So, ich bin gut wieder angekommen in Deutschland ...
Nochmal zu vorvorgestern, nochmal zu Katar: Abgesehen von ein paar Taxifahrern, die irgendwo zwischen treudoof-bescheißerisch, schlitzohrig und betrügerisch chargieren, gefällt mir Doha eigentlich ganz gut. Der Souq Waqif ist ein relativ neuer, auf alt gemachter Souk im Stadtzentrum von Doha, in dem offenbar - wie man gestern sah - auch die Einheimischen ganz gern einkaufen gehen. Doch, ich glaube, da wäre ich in weiblicher Begleitung durchaus länger geblieben als gestern, denn es gibt Keramik, Tücher, Schmuck (wohl auch echtes Gold und so, aber da ich kein Goldexperte und nicht einmal -kenner bin, wäre ich mir da beim Kauf wahrscheinlich ziemlich unsicher), viel zu essen und allerlei Krimskrams als Souvenirs.
Auch in Doha gibt es diese krasse Trennung zwischen relativ niedrigen, relativ alten Bauten im alten Stadtzentrum und diesen supermodernen Wolkenkratzern nördlich der Corniche. Das ist in Dubai und in Bahrein ebenfalls so. In den älteren Stadtteilen kommt man sich (auch hier) vor wie in einem nicht ganz so massiv industrialisierten Land, da sind die Häuser nicht gerade frisch gestrichen, es gibt sehr unansehnliche Hinterhöfe und staubige Brachen, während die modernen Wolkenkratzerviertel einen völlig vergessen lassen, wo man denn gerade ist: Das könnte eben Dubai, Manama oder Doha, aber auch Miami oder Schanghai sein.
Nach dem beschwinglichen Abend stand ich vorgestern Morgen einigermaßen zeitig auf, duschte und checkte aus. Die Taxisuche gestaltete sich nicht ganz so einfach, aber am Ende bekam ich eins, auch wenn auch dieser Fahrer nicht den Taxameter einstellen wollte. Am Ende gab ich ihm trotzdem einen angemessenen Preis, aber da müssen sie bis zur WM noch was machen ... Der Check-in ging sehr problemlos, das mit meiner Gepäckgebühr hat offenbar funktioniert (ich hatte ja bei einem Zwischenanbieter gebucht, und weil Flydubai ein Billigflieger ist, bei dem man fürs Gepäck zahlen muss, war ich nicht ganz sicher, ob die Angabe mit den 20 kg Freigepäck in der Bestätigungsmail richtig war; sie war es). Die Ausreise aus Katar war so unproblematisch wie die Einreise, und abgesehen davon, dass der Flug sehr voll und die Klimaanlage sehr schwach war, war auch die letzte Etappe am Golf zu überstehen.
In Dubai ist es schwierig, am Billigfliegerterminal eine Busfahrkarte zu erstehen, sodass ich mich erstmal ins (am Flughafen sauteure) Taxi setzen musste, um zum anderen Terminal zu kommen. Dort konnte ich aber noch nicht einchecken und fuhr ein bisschen in der Gegend herum (ich habe an dem Abend beide U-/S-Bahn-Linien praktisch komplett abgefahren), nachdem ich in einem philippinischen Lokal einen verlustreichen Kampf mit einer Art Meeresfrüchte-Eintopf nach Punkten gewonnen hatte ...
Nun wartete ich also aufs Einchecken, es gab keine Fußballübertragung, zumindest nicht im Check-in-Bereich, aber auf die Bayern konnte ich ausnahmsweise auch mal verzichten.
Um 2.35 Uhr Ortszeit ging mein Flieger, ich hatte zwei Stunden Aufenthalt in Istanbul und war dann gegen elf am Tag der deutschen Einheit mit etwas Verspätung wieder in Frankfurt. Wieder habe ich die Nacht durchgemacht und bin dann um 14.30 Uhr ins Bett und habe bis gerade eben geschlafen ...
So, jetzt noch ein paar kulturelle und reisepraktische Beobachtungen:
Ja, man sieht natürlich im Stadtbild etliche "Klischee-Araber", also die Männer mit weißem Kittel und Tuch mit Kordel auf dem Kopf, die Frauen verschleiert in tiefschwarzer Abaya, aber man sieht natürlich auch (die Touristen jetzt mal außen vor gelassen) viele Inderinnen, Filipinas und Thailänderinnen, die in Drei-Viertel-Hosen und relativ engen Oberteilen oder halt in Saris bzw. Punjabis ihre Freizeit genießen. In den Golfstaaten sind etwa zwei Drittel der Bevölkerung Gastarbeiter, und natürlich merkt man das im Straßenbild. Allerdings fährt in den Bussen, in denen ebenso selbstverständlich die Mehrzahl der Mitfahrenden süd(ost)asiatische Männer sind, durchaus mal der eine oder andere Araber, in traditioneller oder auch in westlicher Kleidung, mit. Insgesamt habe ich aber schon den Eindruck, dass es eine klare Trennung zwischen den Arabern und ihren Angestellten gibt. Dementsprechend hatte ich kaum richtig Kontakt mit einem Araber, weil in den meisten Hotels und Restaurants hier die Angestellten keine Einheimischen sind; eigentlich sind es nur die Grenzer, die wirklich durch die Bank Einheimische sind, ansonsten mache die Inder, Pakistaner, Srilanker und so weiter hier die allermeisten täglichen Arbeiten.
Zur Bierkunde, und hier möchte ich ausnahmsweise nicht die Bierarten (das sind hier viele klassische europäische Marken, Amstel, Heineken, Guinness, und öfter auch mal ein Foster's oder ein Corona) abhandeln, sondern die Unterschiede in der "Kneipenlandschaft": Grundsätzlich bekommt man in Dubai, in Maskat, in Bahrein und auch in Doha sein Feierabend-Bier. In Bahrein ist es wohl am unproblematischsten, denn hier gibt es auch etliche Restaurants, die Bier anbieten, ohne an ein Hotel angeschlossen zu sein. Das ist in den anderen drei Städten/Staaten anders, hier kriegt man, zumindest als Tourist (im Gegensatz zum resident), in der Regel Alkoholika nur in den Pubs und Bars der Hotels: Im Oman hatte mein Zweieinhalb-Sterne-Hotel eine ganz ansprechende Bierkarte, hier in Dubai hatte mein Vier-Sterne-Hotel selbstverständlich auch ein paar (!) Bars, während ich in Doha ins Sheraton musste, um mein(e) Bierchen zu genießen. Durchaus sitzt auch mal der eine oder andere Araber zwischen den Gästen, aber ganz überwiegend besteht die Kundschaft dieser Kneipen aus Westlern. Die Preisunterschiede sind ganz beachtlich, auch wenn ich vermute, dass die Tatsache, dass mein Bier in Doha deutlich teurer war als mein Bier in Maskat, eher darin begründet war, dass ich in Doha im Sheraton und in Maskat im Feld-Wald-und-Wiesen-Hotel saß ...
Die Verkehrsmittel sind, abgesehen vom Flugzeug, das überall problemlos funktioniert, sehr landesspezifisch: In Dubai fahren viele Leute Bus und U-Bahn, auch wenn die Taxis bezahlbar sind. Im Oman gibt es, außer diesen Kleinbussen, von denen ich keinen gesehen habe (es soll sie aber geben), nur Taxis, was es natürlich, sagen wir, für die Fahrer relativ leicht macht, Gewinn aus der Anwesenheit von Touristen zu ziehen. In Bahrein gibt es auch Busse, die sind aber nicht so verbreitet und nicht so modern organisiert wie in Dubai; sie werden fast ausschließlich von Gastarbeitern benutzt, was auch daran liegen mag, dass man Taxen zumindest als Westler ganz gut bezahlen kann. In Doha schließlich gibt es ein relativ gut organisiertes Busnetz und ein theoretisch gut funktionierendes und preiswertes Taxisystem. Also: ÖPNV gibt es außer in Maskat überall, und überall außer in Maskat sind Taxis günstig. Den Zusammenhang mögen Wirtschaftswissenschaftler herstellen ...
Die Hitze war nach den ersten ein, zwei Tagen der Eingewöhnung erträglich, zumal man immer wieder schockgefrostet wird, wenn man eine U-Bahn, einen Bus oder ein Restaurant betritt. Jetzt, Ende September, Anfang Oktober, fängt hier am Golf die Touristensaison an, weil die heißen Monate zu Ende gehen (keine 45°C mehr) und so langsam die "kühleren" (20-25°C) kommen. Ich habe gerade so die Zwischenzeit erwischt, in der die Hotels noch bezahlbar sind und der Strand in Maskat leer war, aber ich nicht in der Hitze vollends zusammengeschmolzen bin. Trotzdem sollte ich mir abgewöhnen, so viel zu laufen, um die zwei Euro fürs Taxi zu sparen, ich habe mir nämlich eine Blase unter dem Fuß gelaufen und auch die Notwendigkeit zur Verwendung einer Wundsalbe eingehandelt; das muss einfach nicht sein und ist es nicht wert.
Auch wenn mir Dubai mit der neuen S-Bahn und den Hochhäusern eben im Dunkeln so ein bisschen wie der Prototyp von Gotham City vorkam, fand ich alle vier Städte, die ich auf dieser Tour besucht habe, auf ihre Weise interessant, und ja, auch schön: Dubai ist halt eine Glitzerstadt, aber wie so oft bei zweiten Besuchen in einer Stadt finde ich Dubai gar nicht mehr so schlimm. Maskat ist ganz anders, die älteste, ursprünglichste Stadt von diesen vieren, noch nicht so funky (und hoffentlich bleibt das in der Altstadt bzw. in den Altstädten auch so), aber die Einbettung in der kargen Felslandschaft gibt der Stadt einen ganz eigentümlichen Charakter. Bahrein bzw. Manama ist auf dem Sprung, ein weiteres Dubai zu werden, aber die alten Souks sind noch sehr gut sichtbar und kommen noch recht echt herüber. Und klar, Doha ist auch ein bisschen künstlich, aber andererseits ist diese relativ klare Zweiteilung zwischen Souk-Gebiet ("Altstadt") und Business District, diese wunderbare halbmondförmige Corniche mit dem Dhauhafen und den dahintergelegenen Wolkenkratzern irgendwie schön. Wenn ich wählen müsste, wo ich ein paar Monate leben wollte, würde ich mich wahrscheinlich für Doha entscheiden ...
Man merkt schon: Ich bereue diese bekloppte Tour mit vier Ländern in sechs Tagen, mit sieben Flügen und zwei Nächten im Flugzeug überhaupt nicht. Klar war das Ganze anstrengend, klar tut die Blase unter dem Fuß weh, klar freue ich mich auf meine Dusche und mein Bett daheim, aber dieses Reisen, das Kennenlernen und Entdecken, das Ausprobieren (und auch mal Danebenliegen), das Gewinnen so vieler neuer, spannender, wunderbarer Eindrücke -- das macht einfach Spaß. Vielleicht betone ich das mit meiner Länderliste ein bisschen stark, und natürlich hätte ich auch einfach nur den Flug von Maskat nach Doha buchen können, ohne zwölf Stunden Aufenthalt in Bahrein (und ein neues Land) zu haben, aber so wenig wie man in ein paar Stunden oder Tagen ein Land "richtig" (was heißt das schon?) kennenlernen kann, so sehr kann man sich doch einen ersten Eindruck davon verschaffen, wie unterschiedlich Länder auch in einer so scheinbar homogenen Region wie hier am Golf sind, wie sie ganz eigene Ansätze haben, mit einer (womöglich) vergleichbaren wirtschaftlichen, kulturellen, geografischen Situation umzugehen. Dieses Gucken, Staunen, Erfahren, dieses Sehen mit den eigenen Augen, das Fühlen am eigenen Körper, das Hören mit den eigenen Ohren, das sind die Gründe, weshalb ich alle Länder dieser Erde besuchen möchte, und nicht das stupide Abhaken oder Freirubbeln eines Landes auf der Weltkarte (so gern ich das am Ende dann tue).
Fotos kommen heute Abend