Freude schöner Götterfunken! Am Brunnen vor dem Tore! Halleluja. Was für ein Tag. Heute war ein Tag und ganz besonders ein Abend, den werde ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen.
Wie jetzt? Spannungsbogen aufbauen? Okay, okay ...
Der Flug von Frankfurt nach Shanghai war im Großen und Ganzen entspannt, ich habe vier Filme geguckt (Ironman 2, Ironman 3, so'n deutschen Film, den ich sonst nie geguckt hätte, aber der wirklich nicht schlecht war, "Wir wollten aufs Meer" oder so ähnlich, und den vierten hab ich vergessen). Aufgestanden bin ich Intellienzbestie in den zehneinhalb Stunden kein einziges Mal, sodass mein Bauch und zum Schluss meine grazilen Beinchen allerlei komische Sachen machten. Naja, ich habe es überlebt, zumal ich mir angewöhnt habe, bei so langen Flügen den Hosenknopf aufzumachen. Hilft.
Nicht mehr geholfen hat alles in Shanghai. Wir waren mit Verspätung in Frankfurt gestartet und das konnten wir auch nicht alles im Flug aufholen, sodass die Verbindung, die zuvor genau richtig war, jetzt ein klitzekleines bisschen eng wurde. Der Flughafen Shanghai-Pudong, immerhin der zweitgrößte Chinas, denke ich, ist auf internationale Transitpassagiere überhaupt nicht eingestellt. Ich kam da hin und da stand eine Schlange vor den Transitschaltern. Da ich aber schon meine Bordkarte hatte (ich kenne es nur so, dass man den Transitschalter braucht, wenn man die Bordkarte noch nicht hat), suchte ich nach dem Durchgang zum Transitbereich. Den gab's aber nicht so richtig. Also brauste ich an der Schlange vorbei und wurde rüde ausgebremst von einem Typen, der da am Übergang zum Transitbereich saß. Ich bräuchte so einen komischen Stempel. Ich also zurückmarschmarsch, in der Schlange "aktiv angestanden" (da durfte ich das mit Genehmigung des Obermufti aber auch) und tatsächlich bekam ich nur diesen doofen Stempel auf die Bordkarte gepackt. Geht's noch? Meinem Unmut ließ ich offenbar hörbar Luft ("So ein Schwachsinn"), dass die Deutschen in der Schlange, die ich übersprungen hatte, hörbar genervt laut auflachten.
Am Ende kam ich aber pünktlich zum Gate (dass eine Frau in Shanghai die Abtastung macht, sei's drum), und los ging die wilde Luzi nach Tokio.
Naja, okay, so wild war sie nicht, die Luzi. Der Flieger von Shanghai nach Tokio war nicht ganz so modern wie der von Frankfurt nach Shanghai, sodass man kaum sinnvoll auf die Kabinenbildschirme gucken konnte. Kam eh nur Mist. Ausfüllen durfte man aber Einreisekarte und Zollkarte. Die Einreise ging leidlich schnell (bei einem Grenzer mit Mundschutz ...), beim Zoll musste ich tatsächlich den Koffer aufmachen, tsts. Gefunden hat der - sehr freundliche - Grenzer aber natürlich nix, sodass ich durchstarten durfte.
Der Flughafen Narita liegt weit im Osten von Tokio, mein Hotel liegt in einem Vorart im Südwesten, das heißt, ich durfte mir gleich mal als Einstiegsaufgabe überlegen, wie ich von Narita nach Kamata komme. Das Problem ist einfach, dass diese Metropolregion Tokio so monsterriesig ist, dass man da als normalsterblicher Europäer, selbst mit einiger Erfahrung im internationalen Reisen, einfach auf Anhieb nicht durchblickt. Zum Glück gibt es Online-Reiseführer, und zum Glück gibt es Online-Verbindungsplaner, denn ohne die wäre ich erstmal aufgeschmissen gewesen. Am Ende, nachdem ich einen Zug fahren gelassen hatte, den ich hätte nehmen können, nahm ich doch nicht den Zug, den ich ins Auge gefasst hatte (weil ich da womöglich eine Reservierung gebraucht hätte), sondern nahm den lokalen (S-Bahn-ähnlichen) Zug vom Flughafern zum Bahnhof Ueno im Norden der Innenstadt von Tokio. Komplett bescheuert bin ich vielleicht doch nicht, den ich ich kaufte mir eine Chipkarte, mit der man so ziemlich in ganz Japan im Zug in der Gegend herumfahren kann, wenn sie denn ordentlich aufgeladen ist (mit dieser Chipkarte habe ich gerade eben im Supermarkt sogar meine Flasche Wasser bezahlt).
Ohne genau zu wissen, was das Vergnügen jetzt kosten würde, saß ich jetzt also in der S-Bahn. Mindestens zwei Drittel der Mitreisenden starrten auf ihr Handy, und tatsächlich gibt es junge Japanerinnen, die sich ihre Manga-Vorbilder ein bisschen arg zu Herzen nehmen. Sehr lustig anzugucken ...
Anfangs ging es vorbei an einem wirklich ländlichen Gebiet mit Reisfeldern und so, bis so langsam die Stadt anfing, Gestalt anzunehmen. Nach eineinviertel Stunden Fahrt war ich am Bahnhof in Ueno angekommen, an dem ich umsteigen musste. Da die Bahnhöfe des Flughafenexpresses und der normalen Bahn nicht barrierefrei miteinander verknüpft sind, musste ich also mit meiner tollen Chipkarte auschecken, über die Straße (Menschenmassen ohne Ende!) und am anderen Bahnhof Ueno wieder einchecken (und die Koffer die Treppe hochschleppen ...). Die erste Verbindung nach Kamata verpasste ich knapp, aber die nächste kam nur fünf Minuten später, die erwischte ich dann. Am Ende fielen mir während der Fahrt manchmal fast die Äuglein zu, aber den Ausstieg wollte ich nicht verpassen. Ich erwischte den richtigen Ausgang, ging durch eine Art überdachte Einkaufspassage und war schnell im Hotel; am Ende hatte ich für die zwei Stunden Fahrt vom Flughafen zum Hotel knapp 12 Euro bezahlt.
Die Rezeptionistin beherrscht zwar die englische Sprache (schriftlich) ziemlich gut, mündlich war es mir aber gelegentlich sehr schwer, sie zu verstehen. Am Ende kamen wir aber problemlos zueinander und ich konnte mein Zimmer beziehen.
Mein Zimmer ist ziemlich klein (was in Tokio kein wirkliches Wunder ist), aber ich hatte mich schon so auf meine private Toilette gefreut. Auf ging's. Aua. Die beheizte Toilettenbrille war wirklich sehr warm, fast schon ein bisschen heiß; und dass ich auf der Tastatur die Toilettenspülung gefunden habe, grenzt an ein Wunder ... Ich hatte das nie so richtig glauben wollen mit den japanischen Toiletten: Das ist aber wirklich so. Sehr krass.
Nach nicht übermäßig langem Aufenthalt machte ich mich auf zurück in die Stadt. Diesmal fand ich die richtige Linie relativ zügig, stieg am richtigen Ort um, wurde dann doch unsicher, ob meine Bahn die richtige war, stieg eine Haltestelle später aus und stand ein wenig unschlüssig in der Gegend herum. Daraufhin sprach mich eine Japanerin in astreinem Englisch an, wo ich hinwollte, sie sagte mir, dass ich mit dem nächsten Zug fahren könne, und ich dankte mit arigato. Ich bin so stolz auf mich ...
In Shibuya kam ich gut an, suchte das Denkmal für den Akita Inu auf, der über Jahre hinweg stets an dem Bahnhof auf sein verstorbenes Herrchen gewartet hatte, und ging dann über die berühmt-berüchtigte Shibuya-"Alle-laufen"-Kreuzung. Das ist schon lustig, wenn auf einmal alle Fußgänger kreuz und quer über diese Riesenkreuzung spazieren. Ich hoffe, die Bilder geben das ein wenig her. Der Times Square in New York kann, sagen wir, mit der Shibuya-Krezung in puncto Illumination durchaus mithalten. Gerade so.
Ich marschierte - in unglaublichen Menschenmassen - ein wenig durch die Gegend, konnte mich aber nicht recht für eine Kneipe entscheiden. Englische Karten und englische Sprachkenntnisse sind hier nicht so weit verbreitet wie in anderen Großständen und am ersten Abend wollte ich mich ungern auf die Nase legen.
Ich lief bestimmt ein-, eineinhalb Stunden herum, bis ich mich schließlich entschied, in einem Einheimischenimbiss (mit englischer Karte) zu essen. Dort nahm ich - neben einem Asahi-Bier - eine Mischung aus Rindfleisch und Reis zu mir, nachdem ich als Vorspeise eine Misosuppe gegessen hatte. Das Essen kostete insgesamt knapp 6 Euro, das Bier schlug halt mit 4 Euro zu Buche. War lecker, keine Offenbarung, aber sehr gut essbar.
Direkt daneben war mir im Vorbeigehen so eine Art Brauereigaststätte der Kirin-Brauerei, einer der größte japanischen Brauereien, begegnet. Auf einem Bein kann man nicht stehen, deswegen wollte ich dort noch einen Absacker verzehren.
Daher setzte ich mich in die Süffelreihe am Tresen, die aus einer mittelalterlichen Dame, einem mittelalterlichen und einem älteren Herrn bestand. Letzterer quatschte mich praktisch sofort in verständlichem, aber nicht superguten Englisch an, dass das "Braumeister"-Bier (das heißt wirklich so) so lecker sei. Ich verließ mich auf seine Empfehlung, nachdem ich mich als Deutscher enttarnt hatte, und kann bestätigen: Das "Braumeister" von Krin ist lecker.
Ich wusste nicht so richtig, was ich von diesem Gesprächseinstieg halten sollte, aber der Herr machte einfach weiter. Er erzählte, dass er 89 Jahre alt sei und inzwischen sein siebtes Bier an diesem Abend vor sich stehen habe. Er gab ein wenig von seinen noch bestehenden Deutschkenntnissen preis (weiß der Teufel, wo er die herhatte), aber als dann anfing, von deutschen Liedern zu schwärmen, "Am Brunnen vor der Tore" anstimmte, ehe wir gemeinsam auf Deutsch "Freude schöner Götterfunken" sangen (er war deutlich textsicherer als ich), war ich völlig perplex, fasziniert, irgendwo ziemlich aufgelöst.
Es kann gut sein, dass der akute Schlafmangel und die dann inzwischen auch schon wieder drei, vier Bierchen meinen Moralischen befördert haben, aber trotzdem: Ich habe immer gut mit der Tastsache umgehen können, dass mein Vater gestorben und er halt nicht mehr da ist. Aber an diesem Abend hätte ich mir sehr gewünscht, dass mein Vater dabeigesessen und ein Bier oder zwei mit seinem "Waffenbruder" (das hat er tatsächlich immer so von den Japanern gesagt) getrunken hätte. Das hätte zwar mit einhundertprozentiger Sicherheit im Absingen verbotener oder zumindest politisch hochgradig fragwürdiger Lieder geendet, aber schön wäre es für die beiden alten Knacker ganz bestimmt gewesen ... Wir wechselten Visitenkarten aus, ich vergewisserte mich, dass er nach seinen acht Bier noch heimfindet, und dann gingen wir nach mehrfachem langen Händeschütteln getrennter Wege. Allein diese zwei Stunden mit dem alten Herrn waren diese Reise schon so was von wert, das glaubt da draußen keiner ...
Naja, die Heimreise in zwei S-Bahnen habe ich dann gut überstanden, jetzt sitze ich hier fast Miternacht im Bett, morgen geht's zeitig raus und zum Sumoturnier. Ich bin sehr gespannt ...
Wie jetzt? Spannungsbogen aufbauen? Okay, okay ...
Der Flug von Frankfurt nach Shanghai war im Großen und Ganzen entspannt, ich habe vier Filme geguckt (Ironman 2, Ironman 3, so'n deutschen Film, den ich sonst nie geguckt hätte, aber der wirklich nicht schlecht war, "Wir wollten aufs Meer" oder so ähnlich, und den vierten hab ich vergessen). Aufgestanden bin ich Intellienzbestie in den zehneinhalb Stunden kein einziges Mal, sodass mein Bauch und zum Schluss meine grazilen Beinchen allerlei komische Sachen machten. Naja, ich habe es überlebt, zumal ich mir angewöhnt habe, bei so langen Flügen den Hosenknopf aufzumachen. Hilft.
Nicht mehr geholfen hat alles in Shanghai. Wir waren mit Verspätung in Frankfurt gestartet und das konnten wir auch nicht alles im Flug aufholen, sodass die Verbindung, die zuvor genau richtig war, jetzt ein klitzekleines bisschen eng wurde. Der Flughafen Shanghai-Pudong, immerhin der zweitgrößte Chinas, denke ich, ist auf internationale Transitpassagiere überhaupt nicht eingestellt. Ich kam da hin und da stand eine Schlange vor den Transitschaltern. Da ich aber schon meine Bordkarte hatte (ich kenne es nur so, dass man den Transitschalter braucht, wenn man die Bordkarte noch nicht hat), suchte ich nach dem Durchgang zum Transitbereich. Den gab's aber nicht so richtig. Also brauste ich an der Schlange vorbei und wurde rüde ausgebremst von einem Typen, der da am Übergang zum Transitbereich saß. Ich bräuchte so einen komischen Stempel. Ich also zurückmarschmarsch, in der Schlange "aktiv angestanden" (da durfte ich das mit Genehmigung des Obermufti aber auch) und tatsächlich bekam ich nur diesen doofen Stempel auf die Bordkarte gepackt. Geht's noch? Meinem Unmut ließ ich offenbar hörbar Luft ("So ein Schwachsinn"), dass die Deutschen in der Schlange, die ich übersprungen hatte, hörbar genervt laut auflachten.
Am Ende kam ich aber pünktlich zum Gate (dass eine Frau in Shanghai die Abtastung macht, sei's drum), und los ging die wilde Luzi nach Tokio.
Naja, okay, so wild war sie nicht, die Luzi. Der Flieger von Shanghai nach Tokio war nicht ganz so modern wie der von Frankfurt nach Shanghai, sodass man kaum sinnvoll auf die Kabinenbildschirme gucken konnte. Kam eh nur Mist. Ausfüllen durfte man aber Einreisekarte und Zollkarte. Die Einreise ging leidlich schnell (bei einem Grenzer mit Mundschutz ...), beim Zoll musste ich tatsächlich den Koffer aufmachen, tsts. Gefunden hat der - sehr freundliche - Grenzer aber natürlich nix, sodass ich durchstarten durfte.
Der Flughafen Narita liegt weit im Osten von Tokio, mein Hotel liegt in einem Vorart im Südwesten, das heißt, ich durfte mir gleich mal als Einstiegsaufgabe überlegen, wie ich von Narita nach Kamata komme. Das Problem ist einfach, dass diese Metropolregion Tokio so monsterriesig ist, dass man da als normalsterblicher Europäer, selbst mit einiger Erfahrung im internationalen Reisen, einfach auf Anhieb nicht durchblickt. Zum Glück gibt es Online-Reiseführer, und zum Glück gibt es Online-Verbindungsplaner, denn ohne die wäre ich erstmal aufgeschmissen gewesen. Am Ende, nachdem ich einen Zug fahren gelassen hatte, den ich hätte nehmen können, nahm ich doch nicht den Zug, den ich ins Auge gefasst hatte (weil ich da womöglich eine Reservierung gebraucht hätte), sondern nahm den lokalen (S-Bahn-ähnlichen) Zug vom Flughafern zum Bahnhof Ueno im Norden der Innenstadt von Tokio. Komplett bescheuert bin ich vielleicht doch nicht, den ich ich kaufte mir eine Chipkarte, mit der man so ziemlich in ganz Japan im Zug in der Gegend herumfahren kann, wenn sie denn ordentlich aufgeladen ist (mit dieser Chipkarte habe ich gerade eben im Supermarkt sogar meine Flasche Wasser bezahlt).
Ohne genau zu wissen, was das Vergnügen jetzt kosten würde, saß ich jetzt also in der S-Bahn. Mindestens zwei Drittel der Mitreisenden starrten auf ihr Handy, und tatsächlich gibt es junge Japanerinnen, die sich ihre Manga-Vorbilder ein bisschen arg zu Herzen nehmen. Sehr lustig anzugucken ...
Anfangs ging es vorbei an einem wirklich ländlichen Gebiet mit Reisfeldern und so, bis so langsam die Stadt anfing, Gestalt anzunehmen. Nach eineinviertel Stunden Fahrt war ich am Bahnhof in Ueno angekommen, an dem ich umsteigen musste. Da die Bahnhöfe des Flughafenexpresses und der normalen Bahn nicht barrierefrei miteinander verknüpft sind, musste ich also mit meiner tollen Chipkarte auschecken, über die Straße (Menschenmassen ohne Ende!) und am anderen Bahnhof Ueno wieder einchecken (und die Koffer die Treppe hochschleppen ...). Die erste Verbindung nach Kamata verpasste ich knapp, aber die nächste kam nur fünf Minuten später, die erwischte ich dann. Am Ende fielen mir während der Fahrt manchmal fast die Äuglein zu, aber den Ausstieg wollte ich nicht verpassen. Ich erwischte den richtigen Ausgang, ging durch eine Art überdachte Einkaufspassage und war schnell im Hotel; am Ende hatte ich für die zwei Stunden Fahrt vom Flughafen zum Hotel knapp 12 Euro bezahlt.
Die Rezeptionistin beherrscht zwar die englische Sprache (schriftlich) ziemlich gut, mündlich war es mir aber gelegentlich sehr schwer, sie zu verstehen. Am Ende kamen wir aber problemlos zueinander und ich konnte mein Zimmer beziehen.
Mein Zimmer ist ziemlich klein (was in Tokio kein wirkliches Wunder ist), aber ich hatte mich schon so auf meine private Toilette gefreut. Auf ging's. Aua. Die beheizte Toilettenbrille war wirklich sehr warm, fast schon ein bisschen heiß; und dass ich auf der Tastatur die Toilettenspülung gefunden habe, grenzt an ein Wunder ... Ich hatte das nie so richtig glauben wollen mit den japanischen Toiletten: Das ist aber wirklich so. Sehr krass.
Nach nicht übermäßig langem Aufenthalt machte ich mich auf zurück in die Stadt. Diesmal fand ich die richtige Linie relativ zügig, stieg am richtigen Ort um, wurde dann doch unsicher, ob meine Bahn die richtige war, stieg eine Haltestelle später aus und stand ein wenig unschlüssig in der Gegend herum. Daraufhin sprach mich eine Japanerin in astreinem Englisch an, wo ich hinwollte, sie sagte mir, dass ich mit dem nächsten Zug fahren könne, und ich dankte mit arigato. Ich bin so stolz auf mich ...
In Shibuya kam ich gut an, suchte das Denkmal für den Akita Inu auf, der über Jahre hinweg stets an dem Bahnhof auf sein verstorbenes Herrchen gewartet hatte, und ging dann über die berühmt-berüchtigte Shibuya-"Alle-laufen"-Kreuzung. Das ist schon lustig, wenn auf einmal alle Fußgänger kreuz und quer über diese Riesenkreuzung spazieren. Ich hoffe, die Bilder geben das ein wenig her. Der Times Square in New York kann, sagen wir, mit der Shibuya-Krezung in puncto Illumination durchaus mithalten. Gerade so.
Ich marschierte - in unglaublichen Menschenmassen - ein wenig durch die Gegend, konnte mich aber nicht recht für eine Kneipe entscheiden. Englische Karten und englische Sprachkenntnisse sind hier nicht so weit verbreitet wie in anderen Großständen und am ersten Abend wollte ich mich ungern auf die Nase legen.
Ich lief bestimmt ein-, eineinhalb Stunden herum, bis ich mich schließlich entschied, in einem Einheimischenimbiss (mit englischer Karte) zu essen. Dort nahm ich - neben einem Asahi-Bier - eine Mischung aus Rindfleisch und Reis zu mir, nachdem ich als Vorspeise eine Misosuppe gegessen hatte. Das Essen kostete insgesamt knapp 6 Euro, das Bier schlug halt mit 4 Euro zu Buche. War lecker, keine Offenbarung, aber sehr gut essbar.
Direkt daneben war mir im Vorbeigehen so eine Art Brauereigaststätte der Kirin-Brauerei, einer der größte japanischen Brauereien, begegnet. Auf einem Bein kann man nicht stehen, deswegen wollte ich dort noch einen Absacker verzehren.
Daher setzte ich mich in die Süffelreihe am Tresen, die aus einer mittelalterlichen Dame, einem mittelalterlichen und einem älteren Herrn bestand. Letzterer quatschte mich praktisch sofort in verständlichem, aber nicht superguten Englisch an, dass das "Braumeister"-Bier (das heißt wirklich so) so lecker sei. Ich verließ mich auf seine Empfehlung, nachdem ich mich als Deutscher enttarnt hatte, und kann bestätigen: Das "Braumeister" von Krin ist lecker.
Ich wusste nicht so richtig, was ich von diesem Gesprächseinstieg halten sollte, aber der Herr machte einfach weiter. Er erzählte, dass er 89 Jahre alt sei und inzwischen sein siebtes Bier an diesem Abend vor sich stehen habe. Er gab ein wenig von seinen noch bestehenden Deutschkenntnissen preis (weiß der Teufel, wo er die herhatte), aber als dann anfing, von deutschen Liedern zu schwärmen, "Am Brunnen vor der Tore" anstimmte, ehe wir gemeinsam auf Deutsch "Freude schöner Götterfunken" sangen (er war deutlich textsicherer als ich), war ich völlig perplex, fasziniert, irgendwo ziemlich aufgelöst.
Es kann gut sein, dass der akute Schlafmangel und die dann inzwischen auch schon wieder drei, vier Bierchen meinen Moralischen befördert haben, aber trotzdem: Ich habe immer gut mit der Tastsache umgehen können, dass mein Vater gestorben und er halt nicht mehr da ist. Aber an diesem Abend hätte ich mir sehr gewünscht, dass mein Vater dabeigesessen und ein Bier oder zwei mit seinem "Waffenbruder" (das hat er tatsächlich immer so von den Japanern gesagt) getrunken hätte. Das hätte zwar mit einhundertprozentiger Sicherheit im Absingen verbotener oder zumindest politisch hochgradig fragwürdiger Lieder geendet, aber schön wäre es für die beiden alten Knacker ganz bestimmt gewesen ... Wir wechselten Visitenkarten aus, ich vergewisserte mich, dass er nach seinen acht Bier noch heimfindet, und dann gingen wir nach mehrfachem langen Händeschütteln getrennter Wege. Allein diese zwei Stunden mit dem alten Herrn waren diese Reise schon so was von wert, das glaubt da draußen keiner ...
Naja, die Heimreise in zwei S-Bahnen habe ich dann gut überstanden, jetzt sitze ich hier fast Miternacht im Bett, morgen geht's zeitig raus und zum Sumoturnier. Ich bin sehr gespannt ...
Toilettenspülung in Japan |
Braver Wauwau |
Alle-gehen-Kreuzung in Shibuya |
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