Meine Länder

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Freitag, 11. September 2020

Völlig aus dem Häuschen

 ... war ich heute ob der Formenvielfalt der Grenzmarkierungen an der deutsch-schweizerischen Grenze zwischen Konstanz und Kreuzlingen. Hey, nicht gähnen dahinten! Da gibt es natürlich jede Menge normaler Grenzsteine, die da frei in der Gegend herumstehen, aber auch solche, um die herum der Zaun angepasst ist - noch cooler sind aber die gullydeckelartigen Grenzsteine, die in die Straße eingelassen sind, und am allerbesten die Grenzplaketten, die an Häusern angelegt sind, sodass man sieht, dass die Grenze durch die Häuser durchgeht ... Soooooo spannend!

Wieder machte ich heute einigermaßen früh Schluss und überredete meine arme Mutter, mit mir an den Bodensee zu fahren - wir fuhren über Schaffhausen, fuhren kurz durch den Kanton Zürich und dann ein ganzes Stück durch den Kanton Thurgau, wobei uns irgendwie ständig irgendwelche Ampeln und Baustellen im Weg waren.

Hinter Stein am Rhein kannte ich den Weg dann vom fußläufigen Erkunden mehr oder weniger, und so landeten wir an der Schiffslände in Mannenbach. Ab hier fuhr meine Mutter weiter, und ich hatte ihr gesagt, sie solle der Einfachheit halber immer auf der Hauptstrasse 13 bleiben und erst in Kreuzlingen in Richtung Hafen abbiegen.

Ich marschierte also los, in Richtung Ermatingen, wanderte durch dieses Örtchen hindurch, verließ es in Richtung Triboltingen, erspähte dort wieder einmal einen der Schweizer Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, der zum Festungsgürtel um Kreuzlingen gehörte, lief aber an diesem vorbei und erreichte nach einer längeren Wanderung durch landwirtschaftlich genutztes Gelände nahe des Bodensees das Dreigemeindeneck Ermatingen (zu dem Triboltingen gehört), Tägerwilen und Gottlieben ...

Ich lief praktisch auf der Gemeindegrenze von Gottlieben durch das Städtchen hindurch, sah die Wasserburg nicht so richtig und landete dann an der Seerheinbadi in Tägerwilen. Dort ist Gastronomie, dort gibt es Umkleidekabinen, das ist richtig schön dort, Eintritt bezahlt man auch keinen, aber - natürlich - hatte ich auch heute keine Schwimmsachen dabei ...

Nach dem Vorbeizug an einer weiteren Badi (mit Weinausschank) landete ich im Tägermoos. Das Tägermoos, Achtung, jetzt wird es wieder spannend, gehört staatsrechtlich zur Schweiz, ist aber gleichzeitig eine Gemarkung der (deutschen) Stadt Konstanz, sodass die Stadt Konstanz in Bezug auf das Tägermoos nach thurgauischem Kommunalrecht Aufgaben ausübt. Das erkennt man im richtigen Leben unter anderem daran, dass manche Straßenschilder nach deutschem Muster sind, nämlich in den Bereichen, in denen Konstanz Aufgaben ausübt. Auch für diese Aufgabenteilung gibt es natürlich einen uralten Staatsvertrag, der aber heute immer noch gilt ...

Nun aber hatte ich fast schon (staatsrechtlich) deutsches Gebiet erreicht und überquerte am Grenzstein 32 die Bundesgrenze. Ich verlief mich, denn der von der Karten-App geplante Weg hätte mich schnurstracks über den (deutschen) Zubringer auf die Schweizer Autobahn geführt, und das hielt ich für meine so gute Idee. Also zurück, Marsch, Marsch - ich überquerte die Hauptstraße mittels einer Fußgängerbrücke und lief durch ein Wohngebiet, was von der deutschen Straße (und damit den Grenzsteinen) durch eine Schallschutzwand abgegrenzt ist ... Menno!

Irgendwann erreichte ich aber einen Kreisverkehr, wurde fast Zeuge eines Verkehrsunfalls und ging hinter dem Kreisverkehr scharf rechts am Gebüsch vorbei - plötzlich stand der Grenzstein Nr. 23 - ich war in Kreuzlingen in der Schweiz - juchhe!

Ich lief an der Grenze entlang, bis ein Haus kam, und siehe da - da war eine Grenzplakette (Nr. 22C von 1951) am Haus, sodass die Grenze durch das Haus hindurchgeht ... (Ja, ich weiß, ich habe das oben schon fast genau so geschrieben, aber ich finde das einfach toll!)

Der nächste Grenzstein in freier Wildbahn waren die Nr. 20 und die Nr. 19 (die davor und danach waren auf Privatgrundstücken, sodass ich sie nicht sah ...), und dann kam - mit der Nr. 16 - der "Hauptzoll", der inzwischen gar kein Zoll mehr und für Autos auch gesperrt ist. An der einen Wand ist also die Nr. 16, dann verläuft eine Grenzlinie durch Ausstellungsstücke hindurch bis zum Grenzstein 15, der in den Boden eingelassen ist; wenige Meter weiter ist die Grenzplakette 14B wieder am ehemaligen Zollgebäude befestigt. Ich lief da wie so ein aufgescheuchtes Suppenhuhn in der Gegend herum, jubelte und freute mir ein Loch in den Bauch, dass ich da so viele Grenzsteine auf einmal sah ...

Die Nr. 14 fand ich in einem Hinterhof und ab der Nr. 12 fand ich dann alle Grenzsteine, ich lief auf der Jagd nach ihnen über Bahngleise (wenn ein Auto entgegenkam, musste ich nach Deutschland ausweichen, die Nr. 2 ist an einem Garten mit einem Fußballtor, die Nr. 1 im gleichen Garten neben dem Sandkasten und die Nr. 1A ist auf dem in den 1970er-Jahren aufgeschüttenen Landgewinnungsprojekt direkt am Bodensee (hier war in der Corona-Zeit auch die - erschütternde - Doppelzaunreihe aufgebaut, die Schweizer und Deutsche voneinander trennen sollte).

Der Grenzzaun, den die Nazis (und die Schweizer) im Zweiten Weltkrieg aufbauten und der im Volksmund die gleichermaßen befremdlichen Namen "Judenzaun" und "Asylantenzaun" hat, wurde 2006 an den wichtigen Stellen aufgerissen - heute sieht er mehr wie ein normaler Grundstückszaun aus denn wie ein Grenzzaun mitten durch Europa, Gott sei Dank!

Den letzten Rest zu meiner Mutter und zum Auto schaffte ich auch noch, und weil meine Mutter bei tiefstehender Sonne nicht gut sehen kann, fuhr ich zurück, diesmal über Ramsen, Gailingen und Büsingen - sonst hätten das heute ja zu wenig Grenzübertritte sein können ...

Am Sonntag soll es von Kreuzlingen nach Uttwil, wenn ich der Hafer sticht, bis Romanshorn, gehen - dann überschreite ich die 750 Kilometer insgesamt und nur im Schwarzwald. Nach Liechtenstein sind es nach der heutigen Wanderung und der neuesten Streckenbegradigung noch 81 Kilometer ...

Fotos:

Unterwegs am Bodensee

Müsste in Ermatingen sein ...

Teil des Festungsgürtels

Links: Schweizer Schild Rad-/Fußgängerweg, rechts: deutsches Verbotsschild

Erster Grenzübertritt nach Konstanz

Die Grenze geht durch das Haus hindurch

Grenzstein im Boden

Grenzstein Nr. 1A mit Bodensee

Bodensee - Blick auf Ost-Konstanz

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