Meine Länder

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Samstag, 19. September 2020

Huereseich

… hat nichts mit einer urinierenden Prostituierten zu tun, vielmehr ist das ein schweizerischer Ausdruck für "großer Mist" (oder "grosser Mist"?) …

Und irgendwie war bis Mailand heute ganz viel Huereseich: Das fing schon damit an, dass wir - nach dem pünktlichen Start um 6 Uhr heute Morgen - schon in Mauchen ausgebremst wurden. Da stand ein Krankenwagen quer auf der Straße und weiter hinten war viel Blaulicht - hoffentlich ist da nichts Schlimmeres passiert, und natürlich war der Umweg über Eberfingen nach Eggingen, den wir deswegen gefahren sind, im Vergleich zu dem, was da womöglich war, überhaupt nichts gewesen …

Es ging in Bühl über die Grenze (da fuhr ab Erzingen so'n doofer Traktor vor uns her) und auf die Autobahn in Richtung Flughafen und weiter um Zürich herum. Natürlich bog ich Trottel auf die Stichautobahn in Richtung Zürich-Innenstadt ab (obwohl ich den Weg eigentlich hätte kennen können), wir mussten drehen und fuhren dann in Richtung Gotthard. Huereseich.

Der Grenzübertritt nach Italien ging problemlos, auch wenn da durchaus italienische Zöllner stehen, und ab ging es in Como den Berg hoch auf die Autobahn in Richtung Mailand. Da fing das Drama an: Beim Bezahlen an der ersten Mautstation stand ich zu weit von dem Automaten weg, musste mich abschnallen, machte die Tür auf - daraufhin verweigerte das Ding die Arbeit, weil ich "nicht aussteigen" sollte. Ich war gar nicht ausgestiegen, du dummes Ding! Irgendeine Stimme redete die ganze Zeit auf mich ein, während ich die Kreditkarte zum zweiten Mal in den Automaten schob. Die Stimme redete weiter auf mich auf, sagte irgendwann "va bene" und die Schranke ging auf. Abmarsch - ich hasse diese Vollidioten, die am Mautautomaten die ganze Autobahn lahmlegen, heute war ich das …

Es wurde aber noch besser - an der zweiten Mautstation schob ich die Karte auf Anhieb richtig in den Automaten, sie kam raus, ich wollte schnell weiter, warf die Kreditkarte in den Dreck neben das Auto, machte die Tür auf, würgte das Auto ab, schlug fast den Außenspiegel ab, und nachdem ich die Karte aufgesammelt hatte und das Auto neu gestartet und weitergefahren war, brüllte ich auf den Vollidioten ein, der heute nur Mist baut (also auf mich selbst), bis meine Mutter mich schräg von der Seite anguckte …

Die Italiener fahren auf der Autobahn wie ... naja, wie Italiener halt. Ich war mit dem 1,5-fachen der erlaubten Höchstgeschwindigkeit teilweise noch ein Verkehrshindernis, bei der nächsten Mautstation stellte sich der Italiener vor mir noch bekloppter an als ich an den beiden Stationen davor zusammen, es war eine Freude, zumal so ein bekloppter Motorradfahrer, der mich von rechts überholte, von Glück reden kann, dass ich ihn sah und mich nicht ihm in den Weg stellte - das wäre übel für ihn ausgegangen.

Unterwegs wurde ein Espresso getrunken, Google Maps leitete uns einmal von der Autobahn herunter, nur um uns wieder drauf zu führen, der Stau auf der (kurvenreichen Berg-)Autobahn in Richtung La Spezia war auch zu ertragen (nur können die Italiener das Reißverschlussverfahren noch weniger als die Deutschen, soweit das überhaupt geht), man sieht, ich regte mich den ganzen Tag nur auf, ab und zu gab es auch Scharmützel zwischen Mutter und Sohn, aber am Ende hatten wir uns alle wieder lieb.

Wir tankten kurz vor Pisa und fuhren auf einen (bezahlbaren, aber nicht billigen) Parkplatz - ich führte meine Mutter souverän im Kreis um die Stadtmauer herum, bis wir durch einen Durchgang kamen, einmal rechts abbiegen - und das war alles vergessen, was vorher war: Da stand der schiefe Turm von Pisa in seiner ganzen Pracht.

Es waren einige Touristen unterwegs, aber insgesamt war das trotzdem ziemlich leergefegt, die römischen Soldaten und Nippesverkäufer suchten verzweifelt nach Kundschaft, aber der schiefe Turm und die Kathedrale dahinter lassen die Touristen alles um sich herum vergessen - das ist richtig, richtig schön …

Wir machten Fotos des Ensembles, stiegen nicht auf den Turm hoch, gingen auch nicht in die Kathedrale, sondern machten nur einen kurzen Spaziergang durch die Stadt mitsamt Verzehr eines leckeren Eises.

Nach der kurzen Stippvisite ließen wir dieses Wegkulturerbe auf dem Weg zum Auto noch einmal auf uns wirken, verzichteten auf ein Heißgetränk (es war nämlich ziemlich heiß), ließen uns beim Wasserkauf übers Ohr hauen (!) - die Flasche hat geleckt und die Zeitungen meiner Mutter eingeweicht - und fuhren aus Pisa heraus.

Das erste Stückchen war Schnellstraße, aber irgendwann kurz hinter Empoli bogen wir auf immer schmaler (und immer schöner) werdende Sträßchen ab. Es ging zwischen Olivenhainen und Zypressen durch die toskanische (oder, wie ich zu sagen pflege, toskanöse) Landschaft - ein einziger, richtig schöner Traum …

Meine Mutter war schon begeistert, ehe wir am Hotel ankamen, und auch wenn das Zimmer keine so tolle Aussicht hat, ist es sehr, sehr schick … Wir machten uns frisch und setzten uns an die Poolbar (es gibt hier einen Pool mit Blick auf die toskanöse Landschaft - ein Traum! -, um ein Bier zu verzehren. Das machen wir nicht mehr, denn das Bier war teuer und warm, sodass meine Ma noch Eiswürfel organisierte, danach ging's …

Wir hatten für 19 Uhr einen Tisch bestellt, wir hatten Hunger, und das Essen war fantastisch, ebenso wie der sehr gut Deutsch sprechende Ober (nur dass er uns am Ende mit der Rechnung vergaß, gab Abzüge in der B-Note) … Als Vorspeise gab es (der Ober und wir hatten uns missverstanden, weil meine Mutter darauf bestand, dass ich für uns beide bestelle - eine Feminismus-Diskussion erfolgte im Anschluss) Sardinen mit Büffelmozzarella (klingt komisch, war aber lecker) und wunderbar toll gebratenen Oktopus auf Süßkartoffeln (das wollte meine Mutter eigentlich nacheinander haben, so kam es gleichzeitig und für mich nix …), danach bekam ich meine Pici (dicke Spaghetti) mit weißem Ragù in einer kleinen, aber seeeeehr leckeren Portion und zum Abschluss hatte ich mein Beef Tagliata, gegrilltes Rindfleisch, das innen noch sehr englisch, aber unglaublich lecker war … Toll!

Dazu tranken wir Wein (ich freiwillig Chianti, es geschehen noch Zeichen und Wunder), ehe wir zum Abschluss auf Espresso und Tiramisù umstellten. Ein wunderbarer Abend in einem wunderbaren Hotel, das war ein richtig guter Abschluss des ersten, durchaus anstrengenden, aber sehr schönen Urlaubstages.

Morgen geht es - wahrscheinlich mit dem Zug - nach Florenz rein, wir wollen uns zumindest mal die Uffizien angucken …

Am Vierwaldstättersee

Irgend so'n Turm

… neben einer Kathedrale

Turm ganz hinten

Toskanös

Sundowner im Hotel


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