Meine Länder

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Samstag, 28. September 2019

Zu viel Zeit und zu wenig

... hatte ich heute, aber trotzdem war's jetzt nicht wirklich stressig oder so, nur ein bisschen unclever geplant ...

Ich hatte gestern Abend noch ein bisschen Leichtathletik geguckt, war dann aber früh in schlafendem Zustand und - nach komischen Träumen - relativ früh wach. Ich guckte das Rugby-WM-Spiel Japan gegen Irland, das Japan völlig überraschend gewann, duschte und machte mich auf zum Frühstück.

Das Frühstück im Hotel ist okay, nichts Feudales, aber man wird satt, wenn man möchte, nur das Bezahlen war ein bisschen umständlich, wobei das Hotel dafür nix kann: Meine Kreditkarten funktionieren hier bei keinem einzigen Händler, was aber insoweit verschmerzbar ist, als dass zumindest jeder zweite Geldautomat zumindest eine von meinen Karten nimmt. So musste ich also erstmal Bargeld holen - mein Hotel kostete 70.000 Kwanza, die Geldautomaten spucken immer maximal 25.000 aus (das sind etwa 60 Euro), sodass ich dreimal nacheinander abhob, und zwar schnell, ehe meine Bank auf die Idee käme, die Karte zu sperren (bisher habe ich nichts davon gemerkt ...).

Nachdem ich also gezahlt hatte, fragte ich schelmisch, ob ich vielleicht heute Abend noch duschen dürfte, das durfte ich (ich sollte mein Zeug sowieso in meinem Zimmer lassen), und die Gelegenheit kann ich jetzt nutzen, mein Hotel in höchsten Tönen zu loben (volle gerade "in höchsten Zügen" schrieben, argh, man kann also auch zuviel schlafen): Nicht nur, dass es sauber ist und eine Klimaanlage im Zimmer und Wasser im Kühlschrank und alles, ich konnte ja am Donnerstag schon um 6 Uhr einchecken und jetzt heute dann eigentlich erst um 20 Uhr auschecken. In Deutschland hätten viele argumentiert, dass ich das Zimmer mindestens drei, eigentlich sogar vier Nächte okkupiert habe, hier war es überhaupt kein Thema - ich zahlte meine zwei Nächte, gab entsprechend üppig Trinkgeld, und alle waren zufrieden, glaube ich. Dass die Putzfrauen viermal (statt zweimal) mein Zimmer gemacht hat, passt dann schon ... (Nur das Toilettenpapier hätte sie heute nicht zwingend entfernen müssen ...) Wenn ich wieder nach Luanda komme, lande ich wieder im Casa de Luanda "GH Kinanixe".

So, um 12 Uhr war ich dann aus dem Hotel raus und was nicht so recht, was ich mit dem angefangenen Tag anstellen sollte. Ich entschied mich, mal zu gucken, ob ich in den Süden Luandas komme, und wie macht man das? Genau, man stellt sich an die Ausfallstraße (in dem Fall ein Kreisverkehr im Stadtzentrum) und wartet, bis man von den Minibuseinsammlern den Fetzen eines Ortes hört, der einem bekannt vorkommt, und steigt dann ein.

Vielleicht muss ich ein bisschen ausholen, um das Minibuswesen hier in Luanda zu erläutern, auch wenn dann wieder beschwerden kommen, dass der Post so lang wird, aber das ist mir jetzt egal, soll ja auch praktischen Nährwert haben, dieses Bloggedöns: Die ÖPNV-Minibusse hier in Luanda sind fast alle weiß-hellblau (nicht königsblau!) angemalt, damit man sie auch erkennt. Die Crew besteht aus dem Fahrer und dem Schaffner/Einsammler, der während der Fahrt, sofern noch Platz ist, das Ziel aus dem Minibus brüllt. Ansonsten ist er fürs Kassieren und fürs Platzanweisen zuständig. Und wenn der halt dann "Benfica" brüllt (und ich es verstehe!), dann springe ich da halt rein, setze mich auf mein Plätzchen und ab geht es in Richtung Süden ... Am Schluss bezahlt man zwischen 100 und 200 Kwanza (25 bis 50 Cent), das hängt ein bisschen von der Fahrtstrecke ab, und angeblich auch vom Wetter bzw. Verkehr, aber mehr als 200 Kwanza habe ich hier noch nicht gezahlt pro Fahrt.

So, nun saß ich da also im Minibus nach Benfica und fuhr - ganz hinten rechts im Bus sitzend - durch die Vororte Luandas, über sehr gute Straßen, und auch wenn das keineswegs europäisch aussieht, ist das hier sicher nicht die ärmste Ecke der Welt. Überall sind relativ moderne Banken, Leuchtreklamen, englischer Fußball läuft überall auf den Fernsehen, die Autos sind entweder abgeranzte und halb zerbröselnde Uralt-Teile oder moderne Chevrolet-Schlachtschiffe - man merkt schon, dass Luanda keine ganz arme Stadt ist.

Nach Süden hin hat man dann öfter guten Ausblick aufs Meer und auf die gegenüberliegende Halbinsel (nicht meine Ilha, eine andere!), und irgendwann stiegen an einer Tankstelle (fast) alle aus, also auch ich, ich war wohl in Benfica. Nun stand ich da ein wenig verloren in der Weltgeschichte herum, wusste nicht, ob ich zurückfahren soll oder mich hier mal umgucken soll, als ich auf die Idee kam, dass ich ja vielleicht irgendwie an den "Miradouro da Lua", den "Aussichtspunkt auf den Mond", also eine Mondlandschaft, komme. Das waren zwar noch 50 Kilometer oder so, aber ich wollte es mal probieren. Ich ließ mich in den nächsten Kleinbus verladen in Richtung Ramiros (ich zeigte mit der Hand, wie gestern, die Fahrtrichtung an, es wurde eifrig genickt), und schon ging die weiß-hellblaue Luzi los.

So langsam wurde es ländlicher, und ich wurde nach einer halben Stunde Fahrt oder so (man wird hier ein wenig beäugt, aber wenn man sich nicht wie der letzte Idiot anstellt, merken die Angolaner dann auch schnell, dass man sich nicht völlig verlaufen hat) aus dem Kleinbus geschmissen - Endhaltestelle.

Nun stand ich da so ein bisschen im Dorf herum, kaufte mir an der Tankstelle ein Wasser (das war dringend nötig), sah nur einen Minibus weiter in Richtung Miradouro fahren, sah den aber erstens zu spät, und zweitens wurde es mir zeitlich jetzt ein wenig kritisch: Der erste Punkt war, dass ich ja nochmal 30 Kilometer vor mir hatte (und die wieder zurückmusste), vor allem aber - zweitens - nahm die Minibusdichte um Ramiros herum rapide ab, sodass ich - anders als in Luanda - nicht sicher war, dass zeitnah eines kommt, wenn ich es brauche. Gestern hätte ich es vielleicht riskiert, aber auf die Idee bin ich zu spät gekommen, und heute war mir das dann alles ein bisschen zu risikoreich, denn meinen Flug wollte ich höchst ungern verpassen (und auch nicht unbedingt im Dunkeln durch die Vororte von Luanda fahren; Slums im eigentlichen Sinn sind das da keine - die gibt es wohl, aber nicht da, wo ich war -, aber übertreiben muss man das ja nicht, auch wenn ich mich in Luanda ziemlich sicher fühlte).

Ich lief also über die Straße, wo die Minibusse auf die Abfahrt warten, ein Schaffner sprach mich an, wo ich hinwolle, ich sagte "Benfica", und schon ging es los, diesmal auf dem Beifahrersitz. Wir stiegen da aus, wo ich auf der Hinfahrt umgestiegen war und nahm nun einen Minibus in Richtung Aeroporto (Flughafen), wollte aber eigentlich ohnehin - vielleicht, eventuell - aussteigen, um in ein Rodízio-Restaurant zu gehen.

Der liebe Gott meinte es gut mit mir und meiner Gesundheit, denn ich saß so umzingelt von Menschen, dass ich mich nicht so recht traute, an der Stelle, wo ich hätte aussteigen sollen, "aquí parada, por favor" oder so etwas Ähnliches zu sagen (und die alle für mein Aussteigen aus dem Bus zu scheuchen). War doof, aber andererseits auch okay, weil ich mich dann wieder vollgefressen hätte ...

Der Bus fuhr vom Flughafen weiter in Richtung São Paulo, sodass ich sitzen blieb und dann unterwegs ausstieg, weil ich noch eine Fleischkneipe auf Google entdeckt hatte. Ich lief ein paar Meter, auch über eine Art Boulevard, nur um die Kneipe geschlossen vorzufinden. Menno!

Jetzt hatte ich, es war kurz vor 16 Uhr, genug und wollte wieder zur Ilha. Ich lief also zu amerikanischen Botschaft, weil ich annahm, dass die Minibusse, die dort von unten von der Hafenpromenade hochkamen, auch von dort hinunterfahren würden. Das war aber ein Fehlschluss, sodass ich wieder herunterlief an die Hafenpromenade und da das erstbeste Minibuslein auftat, das mir in die Quere kam.

Während einer Polizeikontrolle, in die der Bus völlig zurecht kam, weil da alles kaputt war, vom Getriebe bis zum Stoßdämpfer, stieg ich aus und lief die paar hundert Meter zu meiner Geburtstagskneipe von vorgestern. Dort aß ich wieder diesen tollen Garnelen-Früchte-Salat und danach ein tranchiertes Steak, auch das war lecker und nicht so knoblauchlastig wie gestern, das wird meinen Mitreisenden gefallen.

Es wurde jetzt dunkel, und die Minibusse fuhren entweder (voll) vorbei oder in eine andere Richtung, dann war Schichtwechsel in meinem Lokal, sodass zwei Dutzend Angolaner sich neben mich stellten, in verschiedene Autos einstiegen, aber irgendwann kam noch ein Minibus, wieder nach São Paulo, und in den stieg ich ein.

Während der Fahrt setzten sich zwei - entweder betrunkene oder sonst sehr laute - Mädels neben mich, die eine betatschte mich richtig, keine Ahnung, was die wollte, jedenfalls war ich froh, dass ich dem Schaffner dann an der amerikanischen Botschaft mit dem Sätzlein oben (jetzt traute ich mich, war jetzt alles wurscht) mitteilen konnte, dass ich aussteigen möchte.

Ich lief noch zehn Minuten durch das dunkle Luanda, war dann glücklich im Hotel, duschte nochmal ausgiebig und wurde dann um zehn vor acht vom Sohn des Hauses zum Taxi gebeten. Ich hatte mich nach der Ankunft hier - natürlich - abzocken lassen, denn der Taxifahrer war mit der Hälfte meines Ankunftspreises überglücklich, aber sei's drum ...

Die Bordkartenkontrolle hier am Flughafen ist ziemlich chaotisch. Ich hatte ja schon online eingecheckt und zeigte der Aufpassierin meine Online-Bordkarte, die verwies mich aber an den Check-in, der Aufpasser dort nahm mir mein Handy ab, ging an den Check-in, auf einmal war alles okay, auch bei der ersten Aufpasserin. Häh? Meint ihr, nur Business-Class-Menschen reisen mit Handy-Bordkarten?? Der dritte Kontrolleur kontrollierte mich dann binnen einer Minute zweimal; offenbar hatten ihn die ganzen Reisenden, einschließlich mir, verwirrt, die ihm - kurz vor der Sicherheitskontrolle - die noch ungeöffneten Wasserflaschen schenkten ... Irgendwie war das alles schräg. Die Ausreise war dagegen langwierig, aber problemlos, dann fing mich der Zöllner ab und fragte - glaube ich - ob ich verbotenerweise angolanisches Geld ausführe (tue ich selbstverständlich nicht ...), und jetzt sitze ich in der Lounge. In einer halben Stunde, Stunde ist Boarding, und dann geht es heim nach Europa, erst nach Lissabon, dann morgen früh nach Frankfurt. Um 12.35 Uhr kommt ich in Frankfurt an, wenn ich meine Verbindung in Lissabon erwische, was ein bisschen knapp werden könnte, weil mein Abflug sich etwas verzögern könnte, da der Flieger aus Lissabon Verspätung in der Ankunft hat. Aber ich hoffe mal, die werden warten, zwei Stunden müssten zum Umsteigen normalerweise reichen, auch wenn ich einreisen und durch die Sicherheitskontrolle muss.

Ein Foto vom Boulevard heute in Luanda:


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In den letzten Tagen haben eine ganze Reihe von Ländern die Erteilung von elektronischen Visa oder Visa bei Ankunft für deutsche Staatsangehörige eingeführt: Von Sierra Leone hatte ich schon erzählt, Russland macht das für Kaliningrad und St. Petersburg und heute hat Saudi-Arabien die Erteilung von eVisa begonnen - das wäre doch was für ein verlängertes Wochenende zu Jahresbeginn, mal sehen ...

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