... habe ich heute unternommen, und "Spaziergang" ist vielleicht eine Untertreibung, denn am Ende müssten das - inklusive Waldwanderung im Lilongwe Wildlife Centre dann doch 13 Kilometer gewesen. Die Stadtbezirke von Lilongwe werden als "Areas" bezeichnet, und mein wunderschönes Hotel (beim Blick aus der Tür der - kleinen - Terrasse wurde ich vom vielen Grün fast erschlagen) liegt nun einmal in der Area 43. (Ob es eine Area 51 gibt, weiß ich nicht genau; bestimmt wird man erschossen, wenn man da hin will ...)
Nach einem sehr leckeren Frühstück (hier waren jetzt viele Weiße, was möglicherweise auch daran liegen mag, dass die EU-Wahlbeobachter für die Präsidentschafts- und Parlamentswahl am 16. September zumindest heute hier ihr Quartier aufgeschlagen haben) mit Spiegelei und Würsten und vielen Früchten verließ ich als Fußgänger (das kommt hier auch nicht so oft vor, vermute ich, weil es auf dem geräumigen Anwesen viel Platz für Autos gibt) das Areal meines Hotels und lief in Richtung Innenstadt.
Zwei Schulkinder vor mir schauten sich immer wieder um, waren aber dann doch schneller als ich, zumal ich - Google folgend - auf einen Trampelpfad abbog. Das hatte seine Richtigkeit, denn zwei Straßen weiter ging es dann - das war jetzt halb asphaltiert, halb Staubpiste - weiter in Richtung größerer Straße. Ich folge dieser größeren Straße, bis ich auf eine noch größere Straße kam, bog nach rechts ab, wieder nach links - und war, mitten in Lilongwe, auf dem Weg zum Weltkriegsdenkmal und zum Parlament (!), auf einer staubigen Piste in einem staubigen Wald unterwegs - unglaublich ...
Am Weltkriegsdenkmal (mit riesigem, leerem Parkplatz) stand Security, die einen entlaufenden Schäferhund suchte; ich sagte ihnen, dass ich, wenn ich den Schäferhund sähe, ihm sagen würde, er solle sich bei ihnen melden. Das sorgte - wider Erwarten bei meinen Witzchen - doch für Lacher, und als sie später an mir vorbeifuhren, hupten und winkten sei ...
Vor dem Weltkriegsdenkmal steht eine Statue für Hastings Banda, den ersten Staatspräsidenten Malawis, das habe ich dann auch noch fotografiert, bis so ein unhilfreicher Guide sich mir in den Weg stellte. Nunja, die Totentafeln wollte ich nicht unbedingt sehen, also marschierte ich wieder durch den Wald und lief an der Staubpiste in Richtung Parlament.
Gegenüber des Botanischen Gartens wird ein neues Parlament gebaut, und vor dem aktuellen Parlament (Fotos habe ich da keine gemacht, weil da so viel Militär davor stand, dass ich mich nicht getraut habe) wird die Straße dann - gut - asphaltiert und auch mindestens dreispurig je Richtung. Dort, das muss ich so sagen, stinkt es allerdings so dermaßen nach Urin, dass ich mir wirklich die Nase zuhalten musste - unglaublich ...
Ich überquerte nicht so richtig todesmutig die Straße (die Malawier lassen da viel weniger Puffer) und marschierte in Richtung Diplomatenviertel. Da ist nullkommanull Polizei, der eine oder andere Wachmann (aber eigentlich habe ich nur einen bei der sambischen Hochkommission gesehen) steht in der Gegend herum, aber das ist - wie fast alles hier in Malawi - sehr entspannt ...
Die deutsche Botschaft war natürlich, die regelmäßige Leserin und der regelmäßige Leser werden allenfalls so semi-überrascht sein, mein Ziel, und auch wenn ich irgendwann mal vor einer Botschaft wegen des Fotografierens verhaftet werden, heute war es nicht so: Ich machte ein paar Fotos vor, mit und von der Botschaft - alles wunderbar, so mag ich das - ich stehe vor der Botschaft und brauche sie nicht ...
Sheriff aus Nkhata Bay sieht ja inzwischen auch meinen WhatsApp-Status, und ich glaube, der hält mich jetzt endgültig für einen Spinner - Ruhe dahinten!
Ich lief weiter, noch an der Parteizentrale der Malawi Congress Party vorbei, in Richtung Lilongwe Wildlife Centre, und auf dem letzten Stück lief ich an einer regelrechten Autobahn entlang (ja, wenn Fußgänger entlanglaufen, kann es eigentlich keine Autobahn sein, schon klar, aber funktional war das eine Autobahn) ...
Als ich da ankam, wo ich ankommen wollte, hätte ich ein Schild "Lilongwe Wildlife Centre" erwartet - ich sah aber keines. Nun hat mich Google schon ab und an mal an einen Ort geführt, wo dann kein Eingang war, aber der Wachmann bemerkte mein Zögern, fragte, wo ich hinwolle, und meinte, da hinten sei die Rezeption. Sehr gut, das wäre jetzt ärgerlich gewesen ...
Ich lief zur Rezeption, zahlte meine sechs Euro Eintritt, bekam gesagt, dass ich nicht im Fluss schwimmen gehen solle (ich vermute, irgendso'n bekloppter Ami hat das mal versucht), auch weil es Krokodile geben, und ging erstmal zur Gaststätte dort, denn ich brauchte dringend Wasser. Ich Held kaufte nur eine 0,5-l-Flasche und machte mich dann auf die Expedition.
Sechs Euro kann man mal investieren, auch wenn man nicht mehr zu den Tierwaisen, die hier auf die Wiederauswilderung vorbereitet werden, kann (vor Corona ging das noch); die Argumentation, dass die sich nicht zu sehr an Menschen gewöhnen sollten, klingt für mich durchaus nachvollziehbar. Der Weg am Fluss Lingadzi entlang war nicht uninteressant, mir begegneten Äffchen, die auf Deutsch "Südliche Grünmeerkatzen" heißen, aber leider sah ich kein Krokodil, obwohl die gerne mal am Ufer oder im Wasser liegen sollen.
Das war jetzt eine Art Walking Safari, und man sah auch etliche Vöge und Schmetterlinge und so, aber ich bin halt doch eher ein Säugetier-Reptilien-Fan bei sowas. Am Ende des Reservats musste ich mich zwischen dem roten und dem blauen Weg entscheiden, entschied mich für den kürzeren blauen Weg (mein Wasser war schon alle und ich brauchte was zu trinken) - und machte damit viel richtig, denn kaum hatte ich den Weg eingeschlagen, nahm eine Antilope Reißaus, die ich gar nicht wahrgenommen hatte. Etwas später sah ich aber einen anderen Ducker (so heißen die Viecher) und ging gaaaaanz langsam vorwärts, um ein möglichst gutes Bild zu schießen. Das klappte, aber Sekundenbruchteile später hörte das Tier von irgendwo ein Geräusch und nahm wiederum Reißaus. Glück gehabt ...
Gegen Ende des Weges sah ich auch noch größere Vögel, so ungefähr von der Größe von Truthähnen, die konnte ich alter Biologieexperte aber leider nicht identifizieren ...
Nun, ich rettete ich gerade so wieder in die ans Wildlife Centre angeschlossene Gaststätte und konsumierte insgesamt vier Flaschen Wasser und zwei Colas, bis ich wieder einigermaßen hydriert war. Das war dringendst nötig ...
Als ich wiederhergestellt war, verließ ich das Wildlife Centre (ich bin gerade während des Blogschreibens zum Kühlschrank in meinem Zimmer gewackelt, ich werde womöglich bösesten Muskelkater morgen kriegen ...) und wollte eigentlich über eine einheimische App ein Taxi bestellen. Das klappte vorne und hinten nicht, also lief ich wieder raus auf die Autobahn und noch ein Stück in Süden, denn ich wollte a) noch einkaufen und b) eigentlich in die "Altstadt".
Ich kam in ein riesiges Einkaufszentrum, kaufte dort - ich habe bei Zahnpasta und Deo fehlkalkuliert und die kleinen Größen, die ich in den Flieger mitnehmen darf, aufgebraucht ... - kleine Zahnpasta und kleines Deo (das einzige unter 100 ml war "Playgirl", nun denn ...) gekauft. Beim Herausgehen wird dort der Kassenzettel kontrolliert (weil die manche Regale hinter den Kassen haben!), das ließ ich über mich ergehen.
Danach ging ich ein paar Schritte weiter in die Apotheke, denn ich wollte mir - nach dem Baden im Malawisee - für alle Fälle Praziquantel kaufen. Es gibt im Malawisee (aber wohl vor allem im Süden; ich war im Norden) Parasiten, die über die Haut in den Körper eindringen, das führt dann zur sogenannten Bilharziose oder - das Wort kann ich mir nie merken - Schistosomiasis. Mit Praziquantel kann man das dann recht gut behandeln, und ich bekam - nachdem ich mein Gewicht genannt hatte (hihi) - acht von diesen Tabletten verkauft; das Ganze kostet vier Euro, da wäre die Zuzahlung in Deutschland höher. Der Apotheker meinte zwar, ich solle die Dinger sofort nehmen, aber das kläre ich noch mit meiner Ärztin, weil das Medikament erst gegen die Würmer helfen soll, die nach sechs bis zwölf Wochen ausgebildet sind ... So, noch jemand, dem ich den Appetit verderben kann?
Ich lief noch ein bisschen weiter, wurde zwischendurch immer wieder von Mototaxi-Fahrern angesprochen ("Hey, boss, how are you?"), aber ich wollte noch ein bisschen Altstadt sehen. Nach einmaligem Verlaufen war ich dann in der Altstadt angekommen, das war wuseliger als im sehr geräumigen neuen Stadtzentrum (überhaupt ist Lilongwe eine ziemlich weitausgebreitete und auch einigermaßen grüne Stadt), aber irgendwie hatte ich jetzt auch keine Lust mehr, und der Swimmingpool im Hotel rief zunehmend nach mir.
Ich hatte Minuten vorher schon einen Motorikschafahrer vertröstet, der mir für 10.000 Kwacha die Fahrt zurück angeboten hatte, ich hätte handeln sollen, aber für fünf Euro ist es mir allein schon das Erlebnis immer wieder wert, und so fuhren wir über die Autobahn, er bog einmal wild nach rechts ab, es ging durchs Stadtzentrum, am nach einem früheren Präsidenten benannten Konferenzzentrum vorbei durch die Area 10 zurück in meine Area 43.
Das Tuktuk durfte auch aufs Gelände, aber mein Zimmer war gleich in der Nähe, sodass ich ausstieg. Meine Zimmerkarte funktionierte nicht, also musste ich doch an die Rezeption, danach atmete ich erstmal durch ...
Ich zog mir die Badehose an, ging an die Rezeption, machte meinen etwas späteren Checkout morgen erst um 11 Uhr klar und organisierte auch den Flughafentransfer, ging dann zum Pool, suchte erfolglos eine Dusche und stieg dann einfach ungeduscht ins ziemlich kalte Wasser. Ein bisschen blieb ich sitzen, dann trocknete ich mich ab und ging in meiner Bude duschen (schön warm ...).
Jetzt wird es so langsam dunkel, gleich gehe ich zum Abendessen und dann wird das die vorläufig letzte Nacht in einem Bett in Afrika (den Wechsel von morgen auf Sonntag verbringe ich in Äthiopien, daher die umständliche Formulierung) ...
Morgen fahre ich um 11 Uhr zum Flughafen, um 14.45 Uhr geht mein Flieger. Um 19.45 Uhr (18.45 Uhr deutscher/malawischer Zeit) lande ich in Addis Abeba in Äthiopien. Sechs Stunden später, um 1.50 Uhr (0.50 Uhr deutscher/malawischer Zeit) geht es weiter, um 5.55 Uhr (4.55 Uhr deutscher Zeit) lande ich in Doha. Hier geht es am Sonntag Morgen dann um 8.50 Uhr (7.50 Uhr deutscher Zeit) weiter, um 14.10 Uhr lande ich planmäßig in Hamburg. Ich gedenke, morgen aus Addis Abeba noch Blog zu schreiben, muss aber gucken, wie das klappt ...
Eins noch: Gestern hatte der Fahrer eine Polizeikontrolle übersehen, weil die Polizisten alle auf der rechten Seite der Straße (in unserer Fahrtrichtung) standen, und heizte da mit entsprechendem Tempo durch. Zur "Strafe" richtete die Polizistin dann ihre Hände in dieser Pistolenhaltung auf unseren Fahrer und "drückte ab" ... Rauhe Sitten hier ...
Fotos gibt es heute auch nochmal jede Menge ...
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Hotelpool |
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Da will jemand wohl verklagt werden ... |
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Große Vögel |
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Ducker |
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Fluss |
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Affen (Südliche Grünmeerkatzen) |
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Autobahn in Lilongwe |
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Hastings Banda und ... |
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... das Weltkriegsdenkmal |
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Ungelogen: Mitten in Lilongwe, auf dem Weg zum Parlament |
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Blick aus meinem Zimmer in den Garten |