Nein, das ist jetzt keine kryptische Anspielung auf meinen Alkoholkonsum
oder auf ein nicht ganz glücklich verlaufenes Schwimmerlebnis im Meer (das war
2014 in Rio und 2016 in Swakopmund), sondern das ist der Ergebnisbericht des
Spiels zweier Jugendmannschaften heute auf dem Sandplatz unterhalb des
Unabhängigkeitsplatzes im Stadtzentrum Nouadhibous …
Ich war fertig gestern Abend, und dementsprechend früh ging ich zu Bett (oha, jetzt wird meine Sprache
schon beeinflusst von der Norddeutschen, mit der ich ständig im Sherry zusammensitze)
und dementsprechend spät stand ich heute auf. Gegen 9.30 Uhr frühstückte ich,
danach verhandelte ich mit dem Rezeptionisten, dass ich – wie von der
Buchungsseite angesagt – erst um 16 Uhr auschecken muss, ohne Aufpreis zu
zahlen. Er wollte er mir dafür, dass ich über 12 Uhr hinaus bleiben darf, noch
die Hälfte des Zimmerpreises abknöpfen, aber als ich ablehnte und schon auf dem
Weg nach oben war, pfiff er mich zurück (das geschieht hier mittels eines
Zischens, das mir tierisch auf den Geist geht, ich bin doch kein Gaul!), weil
er wahrscheinlich – zurecht – befürchtete, dass ich diese, ähm, Ungereimtheit
in meiner Bewertung für das Hotel hier niederschreiben würde. Ich bin mal
gespannt (ich schreibe den Blog schonmal vor, während ich hier im Zimmer
sitze), ob das wirklich klappt …
Die Zimmermädchen waren schon auf dem Zimmer, was mir nicht so recht
war, weil ich ja auf alle Fälle noch ein paar Stunden hatte und sie – ich wollte
nachmittags nochmal duschen – auf alle Fälle noch einmal das Zimmer würden
machen müssen. Aber gut, sei’s drum, jetzt hatte ich halt ein frischgemachtes
Bett – auch nicht schlecht für ein Tageszimmer …
Ich lief wieder (auch heute viel zu viel) in Richtung Innenstadt, bog
aber bei der ersten Gelegenheit ab hoch auf die Hauptstraße, die N2, und lief
dort durch den „Stadtkern“ Nouadhibous. Ich kaufte nichts zu trinken ein, weil ich
noch etwas von gestern hatte und mit mir herumtrug. Ich entschied mich dagegen,
auf die Straße zu gehen, die 25 m bis an die Grenze zur Westsahara heranreicht,
weniger, weil Minengefahr bestünde, sondern vielmehr, weil es mir dann doch zu
weit war und ich wahrscheinlich nicht so arg viel sehen würde außer Wüste und
den Gleisen, die an diesem Stück angeblich schon in der Westsahara liegen …
Also steuerte ich den Port Artisanal, den Fischereihafen, an, aber auf
dem Weg dorthin kam ich wieder an dem gestern schon beschriebenen
Fußballsandplatz vorbei. Dort waren heute sehr viele Jugendliche (das ist immer
so schwer zu schätzen, aber da war von U11 bis U15 alles dabei), denen ich beim
Fußballgucken zusah. Ich dachte zunächst, die kicken da einfach nur ein bisschen
rum, weil etliche barfuß spielten, ein paar sogar mit Badelatschen (die
gelegentlich beim Schuss dem Ball hinterherflogen), einige hatten
Plastikfußballschuhe an und mancher auch Socken. Plötzlich rief ein 25-Jähriger
seine Jungs zu sich, und es ergab sich, dass hier ein Fußballspiel zu sehen
war, auch wenn die Jungs, denen ich zugeguckt hatte und die ich dann auch
anfeuerte, keine Trikots hatten (naja, doch hatten sie zum Teil schon, von
Klose und Neymar zum Beispiel, aber eben keine einheitlichen), während die
Gegner blaue Trikots trugen, auf denen aber bei zwei Spielern „Özil“ und bei
zwei anderen „Sergio Ramos“ stand – komische Namen haben die hier …
Die Tore hatten keine Netze, Seitenlinien gab’s nicht, naja, doch, die
Straße war die Seitenlinie, und wenn der Ball über die Seitenlinie flog und ein
Spieler hinterherjagte, machte ich manchmal die Augen zu, weil die nicht immer
guckten, ob ein Auto kommt … Auf der anderen Spielfeldseite war eine leichte
Anhöhe und irgendwo dort befand sich, nach Gefühl des Schiedsrichters, dann
auch eine Seitenlinie. Ich hatte einen Sitzplatz, nämlich auf einem Betonklotz.
Achso, Abseits wurde auch nach Gefühl des Schiedsrichters gepfiffen, manchmal
auch gar nicht, aber auch wenn der Schiri kaum älter und nicht größer als viele
Spieler war, gab es nie Gemotze, so soll es sein …
Zu motzen hätte es ein bisschen was gegeben, weil der Schiri jedes
Handspiel pfiff, auch wenn es offensichtlich unabsichtlich war (von hinten aus
einem Meter angeschossen), die Entfernung zur Mauer beim Freistoß betrug drei
Meter, hohes Bein wurde außer in den Schlussminuten nie gepfiffen und die
Spieler grätschten und wühlten, was das Zeug hielt … Süß war, wenn die Spieler
sich in der Mauer vom Ball wegdrehten und trotzdem die Hände vors Gemächt
hielten – da könnte ja ein Querschläger kommen, und außerdem machen die Großen
das auch so …
Die Blauen machten das 1:0, ehe meine Mannschaft das 1:1 erzielte und in
der zweiten Halbzeit aus meterweiter Abseits-Position mit 2:1 in Führung ging.
Kurz vor Schluss fiel aber leider noch das 2:2, das insgesamt aber in Ordnung
ging … Zwischendrin grinsten der bunte Coach und ich uns gelegentlich an, vor
allem, wenn ich auf Deutsch anfing, unwillkürlich Kommandos zu geben – ich
musste mir erst klar machen, dass man mich hier zwar a) hören, aber b) nicht
verstehen würde, sodass das – aus anderen Gründen als im Fußballstadion bei
uns, aber genauso – unsinnig war … Weiter machte ich damit trotzdem. Zwei-,
dreimal musste ich mich auf meinem Betonklotz, der auf der Seitenlinie stand,
vom Spielgeschehen weg drehen, weil ich sonst durch die bloße Anwesenheit
meiner Füße ins Spielgeschehen eingegriffen hätte, aber das war lustig – und
ganz normal, es war also nicht so, dass der bekloppte Ausländer da irgendeinen
Mist machte. Vielmehr liefen mehrfach Familien und Einzelpersonen in Seelenruhe
durch das Spielfeld durch, sehr lustig …
Unmittelbar nach Abpfiff ging ich dann – jetzt aber wirklich – in Richtung
Fischereihafen, den ich nach einigem Suchen (nicht nach der Örtlichkeit an sich,
sondern nach dem Eingang) fand. Wenn man den Eingang mal gefunden hat und die
vielen hundert blau-weißen Bötchen im Hafen liegt sieht, dann sieht das schon
toll aus. Hier hätte ich sicher auch was trinken und sogar essen können, aber
weil weder mein Arabisch noch mein Französisch ausgereicht hätten und ich
Zweifel hatte, dass die eine französischsprachige Speisekarte (mit der ich
umgehen kann) vorweisen konnten, lief ich einmal am Hafen entlang in der
Hoffnung, auf der anderen Seite zur Flughafenstraße und von dort nach Hause zu
gelangen.
Das war aber Pustekuchen, wie es auf Neudeutsch heißt, denn das
Hafengelände wird von einer Mauer umzäunt, über die man zwar hätte klettern
können, aber ich hatte jetzt nicht unbedingt Lust, mir beim Klettern das Bein
zu brechen oder mir eine Kugel einzufangen, man weiß ja nie im Ausland …
(Letzeres war ein Scherz!)
Also lief ich zurück zum Eingang, wo ich ein Taxi erwischte – das war
auch nötig, weil ich selten so aggressiv bettelnde Kinder erlebt habe wie hier
am Fischereihafen. Die fassen einen an und ließen auch nicht ohne Weiteres von
mir ab, gerade weil ich für meine Verhältnisse (ich war zu überrascht von
dieser plötzlichen Bettelei, weil die erwachsenen Menschen hier – bis auf den
einen Alten gestern – sehr zurückhaltend dem Ausländer gegenüber sind) relativ
ruhig blieb. Vielleicht hätte ich sie einfach mal mit meinem typischen Blick,
wenn ich sauer werde, anschauen sollen, dann hätten sie Reißaus genommen …
So hing der eine Junge fast noch an mir dran, als das Taxi schon
losfuhr. Dass der Taxifahrer dann für die zwei Kilometer zu meinem Ziel (ein
Restaurant) mehr nahm (70 Cent) als der Fahrer gestern für die Fahrt aus der
Wüste zurück nach Nouadhibou, nahm ich trotzdem dankend in Kauf. Boah, Kinners …
Im Restaurant Monaco war ich einer von zwei Gästen, die Kellnerin fragte,
ob ich Spanisch spräche, was ich so halb bejahte, worauf sie den Spanier (den
zweiten Gast) anstellen wollte zum Übersetzen. Das war wiederum nicht nötig,
weil sie eine Speisekarte hatten, sodass ich mir ein Fischfilet (Corvina oder
so) aussuchte und dazu – ich hatte inzwischen viel zu wenig getrunken – eine
Cola nach der anderen bestellte. Die Pommes hier waren lecker, das Gemüse
ebenfalls, und zum Abschluss trank ich ein Bier, auch wieder ein kanarisches,
das schmuggeln die ganzen Gastwirte hier offenbar rein …
Am Ende zahlte ich 17 Euro, war zufrieden und ging zurück ins Hotel, wo
ich nochmal duschte, packte und dann kurz vor 16 Uhr aus der Tür fiel. Ich
hatte meine übrig gebliebenen 11.000 Ougiyas und dazu den passenden Betrag in
Euro gepackt, sodass der Rezeptionist nach einigem Herumgerechne „Okay, very
good“ meinte und das Hotel und ich getrennter Wege gingen.
Ich marschierte in Richtung Flughafen, als neben mir eine ganze Kolonne
mit spanischen Militärfahrzeugen vorbeifuhr … Ich ging in den Flughafen hinein,
als ich feststellte, dass hier direkt an der Tür eine der von mir besonders
geliebten Eingangskontrollen lag. Zu allem Überfluss hatte ich mich an der
Frau, die dort scheinbar unschlüssig im Weg herumstand, vorbeigedrängelt,
sodass ich schmunzelnd um Entschuldigung bat und sie vorließ, was sie ebenfalls
mit einem Schmunzeln quittierte … Plötzlich kam so ein Kerl, der vom Flughafen
schien (und auch tatsächlich war) und wollte meinen Pass haben, also gab ich
ihn ihm. Der Typ fabrizierte nur Chaos, keine Ahnung, was der dachte, was für
ein Trottel ich bin oder wie selten ich fliege, denn es gab großes Hin und Her
mit meinem Gepäck, keine Ahnung, was das sollte. Nun wollte er sich für mich
vor die Frau drängeln, was dazu führte, dass die hinter uns Stehenden ihm
sagten, er solle mal warten, was ich bestätigte. Der Herr wollte nach dem
ganzen Chaos, das er veranstaltete, auch noch ein Trinkgeld; das wiederum
konnte er sich in die Haare schmieren.
Jetzt hatte ich meine (handgeschriebene) Bordkarte, musste bei der
Polizei anstehen, die mich ausstempelte, aber dann wieder in den öffentlichen
Bereich zurückschickte – es ist alles ein bisschen ungewöhnlich hier, das muss
ich schon sagen … Irgendwann ging es dann los mit der Handgepäckkontrolle, es
fehlte mir noch irgendein Stempel, dass mein Visum, wenn ich wiederkomme, ach,
keine Ahnung. Der Zivilist, der mir den Stempel besorgte, sprach Englisch, war sehr
freundlich, aber sehr traurig, als ich dann sagte, dass ich wahrscheinlich
nicht wiederkäme – bei so einem Bullshit, den die hier machen (wobei ich mir den
letzten Teil des Satzes natürlich nur gedacht habe) … Dass ich einen Rechner
und Flüssigkeiten im Gepäck hatte, störte – wenig überraschend – niemanden,
aber danach kam der Zoll …
So langsam glaube ich wirklich, dass der tatsächliche Zweck des Zolls
daraus besteht, sicherzustellen, dass die Leute das Land in möglichst
schlechter Erinnerung behalten, es ist unglaublich. Der Typ war zwar recht
freundlich, durchkämmte jedoch meine Rechnertasche und meinen Geldbeutel, als
ob da irgendwelche Drogen drin sein könnten; meine größere Reisetasche guckte er
sich dagegen nur oberflächlich an und fragte dann (kein Witz), ob ich Fisch
dabeihätte … Da konnte ich nur noch lachen …
Als es dann ans Boarden ging, legte mir so ein Uniformierter die Hand
auf die Schulter und meinte, es gehe jetzt los. Das sehe ich selber, du
Kollege, dass die Schlange fünf Meter vor mir steht … Es gab freie Sitzwahl und
so bekam ich meine eigene Reihe für mich ganz allein. Ich konnte vom Flieger
aus noch ein letztes Mals mein Hotel sehen, und schon startete die Maschine. An
der Freundlichkeit können die Stewardessen von Mauritania Airways noch ein
bisschen arbeiten, aber ich bekam mein Wasser und meine Cola, auch wenn beides wunderbar warm war.
Als wir auf Gran Canaria ankamen, hatte ich etwa eine halbe Stunde, um
zum Bus zu kommen. Leider war nur eine einzige Schlange offen, für alle,
einschließlich Unmengen von Mauretaniern. Das würde extrem knapp werden … Nö,
das wäre unschaffbar, so langsam, wie die Schlange voranging … Als ich noch 17
Minuten oder so hatte, wurde eine zweite Schlange für „españoles“ aufgemacht,
aber ich wusste, dass ich da – als EU-Bürger – auch durch dürfen müsste. So war
es dann auch. Ich hatte noch zwölf Minuten, der europäische Zoll war brav, ich
rannte nicht, aber ich ging sehr schnell, hoch die Rolltreppe, ab zum Bus. Er
stand noch da, ich sprang hinein, bezahlte und der Bus fuhr los – richtig Glück
gehabt …
Endstation war in San Telme, den ersten Bus verpasste ich, weil ich ihn
nicht als zielführend wahrnahm, der zweite kam zehn Minuten später. Stadtrundfahrt
durch Las Palmas, durchaus ansehnlich hier, ausgestiegen in der Nähe des
Hotels, eingecheckt, hoch ins Zimmer.
Liebe Leute, ich habe schon viele Hotels gesehen, aber das hier ist toll
– fantastischer Strandblick (seitlich, aber toll), sehr schönes Design-Zimmer,
das aber auch funktional ist, super, richtig super.
Raus an den Strand, an die Strandpromenade, lecker Pulpo (Tintenfisch,
mit viel Knoblauch, wie ich jetzt merke), toller Blick, zweieinhalb Bier, am
Ende 22 Euro mit Trinkgeld.
Fantastisch, toll, Las Palmas, ich komme wieder. Jetzt gehe ich aber
erstmal ins Bett, denn morgen früh will ich noch schwimmen gehen.
Mehr dann von zu Hause, gute Nacht!
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Downtown Nouadhibou |
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Fußball in Nouadhibou |
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Fischereihafen |
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Sonnenuntergang im Flieger |
Korrektur am 18. September abends: Ich weiß natürlich, dass es "españoles" heißt, aber ich schnellen Vorschreiben habe ich die Tilde weggelassen und dann später nicht mehr drübergelesen. Das habe ich korrigiert.