... und das war nur das letzte Highlight des gestrigen Tages, auch wenn die eine Deutsche, die beim Anblick der sich bewegenden Tarantel gekreischt hat wie sonst was, das wahrscheinlich so nicht bestätigen würde. Ich hatte es schon vermutet: Ich war gestern einfach zu müde, um noch Blog zu schreiben, deswegen schreibe ich den Großteil des Berichts von gestern jetzt im Bus vor, solange es noch dunkel ist (wir fahren gerade ab, es ist kurz vor fünf Uhr, mal sehen, wann ich in Belize-Stadt bin ...).
Die Abholung kam pünktlich, allerdings in Form eines Fahrrades mit einem darauf sitzenden Guide. Er begrüßte mich und sagte mir dann, wo ich mich einzufinden hätte, er fahre schonmal vor und hole die anderen ab. Na gut ... Wir trafen uns an der Einfahrt zur Insel, weil der Bus nicht (mehr) durch die engen Sträßchen von Flores fahren darf - das halte ich für eine richtige Entscheidung ...
Als die ganzen anderen Leute (etliche Deutsche, ein Niederländer, der seit vierzehn Monaten durch Süd- und Mittelamerika unterwegs ist - so Leute scheine ich anzuziehen ... -, etliche Amerikanerinnen, die unbedingt ihr Gringo-Spanisch ausprobieren mussten, obwohl unser Guide vorzüglich Englisch sprach) kamen, fühlte ich mich alt. Das war das erste Mal, dass ich Alterspräsident war, denn die Dame mit Baujahr 1993 gehörte gefühlt zu den älteren Semestern in unserem Verein, und damals war ich schon elf ... Ohje, ohje ...
Es ging mit einer halben Stunde Verspätung los, die Busfahrt war langwierig (und deutlich länger als später der Heimweg, keine so rechte Ahnung, wieso), an der Einfahrt zum Nationalpark standen wir ewig und mussten dann noch den Bus wechseln ... Wenn ich jetzt wieder was von "verhäfelt" schreibe, fragt sich die ganze Welt südlich der Linie Karlsruhe-Stuttgart, was ich damit denn wieder meine, also lasse ich es. Sagen wir so: Bis dahin hätte ich die Gesellschaft, mit der ich unterwegs war, definitiv nicht weiterempfohlen. Es ward aber deutlich besser, und den Grund kann man mit einem Wort benennen: "Julio", unser Guide - der Typ war klasse, weil er nicht nur Spässken machte (wie andere Guides), sondern auch sehr - ich finde kein treffendes deutsches Wort außer "bewandert", was so altmodisch klingt - knowledgable war. Er machte den Eindruck zu wissen, wovon er sprach, und erläuterte das didaktisch sehr gut. Selten habe ich einem Guide so gerne Trinkgeld gegeben (als Alterspräsident, denn ich war der Einzige ...).
Nachdem wir durch die Einfahrt zum Nationalpark durch waren, fuhren wir nochmal bestimmt zwanzig Minuten, ehe wir am Besucherzentrum von Tikal angekommen waren. Julio (den ich zu dem Zeitpunkt noch nicht so toll fand) brauchte ewig, um irgendetwas mit den Eintrittskarten abzuklären, und erst später stellte sich heraus, wo das Problem war: In dem Bus, in den wir an der Einfahrt umgestiegen waren, saßen drei Deutsche - eine Mutter mit zwei Töchtern -, welche offenbar verschlafen hatten und deswegen ihre Sonnenaufgangstour nicht hatten mitmachen können. Für die Sonnenaufangstour muss man - ebenso wie für die Sonnenuntergangstour, auf der ich unterwegs war - zusätzlich zum Eintritt von 16,50 Euro (150 Quetzales) noch einmal 11 Euro (100 Quetzales) zahlen. Und offenbar versuchte Julio, die Kontrolleure dazu zu bewegen, kulant zu sein und - angesichts des gleichen Aufschlages für Sonnenaufgang wie für Sonnenuntergang - die drei halt jetzt zum Sonnenuntergang zuzulassen. Kurz gesagt: Alle Versuche scheiterten, kosteten aber ein wenig Zeit, sodass irgendwann mal kurz Protest aufkam, als er nochmal was ausprobieren wollte für die drei - danach hatte Julio aber auch ein Einsehen, und gut war's. Früher hätte ich dieses Missgeschick vielleicht hämisch kommentiert, aber spätestens seit Südkorea kann ich es durchaus nachvollziehen, dass man mal verschläft (und den Ärger über sich selbst kann ich auch nachvollziehen ...).
Wir gingen zunächst zum Komplex R (wenn ich mich nicht täusche), anhand von welchem Julio uns die Grundzüge der Maya-Obsession mit Zahlen und Astronomie erläuterte. Für die Maya waren die Zahlen 1, 3, 7, 9, 13 und 20 besondere Zahlen und so wundert es nicht, dass die Pyramide, vor der wir nun standen, 3 x 13 = 39 Stufen hatte. Wir kletterten auf die Stufen und hatten von dort schon einmal einen hübschen Blick auf einen anderen Tempel, der da durch den Regenwald herausragte.
Gegenüber der - im wahrsten Sinne des Wortes - ausgegrabenen Pyramide lag eine weitere, die aber von Boden und Bäumen überwuchert war, sodass man zwar die Grundform erkennen konnte, aber keine Details. Die Blüte Tikals war wohl zwischen den Jahren 200 und 900 n. Chr., wurde aber dann - wahrscheinlich aufgrund von ausbleibendem Regen, aus dem schlechten Ernten, Mangelernährung und dem Aufkommen von Seuchen resultierten - bis zum Ende des 10. Jahrhunderts aufgegeben. Die Bäumen hatten also ein Jahrtausend Zeit, um ihre Arbeit zu verrichten, und sie verrichteten sie gut. Ein Jahrtausend, das sind 40 Generationen - aber okay, da saßen unsere Vorfahren auch nicht mehr auf den Bäumen ...
Apropos Bäume (boah, was für eine genial vorbereitete Überleitung, ich bin so stolz auf mich ...): Fast hätte ich den Blog mit "Affen, die auf Köpfe kacken" überschrieben, aber ich habe es gelassen, weniger, weil es ein bisschen vulgär ist (ich schreibe zwar nicht immer, was ich denke, aber ich schreibe doch, wie der erfahrene Leser weiß, manchmal ein bisschen deftig), sondern vielmehr, weil es in unserem speziellen Fall nicht stimmte. Der Guide warnte uns zwar davor, dass die Affen sowas machen und es auch manchmal einen "yellow shower" (eine "gelbe Dusche") von ihnen gäbe (wieso muss ich dabei an Donald Trump denken?), aber uns ist es zum Glück nicht passiert.
Weiter ging es - über eine alte Maya-Straße, mindestens meterhoch über dem Erdboden - in Richtung der Akropolis und des Großen Platzes. Wir betrachten den Tempel I (Großer Jaguar) von hinten, ehe wir uns die zentrale Akropolis hinaufarbeiteten. Julio sagte uns, jetzt komme ein Ausblick, wo die meisten "wow" sagten - nur die Briten würden "marvellous" ausrufen - allgemeines Gelächter (es waren, glaube ich, keine Briten dabei, die haben sich alle auf ihrer Insel verschanzt ...). Natürlich, der Typ ist erfahren, wenn du da oben stehst und auf den Tempel I und den Tempel II und auf die nördliche Akropolis und die Grand Plaza guckst, dann ist das atemberaubend, unfassbar schön, unglaublich toll.
Wir gingen hinunter auf die Grand Plaza und hatten jetzt "Freizeit". Man darf weder die Stufen von Tempel I noch von Tempel II betreten (da hat es wohl schon einige tödliche Unfälle gegeben), aber am Tempel II gibt es hinten eine Holztreppe, über die man auf eine Aussichtsplattform an diesem Tempel kommt. Ich stiefelte da also hoch, und als ich oben war, kriegte ich den Mund nicht mehr zu, weil der frontale Blick auf den Tempel I (das ist wohl das bekannteste Bauwerk in Tikal) von da oben so fantastisch schön ist, gerade weil die Sonne direkt hinter uns stand (deswegen gibt es nur vom Tempel I gute Bilder, nicht aber vom Tempel II). So, so schön.
Wir waren aber noch nicht einmal "halfway throught" (halb durch), wie Julio meinte, denn jetzt ging es so langsam in Richtung der "Temples wih a view" (meine Wortschöpfung, deswegen so schlecht ...). Es ging über Waldwege zu einem weiteren Tempel (Nummerierung muss ich gucken, weil ich gerade beim Schreiben im Bus - es ist inzwischen hell - nicht online bin), und als Julio von "Star Wars" sprach, waren alle wieder wach (nein, sie waren vorher schon alle wach - überhaupt muss ich sagen - in meiner Weisheit als Alterspräsident -, dass ich es sehr schön finde, wenn junge Menschen hier durch die Gegend reisen und sich diese Weltkulturerbestätten angucken, denn das sind ja nicht nur alte Steine, sondern die Grundlagen der hiesigen Kulturen). George Lucas hat von diesem Tempel aus offenbar eine Szene in einem Star-Wars-Film drehen lassen, und also wackelten wir alle die vielen Stufen dort hinauf auf den Tempel.
Dieser Ort (und dieser Blick von dort) gehört zu den schönsten, die ich in meinem Leben je gesehen habe, denn der Blick auf ein paar weitere Tempel, die aus dem Urwald ragen, vor allem aber der Blick auf die riesige Weite des Regenwaldes, das war einer dieser Moment, in denen mein Körper jede Menge Glückshormone ausgeschüttet hat - das war noch einmal eine Steigerung zum Blick auf den Tempel I, was ich nicht für möglich gehalten hätte. Von da oben muss man einen fantastischen Blick auf den Sonnenaufgang habe (denn gestern hatten wir die Sonne im Rücken), sodass ich Tikal hiermit meine Wiederkehr androhe, und wenn es nur ist, um den Sonnenaufgang von da oben zu sehen.
Für die Erlaubnis, den Sonnenuntergang im Park angucken zu dürfen, muss man extra zahlen, und auf dem Hinweg war ich unsicher gewesen, ob ich das mitmachen muss. Der Sonnenuntergang lohnt sich auf alle Fälle, und man ist ja nicht jedes Wochenende in Tikal, also: 11 Euro ausgeben, Sonnenuntergang angucken, glücklich sein.
Jaja, eine Langfassung mit Schwärmerei und so kommt ja schon: Die Aussichtsplattform ist auf einem alten Tempel der präklassischen Periode (zur genauen Geschichte der Maya-Kulturen und der Unterteilung in Prääklassik, Klassik und Postklassik bitte ich die Wikipedia oder - wie altmodisch - ein Papierlexikon zu benutzen, das kann ich zwar wiedergeben, aber doch nicht so gut wie es halt Experten können), die in ganz alte Zeit zur Besitmmung der Sonnenwendtage benutzt wurde. Auch hier stiefelten wir hoch - so langsam brannten die Oberschenkel, gutes Training, höhö -, doch als ich oben war, gaben meine Lungen und mein Gehirn unterschiedliche Anweisungen an die Atmung: Die Lunge schrie "pump, pump, pump", das Gehirn sagte "Atem, alle Mann stopp und staunen". Ja, klar, da ist der Sonnenuntergang (die Sonne geht übrigens hier sehr schnell unter), aber der Blick auf den Urwald und die zwischendurch aus selbigem herausblinzenden Tempel und Tempelchen ist unglaublich schön. Mein Lieblingsort bleibt der kurz zuvor beschriebene Tempel (zu dem ich zum Sonnenaufgang will), aber auch auf dieser Aussichtsplattform kann man sich lange aufhalten und die Gegend bewundern.
Freude (Julio nannte uns ständig "friends"), fahrt nach Mittelamerika, fahrt nach Tikal, guckt euch das selbst an, es ist so schön.
Einen kleinen Haken gibt es an der Sache, wenn man irgendwo einen Sonnenuntergang beobachtet, meistens: Es wird dabei dunkel (den Zusammenhang müsste man mal genauer untersuchen ...). Wir stiegen also - im Dunkeln - die Treppen herunter (was angesichts der hohen und schmalen Treppen nicht das leichteste Unterfangen des Planeten ist) und machten danach eine veritable Nachtwanderung durch Tikal. Mein Handy hat keine Taschenlampenfunktion (oder ich bin zu blöd, sie zu finden ...), also hielt ich mich in der Nähe der anderen, die ein solches Gerät - oder gar, welch Vorbereitung, eine richtige Taschenlampe dabei hatten (ich habe eine Taschenlampe an meinem Schlüsselbund, aber da ich gerade keinen Wiesbadener Wohnungsschlüssel brauche, ist der im Koffer) -, was überraschend gut ging. Unterwegs begegneten uns eine Tarantel und ein Skorpion, Glühwürmchen und ganz am Schluss ein kopulierendes Froschpaar, bei dem wir Julios Wunsch ("Let them some privacy" - "Lasst ihnen ein bisschen Privatsphäre") Folge leisteten.
Es ist magisch, im Dunkeln über die Grand Plaza von Tikal zu laufen, vor diesen riesigen Tempeln zu stehen und in die Hände zu klatschen (die Akustik ist wirklich hervorragend) - das Übernachten auf der Grand Plaza ist übrigens explizit verboten.
Ich war unsicher, ob ich so dekadent sein soll, mir für die Heimfahrt im Bus ein Bier in den Kiosk zu kaufen, aber ich war weiß Gott nicht der Einzige, der diese Idee hatte, also gab ich dem Gallo eine weitere Chance (ich kaufte auch eine Flasche Wasser, keine Sorge), und nach einem anstrengenden, schweißtreibenden Tag in der Hitze von Tikal schmeckte sogar das Tikal wie Nektar und Ambrosia gleichzeitig (okay, ich übertreibe). Die Busfahrt zurück ging wesentlich schneller und in Flores bekam ich noch einen sehr anständigen Fisch zu essen und ein Schwarzbier (okay, es waren zwei ...) zu trinken, ehe ich in die Heia ging.
Ich kämpfte mit dem Ventilator, weil der mir den Wind direkt ins Gesicht blasen wollte, während ich im Bett lag, aber am Ende konnte ich ihn feststellen, sodass er die Wand anblasen konnte, bis er schwarz wird.
Heute Morgen klinglte um 3.45 Uhr der Wecker, meine Hausherrin begleitete mich noch zum Bus (hätte sie nicht machen müssen, den Weg hätte ich auch so gefunden), und dann ging es um 5 Uhr auf den Weg nach Belize in einem ziemlich leeren Bus.
Der Grenzübertritt ging relativ schnell, auch wenn die Belizer mich erst dann über die Notwendigkeit eines dieser bescheuerten Einreisezettel informierten, als ich schon dran war. Also durfte ich mich nochmal hinten an die (kurze) Schlange anstellen - da fühlt man sich doch gleich total willkommen ... Der Zoll wollte aber immerhin nichts von mir, wir warteten noch ein wenig auf den Bus (wir drei - ein amerikanisches Pärchen und ich, mehr waren nicht unterwegs mit dem 50-Mann-Bus ...) und waren schon auf dem Weg nach Belize-Stadt.
Unterwegs döste ich ab und zu kurz weg, und kurz vor 10 Uhr waren wir schon am Fährhafen. Dadurch erwischte ich noch das Wassertaxi um 10.30 Uhr (der Check-in war völlig unproblematisch, einschließlich des Handlings des Gepäcks), und ich fing jetzt an, mich mit den beiden Amerikanern zu unterhalten, weil die in der Schlange wieder vor mir standen - da könnte man fünf Stunden im Bus reden und macht es nicht, und dann kurz vor knapp kommt man ins Gespräch.
Die Überfahrt dauerte gute 45 Minuten, und der Blick auf Caye Caulker ist ein Traum. Nach dem Ausladen zog ich meinen Koffer hinter mir her (ich hätte so ein Golfcart-Taxi nehmen sollen ...), kam an meinem Hotel an, bekam das erste Zimmer zum Meer hin und war zufrieden.
So richtig schön Sandstrand oder so ist hier leider nicht, aber ich muss mal gucken, ob man über den Steg vielleicht mal schwimmen gehen kann, wir werden sehen. Ansonsten ist hier Palmen und türkis-karibisches Meer, und gleich gehe ich zum Mittagessen.
Ich will noch kurz etwas zu CA-4 schreiben, weil mich das hier unmittelbar betroffen hat. CA-4 ist ein Abkommen zwischen Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua, demzufolge die Bürger dieser Staaten die Grenzen untereinander auch mit ihrem Personalausweis übertreten können und Ausländer auch keine weiteren Sichtvermerke brauchen. Das Ganze soll also so ähnlich wie das Schengener Abkommen sein, wenn es mal groß ist. "Wenn es mal groß ist", weil für den normalen Ausländer wie mich die Grenzen hier so einfach oder schwierig zu überwinden sind wie Grenzen zwischen anderen Staaten, die kein solches Abkommen haben. Mag sein, dass ich es zu schätzen wüsste, wenn ich nur ein Visum für alle Staaten bräuchte, aber da ich hier eh nirgendwo ein Visum brauche, ist mir das auch wurscht. Und zu den Grenzstationen dackeln und sich (außer in El Salvador) einen Stempel abholen muss man immer noch. Das tut aber ja nicht weh (außer in Honduras dem Geldbeutel, aber auch da musste ich wider Erwarten keine Ausreise-, sondern nur eine Einreisesteuer zahlen), auch wenn es für die Wirtschaft wahrscheinlich noch besser wäre, wenn man einfach wie in Europa über eine Grenze fahren könnte, ohne es zu merken. (Der Zoll will von Touristen im Übrigen nichts, während die Schlangen von Lkws an den Grenzen lang sind, eine Zollunion gibt es wohl nur zwischen Guatemala und Honduras.)
Belize hat mit diesen ganzen Abkommen nichts zu tun, es ist auch das einzige Land in Mittelamerika, in dem man als Amtssprache Englisch spricht. Zudem ist es ein Commonwealth Realm, was heißt, dass Elisabeth II. auch hier Königin ist, allerdings nicht in ihrer Funktion als britische Königin, Vielmehr ist sie eben (auch) Königin von Belize, denn die Kronen aller sechzehn Commonwealth Realms werden zwar von der gleichen Person getragen (im übertragenen Sinn, Mann, nicht alle gleichzeitig, MIJ!), aber es sind eben sechzehn verschiedene Königsämter, die die gleiche Person innehat, und keineswegs nur eines (etwa das britische). Sei es, wie es sei, nach dem Vereinigten Königreich, Kanada, den Bahamas und Australien ist Belize jetzt also mein fünftes besuchtes Commonwealth Realm. Long live the queen!
Fotos aus Guatemala (Fotos aus Belize wollen gerade nicht):
Die Abholung kam pünktlich, allerdings in Form eines Fahrrades mit einem darauf sitzenden Guide. Er begrüßte mich und sagte mir dann, wo ich mich einzufinden hätte, er fahre schonmal vor und hole die anderen ab. Na gut ... Wir trafen uns an der Einfahrt zur Insel, weil der Bus nicht (mehr) durch die engen Sträßchen von Flores fahren darf - das halte ich für eine richtige Entscheidung ...
Als die ganzen anderen Leute (etliche Deutsche, ein Niederländer, der seit vierzehn Monaten durch Süd- und Mittelamerika unterwegs ist - so Leute scheine ich anzuziehen ... -, etliche Amerikanerinnen, die unbedingt ihr Gringo-Spanisch ausprobieren mussten, obwohl unser Guide vorzüglich Englisch sprach) kamen, fühlte ich mich alt. Das war das erste Mal, dass ich Alterspräsident war, denn die Dame mit Baujahr 1993 gehörte gefühlt zu den älteren Semestern in unserem Verein, und damals war ich schon elf ... Ohje, ohje ...
Es ging mit einer halben Stunde Verspätung los, die Busfahrt war langwierig (und deutlich länger als später der Heimweg, keine so rechte Ahnung, wieso), an der Einfahrt zum Nationalpark standen wir ewig und mussten dann noch den Bus wechseln ... Wenn ich jetzt wieder was von "verhäfelt" schreibe, fragt sich die ganze Welt südlich der Linie Karlsruhe-Stuttgart, was ich damit denn wieder meine, also lasse ich es. Sagen wir so: Bis dahin hätte ich die Gesellschaft, mit der ich unterwegs war, definitiv nicht weiterempfohlen. Es ward aber deutlich besser, und den Grund kann man mit einem Wort benennen: "Julio", unser Guide - der Typ war klasse, weil er nicht nur Spässken machte (wie andere Guides), sondern auch sehr - ich finde kein treffendes deutsches Wort außer "bewandert", was so altmodisch klingt - knowledgable war. Er machte den Eindruck zu wissen, wovon er sprach, und erläuterte das didaktisch sehr gut. Selten habe ich einem Guide so gerne Trinkgeld gegeben (als Alterspräsident, denn ich war der Einzige ...).
Nachdem wir durch die Einfahrt zum Nationalpark durch waren, fuhren wir nochmal bestimmt zwanzig Minuten, ehe wir am Besucherzentrum von Tikal angekommen waren. Julio (den ich zu dem Zeitpunkt noch nicht so toll fand) brauchte ewig, um irgendetwas mit den Eintrittskarten abzuklären, und erst später stellte sich heraus, wo das Problem war: In dem Bus, in den wir an der Einfahrt umgestiegen waren, saßen drei Deutsche - eine Mutter mit zwei Töchtern -, welche offenbar verschlafen hatten und deswegen ihre Sonnenaufgangstour nicht hatten mitmachen können. Für die Sonnenaufangstour muss man - ebenso wie für die Sonnenuntergangstour, auf der ich unterwegs war - zusätzlich zum Eintritt von 16,50 Euro (150 Quetzales) noch einmal 11 Euro (100 Quetzales) zahlen. Und offenbar versuchte Julio, die Kontrolleure dazu zu bewegen, kulant zu sein und - angesichts des gleichen Aufschlages für Sonnenaufgang wie für Sonnenuntergang - die drei halt jetzt zum Sonnenuntergang zuzulassen. Kurz gesagt: Alle Versuche scheiterten, kosteten aber ein wenig Zeit, sodass irgendwann mal kurz Protest aufkam, als er nochmal was ausprobieren wollte für die drei - danach hatte Julio aber auch ein Einsehen, und gut war's. Früher hätte ich dieses Missgeschick vielleicht hämisch kommentiert, aber spätestens seit Südkorea kann ich es durchaus nachvollziehen, dass man mal verschläft (und den Ärger über sich selbst kann ich auch nachvollziehen ...).
Wir gingen zunächst zum Komplex R (wenn ich mich nicht täusche), anhand von welchem Julio uns die Grundzüge der Maya-Obsession mit Zahlen und Astronomie erläuterte. Für die Maya waren die Zahlen 1, 3, 7, 9, 13 und 20 besondere Zahlen und so wundert es nicht, dass die Pyramide, vor der wir nun standen, 3 x 13 = 39 Stufen hatte. Wir kletterten auf die Stufen und hatten von dort schon einmal einen hübschen Blick auf einen anderen Tempel, der da durch den Regenwald herausragte.
Gegenüber der - im wahrsten Sinne des Wortes - ausgegrabenen Pyramide lag eine weitere, die aber von Boden und Bäumen überwuchert war, sodass man zwar die Grundform erkennen konnte, aber keine Details. Die Blüte Tikals war wohl zwischen den Jahren 200 und 900 n. Chr., wurde aber dann - wahrscheinlich aufgrund von ausbleibendem Regen, aus dem schlechten Ernten, Mangelernährung und dem Aufkommen von Seuchen resultierten - bis zum Ende des 10. Jahrhunderts aufgegeben. Die Bäumen hatten also ein Jahrtausend Zeit, um ihre Arbeit zu verrichten, und sie verrichteten sie gut. Ein Jahrtausend, das sind 40 Generationen - aber okay, da saßen unsere Vorfahren auch nicht mehr auf den Bäumen ...
Apropos Bäume (boah, was für eine genial vorbereitete Überleitung, ich bin so stolz auf mich ...): Fast hätte ich den Blog mit "Affen, die auf Köpfe kacken" überschrieben, aber ich habe es gelassen, weniger, weil es ein bisschen vulgär ist (ich schreibe zwar nicht immer, was ich denke, aber ich schreibe doch, wie der erfahrene Leser weiß, manchmal ein bisschen deftig), sondern vielmehr, weil es in unserem speziellen Fall nicht stimmte. Der Guide warnte uns zwar davor, dass die Affen sowas machen und es auch manchmal einen "yellow shower" (eine "gelbe Dusche") von ihnen gäbe (wieso muss ich dabei an Donald Trump denken?), aber uns ist es zum Glück nicht passiert.
Weiter ging es - über eine alte Maya-Straße, mindestens meterhoch über dem Erdboden - in Richtung der Akropolis und des Großen Platzes. Wir betrachten den Tempel I (Großer Jaguar) von hinten, ehe wir uns die zentrale Akropolis hinaufarbeiteten. Julio sagte uns, jetzt komme ein Ausblick, wo die meisten "wow" sagten - nur die Briten würden "marvellous" ausrufen - allgemeines Gelächter (es waren, glaube ich, keine Briten dabei, die haben sich alle auf ihrer Insel verschanzt ...). Natürlich, der Typ ist erfahren, wenn du da oben stehst und auf den Tempel I und den Tempel II und auf die nördliche Akropolis und die Grand Plaza guckst, dann ist das atemberaubend, unfassbar schön, unglaublich toll.
Wir gingen hinunter auf die Grand Plaza und hatten jetzt "Freizeit". Man darf weder die Stufen von Tempel I noch von Tempel II betreten (da hat es wohl schon einige tödliche Unfälle gegeben), aber am Tempel II gibt es hinten eine Holztreppe, über die man auf eine Aussichtsplattform an diesem Tempel kommt. Ich stiefelte da also hoch, und als ich oben war, kriegte ich den Mund nicht mehr zu, weil der frontale Blick auf den Tempel I (das ist wohl das bekannteste Bauwerk in Tikal) von da oben so fantastisch schön ist, gerade weil die Sonne direkt hinter uns stand (deswegen gibt es nur vom Tempel I gute Bilder, nicht aber vom Tempel II). So, so schön.
Wir waren aber noch nicht einmal "halfway throught" (halb durch), wie Julio meinte, denn jetzt ging es so langsam in Richtung der "Temples wih a view" (meine Wortschöpfung, deswegen so schlecht ...). Es ging über Waldwege zu einem weiteren Tempel (Nummerierung muss ich gucken, weil ich gerade beim Schreiben im Bus - es ist inzwischen hell - nicht online bin), und als Julio von "Star Wars" sprach, waren alle wieder wach (nein, sie waren vorher schon alle wach - überhaupt muss ich sagen - in meiner Weisheit als Alterspräsident -, dass ich es sehr schön finde, wenn junge Menschen hier durch die Gegend reisen und sich diese Weltkulturerbestätten angucken, denn das sind ja nicht nur alte Steine, sondern die Grundlagen der hiesigen Kulturen). George Lucas hat von diesem Tempel aus offenbar eine Szene in einem Star-Wars-Film drehen lassen, und also wackelten wir alle die vielen Stufen dort hinauf auf den Tempel.
Dieser Ort (und dieser Blick von dort) gehört zu den schönsten, die ich in meinem Leben je gesehen habe, denn der Blick auf ein paar weitere Tempel, die aus dem Urwald ragen, vor allem aber der Blick auf die riesige Weite des Regenwaldes, das war einer dieser Moment, in denen mein Körper jede Menge Glückshormone ausgeschüttet hat - das war noch einmal eine Steigerung zum Blick auf den Tempel I, was ich nicht für möglich gehalten hätte. Von da oben muss man einen fantastischen Blick auf den Sonnenaufgang habe (denn gestern hatten wir die Sonne im Rücken), sodass ich Tikal hiermit meine Wiederkehr androhe, und wenn es nur ist, um den Sonnenaufgang von da oben zu sehen.
Für die Erlaubnis, den Sonnenuntergang im Park angucken zu dürfen, muss man extra zahlen, und auf dem Hinweg war ich unsicher gewesen, ob ich das mitmachen muss. Der Sonnenuntergang lohnt sich auf alle Fälle, und man ist ja nicht jedes Wochenende in Tikal, also: 11 Euro ausgeben, Sonnenuntergang angucken, glücklich sein.
Jaja, eine Langfassung mit Schwärmerei und so kommt ja schon: Die Aussichtsplattform ist auf einem alten Tempel der präklassischen Periode (zur genauen Geschichte der Maya-Kulturen und der Unterteilung in Prääklassik, Klassik und Postklassik bitte ich die Wikipedia oder - wie altmodisch - ein Papierlexikon zu benutzen, das kann ich zwar wiedergeben, aber doch nicht so gut wie es halt Experten können), die in ganz alte Zeit zur Besitmmung der Sonnenwendtage benutzt wurde. Auch hier stiefelten wir hoch - so langsam brannten die Oberschenkel, gutes Training, höhö -, doch als ich oben war, gaben meine Lungen und mein Gehirn unterschiedliche Anweisungen an die Atmung: Die Lunge schrie "pump, pump, pump", das Gehirn sagte "Atem, alle Mann stopp und staunen". Ja, klar, da ist der Sonnenuntergang (die Sonne geht übrigens hier sehr schnell unter), aber der Blick auf den Urwald und die zwischendurch aus selbigem herausblinzenden Tempel und Tempelchen ist unglaublich schön. Mein Lieblingsort bleibt der kurz zuvor beschriebene Tempel (zu dem ich zum Sonnenaufgang will), aber auch auf dieser Aussichtsplattform kann man sich lange aufhalten und die Gegend bewundern.
Freude (Julio nannte uns ständig "friends"), fahrt nach Mittelamerika, fahrt nach Tikal, guckt euch das selbst an, es ist so schön.
Einen kleinen Haken gibt es an der Sache, wenn man irgendwo einen Sonnenuntergang beobachtet, meistens: Es wird dabei dunkel (den Zusammenhang müsste man mal genauer untersuchen ...). Wir stiegen also - im Dunkeln - die Treppen herunter (was angesichts der hohen und schmalen Treppen nicht das leichteste Unterfangen des Planeten ist) und machten danach eine veritable Nachtwanderung durch Tikal. Mein Handy hat keine Taschenlampenfunktion (oder ich bin zu blöd, sie zu finden ...), also hielt ich mich in der Nähe der anderen, die ein solches Gerät - oder gar, welch Vorbereitung, eine richtige Taschenlampe dabei hatten (ich habe eine Taschenlampe an meinem Schlüsselbund, aber da ich gerade keinen Wiesbadener Wohnungsschlüssel brauche, ist der im Koffer) -, was überraschend gut ging. Unterwegs begegneten uns eine Tarantel und ein Skorpion, Glühwürmchen und ganz am Schluss ein kopulierendes Froschpaar, bei dem wir Julios Wunsch ("Let them some privacy" - "Lasst ihnen ein bisschen Privatsphäre") Folge leisteten.
Es ist magisch, im Dunkeln über die Grand Plaza von Tikal zu laufen, vor diesen riesigen Tempeln zu stehen und in die Hände zu klatschen (die Akustik ist wirklich hervorragend) - das Übernachten auf der Grand Plaza ist übrigens explizit verboten.
Ich war unsicher, ob ich so dekadent sein soll, mir für die Heimfahrt im Bus ein Bier in den Kiosk zu kaufen, aber ich war weiß Gott nicht der Einzige, der diese Idee hatte, also gab ich dem Gallo eine weitere Chance (ich kaufte auch eine Flasche Wasser, keine Sorge), und nach einem anstrengenden, schweißtreibenden Tag in der Hitze von Tikal schmeckte sogar das Tikal wie Nektar und Ambrosia gleichzeitig (okay, ich übertreibe). Die Busfahrt zurück ging wesentlich schneller und in Flores bekam ich noch einen sehr anständigen Fisch zu essen und ein Schwarzbier (okay, es waren zwei ...) zu trinken, ehe ich in die Heia ging.
Ich kämpfte mit dem Ventilator, weil der mir den Wind direkt ins Gesicht blasen wollte, während ich im Bett lag, aber am Ende konnte ich ihn feststellen, sodass er die Wand anblasen konnte, bis er schwarz wird.
Heute Morgen klinglte um 3.45 Uhr der Wecker, meine Hausherrin begleitete mich noch zum Bus (hätte sie nicht machen müssen, den Weg hätte ich auch so gefunden), und dann ging es um 5 Uhr auf den Weg nach Belize in einem ziemlich leeren Bus.
Der Grenzübertritt ging relativ schnell, auch wenn die Belizer mich erst dann über die Notwendigkeit eines dieser bescheuerten Einreisezettel informierten, als ich schon dran war. Also durfte ich mich nochmal hinten an die (kurze) Schlange anstellen - da fühlt man sich doch gleich total willkommen ... Der Zoll wollte aber immerhin nichts von mir, wir warteten noch ein wenig auf den Bus (wir drei - ein amerikanisches Pärchen und ich, mehr waren nicht unterwegs mit dem 50-Mann-Bus ...) und waren schon auf dem Weg nach Belize-Stadt.
Unterwegs döste ich ab und zu kurz weg, und kurz vor 10 Uhr waren wir schon am Fährhafen. Dadurch erwischte ich noch das Wassertaxi um 10.30 Uhr (der Check-in war völlig unproblematisch, einschließlich des Handlings des Gepäcks), und ich fing jetzt an, mich mit den beiden Amerikanern zu unterhalten, weil die in der Schlange wieder vor mir standen - da könnte man fünf Stunden im Bus reden und macht es nicht, und dann kurz vor knapp kommt man ins Gespräch.
Die Überfahrt dauerte gute 45 Minuten, und der Blick auf Caye Caulker ist ein Traum. Nach dem Ausladen zog ich meinen Koffer hinter mir her (ich hätte so ein Golfcart-Taxi nehmen sollen ...), kam an meinem Hotel an, bekam das erste Zimmer zum Meer hin und war zufrieden.
So richtig schön Sandstrand oder so ist hier leider nicht, aber ich muss mal gucken, ob man über den Steg vielleicht mal schwimmen gehen kann, wir werden sehen. Ansonsten ist hier Palmen und türkis-karibisches Meer, und gleich gehe ich zum Mittagessen.
Ich will noch kurz etwas zu CA-4 schreiben, weil mich das hier unmittelbar betroffen hat. CA-4 ist ein Abkommen zwischen Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua, demzufolge die Bürger dieser Staaten die Grenzen untereinander auch mit ihrem Personalausweis übertreten können und Ausländer auch keine weiteren Sichtvermerke brauchen. Das Ganze soll also so ähnlich wie das Schengener Abkommen sein, wenn es mal groß ist. "Wenn es mal groß ist", weil für den normalen Ausländer wie mich die Grenzen hier so einfach oder schwierig zu überwinden sind wie Grenzen zwischen anderen Staaten, die kein solches Abkommen haben. Mag sein, dass ich es zu schätzen wüsste, wenn ich nur ein Visum für alle Staaten bräuchte, aber da ich hier eh nirgendwo ein Visum brauche, ist mir das auch wurscht. Und zu den Grenzstationen dackeln und sich (außer in El Salvador) einen Stempel abholen muss man immer noch. Das tut aber ja nicht weh (außer in Honduras dem Geldbeutel, aber auch da musste ich wider Erwarten keine Ausreise-, sondern nur eine Einreisesteuer zahlen), auch wenn es für die Wirtschaft wahrscheinlich noch besser wäre, wenn man einfach wie in Europa über eine Grenze fahren könnte, ohne es zu merken. (Der Zoll will von Touristen im Übrigen nichts, während die Schlangen von Lkws an den Grenzen lang sind, eine Zollunion gibt es wohl nur zwischen Guatemala und Honduras.)
Belize hat mit diesen ganzen Abkommen nichts zu tun, es ist auch das einzige Land in Mittelamerika, in dem man als Amtssprache Englisch spricht. Zudem ist es ein Commonwealth Realm, was heißt, dass Elisabeth II. auch hier Königin ist, allerdings nicht in ihrer Funktion als britische Königin, Vielmehr ist sie eben (auch) Königin von Belize, denn die Kronen aller sechzehn Commonwealth Realms werden zwar von der gleichen Person getragen (im übertragenen Sinn, Mann, nicht alle gleichzeitig, MIJ!), aber es sind eben sechzehn verschiedene Königsämter, die die gleiche Person innehat, und keineswegs nur eines (etwa das britische). Sei es, wie es sei, nach dem Vereinigten Königreich, Kanada, den Bahamas und Australien ist Belize jetzt also mein fünftes besuchtes Commonwealth Realm. Long live the queen!
Fotos aus Guatemala (Fotos aus Belize wollen gerade nicht):
Desayuno típico de McDonald's |
Blick auf den See um Flores |
... und aufs andere Ufer |
Templo I |
Templo I vom Templo II |
Star-Wars-Blick auf den Urwald |
Sonnenuntergang |
Und noch ein reingemogeltes Bild von der Grand Plaza |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen