Meine Länder

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Montag, 17. Juni 2019

Überfressen / Fidel Castro höchstpersönlich

15. Juni: Überfressen

... habe ich mich heute auf dem Flug und dann am Abend zur Feier des Tages in einem vernünftig-schicken Restaurant in der Altstadt von Havanna.

Der Flug war ganz erträglich, ich guckte wieder viele Filme und bereute es nicht, dass ich nicht für 329 Euro das Upgrade auf die Business Class genommen hatte - falls es auf dem Heimweg auch wieder so ein "Sonderangebot" gibt, gucke ich mir das aber vielleicht sogar mal an ... Nicht ganz so sozialverträglich waren die Leutchen gegenüber des Gangs von mir, der eine Typ stand nämlich gefühlt vier Stunden im Gang und war dort auch nicht wegzubewegen. Als es dann ans Aussteigen ging und er seinen Auftritt verpasste, rempelte ich ihn dann dezent - und natürlich völlig unabsichtlich - an, dann merkte er, dass er gerade mal wieder Mist baute.

Die Einreise nach Kuba ging schnell, aber es wurde nur meine Touristenkarte - nicht mein Pass - gestempelt (die hatte mir beim Boarden noch Scherereien gemacht, weil ich - natürlich - nicht am Check-in-Schalter war und die daher nicht bestätigen konnten, dass ich diese Touristenkarte hatte; nach Klärung ging dann aber alles gut). Nur hinter der Einreise (und noch vor der Gepäckausgabe!) ist ein Zoll, an dem alle ihr Handgepäck durchleuchten lassen müssen - das ist nun ziemlich sinnbefreit (nicht völlig, weil sie nach der Gepäckausgabe dann nicht mehr auf illegale Gegenstände röntgen, aber ziemlich) - und entsprechend wenig begeistert war, zumal sich unsere Crew dann auch noch vordrängelte. Saftladen! Meinen Krankenversicherungsschutz musste ich übrigens nicht nachweisen - oh Mann ...

Wenigstens musste ich nicht auf mein Gepäck warten, was die Zöllnerin etwas überraschte, aber sie ließ mich durch und somit war ich ordnungsgemäß in mein 138. Land eingereist - zwei Drittel des Weges sind geschafft. Juchhe!!!

Weniger "juchhe" war, dass der Geldautomat im ersten Anlauf kein Geld ausspuckte - mit Hilfe eines Taxifahrers, den ich trotz der unerbetenen Hilfe dann für die Fahrt zu meinem Gästehaus engagierte, fand ich dann aber einen zweiten Geldautomaten und der spuckte Geld aus. Jetzt hatte ich 150 CUC, also konvertible Pesos - Kuba hat ein doppeltes Währungssystem: Ausländer müssen mit konvertiblen Pesos (CUC) hantieren, die Kubaner selbst hantieren in der Regel mit "moneda nacional", die CUP abgekürzt wird. Da gibt es Umrechnungen, aber Ausländer kommen an die CUPs kaum ran, die müssen die CUCs fast immer nehmen, jedenfalls um Hotels und so etwas zu bezahlen. Sei es, wie es sei, ich hatte Geld, und das Taxi (ein modernes Auto) fuhr mit mir durch Havanna, vorbei an diversen alten Ami-Straßenkreuzern, die teilweise richtig was hermachen ... Schon schick, und da gibt es auch Stadtrundfahrten in den Straßenkreuzern, ich denke, das werde ich mir mal antun ...

Meine casa particular, mein Gästehaus, ist völlig in Ordnung, die Dusche hat sogar einen abnehmbaren Duschkopf, und ich habe Ventilator und Klimaanlage, was will man mehr, zumal ich mitten in der Altstadt wohne?

Selbige machte ich mit einem kurzen Spaziergang dann auch unsicher, es ging vorbei an einigen sehr schön renovierten, aber auch noch an einigen sehr baufälligen Gebäuden, wenn Kuba mal einen richtigen Aufschwung erlebt, dann wird hier die Hölle los sein im positiven Sinne - sehr ansehnlich das Ganze.

Ich entdeckte eine Abendessenkneipe, die aber erst um 18.30 Uhr aufmachte, die Zwischenzeit überbrückte ich mit einem Bier und einer Cola in einer Eckkneipe, die mit Mojitos im großen Glas für 4 CUC (= 4 Dollar) wirbt. In der Abendessenkneipe gab es kein nationales Bier, nur ausländisches, sodass ich auf Cuba Libre auswich. Das Steak Tatare, das ich mir zur Feier des Tages als Vorspeise genehmigte, war sehr lecker, der Meeresfrüchteteller nicht so ganz, die Muscheln schmeckten mir nicht, und nach zwei Mahlzeiten im Flieger war schon die Vorspeise eine doofe Idee gewesen, sodass ich die Hälfte des Meeresfrüchtetellers zurückgehen ließ, auch meinen Cuba libre nicht austrank, sondern zahlte und machte, dass ich heimkomme.

Jetzt ist es hier kurz nach 20 Uhr, ich habe noch kurz geduscht und bin jetzt auf dem Weg ins Bett.

Ich habe jetzt drei volle Tage hier, das werde ich ausnutzen und morgen erst einmal ausschlafen, auch wenn ich vermute, dass ich sowieso schon um 4 Uhr oder so auf bin.

Das Internet ist hier tatsächlich eine komische Sache, ich habe es jetzt unterlassen, mir so eine Rubbelkarte für eine Stunde Internet zu kaufen, und im Gästehaus gibt es im Moment auch kein Internet, aber ich lebe noch und ich lebe sehr gut ...

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16. Juni: Fidel Castro höchstpersönlich

... hat die Amerikaner in der Schweinebucht 1962 in die Flucht geschlagen, mit einem vor dem Revolutionsmuseum ausgestellten Raketenwerfer, oder was das Ding ist ...

Ich schlief aus, sehr lange, obwohl ich schon tatsächlich um kurz nach 4 Uhr wach war, zwang ich mich, bis 8.30 Uhr oder so im Bett zu bleiben. Danach duschte ich (erneut) und verließ mein Zimmer. Der Sohn meiner Vermieter, Ernesto (ich weiß nicht, ob er mit Zweitnamen "Che" heißt ...), meinte, dass er mir Frühstück machen könnte, aber das erst besorgen müsste, was ich dann dankend ablehnte. Ich marschierte daher erst einmal in Richtung der Hafeneinfahrt, guckte mir diverse Festungen von ferne an, ehe ich mich entschied, in einer Kneipe gerade ums Eck zu frühstücken.

Das Frühstück war in Ordnung, mit leckeren Früchten, mit Rührei und Schinkensandwiches sowie einer heißen Schokolade, auf die Bart Simpson mit Zucker drapiert worden war (unfassbar, wie man das schaffen kann, bei meiner ruhigen Hand wäre das einfach ein gelber Klecks gewesen ...). Die Bedienung brachte mir Rückgeld, bevor ich bezahlt hatte, was sicherlich dazu führte, dass ich wie ein Auto guckte, ehe wir beide in Lachen ausbrachen, weil sie meinen Tisch mit dem Nebentisch verwechselt hatte ...

Danach machte ich die Runde um die Einfahrt zum Hafen von Havanna, begegnete meinen Vermietern, die mich zunächst fast nicht erkannten mit meiner Baseball-Kappe, ging zum Castillo de San Salvador de la Punta, guckte mir dort die Kanonen an und rüber ans Castillo de los tres reyes del morro (die Burg der drei Könige von Morro, wobei ich nicht ausschließlich will, dass meine Spanischkenntnisse mich hier im Stich lassen und "morro" kein Ortsname ist, sondern eine generisch Bedeutung hat). Das Ziel meiner - schweißtreibenden - Bemühungen war aber das Revolutionsmuseum.

Ich drückte 8 CUCs Eintritt ab, also etwa 8 Dollar, und guckte mir das Ding mal an. Um Che Guevera wird ein großes Gewese der argentinisch-kubanisch-bolivianischen-ach-was-rede-ich-insgesamt-lateinamerikanischen Freundschaft gemacht, da gab es wohl noch einen dritten Kumpel von Che und Fidel, Camillo, wenn ich es richtig erinnere, der dann irgendwann in einem - natürlich von der CIA sabotierten - Flieger abstürzte und ums Leben kam. Überhaupt ist der "imperialismo yanqui", also der Yankee-Imperalismus, grundsätzlich an allem Übel schuld, das Kuba jemals (naja, okay, nein, erst seit der Revolution 1959, obwohl ...) ereilt hat, und den Che Guevara haben sie auch umgebracht, damals 1967 in Bolivien ...

Wenn das Revolutionsmuseum den Zustand der Revolution widerspiegelt, dann ist die Revolution im Umbau begriffen, denn die Räume im alten Präsidentenpalast werden gerade renoviert, und das ist auch gut so, denn das sind tolle Räumlichkeiten, auch wenn sie in die Deckengemälde teilweise Lampenkabel eingezogen haben, was nicht so richtig kunsthistorisch einwandfrei aussieht, aber hey, viva la revolución siempre, und wenn's im Bauhandwerk ist! (Und der Fahrstuhl ist auch außer Betrieb ...)

Nach einer guten Stunde im Revolutionsmuseum (zu den Grundsätzen der kubanischen Demokratie, hust, gehört, dass den Kandidaten verboten ist, Wahlkampf zu betreiben, da könnt ja sonst jeder kommen, hust) verließ ich dasselbe wieder und machte mich wieder in die Altstadt. Ich brauchte dringend etwas zu trinken, und daher fiel ich wieder in der Eckkneipe am Parque Cervantes ein, in dem ich gestern Abend schon auf die Öffnung meiner Abendesskneipe gewartet hatte. Dort verzehrte ich zwei Colas und ein Bier und machte mich dann auf zum Verkaufsschalter für Internet-Rubbelkarten, der wohl in der Nähe sein sollte, wenn ich dem Barkeeper richtig zugehört hatte. Ich kam da an, und normalerweise ist sonntags länger auf, aber gerade am kubanischen Vatertag war nur bis 13 Uhr offen, und es war - natürlich - gerade 13.07 Uhr geworden. Argh.

Glücklicherweise stand ein Verkäufer noch vor der Tür, der mir für 2 CUCs (also zwei Dollar) so eine Rubbelkarte verkaufte, und jetzt musste ich nur noch einen WLAN-Zugang der kubanischen staatlichen Telekommunikationsbehörde finden. Den fand ich an einem Ministerium am Parque Cervantes und konnte endlich vernünftig meine Mutter anrufen (die Verbindung dort war überraschend schnell ...) und Fotos hochladen auf Facebook (die Welt muss ja wissen, dass es mich noch gibt ...).

Der Himmel zog sich so langsam zu, und ich hatte gegenüber der Telekommunikationsbehörde eine Kneipe mit Musik vernommen, in die ich nun Einlass begehrte. Ich aß ein bisschen Huhn, trank Softgetränke und Bier und zum Abschluss einen Mojito, weil es dann anfing zu regnen, dass ich meinte, die nächste Sintflut käme und würde alle kubanischen Tiere mitnehmen. Etwa zweieinhalb Stunden später, die Musik war ziemlich gut - einschließlich Sinatras "My Way" und "Guantanamera" - verließ ich einigermaßen geraden Schrittes die Kneipe (ich hatte mit Trinkgeld 20 CUCs gezahlt, also 20 Dollar) und machte mich zur Plaza de Armas, dem alten Hauptplatz der Stadt auf.

Ich guckte da ein bisschen rum, ging nochmal zum Platz der Kathedrale und suchte nach einer hübschen Abendesskneipe, als es schon wieder anfing zu nieseln. Ich war in der Nähe meiner casa particular, also sitze ich jetzt hier -  es ist kurz vor 17 Uhr kubanischer Zeit - und schreibe diese Zeilen. Ich denke, ich werde nachher nochmal rausgehen, lecker zu Abend essen, dann zum Parque Cervantes stiefeln, da noch ein Bierchen trinken und das Ganze hier hochladen, auch wenn ich nicht sicher bin, ob das mit den Fotos und allem klappt ... Ach, ich bin überhaupt nicht sicher, ob das klappt, aber ich werde versuchen.

Havanna gefällt mir sehr gut, ich verstehe meine Kuba-Expertin jetzt, wieso sie mir den Rat gab, viel in Havanna zu gucken - es ist auch sehr schön, dass ich so viel Zeit habe, um auch mal fast drei Stunden in einer Kneipe zu versacken. Hier ist vieles im Umbruch, gar keine Frage, aber ich bin froh, dass ich noch die Ami-Straßenkreuzer sehe und nicht nur asiatische Autos, die es hier nämlich inzwischen auch schon etliche gibt.

Auch morgen habe ich vor, mich treiben zu lassen, das wird schon werden. Das mit dem Geldabheben funktioniert jetzt doch ziemlich problemlos, da hätte ich nicht noch viel Bargeld aus Deutschland mitbringen müssen, aber man weiß ja nie, alles okay bei mir ...

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