Meine Länder

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Sonntag, 20. August 2023

Eine Planänderung

... musste ich heute vornehmen, denn der Ex-Kollege, mit dem für heute ich in Venlo verabredet war, hat mir gestern Abend aus persönlichen und leider sehr nachvollziehbaren Gründen absagen müssen. Daher bin ich jetzt schon auf dem Rückweg aus Krefeld und hoffe, dass ich pünktlich zum Anpfiff des WM-Finales in meiner Bude bin, aber das könnte knapp werden, weil der Zug schon wieder ein paar Minuten Verspätung hat ...

Am Freitag Abend fuhr ich gemütlich mit dem ICE bis nach Bochum und stieg dort in den ICE um, den ich auch schon von Hannover aus hätte nehmen müssen, gegen den ich mich aber entschieden hatte, weil beide als gleich voll angezeigt wurden - in Wirklichkeit war der Zug nach Bochum recht leer, während der Zug von Bochum nach Krefeld gerammelt voll war; aber selbst dort fand ich noch einen Sitzplatz.

Ich erwischte gerade noch die Straßenbahn, mit der ich zwei Stationen fuhr, und wurde vom Vermieter in meinem riesigen, günstigen, schönen, wenn auch schon etwas abgewohnten Apartment empfangen. Ich fuhr eine Station zurück in Richtung Stadt und holte mir eine Weltneuheit: einen Sucuk-Döner, also eine Dönertasche, in die anstatt Hühnchen oder Lamm diese scharfe türkische Salami geschnitten wurde. Das war lecker, aber auch nicht so weltbewegend, dass ich gestern Abend nochmal wiedergekommen wäre.

Danach guckte ich das Fußball-Trauerspiel im Fernsehen und ging einigermaßen früh ins Bett.

Gestern vor 13 Tagen hatte ich zuletzt eine Staatsgrenze überquert (auf dem Weg aus Singapur über Bahrain nach Deutschland war ich am Sonntag Morgen in Deutschland eingereist), sodass dieses Wochenende wieder eine Staatsgrenzenüberquerung fällig war. Ich wusste zwar, dass ich heute eigentlich nach Venlo wollte, aber da ich gestern früh wach war, entschied ich mich (sicher ist sicher), gestern schon einmal kurz nach Venlo zu fahren, da ich sehr früh wach war.

Also fuhr ich von Krefeld nach Viersen, sah dort frühmorgens komische Gestalten am Bahnhof, fuhr dann weiter nach Venlo, stieg einmal kurz aus, dirigierte meinen Schwerpunkt auf niederländischen Bahnsteigboden (nicht, dass das nötig gewesen wäre nach meinen Regeln ...) und stieg wieder ein. Insgesamt war ich gestern 16 Minuten (von 7.52 Uhr bis 8.08 Uhr) im Hoheitsgebiet der Niederlande gewesen, aber das war schon länger als manches Mal in der Schweiz ...

Ich kam gut in Mönchengladbach an, kaufte mir erstmal ein Frühstück und fuhr dann mit dem Bus in die Nähe des Hockey-Parks. Die Beschilderung zum Zuschauereingang ist für Anreisende mit dem Bus (derer es nicht so arg viele gibt, die meisten kommen mit dem Auto ...) ziemlich beschissen, das einzige Schild ist ein Schild für Autofahrer und hat mit dem Zuschauereingang nichts zu tun; auch auf der Webseite des Hockey-Parks ist der Eingang schlecht und auch nur in Bezug auf den Parkplatz bezeichnet.

Nach einmaligem Umweg (nachdem ich eben fälschlich dem Straßenschild gefolgt war), kam ich an den Haupteingang - dort stand dann, sinnvollerweise, ein Hinweis zum "Main entrance", aber auch erst, als ich schon da war ...

Der Einlass ging zehn Minuten verspätet los, und auch dort ist die Beschilderung nicht gut, weil es Eingänge B und C gibt, aber eben auch Blocks B und C, und für Letztere ist der richtige Eingang der Eingang A, verstehste? Nicht? Ich auch nicht!

Auf der Homepage des Hockey-Parks ist auch angegeben, dass man noch nicht mit Kreditkarte zahlen könne, aber anscheinend hat der europäische Hockeyverband da ein wenig Druck gemacht, weil sie sich vor den Niederländern und Belgien nicht komplett zum Keks machen wollte, sodass wenigstens an manchen Ständen die Zahlung mit der Karte - mehr oder weniger - funktionierte ...

Deutsche Organisationskunst? Hm ...

Ich kaufte mir - bar - eine dringend benötigte Baseballkappe mit dem EM-Emblem, weil ich vergessen hatte, eine Kappe aus Hannover mitzunehmen und dann keinen Zwischenstopp mehr in der Wohnung machen wollte, kaufte mir eine (teure) Cola und setzte mich dann auf meinen Platz, der in der prallen Sonne lag. Die Preisgestaltung für diese EM ist mir übrigens auch ein Rätsel: Für die unüberdachten Plätze (die gestern zunächst praller Sonne, dann Regen und dann wieder praller Sonne ausgesetzt waren) im Unterrang, auf denen man zwar näher am Spielfeld ist, aber schlechter sieht, zahlt man mehr (!!!!) als für die überdachten Tribünenplätze, von denen die Übersicht deutlich besser ist.

Nun hätte man während der Mittagssonne (ich war eingecremt, aber trotzdem ...) natürlich schauen können, ob es noch unverkaufte Karten auf der Tribüne gab (gab es) und sich auf ebendiese Plätze setzen können, denn außer vor dem Deutschland-Spiel wurde der Zugang zum Oberrang nicht kontrolliert. Da ich aber nicht sicher bin, ob das vertraglich so ganz sauber gewesen wäre, würde ich niemals zugeben, dass ich sowas gemacht hätte, selbst wenn es so gewesen wäre ...

Ich verfolgte also um 11 Uhr zunächst das überlegene 6:0 der belgischen Frauen gegen Italien (die Belgier waren schon da und machten durchaus ein bisschen Stimmung) und ertrug dann - den ganzen Tag über - den furchtbaren (deutschen) Ansageclown, der sich so dermaßen zum Affen machte, dass ich mich wirklich fragte, ob die Organisatoren vorsätzlich möglichst alles falsch machen wollten (der englischsprachige Hauptansager war übrigens wunderbar, der machte ab und zu Witzchen, blieb aber sonst vernünftigerweise sachlich).

Für 13.15 Uhr war das Spiel der niederländischen Frauen gegen Spanien angesagt, und die Niederländer machten noch mehr Stimmung als die Belgier zuvor. Ich hatte eine spanische Familie neben mir, aber die war schnell auch wieder verschwunden, denn die Niederländinnen siegten mit 5:1, und die holländischen Fans (die riefen selbst "Holland", da darf ich auch von Holländern sprechen) ärgerten sich wahnsinnig über das eine Gegentor.

Um 15.30 Uhr - es regnete inzwischen - siegten die niederländischen Männer mit 6:0 gegen Frankreich, und so langsam wurde der Sportpark voll.

Schließlich, um 18 Uhr, stand das Spiel der deutschen Männer gegen Wales an, und das verfolgte ich nun definitiv an meinem offiziellen Platz, denn ich hatte dringenden Durst und ein bisschen Hüngerchen bekommen und wäre sowieso nicht auf den Oberrang der Tribüne gekommen, weil jetzt ja kontrolliert wurde.

Deutschland ging mit 1:0 in Führung, baute diese zum 2:0 aus, die Waliser schossen den Anschlusstreffer, Deutschland stellte die alte Führungshöhe mit dem 3:1 wieder her und kassierte dann doch in der 58. (von 60) Minuten den Ausgleichstreffer. Ganz grandios ...

Okay, vielleicht sollte ich mich auch vom Hockey fernhalten, denn bisher war ich zweimal bei einem deutschen (Männer-)Spiel im Stadion, einmal beim WM-Finale 2010 in Delhi, das 1:2 gegen Australien verloren ging, und eben gestern bei diesem noch nicht wirklich runden Turnierauftakt für die deutschen Männer (die deutschen Frauen hatten am Freitag Abend souverän mit 4:0 gegen Schottland gewonnen).

Grundsätzlich finde ich Hockey aber eben auch ein wunderbares Spiel, bei dem sich der Fußball ganz viel abgucken könnte: den Respekt vor den Schiedsrichtern (das gibt es kein Gemecker und persönliche Strafen werden fast schon vorauseilend befolgt), aber auch die extrem schnelle Spielfortsetzung (wo ein Spieler den nicht einmal zwingend ruhenden Ball einfach weiterführen kann, ohne ihn unbedingt zu einem Mitspieler passen zu müssen), das Challenge-System (der Kapitän kann so lange Schiedsrichter-Entscheidungen anzweifeln, bis er mal danebenliegt, dann ist die Challenge verloren) und auch die Tatsache, dass, wenn ein Spieler nicht den notwendigen Abstand vom Gegner beim Freischlag hat, einfach nicht ins Spiel eingreifen darf bzw. eine Strafe bekommt, wenn er es doch tut ... Damit könnte man diesen ganzen "Vor-den-Ball-Stellen"-Schmarrn beim Fußball ganz schnell in den Griff kriegen. Das sollte sich Arsène Wenger mit seiner technischen Gruppe mal angucken (auch wenn ich die geplante Änderung der Abseitsauslegung ebenfalls sehr vernünftig finde).

Nach dem Deutschland-Spiel leerte sich das Stadion ganz beträchtlich, obwohl das Spiel der irischen gegen die schottischen Frauen ein Flutlichtspiel zu werden versprach, und Fluchtlichtspiele sind halt immer etwas Besonderes, finde ich ... Dementsprechend waren die irischen und schottischen Fanblocks gut zu identifizieren, ich sang bei der schottischen Hymne eifrig mit (wenn ich die seit der beeindruckenden Stimmung im Murrayfield schon auswendig gelernt habe ...) und saß auch unmittelbar hinter den Schotten ... Das alles half aber nix, denn die Schottinnen verloren mit 0:5.

Unmittelbar nach der Schlusssirene verließ ich den Sportpark und marschierte schnellen Schrittes zur nächstgelegenen Busstation mit noch zu erwartendem Verkehr. Ich stand da als Einziger in der Nacht in der Gegend herum, der Bus kam alles andere als pünktlich, aber als er mit einigen Minuten Verspätung ankam, hielt ich sicherheitshalber die Handy-Taschenlampe heraus, weil ich nicht sicher war, ob ich gesehen wurde ...

Wir fuhren eine halbe Stunde zum Hauptbahnhof, ich erwischte problemlos den Zug nach Krefeld und dort sogar noch wider Erwarten die Straßenbahn in Richtung meiner Unterkunft, sodass ich sogar einigermaßen früh im Bett war.

Insgesamt ein sehr schöner Ausflug zum Hockey, ich spielte kurzzeitig mit dem Gedanken, heute spontan nochmal zu gehen, aber da ich auch noch ein bisschen was vom Wochenende in meiner Bude (und im Bett ...) haben kann, habe ich mich dagegen entschieden, werde aber die deutschen Frauen heute wahrscheinlich im Stream gucken.

Achso, eines noch: Es ist sehr irritierend, wenn die Niederländer ständig "lekker" rufen ... Ich denke dann immer, die haben sich an Bitterballen den Mund verbrannt, dabei fanden sie nur den Spielzug gut ...

Hockey

Deutschland - Wales

Fluchtlicht

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