vorgestern mit der (wieder Rückwärts-)Etappe Rinken-Feldberg-Bärental eingefädelt hatte (wobei das Letztere wirklich gemogelt ist, weil ich da mich schön auf 1200 Meter habe absetzen lassen und auf 975 Meter abgestiegen bin, aber wenn man die Regeln selbst festlegt, können einem solche Feinheiten wurscht sein), wollte ich heute die erste (von vier geplanten) Etappen wandern.

Meine Ma schmiss mich also am Parkhaus (!) bei der Gondelbahn raus, und ich war kurz versucht, die Gondelbahn hoch auf den Seebuck zu nehmen. Da ich auch auf dieser Route mein bisheriges Streckennetz gekreuzt hätte, wäre diese Monstermogelei noch im Rahmen der Geschäftsordnung gewesen, aber meine Hoffnung, dass ich das schon selbst schaffe, erwies sich als richtig.

Ich kraxelte also den ersten, sehr steilen Kilometer (Wieso müssen die steilen Strecken immer ganz am Anfang sein, man kann sich doch erstmal einlaufen ...! Wie, ich plane die Strecke? Ruhe dahinten!) hinauf und wurde dann aus zweierlei Gründen glücklich: Erstens wurde die Strecke ganz spürbar flacher (leichte Anstiege sind ja kein Drama) und zweitens hatte ich einen tollen Blick auf das Herzogenhorn.

Das Herzogenhorn, das ich auch noch erobern will (aber nicht heute und nicht morgen), steht in der Liste der Berge des Schwarzwaldes auf Platz ... Joa, und hier fängt der Schlamassel (und mein kleines Proseminar in theoretischer Geografie) an: Der Feldberg hat seinen Gipfel auf 1493 Metern und daneben noch zwei lokale Maxima (ja, das ist ein mathematischer Begriff, aber das macht nichts), nämlich den Baldenweger Buck (1460 Meter) und den Seebuck (1449 Meter). Die Frage ist jetzt, ob diese beiden lokalen Maxima auch als "Gipfel" zählen. Wenn ja, lässt sich die Frage stellen, ob etwa ein kleiner Erdhügel (den gibt es so wahrscheinlich nicht, aber für die Illustration ist der hilfreich) auf 1485 Metern Höhe dreißíg Meter neben dem Feldberggipfel nicht auch als ein weiterer Gipfel zählen müsste.

Dies führt auf den Begriff der Schartenhöhe - die Schartenhöhe ist die Angabe, um wieviele Meter ich absteigen muss, um von einem (vermeintlichen) Gipfel zu einem Punkt gleicher Höhe zu kommen. Der Baldenweger Buck beispielsweise hat eine Schartenhöhe von nur 7 Metern (abgerundet) - das heißt, vom Baldenweger Buck (1460 m) muss ich nur sieben Meter - also auf 1453 m Höhe - absteigen, um von diesem Grat zu einem anderen Punkt auf 1460 m Höhe auf dem Weg zum Feldberggipfel zu kommen.

Diese Schartenhöhe wird häufig genutzt, um eigenständige Berge von Nebengipfeln auf diesem Berg zu unterscheiden, gerade wenn es darum geht, eine Reihenfolge von Bergen zu definieren. In den Alpen verwendet man eine Schartenhöhe von 150 Metern als Kriterium für einen eigenständigen Berg, in den Mittelgebirgen scheint das ein bisschen umstrittener zu sein.

Sei es, wie es sei, der Baldenweger Buck hat eine Schartenhöhe von 7 Metern, der Seebuck von 29 Metern (obwohl der Seebuck weniger hoch ist, aber man muss weiter absteigen, um einen höheren Berg zu kommen), da sagt die Wikipedia, dass man jedenfalls argumentieren kann, dass diese beiden Erhebungen Nebengipfel des Feldbergs sind ...

Wo war ich? Ah, ja, das Herzogenhorn ist, wenn man dieser Linie folgt, der zweithöchste Berg des Schwarzwaldes, der Belchen der dritthöchste und der Stübenwasen der vierhöchste.

Vom Herzogenhornblick auf dem Feldberg führt ein ziemlich ebener Wanderweg in Richtung Stübenwasen, und unterwegs hat man fantastische Ausblicke - noch fantastischere als vorgestern - auf das Wiesental.

Ich war gerade in den (ziemlich ungleichmäßigen) Anstieg zum Stübenwasen eingestiegen, als ich etwas trinken wollte. Ich nahm also meinen Rucksack vom Rücken, und es machte "ratsch". Na super, ich hatte mir die gesamte Seite des Rucksacks aufgerissen, weil ich mit meinen rohen Kräften ... ein Materialfehler vorlag ... Was tun, angesichts der Tatsache, dass ich gerade einmal vier Kilometer absolviert und also noch fast 14 Kilometer vor mir hatte? Nun, ich macgyverte (das ist ein offizielles Wort, jedenfalls im Englischen) mir die Seile, die ich als Tragegurte des Rucksacks verwendete, so hin, dass - zusammen mit der Regenjacke, die ich dabeihatte - wenigstens nicht alle paar Meter alles aus dem Ding rausfiel und ich das Objekt des Teufels trotzdem zumindest über eine Schulter tragen konnte ...

Wenige hundert Meter weiter gab es allerdings etwas zu feiern, denn ich hatte die 4,74-km-Marke erreicht. Normalerweise ist die unspektakulär, aber heute war sie gleichbedeutend mit der 400-km-Marke in den vergangenen acht Wochen. Juhu!

Am Stübenwasen hätte ich, um zum offiziellen Gipfel zu kommen, irgendwo ins Gras latschen müssen - da es keinen offiziellen Wanderweg dorthin gab, unterließ ich diese Aktion, zumal mir wenige Meter zuvor - ausgerechnet am Aussichtspunkt auf den Feldberg - dann doch die Trinkflaschen aus dem macgyverten Rucksack purzelten und ich erstmal hinterherjagen musste, um die alle einzufangen ...

Hinter dem Passweg machte ich aber - das erste Drittel des Weges war geschafft - die erste Pause und verzehrte mit Blick auf den Belchen (der kommt morgen dran, wenn ich es schaffe) das erste Salamibrötchen - ein traumhafter Ausblick ...

Nun ging es erstmal ein gutes Stück abwärts, und es wurde deutlich waldiger. Ich kam an der Gaststätte Stubenwasen vorbei, die aber - natürlich - heute Ruhetag hatte. Also lief ich weiter, wurde von einem Mountain-Biker, der knapp an mir vorbeijagte, fast über den Haufen gefahren, bog dann aber auf einen richtigen Waldweg ein, auf dem mir kaum mehr jemand begegnete (überhaupt waren heute auf meiner Strecke nicht sehr viele Menschen unterwegs).

Etwa einen, vielleicht zwei Kilometer vor dem Notschreipass lief ich auf einmal auf ein ziemlich großes Gebäude zu und stellte beim Blick in die Karte fest, dass es sich um ein Biathlon-Stadion handelt, von dem ich - wen überrascht das noch - noch nie gehört hatte. Hier muss im Winter der Bär steppen, denn die, öhm, sehr großzügig angelegten Parkplätze bieten Platz für etliche hundert Autos - heute stand dort ein (in Worten: ein) Auto einsam und verlassen in der Gegend herum.

Am Notschrei gibt es einige gastronomische Einrichtungen, die Hütte fand ich nicht, das Café war zu und das Waldhotel sah auch nicht so richtig einladend aus, sodass ich - von der ohnehin sehr zögerlich geprüften - Möglichkeit, nach knapp zwei Drittel des Weges ein Bierchen zu trinken, Abstand nahm.

Die nächsten Meter führten, leicht ansteigend, durch ein Moor, bei dem man noch sehr gut die Abbruchkanten des 1947 eingestellten Torfabbaus sieht - hochinteressant! Als es wieder in den Wald ging, fing das letzte richtig steile Stück an, aber jetzt war ich eingelaufen, sodass ich auf den Waldwegen langsam, aber gleichmäßig ging und nach dem guten Kilometer fast überrascht war, dass ich schon am Rundweg um den Trubelsmattkopf angekommen war.

Ich folgte diesem sehr schönen und ziemlich ebenen Rundweg um den Gipfel herum (ich hätte auf einem guten Weg auch zum Gipfel kommen können, aber nach 12 Kilometern musste das nicht mehr sein), wusch mir an zwei Brunnen, die da einsam im Wald standen und von jeweils einem Bächlein gespeist wurden, die Hände und machte drei Kilometer vor dem Ziel noch eine kurze Pause in einer Schutzhütte. Ich Dusselkopp drückte in meiner GPS-App auf "fertig" anstatt auf "Pause", sodass ich jetzt mal wieder zwei Touren aus dieser Wanderung machen musste, aber das werde ich überleben.

Nach dem Verzehr des letzten Brötchens lief ich über einen Pfad zwischen Feldern hindurch und schlussendlich noch ein kleines Stück durch den Wald, zielgerichtet demWestweg des Schwarzwaldvereins folgend, ehe ich schließlich am Wiedener Eck ankam.


Dort wurde (Ganter-)Bier (von denen hatte ich schon lange keines mehr getrunken ...) verzehrt, während ich auf meine Mutter wartete, die noch auf ein alkoholfreies Pils (die Arme musste mich ja nach Hause kutschieren) zu mir stieß.

Das war eine richtig schöne Wanderung heute mit unglaublich schönen Ausblicken und unter etwas erschwerten Bedingungen (morgen gehe ich mit einem richtigen Rucksack aus dem Haus). Apropos morgen: Morgen soll es vom Wiedener Eck (mit richtig brutaler Steigung ...) über den Belchen zum Haldenhof gehen - das sind nur 12 Kilometer, aber fast 500 Höhenmeter, das ist bei meiner Konstitution schon fast Obergrenze.

Die dritte Etappe in einigen Tagen soll dann vom Haldenhof durch das Klemmbachtal bis nach Niederweiler (Ortsteil von Müllheim) führen, während die vierte Etappe - nach der Grenzöffnung zu Frankreich - von Niederweiler nach Chalampé im Elsass gehen soll. Mal sehen, ob mein Mamataxi da mitspielt und ob ich das durchhalte ...

Fotos:

Infrastruktur am Feldberg

Blick aufs Wiesental

Putt!

Blick vom Stübenwasen (rechts der Mitte der Feldberg, ganz rechts der Seebuck)

Blick vom Stübenwasen auf den Belchen (rechts der Mitte)

Moor (mit Abbruchkante aus der Torfstecherei)

Bachbrunnen mitten im Wald

Kurz vor dem Wiedener Eck

Am Wiedener Eck
 

Mittwoch, 27. Mai 2020

Mathematiker und Zahlen

... sind, wie man weiß, keine so gute Kombination. Jedenfalls wollte ich gestern meiner Mutter die ungefähre Ankunftsziel in Bärental durchsagen, hab mich aber bei der komplizierten Rechenoperation 12,9 abzüglich 9,2 verrechnet und gesagt, ich hätte noch zweieinhalb Kilometer zu laufen ... Bei (a+c)-a und der Konstanten c=3,7 wäre mir das nicht passiert. (Genau deswegen habe ich in der Schule immer für 3+4 den Taschenrechner verwendet!)

Nach den fast 19 Kilometern vorgestern war mein rechtes Knie ein kleines bisschen instabil, sodass meine Mutter mit ihrem Allheilmittel Rasputinöl anmarschiert kam. Placebo hin oder her, ich hatte danach den Eindruck, dass es wirklich besser sei, sodass ich die zwischenzeitlich in Zweifel gezogene Feldbergbesteigung doch in die Tat umsetzen wollten.

Eine alternative Überschrift für den gestrigen Blog hätte auch "Ein bisschen gemogelt" sein können, denn ich fuhr mit meiner Mutter bis zum Wanderparkplatz am Rinken, der auf 1193 m liegt. Dadurch waren es zum Feldberggipfel nur exakt 300 Höhenmeter (nach Adam Riese ist der Feldberg also 1493 m hoch), eine Zahl, über die erfahrene Wanderer nur müde lächeln ...

Für mich haben die 300 Höhenmeter aber gut gelangt, denn gerade der Kilometer zwischen Streckenkilometer 0,5 und 1,5 (Baldenweger Hütte) war bestialisch steil, weil es von 1200 m auf 1350 m hochgeht. Jetzt habe ich mich eben über Mathematiker und Zahlen ausgelassen, aber ich glaube, das sind 15% Steigung. Ich stieg zusammen mit einer Familie in den Berg ein, überholte diese (der Vater schob für die kleine Tochter, die die ersten Meter noch mitlief, aber dann - völlig verständlicherweise - nicht mehr wollte, den Kinderwagen hoch), schnaufte alle paar Meter durch (und genoss die fantastischen Blicke, die mit jedem Höhenmeter noch besser wurden), fühlte mich von der Familie irgendwie verfolgt (weil ich mir nicht Blöße geben wollte, wieder hinter die zurückzufallen) und hätte, wenn ich nicht so erschöpft gewesen wäre, den ersten Jubelsprung gemacht, als ich bei der Baldenweger Hütte angekommen war.

Die einzige Bank da oben war leider besetzt, sodass ich jetzt auf den Geröllpfad hoch in Richtung Baldenweger Buck einbog. Der war auch steil, aber irgendwie lief ich wegen des unebeneren Geländes automatisch ein bisschen langsamer, und das war besser - vor allem für meine Wade, die nämlich auf den ersten 1,5 Kilometern schon ganz schön gezwickt hatte (mein Knie hat es übrigens alles ganz gut überstanden, braucht mich also keiner zu bemitleiden - Ruhe da hinten!).

Unterwegs kommt man einen ganz unscheinbaren, aber wundervollen Aussichtspunkt mit einem herrlichen Panoramaausblick ...

Ich ließ den Baldenweger Buck links liegen und sah den auf einem ziemlichen Plateau gelegenen Feldberggipfel mit den beiden Türmen, musste aber noch eine größere Schleife - nun auf nur noch sehr leicht ansteigendem Terrain - drehen, um zum Feldberg zu kommen. Der Vater mit seinem Kinderwagen begegnete mir wieder, der war die - noch steilere - Strecke gelaufen, die mir in meinem Wanderprogramm gar nicht gezeigt wurde - Respekt, Mann!

Auf dem Feldberg war es ganz schön zugig, sodass ich mir - bei ziemlichem Sonnenschein - meine Regen-/Wetterjacke anzog ... Ich bewältigte die letzten Meter zum Gipfel, setze mich in dem dortigen, schönen Rondell auf eine Bank und genoss die Besteigung des Feldberges - ich glaube, das ist einer der wenigen Orte hier in der Nähe, an denen ich als Kind noch nicht gewesen war ...

Nach kurzer Ruhepause erhob ich mich wieder, denn ich war ja erst 3,5 Kilometer gelaufen, fast zehn Kilometer warteten noch auf mich, großteils bergab zwar, aber eben doch zehn Kilometer ...

Ich lief hinunter in Richtung Passhöhe, hatte unterwegs einen tollen Blick in Richtung Wiesental (wenn mich meine Geografiekenntnisse nicht trügen) und kraxelte dann einen weiteren Geröllpfad hinunter. Kurz vor der Passhöhe verlief ich mich fast, aber dank der Handy-Wanderkarte mit GPS-Funktion konnte ich den Fehler nach wenigen Metern aufklären und korrigieren.

Ich überquerte die B 317 hier am höchsten Pass einer deutschen Bundesstraße und lief hinunter zur Menzenschwander Hütte, an der ich ein Bier getrunken hätte, wenn sie denn offen gewesen/ausgesehen hätte. Ein kurzes Stück später betrat ich - nach dem Start in Hinterzarten und diversen Schlenkern zwischen den Gemeinden Feldberg (Schwarzwald) und Oberried (neue Gemeinde!) - Gebiet von St. Blasien, das als Teil der Gemarkung von Menzenschwand bis hier oben fast an die Bundesstraße reicht (der Rest des Weges war dann wieder Gemeinde Feldberg).

Zwischendurch kam ein Stückchen, auf dem es bergauf ging, und das tat jetzt richtig weh, aber als ich auf den Jägerpfad zu kommen im Begriff war, dachte ich, jetzt würde es gemütliches Auslaufen. Pustekuchen ...

Ich rief voller Vorfreude meine Mutter an, gab ihr aufgrund des völligen Versagens meiner Rechenkünste eine zu frühe Abholzeit an (ja, es waren am Ende nur 20 oder 25 Minuten, und gestern hielt ich sie praktisch ständig auf dem aktuellen Stand, wo ich denn war), verpasste vor lauter Rechnen und Sprechen (multitasking und so ...) den Abzweig auf den Jägerpfad, fluchte, kehrte um, bog auf diesen ein - und war mal wieder sprachlos ob des Ausblicks ... Auch hier sehr, sehr toll ...

Weniger toll, dass ich durch diverse Bächlein latschen musste, die Zuflüsse des Wannenbachs sind und die den Pfad teilweise mehr zu einer Sumpflandschaft machten - einmal sank ich so tief ein, dass die Hose schon im Matsch war und ich froh war, dass ich Wanderstiefel trug, allein schon weil Halbschuhe im Matsch steckengeblieben wären ... An anderen Stellen war glatter Fels, auf dem man aber wenigstens besser laufen konnte, es ging treppab und treppauf, einmal mit Drahtseil als Handlauf einige Meter oberhalb der Bundesstraße entlang.

Es war an sich ein schöner Pfad, aber gestern war ich nach 13 Kilometern fertiger als vorgestern nach fast 19, was natürlich auch daran liegen kann, dass ich auf dieser Tour immer zwischen 900 und 1500 Metern und die Luft entsprechend dünn war ...

Die letzten Kilometer auf dem Stein-Matsch-Pfad wurden immer länger, ich lief einen (ganz kleinen) Umweg, weil ich keinen einzigen unnötigen Höhenmeter mehr machen wollte, sah dann meine Mutter auf dem Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite, musste beim Überqueren der Straße noch die Füße in die Hand nehmen, weil das eine Auto ziemlich schnell angerauscht kam, und sank dann mit nicht mehr trockenen Füßen, verschwitzt, fertig, aber ziemlich glücklich im Auto ...

Daheim duschte ich erstmal, danach ging es auf ein wohlverdientes offenes Bier in den Schnitzer, aber über den Rest des Abends breiten wir den Mantel des Schweigens, zumal unsere Nachbarn auch noch zufällig (wirklich!) dazustießen ...

Die Höhenmeterangaben meiner App sind gelegentlich etwas wahnsinnig - während die 352 Meter gestern ziemlich realistisch klingen, behauptet das Gerät, ich sei vorgestern, als es an der Schwarza entlang fast nur bergab ging, 377 Höhenmeter (aufwärts!) gelaufen ... Die 7.552 Höhenmeter, die ich jetzt auf 38 Wanderungen gemacht haben soll, sind also mit Vorsicht zu genießen (die "Besteigung" des Mount Everest wird trotzdem gefeiert!), aber die 395 Kilometer klingen relativ richtig.

Heute mache ich einen Ruhetag, mal gucken, ob ich morgen was mache und wenn ja, wohin ...

Fotos vom Feldberg? Okay ...

Unterwegs vom Rinken zur Baldenweger Hütte

Bei der Baldenweger Hütte

Oberhalb der Baldenweger Hütte

Feldberg

Neuer Sender

Friedrich-Luise-Turm

Der höchste Punkt Baden-Württembergs

Blick in Richtung Wiesental

Auf dem Jägerpfad

Montag, 25. Mai 2020

Im Funkloch

... war ich heute, sodass unsere Notfallplanung eingreifen musste. Meine Ma und ich vereinbaren immer eine Zeit, zu der sie (spätestens) losfahren soll, wenn ich mich nicht vorher melde und eine frühere (oder auch spätere) Zeit angebe. Nun war ich heute die letzten mindestens fünf Kilometer nicht erreichbar, sodass ich sie nicht anrufen konnte und sie (erstmals) den Notfallplan (naja, "Notfall"-Plan) durchziehen musste. Sie war so richtig erleichtert, als sie mich am vereinbarten Extraktionspunkt auf einem Bordstein sitzen saß - ich war also nicht von einem Baum erschlagen oder von Schwarzwaldelfen entführt worden ...

Am Samstag Vormittag regnete es Hunde und Katzen, aber die Wetter-App behauptete, dass es in Häusern etwas besser (bzw. zumindest "neblig") sei, sodass ich meine Ma bat, dass sie mich nach Häusern bringe, auf dass ich durch das Tal der Schwarza wandern könne ... Als wir in Häusern ankamen, regnete es dort noch mehr als in Bonndorf, sodass ich meiner Ma sagte, dass ich gleich wieder mitheimfahre ...

Wir fuhren allerdings in Richtung des Schwarzastausees, danach durch Brenden und Berau nach Witznau (dort sollte die Wanderung enden) und durch die - auch noch zu erwandernde, weil aus dem Auto toll aussehende - Schlücht/Schwarza-Schlucht. Zwischendrin war der Regen immer mal wieder nicht so stark, aber über den Schluchtensteig wollte ich im oder jedenfalls unmittelbar nach Regen auch nicht laufen, sodass ich tatsächlich mit nach Hause fuhr. Dass ich mal unglücklich wäre, weil ich wegen eines Regengusses nicht wandern kann, hätte ich vor zehn Wochen auch keinem geglaubt.

Ich guckte Fußball, und gegen Abend wurde das Wetter doch besser, sodass ich noch eine kleine Runde anstrebte: Ich kutschierte meine Mutter zu einem Möchtegern-Wanderparkplatz zwischen Ebnet und Rothaus, fuhr durch ein bisschen Matsch (ich fuhr für meine Verhältnisse echt langsam, aber es wirbelte immer noch Schlamm hoch ...) und ging dann in den Wald, denn ich wollte das Erlenbachtal durchwandern, während meine Ma wieder nach Hause fuhr.

Das war eine schöne Strecke von knapp über sechs Kilometer entlang des größten Nebenflüsschens der Steina, und obwohl es immer noch ein bisschen nasskalt war, war es doch zumindest regenlos ... Ich hatte einen Pullover dabei, war aber nur im kurzärmeligen Hemd unterwegs, das passte, auch wenn ich gegen Ende doch ein bisschen fröstelte.

Am Wanderparkplatz Roggenbach wurde ich von meiner Mutter wieder aufgelesen, und es war noch ein ganz gemütlicher Abend daheim.

Heute musste ich noch arbeiten, und mit dem ganz frühen Feierabend wurde es am Tag vor dem Urlaub auch nichts, sodass ich erst gegen 16 Uhr den Griffel fallen lassen konnte. Heute wollte ich die gestern angestrebte Tour von Häusern nach Witznau nachholen, doch irgendwie spekulierte ich ein bisschen ("spekulieren" im Sinne von "liebäugeln" ist auch so eine alemannische Eigenart, die ich hier wieder angenommen habe ...) damit, doch von der Staumauer des Schluchsees (und damit dem eigentlichen Beginn der Schwarza) zu starten, auch wenn das dann eine 18-Kilometer-Strecke würde.

Auf dem Weg nach Häusern überlegte ich hin und her, und am Ende bat ich meine Mutter, mich an der Staumauer rauszulassen. Es gab einen Plan B (bzw. einen Extraktionspunkt Beta), falls ich nach 13,5 km keine Lust mehr hätte, denn es gibt einen Wanderparkplatz im Schwarzatal, den man von Süden, von Witznau her, hätte ansteuern können ...

Ich wollte am Parkplatz an der Staumauer einen Pfad herunterwandern, aber - es ging schon gut los - den Pfad gab es nicht mehr. Ich sah zwar noch einen Pfosten am Wegesrand, an dem mal Wegweiser waren, aber einen Pfad konnte ich wirklich nicht mehr eruieren. Mir blieb also wenig anderes übrig, als zwei oder drei Kilometer an der B 500 entlangzumarschieren ...

Gesagt, getan, LKWs pfiffen an mir vorbei, und als ich unten im Tal gegenüber der Einfahrt nach Blasiwald in den Wald abbiegen konnte, war mir wohler.

Ich hatte aber - bis zu diesem Zeitpunkt - alles richtig gemacht, denn der Weg, den ich ursprünglich hatte einschlagen wollen, war wegen Forstarbeiten gesperrt, sodass ich da einen Umweg hätte gehen müssen.

Die Wikipedia sagt, dass das Schwarzatal praktisch siedlungsfrei ist, und ja, es ist ziemlich einsam dort, einsam und schön. Der Weg führte hinunter zum Schwarzastausee, der Bestandteil des Stausystems des Schluchseewerks ist und um diesen herum. Es ist immer wieder faszinierend, die vermeintlich unberührte Schwarzwaldlandschaft zu sehen und dann auf einmal so einen Industriekomplex mitten im Wald zu erblicken ...

Nun denn, ich lief um das Kraftwerk und den See herum und musste schon wieder umdisponieren, dass die Staumauer, über die ich gehen wollte, wird saniert und war daher gesperrt.

Also lief ich rechts der Schwarza den Berg hinunter, es war nicht zu steil, eher gemächlich, aber vor einer Hütte überquerte ich die Schwarza und war nun auf dem Schwarzatalweg anstatt der (privaten) Schwarzatalstraße.

Nach so zehn, zwölf Kilometern spürte ich ein Hiker's High (die Läufer sprechen öfter vom "Runner's High", also dem Hochgefühl, wenn du in deinen Laufrhythmus gekommen bist, das hatte ich beim - verfluchten - Rugby-Lauftraining auch mal, das war ganz interessant), denn obwohl ich schon eine - für meine Verhältnisse - ganz ordentliche Strecke intus hatte, setzte ich nochmal alle Energie frei und lief zügig durch den menschenleeren Wald (außer einem Radfahrer ist mir heute kein Naturliebhaber begegnet).

Ich erreichte meinen Extraktionspunkt, lief aber immer weiter, auch wenn die Beine so langsam doch schwer wurden, aber die Blicke auf die steilen, bewaldeten Schluchthänge gefielen mir sehr gut. Ich marschierte nur wirklich, zählte meine Schritte, kam an den Witznau-Stausee und wollte jetzt - so eine halbe Stunde vor Ankunft - meine Mutter anrufen ... Nun, in der steilen Schlucht hatte ich kein Signal, also musste ich auf die zwischen Tür und Angel noch besiegelte Absprache vertrauen, dass meine Mutter spätestens um 20.30 Uhr aufbrechen würde (und mir notfalls entgegenfahren würde).

Ich erreichte fast genau um 20.30 Uhr Witznau, ging noch ein paar Schritte weiter über ein Brückchen, um die Gemeinde Weilheim anzukratzen (diese ist nun die 17. der 32 Gemeinden des Landkreises Waldshut, die ich erwandert habe), setzte mich auf den oben erwähnten Bordstein und wartete auf meine Mutter. Als sie mich da sitzen sah, polterte es ziemlich in der Schlucht, weil ihr einige Steine vom Herzen fielen, und es ging schnell nach Hause ...

Ich habe jetzt, glaube ich, alle großen Flüsse des östlichen Südschwarzwaldes erwandert - die Wutach natürlich (auch wenn die Wutachschlucht noch - seit fast zwei Jahrzehnten verabredet - mit einem Studienfreund angegangen werden muss), die Steina und den Erlenbach, die Mettma, die Schlücht und jetzt eben die Schwarza. Auch die Alb habe ich schon erkundet, auch wenn eine (richtige) Wanderung durchs Albtal auch noch gut denkbar ist ...

Schön war es heute, anstrengend durchaus auch, aber ich bin - selbst nach 18,63 Kilometern heute - nicht so platt wie in den ersten Tagen, als ich mich halbtot nach Achdorf schleppte. So'n bisschen Trainingseffekt dürfte da jetzt schon dabei sein, aber ich werde irgendwann berichten, wie es mir morgen früh geht ... Emol luege.

Über 382 Kilometer bin ich jetzt gewandert, ab morgen habe ich drei Wochen Urlaub, die 400 Kilometer werde ich hoffentlich in den nächsten Tagen knacken, und die 500 sollten auch zu schaffen sein ...

Unterwegs im Wald bei weniger fantastischem Wetter

Der Erlenbach

Erlenbach-Tal

Schwarza-Tal zwischen Blasiwald und Schwarza-Stausee

Schwarza-Stausee mit Kraftwerk

Pumpen nach Schluchsee

Lichtung im unteren Schwarza-Tal

Sonnenuntergang im Schwarza-Tal

Schwarza-Tal

Sonnenuntergang am Witznau-Stausee

Donnerstag, 21. Mai 2020

Der Rhein

... war heute ein wichtiges Zwischenziel, und, ganz ehrlich, es ist ein ziemlich erhebendes Gefühl, wenn man nach fünf Etappen in diese Richtung (Bonndorf-Roggenbacher Schlösser, 5. April; Roggenbacher Schlösser-Eggingen, 26. April; Eggingen-Vogelhof (Erzingen), 14. Mai; Vogelhof-Gemeindegrenze Jestetten, 17. Mai; Gemeindegrenze Jestetten-Balm am Rhein, heute) dann erstmals den Rhein sieht ...

Ich schlief heute erstmal aus, und weil mein Fuß in der Nacht nicht so richtig mitmachen wollte, war ich unsicher, ob ich heute eine Wanderung unternehmen soll. Ich beschloss, meinen Fuß zu überstimmen, und gegen halb eins waren wir unterwegs - es ging an den Punkt der Landesstraße 163, an dem ich am 17. Mai ins Auto meiner Mutter eingestiegen war.

Dort stieg ich aus, lief wenige hundert Meter an der Straße weiter, bog dann ins Feld ab, ging an einem Modellflughafen vorbei, überquerte ein Brückchen und lief dann einen ziemlich steilen Pfad hoch in den Wald. Ich nahm den linken Weg (da war es dann wesentlich weniger steil) und kam - dann doch irgendwie recht schnell - am ersten Grenzstein des Tages an, dem Grenzstein Baden-Zürich Nr. 77.

Ich bog nach links auf den Pfad ab und kam nach einiger Zeit am Rafzerstein ein, dem Grenzstein Nr. 81, der schon seit 1728 die Grenze markiert. Ein älterer Herr erklärte zwei Schweizern mit Hund den Weg, während ich im 90-Grad-Winkel auf den Grenzweg abbog ... Ich fand noch ein paar Grenzsteine, aber danach bewegte sich der Weg erstens ein bisschen von der Grenze weg und zweitens waren auch hier die Grenzsteine wieder im Bachlauf, sodass ich sie nicht gut sehen konnte ...

Nun denn, auf ging es zum zweiten Tagesziel, nach Balm an den Rhein. Hierzu lief ich durch Lottstetten, vorbei an einem der zwei Bahnhöfe der Schweizer Bahn auf deutschem Boden (auf der Strecke gelten, wenn ich das richtig verstehe, auch Schweizer Regeln) und vorbei an ein paar geöffneten Gaststätten - ich hatte aber die Hälfte des Weges noch nicht erreicht, also kehrte ich nicht ein ...

Es ging hinunter an den Rhein, und da standen schon jede Menge Autos - hier war Party, Kinder und Erwachsene spielten am und im Rhein (den Schmerzensäußerungen mancher Badender nach zu schließen war das Wasser eher nicht badewannenmäßig), und ich setze mich auf eine Treppe am Rheinufer und legte - leider ohne Bier, denn hier unten war keine Kneipe - eine Pause ein ...

Es war soooo herrlich, da unten zu sitzen und dem durchaus nicht trägen Fluss beim Fließen zuzugucken ... Ich rief meine Mutter an, um mein Glück zu teilen, und wir verabredeten uns für kurz vor 17 Uhr in Nohl. Das hieß, dass ich noch etwa eineinhalb Stunden für meine fünf verbleibenden Kilometer hatte, sodass ich mich aufmachte und weiter am wunderbaren Rheinufer entlanglief.

An der Rheinbrücke nach Rheinau stand der deutsche Zoll, ich stapfte weiter und übersah vor lauter Glückseligkeit die mögliche (steile) Abkürzung hoch nach Altenburg. Also lief ich noch ein bisschen am Ufer entlang und nahm dann die etwas weniger steile Rampe nach Altenburg ...

Über die alte keltische Befestigung wanderte ich, bis meine Augen die zweite Grenzsteinkette erblickten, auch hier handelt es sich um die Grenze zum Kanton Zürich. Ich lief von der Nr. 130 bis zur Nr. 135 am Rande des Abhanges (Weg deutsch, Abhang schweizerisch) entlang und sah von Ferne ein weiteres Zoll-Auto an einer Stelle stehen, die ich für innerdeutsch hielt. Als die Zöllner mich kommen sahen, ergriffen sie die Flucht und fuhren über die Straße, die ich nehmen wollte, um an den Endpunkt meiner heutigen Wanderung zu kommen.

Ich blieb vollständig auf deutschem Gebiet und kam in das - auf der deutschen Straße als Weiler gekennzeichnete - Örtchen Nohl. Interessant an Nohl ist, dass das Örtchen selbst großteils auf Schweizer Gebiet liegt, die Straße hier oben allerdings deutsch war - das heißt, man war zwar nach dem Zoll, aber noch auf deutschem Gebiet ...

Meiner Mutter hatte ich gesagt, dass sie keinesfalls über die Grenze fahren solle, also blieb sie erstmal am Zoll stehen und rief mich an. Ich sagte ihr, dass sie geradeaus weiterfahren könne (so wie es das Zollfahrzeug selbst gemacht hatte), gerade weil die Straße noch deutsches Gebiet sei. Meine Mutter kam aber nicht, obwohl sie kaum eine Minute entfernt war, sodass ich ihr entgegenlief.

Es stellte sich heraus, dass sie mit einem schweizerischen Ehepaar gesprochen hatte, das ihr vom vermeintlichen "Grenzübertritt" von deutschem auf deutsches Gebiet abgeraten hatten, bis der Frau auf einmal einfiel, dass die Straße ja deutsch sei ... Alles klärte sich auf, meine Mutter und ich trafen uns, drehten und dankten den beiden Herrschaften (besonders der Frau, der Mann hatte eher Fake News produziert ...) für ihre Unterstützung.

Einzig "ärgerlich" war, dass ich den Grenzstein Nr. 137 nicht fand, aber ich vermute, der war höhengleich in den Boden eingelassen, sodass ein Auto darüber parkte, denn an der Stelle, an der er sein müsste, parkten ein paar Fahrzeuge (die eine Frau guckte ganz skeptisch, was ich da mache, als ich unter die geparkten - äh, parkierten - Autos guckte ...).

Von diesem Weiler werde ich dann, wenn die Grenzen wieder völlig offen sind, meine Rheinwanderung bis nach Büsingen und vielleicht noch weiter nach Gailingen machen, das könnte dann eine - längere - Tagestour werden ...

Mein Fuß machte die ganze Zeit mit, sodass das heute eine richtig schöne Wanderung mit Rhein und Grenzsteinen war ... 13,65 km wurden überwunden, insgesamt sind es jetzt über 357 Kilometer (die 350-Kilometer-Marke habe ich also geknackt heute). Achso, wir fuhren auf dem Hinweg noch kurz hoch zur Kapelle zwischen Baltersweil und Albführen - heute hatte man Alpenblick, und das war fantastisch ... (Ich habe keine Fotos gemacht, weil das auf den Bildern nie so gut rüberkommt ...)

Ein paar Fotos habe ich aber gemacht:

Steiler Pfad am Anfang des Weges

Besserer Weg durch wunderbaren Wald

Rafzerstein von 1728

Zum Glück ist am Baum eine Markierung, denn den Grenzstein (unten rechts) sieht man vom Weg kaum ...

SBB-Bahnhof Lottstetten

Flusskilometerstein am Rhein

Da kann man Pause machen ...

Zürcher Polizei - nahe an deutschem Gebiet ...

Der Rhein

Rheinbrücke Rheinau

Blick von Altenburg auf den Rhein und die Brücke Rheinau

Grenzstein Nr. 132 kurz hinter Altenburg
Blick auf den Rhein (deutsche Beschilderung - deutsche Straße, auch wenn Nohl - großteils - schweizerisch ist)
Ich habe am 23. Mai ein Bild entfernt.