Meine Länder

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Mittwoch, 26. September 2018

Pretend it's 1995



(Tu so, als sei es 1995 …)

So, keine Ahnung, was da gestern schiefging, aber dass der Versuch, eine Textdatei vom Rechner auf das Handy zu übertragen und dann mit dem Handy in der Kneipe nebenan onlinezustellen, schiefgehen musste, ist ja völlig klar. Jetzt nehme ich heute Mittag für mein Mittagsbier den Rechner mit rüber in die andere Kneipe, hoffe, dass das mit der Korrektur der Schriftart beim gestrigen Blogeintrag funktioniert, während ich am Strand sitzend beim Bier süffle. (Hier in „meiner“ Kneipe gibt es kein WLAN, weil – wie ich diesen Spruch hasse, weil das eine nichts mit dem anderen zu tun hat – die Leute miteinander reden sollen. Und wem das nicht passt, der soll sich vorstellen, man sei im Jahr 1995. Naja, ist man aber halt nicht …)

Ich habe mal eine Bedürfnispyramide gesehen, die klassischerweise auf ihrer Basis die Grundbedürfnisse des Menschen hat (Essen), darüber dann Kleidung/Wohnraum, darüber dann Arbeit oder so etwas und darüber dann Luxusbedürfnisse (Soziologen werden ob meiner Unkenntnis die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, ist mir aber egal, solange sie mich nicht zusammenschlagen …) Handschriftlich wurde dann dort – unter dem Essen und also noch dringlicher benötigt – „WLAN“ und noch eins drunter „Akku“ eingetragen – so geht es mir hier: Akku klappt (auch wenn ich froh bin, dass sie hier in den Steckdosen ein paar Adapter stecken haben, weil die australischen Besitzer australische Steckdosen verbaut haben, aber die elektronischen Geräte hier auf unsere Euro- und Schukostecker ausgelegt sind …), und WLAN klappt am Strand von der Kneipe nebenan – die haben mir gestern, als ich nur dort ein Bier trank, ihr WLAN rausgerückt (obwohl das eigentlich nur an Hotelgäste geht, aber ich habe wohl so traurig – oder säuerlich – geguckt, dass sie es mir trotzdem gegeben haben), da werde ich aus Dankbarkeit sicherlich noch das eine oder andere Bier trinken müssen.

Jetzt sitze ich erstmal – es ist Mittwoch, 11 Uhr, 4 Uhr deutscher Zeit – bei meinem Frühschoppenbier auf meiner Terrasse und schreibe diese Zeilen vor. Meine Unterkunft ist wirklich klasse, nur habe ich heute Nacht die Klimaanlage laufen lassen, sodass ich heute Morgen wie ein Eiswürfel aus dem Bett stieg und erstmal nach draußen musste, um mich aufzuwärmen.

So, damit das jetzt hier endgültig nichtlinear und damit vollends unverständlich wird, fange ich jetzt – in der Mitte des Blogeintrags – mit dem Rest vom gestrigen Tag an (das hatte ich übrigens alles schon so ähnlich in mein Handy eingehackt, als dann mit dem Upload was schiefging …):

Ich lief dann den guten Kilometer zur Christusstatue und quälte meine 50 Kilogramm (pro Bein, oder so, großzügig abgerundet)  die mehreren hundert Stufen hinauf. Die Aussicht auf die beiden (!) Strände unterhalb der Christusstatue wurden immer besser, unterwegs war ich wieder begehrtes Fotoobjekt (diesmal nicht von indonesischen Schülerinnen, sondern von osttimoresischen Männern), auch wenn ich nicht sicher bin, ob das an meiner Ausländerhaftigkeit oder an den pompösen Schweißflecken auf meinem Hemd lag – naja, ehrlich gesagt, war mein Hemd ein einziger Schweißfleck –, und als ich dann oben war, die Christusstatue im Rücken und Dili über die Bucht vor mich, da genoss ich einfach nur die Aussicht.

Auf dem Abstieg überlegte ich mir, ob ich mir heute oder morgen mal den „Jesus back beach“ (Strand auf der Rückseite der Jesusstatue) – vielleicht heißt der auch „Jesus‘ back beach“ (Strand auf Jesu Rückenseite) …   jedenfalls  den „Back beach“ mal antue, weil der so herrlich leer war und angeblich (auf der Dili abgewandten Seite) noch tolleres Wasser haben soll als an „meinem“ Strand. Dazu müsste ich aber ungefähr ein Drittel der Stufen hochlatschen, dann wieder runterlatschen oder aber ein Taxi nehmen, das aber um die halbe Insel fahren müsste, um dorthin zu kommen. Mal sehen …

Ich stieg dann in einen Mikrolet ein, einen der Kleinbusse, die hier alle Naselang durch die Gegend fahren. Meiner zeichnete sich aus durch laute (gute!) Musik aus und einen rauchenden Fahrer und Beifahrer – filterlose Zigaretten, aber ich wäre nicht überrascht, wenn die irgendwann im Laufe des Tages auch mal anderes, süßlicher riechendes Zeug geraucht hätten, die waren nämlich richtig gechillt, und so schnell fährt man hier nicht, als dass man nicht auch bekifft fahren könnte …

Wir fuhren los, als vier Leute im Gefährt saßen (also nicht voll war), und viel mehr stiegen auch nicht zu. Wir fuhren durch die östliche Vorstadt von Dili, und als der Fahrer sich aufmachte, zurückzufahren entlang der Strandstraße, klopfte ich mit meinem Geld an ein Stück des Türrahmens (das macht man hier so, das hatte mir meine Hotelchefin verraten) und gab dem Fahrer meine 100 Centavos. Eigentlich hätte ich 75 Centavos (Cent) zurückkriegen müssen, bekam aber nur 50, der Fahrer guckte mich flehentlich an, dass das doch okay sei (gell?), und wegen 25 Cent mache ich jetzt kein Geschiss mehr – das reicht vielleicht für die nächste Rauchware, sei’s drum …

Überhaupt geht es hier alles relativ ruhig zu (und wesentlich ruhiger als in Jakarta, der Unterschied ist wirklich drastisch), irgendwie kommt bei mir hier Karibikfeeling auf (vom Gefühl her), es fehlt eigentlich nur guter Rum, aber trinkbares indonesisches Bier (Bintang – das hatte 2015 nur ein bisschen Kopfweh verursacht …) passt auch.

Ich lief ein Stückchen und suchte einen Geldautomaten, fand auch einen (dazu ich musste den umfriedeten Bereich des Regierungspalastes betreten, das interessierte aber niemanden), der gab mir nur kein Geld raus, weil er nur lokale Karten nimmt, der zweite Versuch bei der gleichen Bank ging auch schief, aber zum Glück war direkt daneben eine Bank mit einer europäischen und portugiesischen Flagge davor, und dort bekam ich meine 100 Dollar, die ich abheben wollte.

Jetzt hatte ich keine Lust mehr, suchte mir ein Taxi, auch dieser Fahrer, Simon, man kommt hier sehr schnell in den Small Talk, „verwechselte“ meine Caz Bar mit dem „Castaway“ auf der anderen Seite der Stadt, aber ich protestierte ausreichend schnell, sodass wir nach einer Runde um den Block in die richtige Richtung unterwegs waren – mir scheint, die Taxifahrer kriegen vom Castaway Provision, wenn sie die doofen Ausländer dorthin fahren … (Und mir scheint, man muss hier mit Google Maps im Anschlag Taxi fahren, sonst landet man sonstwo …)

Ich trank mein Bierchen in der Kneipe nebenan, rief meine Mutter an (das ging über Skype mit überraschend sehr guter Qualität), ging dann in „meine“ Kneipe, trank dort auch ein Bier und nahm Seafood-Pasta am Strand, die im Dunkeln zwar dunkel aussah, aber sehr lecker war – beide Kneipen, „meine“ und die mit WLAN nebenan, werden vom Online-Reiseführer gelobt, das passt dann schon.

Heute Morgen ging ich unterkühlt in die Bar, bestellte mein Frühstück und ging dann an den Strand. Ich badete kurz, ehe ich auf den Plastikstühlen am Strand auf mein Essen wartete. Das Essen kam, als sich ein Strandhändler gerade neben mich setzte – der arme Mann wollte mir Ketten und Armbänder verkaufen, ich ließ ihn vortragen, während ich aß, kaufte aber nix, ich hoffe, er kommt morgen nicht wieder. Ich war nicht eingecremt, deswegen ging ich nach dem (üppigen) Frühstück (Rührei mit Speck auf Toast und eine tolle Früchteplatte, dazu Tee) zurück auf meine schattige Terrasse … Hier lässt sich’s leben …

Jetzt sitze ich gemütlich am Strand in der Kneipe nebenan – vielleicht geht es nach dem Schwimm und dem Essen (hier?) noch in die Stadt ins Museum, das den Kampf um die Unabhängigkeit Osttimors beschreibt – aber wann, wenn nicht heute, lasse ich mich treiben?

Bald wird der arme Kerl ausrangiert (zu voll) ...

Strand vor meiner Hütte

Cristo Rei von Dili

Back Beach

Sonnenuntergang von "meinem" Strand

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