Meine Länder

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Mittwoch, 25. Mai 2016

Jade, Bronze, Porzellan

... und ein Schuss Chantré, achso, nein, ein Schuss Taiwan Beer, ach Mann, jetzt hab ich den ganzen Sprechgesang versaut ...

Also Jade, Bronze, Porzellan und Kalligraphie gab es heute im National Palace Museum in Taipei zu sehen, und zwar von mehreren Jahrtausenden vor Christus bis in die Qing-Dynastie, die 1911 von der Republik China abgelöst wurde (die Volksrepublik wird bei so etwas in Taiwan natürlich völlig ausklammert).

Erstmal habe ich heute Morgen aber ganz gepflegt ausgepennt, so gegen 11.20 Uhr ging mein Blick auf das Handy, dann bin ich so laaaangsam aufgestanden. So stelle ich mir Urlaub vor.

Nach dem Duschen brach ich auf zum genannten Museum, das man mit der U-Bahn und einem anschließenden, sehr gut ausgeschilderten Hüpfer mit dem Bus erreicht (die Fahrt kostet insgesamt etwa 33 Taiwan-Dollar, also unter einem Euro ...). Im Museum selbst darf man keine Fotos machen, also kann ich keine präsentieren von den Jade-Kunstwerken, dem Bronzegeschirr und den Bronzespiegeln, von den Porzellansachen und von der durchaus hübschen Kalligraphie. In der Porzellan-Abteilung gab es einige Stücke, die beim Brennen gesplittert sind, die Beschreibung dieser Splitterlinien galt als der "Anwendungsfall" meiner Doktorarbeit, wenn ich eine Postkarte gekriegt hätte, hätte ich meinem Doktorvater eine geschrieben ...

Ich blieb etwa zweieinhalb Stunden in dem Museum, das für Kunstbegeisterte sicher fantastisch ist, ich persönlich hätte mir im Nationalmuseum halt ein (deutliches!) bisschen mehr zur politischen Geschichte Chinas gewünscht, aber das war vielleicht ein Missverständnis meinerseits.

Danach fuhr ich mit dem Bus zurück zur Metrostation Shilin und fuhr dann mit der Metro in Richtung Nordosten zur Endhaltestelle in Tamsui. Die dortige Fishermen's Wharf und der Sonnenuntergang sollte toll sein ... (Mein Versuch, mit dem Wassertaxi von der Stadtmitte nach Tamsui zu fahren, schlug fehl, weil ich das Taxi um circa fünf Minuten verpasste - den Preis einer Blase am Fuß für die vier oder fünf Kilometer Weg von der Metrostation zum Fähranleger und zurück gab's umsonst - ooooooooooooooh ...)

Nachdem ich in Tamsui gerade so meinen Bus zur Promenade erwischt hatte, stieg ich eine Station zu früh aus, am Fischmarkt anstatt an der Fishermen's Wharf, das war aber ganz gut so, weil ich so über die Brücke laufen konnte und den schönen Ausblick auf die Flussmündung und die Werft und auch zum Teil auf den Sonnenuntergang werfen konnte (letzterer war ein wenig hinter den Wolken, deswegen war das nicht ganz so beeindruckend). Doch, an diese Promenade komme ich zum Sonnenuntergang nochmal zurück.

Nun hätte ich erwartet, dass man da toll mit Blick aufs Meer essen kann und dass das von hunderten Menschen auch gemacht wird - Pustekuchen war's. Da waren zwar einige hundert Leute unterwegs, aber die Restaurants - soweit sie überhaupt schon offen waren - waren wie ausgestorben, was zum Teil auch daran liegen kann, dass sie für Taiwan auch richtig derb gesalzene Preis nehmen. Das hätte mich nicht so völlig abgeschreckt, weil 20 Euro für einen Fisch in der Lage nicht so furchtbar viel sind, aber da war alles leer, sodass die Atmosphäre dann auch nicht so richtig stimmte.

Nachdem ich die Bushaltestelle zunächst nicht gefunden hatte, endete ich dann doch im Bus, fuhr zurück zur Metro-Endhaltestelle und von dort mit einmal Umsteigen hier nach Ximen in der Nähe meines Quartiers. In dem hiesigen Gewusel aß ich erst Tintenfischbällchen und dann in meinem Lokal, an dem ich kurz nach meiner Ankunft schon gegessen hatte, lecker frittierten Fisch und nochmal so eine Rindfleischsuppe - sehr lecker. Danach war mir aber das Bargeld ausgegangen, sodass ich erst einen Geldautomaten suchte, nochmal umgerechnet 70 Euro abhob und dann im 7-Eleven ums Eck noch mein Feierabendbierchen, meine Trinkschokolade und meinen Nachtisch kaufte.

Heute bin ich also nicht an den Strand gefahren, sondern habe viel Kultur gemacht, bin auch wieder viel gelaufen - morgen gucke ich dann doch mal, ob ich in so ein Bad gehe und da ausspanne.

Große Güte, jetzt habe ich nur noch morgen so richtig hier in Taipei, übermorgen fliege ich schon wieder nach Tokio und am Samstag habe ich dann den Flug nach Shanghai. Sonntag Nacht geht es dann zurück nach Deutschland, wo ich Sonntag Morgen deutscher Zeit ankomme. So langsam freue ich mich dann auch schon wieder auf mein Zuhause.

Ich fange schonmal mit einem vorläufigen Fazit an, das richtige, das auch dieses Mal (inschallah) mit "Es war toll" anfangen oder enden wird, kommt dann vielleicht irgendwann nochmal: Würde ich diese Tour wieder machen? Absolut! Ich würde sie sogar ein zweites Mal machen, weil es mir sowohl in Tokio als auch in Seoul und in Taipei ziemlich gut gefallen hat. Klar gibt es irgendwo Sachen, die verbesserungsfähig wären, aber etwa eine englische Busbeschilderung in einem Vorort von Seoul anzuregen, das ist ja schon Jammern auf sehr, sehr hohem Niveau.

Die Infrastruktur war für den Normalreisenden ohne (große) Kenntnisse des Japanischen, des Koreanischen und des Chinesischen (mein aktiver Wortschatz beschränkt sich da ja leider inzwischen auch nur noch auf "hallo", "danke", "tschüss" und "Bier") ziemlich gut, weil in den Metros überall alles auf Englisch angeschrieben war. Die Englischsprachkenntnisse der durchschnittlichen Bevölkerung wurden mit zunehmender Reisedauer immer besser: Während in Japan selbst das Hotelpersonal manchmal nicht ganz so einfach zu verstehen war und man bei der Bestellung im Lokal auf die (wenigstens in der Regel auch englischsprachige) Karte zeigen musste, ging das in Korea ab und zu und dann erst recht hier in Taiwan sehr, sehr gut ab. Selbst der Essensverkäufer auf dem Nachtmarkt spricht hier gelegentlich ein paar Brocken Englisch.

Meine Hotels waren überall sehr schön, wenn auch die Anzahl von Kleiderbügeln zum Aufhängen von Klamotten in allen Hotels verbesserungsfähig gewesen wären. Mein Zimmer in Tokio war so eng, dass ich kaum meinen Koffer aufklappen konnte, da wurde in Seoul dann etwas und hier in Taipei noch ein gutes bisschen besser. Trotzdem würde ich alle drei Hotels wieder nehmen. Die beiden in Seoul und Taipei waren ziemlich zentral (okay, zwei, drei U-Bahn-Stationen vom Punk weg), das in Tokio war ein Stückchen außerhalb, aber Tokio ist so riesig, da ist "außerhalb" auch relativ - und ich war auch in Tokio nah an meinem Bahnhof.

Das Wetter war in Seoul für mich am angenehmsten, es war in aller Regel sonnig, aber nicht viel zu heiß. In Tokio schüttete es an einem Tag heftigst, dann war es wieder okay. Hier in Taipei ist es mir grundsätzlich zu schwül, und wenn es dann noch regnet, ist es echt nicht so toll, aber das lässt sich trotzdem alles aushalten.

Das Bier war überall trinkbar, wenn auch keines der japanischen, koreanischen oder taiwanischen Biere es auf meine Lieblingsliste aller Biere schafft, weil die alle nicht so richtig viel Charakter haben (hört, hört ...).

Essen? Gab's überall, ja. Diese Tour war eine richtige Gourmetreise, auch wenn ich in Japan weniger Sushi gegessen habe als gedacht (am Freitag wird nochmal zugelangt, denke ich). Denn, man glaubt es kaum, in Japan gibt es auch anderes zu essen als Sushi, nämlich leckere Nudelgerichte und viele frittierte Sachen. Die Sushi-Mahlzeiten, die ich aber hatte, waren außergewöhnlich lecker - boah, war das gut.

Das Essen in Korea war ebenfalls sehr gut, dieses Bulgogi (Rindfleischeintopf) kann man wirklich gut essen, aber natürlich teilt sich alles in Korea ein in "vor Bosintang" und "nach Bosintang". Es war ein Erlebnis, aber nochmal muss ich Wauwau, glaube ich, nicht essen. Diese koreanische Sushi am Fischmarkt war eine echte Enttäuschung, die einzige auf dieser Tour, Gott sei Dank.

Joa, und dann kam Taiwan und stellte alles in den Schatten. Der Reiseführer schreibt, dass viele Ostasiaten nur zum Futtern nach Taiwan kommen, und ich kann sie alle miteinander sehr gut verstehen. Diese Nachtmärkte und die Food Courts, die haben einfach so leckere Sachen, da kann man sich reinlegen, drin schwimmen und wieder auftauchen und hat immer noch nicht alle Köstlichkeiten probiert, die man hier probieren sollte.

Die ersten Tage dieser Tour waren auch sportlich sehr ereignisreich (ist das Sumo-Turnier wirklich erst eine gute Woche her??). Sumo war toll, gerade die Stimmung während der letzten Kämpfe, als die yokozunas dann ran durften - da brüllte jeder, wie er wollte und feuerte die Ringer an, das war sehr schick. Danach zweimal Baseball in Japan, und ich dachte, die Stimmung da wäre schon fußballartig gewesen. Ja, bis ich nach Korea kam - großer Gott, das war wie Feuer und Wasser. Da erschienen die dauerhaften Gesänge der Chiba-Fans (Japan) wie ein lahmes Pfeifen im Wald, als die DJs und die Fans während der Würfe des Pitchers ihre Gesänge zum Besten gaben. Doch, in Korea gehe ich auch nochmal zum Baseball. (Hier in Taiwan habe ich es gelassen, weil hier nur vier [!] Teams in der Profiliga spielen und keines davon in Taipei stationiert ist.)

Ach Leute, es war einfach schön, auch wenn ich wieder viel zu viel gelaufen bin, auch wenn ich wieder viel zu viel in diese paar Tage reingepackt habe, so eine Tour, da braucht man wahrscheinlich eigentlich vier Wochen, um das alles zu erfassen, zu genießen und auch mal den einen oder anderen Tag richtigen Urlaub reinzulegen.

Natürlich habe ich nicht alles gesehen, was es in Tokio, Seoul und Taipei, geschweige denn in Japan, Südkorea oder Taiwan, zu sehen gibt. Aber ich habe so viele Eindrücke von diesen Städten gewonnen, dass ich von allen dreien weiß, dass ich da noch einmal hinwill.

Das ist ja das Problem an der ganzen Reiserei, die Zahl der Städte, in die man will, in die man noch einmal will, die wird ja nicht kleiner, wenn man in der Weltgeschichte herumdüst, im Gegenteil, die wird immer größer ...

So, bevor ich jetzt noch mehr zusammenhangloses Zeug erzähle (es ist schon 22 Uhr vorbei und ich hatte schon zwei Bier), Fotos:

Fishermen's Wharf in Tamsui I

Fishermen's Wharf in Tamsui II

Fishermen's Wharf in Tamsui III
Nachträglich korrigiert: Falschschreibung von "Wharf", hab dabei offenbar zu viel an Lt. Worf von Star Trek gedacht ...

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