…, meinte der Kollesch aus Kaiserslautern, der mich mal wieder in ein Abenteuer hineinquatschte - umgekehrt würde ich ihn und seine Frau ja nie in irgendwelche gefährlichen Aktionen manövrieren, wie zum Beispiel mit einem undichten Kanu über den Amazonas zu setzen oder im Dunkeln über südafrikanische Straßen zu flieg..., ähm, fahren ...
Und so machte ich am Sonntag auf dem Heimweg aus Wuppertal noch Zwischenstation in Bielefeld, das - wie dunkle Materie halt - nicht beweisbar ist, aber aufgrund des Einflusses, den das Objekt auf andere Objekte ausübt, eben da sein muss. Der Besuch war ein kurzer, aber ich muss sagen, dass mir Bielefeld gar nicht so schlecht gefallen hat - es spielt nicht in einer Liga mit Istanbul und Tel Aviv, auch nicht mit Berlin und Rio de Janeiro, aber ganz so hässlich muss eine Stadt, in deren Fußballverein Ernst Middendorp Trainer war, also doch nicht sein ...
So richtig vernünftig war es ja nicht, was ich am Freitag, Samstag und Sonntag machte, nachdem ich mir meine Bahncard 100 gekauft hatte, aber halb wollte ich mal raus, halb schmiss meine Mutter mich - aus meiner eigenen Bude - raus, aber das lag daran, dass die Koffer mit meinen Klamotten, die wir unvorsichtigerweise über Hermes versandt hatten, nicht ankamen, weil - kein Witz! - der Hermes-Paketbote den Hermes-Paketshop, an den wir die Koffer geschickt hatten, nicht fand. So ein Saftladen, unglaublich ...
Während ich, weil ich dem Verein nicht traute, am Freitag noch über Amazon (die Lieferungen klappten übrigens vorzüglich) Notfallklamotten kaufte, war meine Mutter insgesamt nicht so glücklich, und da störte ich nur. Da ich mir sowieso eine Bahncard 100 kaufen wollte, fuhr ich also - letztmals mit einer Einzelfahrkarte - zum Hauptbahnhof hier in Hannover und marschierte ins Reisezentrum.
Ich hatte mich - endlich - entschieden, eine Probe-Bahncard für drei Monate zu kaufen, diesen Wunsch äußerte ich, und glücklicherweise wusste die Mitarbeiterin dort, was sie zu tun hatte. Beinahe jedenfalls, denn ich war offenbar der Erste, der das Ding haben wollte, aber kein eigenes Passbild dabei hatte. Jetzt hatte die Bahn online vollmundig verkündet, dass in diesem Fall die Mitarbeiter ein Foto aufnehmen würden, also stellte die Mitarbeiterin mich an die Wand und machte mit ihrem Bahn-Tablet ein Foto von mir - mit heruntergezogener Maske meinerseits. Das wird ein Bild für die Götter, aber zum Glück nur für drei Monate - das nächste Mal bringe ich ein Passbild mit ...
Nun hatte ich das Ding also und stieg in den nächstbesten Zug. Naja, nein, ich hatte mir als Ziel Norddeich herausgesucht, im äußersten Nordwesten von Niedersachsen am Meer. Ans Meer wollte ich nämlich auf alle Fälle, und der IC fuhr von Hannover nach Norddeich durch … Ich tuckerte also ein paar Stunden über Bremen und Oldenburg und Leer und Emden nach Norddeich, der Zug war leer, das Ansteckungsrisiko gering, und stieg in Norddeich aus.
Ich ging ein paar Schritte - und war glücklich. Das Meer! Es windete, wie es sich für einen Ort am Meer gehört, ganz schön … Ich lief über den Deich drüber und war an der Strandpromenade - herrlich! Das Wetter machte einigermaßen mit, es war zwar bewölkt, aber es gab auch Flecken blauen Himmels, und je weiter ich kam, umso besser wurde es.
Ich ging am Strand vorbei, der in dieser Jahreszeit zum Hundestrand umfunktioniert wurde, bestieg den Deich, ging hinunter an den Strand (herrrrrrrrlich!), ging wieder auf den Deich und schaute, ob ich im Örtchen ein Fischbrötchen kriegte. Kriegte ich, weil der einzige offene Stand am Ort pünktlich am Freitag wieder aufgemacht hatte. Weil es der erste Tag war, bekam ich kein Aalbrötchen, aber dafür ein Backfisch- und ein (teures) Krabbenbrötchen - danach lief ich wieder zum Deich und setzte mich unter den aufmerksamen Augen der allerdings vergeblich auf Gelegenheiten zum Diebstahl wartenden Möwen auf eine Bank, um meine Brötchen zu verspeisen. Hatte ich schon erwähnt, dass es herrlich war?
Unterwegs war mein Handy ausgefallen, sodass ich nicht wusste, wie spät es war - und prompt verpasste ich meinen Zug zurück um wenige Minuten. Das war nicht so schlimm, weil eine Stunde später ein Regionalexpress fuhr, und die Zeit vertrödelte ich, indem ich mich am Fährhafen nach Norderney herumdrückte. Da werde ich diesen Sommer auch nochmal hinfahren, denn der Tagesausflug kostet 20 Euro und die Fahrt nach Norddeich kostet mich nüscht ...
Ich beobachtete die einfahrende Fähre und die mehr oder wenige junge Dorfjunge, die mit Skateboards und Mopeds an der Hafenpromenade herumfuhr, ehe ich mich zum Zug bequemte und die vierstündige Heimfahrt nach Hannover antrat - ein sehr schöner Tagesausflug war das ...
Nun hatte ich aber Blut geleckt und wollte am Samstag auch wohin - allerdings bestand noch die Möglichkeit, dass der Hermes-Mensch (ich hatte dort angerufen und denen die Hölle heißgemacht, meiner Mutter war ich aber immer noch viel zu lieb …) die Koffer am Samstag anliefern würde. Also machte ich erstmal nur einen kurzen Spaziergang um den Großen Ricklinger Teich, denn in Ricklingen wohne ich seit Donnerstag.
Das Wetter war bewölkt und die Bäume kahl, aber trotzdem ist diese Teichlandschaft hier im Süden Hannovers sehr ansehnlich, und ich bin sehr sicher, dass das hier im Sommer richtig, richtig schön sein wird ...
Ich kam nach Hause, die Koffer kamen nicht, und um 12 Uhr machte ich mich auf den Weg zu Bahnhof, denn ich war seit Jahren nicht mehr in Berlin gewesen.
Mein erster Versuch, vielleicht im Bordbistro eines ICE ein offenes Bier abzustauben, war aufgrund des Ausfalls des ICE Bremen-Hannover am Vortag ins Wasser gefallen, jetzt saß ich im ICE, bekam aber trotzdem kein offenes Bier, weil die Bahn im Moment keinen Alkohol im Bordbistro verkauft. Menno!
Die 99 Minuten Fahrt ließen sich aber auch so gut überleben, und die Einfahrt nach Berlin mit Blicken auf die Siegessäule und den Fernsehturm ist einfach toll … Ebenso toll war die Currywurst, die ich mir gleich im Bahnhof kaufte. Danach lief ich meine "übliche" Berliner Runde am Kanzleramt und am Bundestag vorbei zum Brandenburger Tor, von dort zur US-Botschaft und dem Holocaust-Mahnmal, um am Ende am Potsdamer Platz anzukommen.
Dort stieg ich - nach kurzem Besuch bei der südsudanesischen Botschaft - in den Bus und fuhr in die Nähe des Berliner Schlosses. Joa, ganz hübsch mit seiner nachgebauten Fassade. Am Roten Rathaus und an "Mutter Hoppe" vorbei ging es zum Fernsehturm, aber dann zeitnah mit der Linie 100 zum Bahnhof Zoo, denn ich wollte zum Ehrenmal der Bundeswehr am Bendlerblock - und am Bahnhof Zoo wollte ich wohl umsteigen.
Dabei kam ich nicht nur an der CDU-Zentrale, sondern auch an diversen Botschaften vorbei, und als ich endlich den gewünschten Verbindungsbus gefunden hatte, stieg ich direkt vor der indischen Botschaft aus. Es ging an etlichen anderen Botschaften vorbei zum Ehrenmal, das sehr schlicht ist und damit wahrscheinlich seinen Zweck genau erfüllt.
Nun hatte ich noch ein bisschen Zeit und stellte fest, dass ich gefühlt noch nie in Kreuzberg war, also wollte ich zum Kottbusser Tor. Die Bahn-App zeigte mir die falsche Haltestelle für den Bus an, sodass ich - nach Lichthupe des Fahrers, dass er auf mich warten würde - auf die andere Seite der Spree sprintete und in den Bus hechtete. Am Moritzplatz stieg ich in die U-Bahn um, und als ich am Kottbusser Tor rauskam, wurde ich prompt von einem Drogendealer angezischt, ob ich was haben wollte ... Nein, danke.
Da am Kottbusser Tor merkt man wirklich, dass Berlin eine Weltmetropole ist, denn das hat mit dem ländlichen Deutschland wirklich nichts mehr zu tun, das könnte genauso gut auch in Istanbul sein. Hochspannend! Weniger hochspannend sollte aber das Erreichen meines Zuges sein, sodass ich mich entschied, jetzt keine Sperenzchen mehr zu machen und sofort zum Ostbahnhof zu fahren.
Dort stieg ich in den ICE nach Hannover hin, es ging über den Hauptbahnhof und Spandau, aber auf einmal standen wir in Rathenow in der brandenburgischen Pampa. Es stellte sich heraus, dass die Baustellenplaner nicht mit dem Fahrplaner gesprochen hatten, sodass da urplötzlich eine Baustelle auftauchte, mit der nun wirklich kein Mensch rechnen konnte ...
Wir standen eine gute Stunde, dann ging es weiter, und so habe ich wenigstens schonmal zehn Euro wieder gut, denn für die Verspätung von mehr als einer Stunde bekomme ich selbst mit der Bahncard 100 eine Entschädigung in ebendieser Höhe …
Am Sonntag dann ging es schließlich nach einigem Hin und Her (auch Magdeburg und Schwerin waren in der Verlosung) nach Wuppertal, denn ich wollte endlich mal Schwebebahn fahren. Mit dem IC ging es - über Bielefeld natürlich - auf direktem Weg nach Wuppertal, und nach ein bisschen Suche fand ich auch die Schwebebahnhaltestelle ...
Es lief gerade eine Fahrkartenkontrolle, und als die gute Frau zu mir kam, zeigte ich ihr meine vorläufige Bahncard 100. Sie stutzte und meinte, dass die gar nicht gültig sei. Bitte, was? Nachdem ich mich vom ersten Schreck erholt hatte, sagte ich ihr, dass da doch ein City-Ticket enthalten sei, und als ich ihr den Zusatz "+City" auf dem Ding zeigte, erkannte sie ihren Bock und bat um Entschuldigung … Das hat mich aber Wochen meines Lebens gekostet, junge Frau!
Das Heck der Schwebebahn wurde frei, und so konnte ich mich dorthin setzen … Technisch ist das Ding, glaube ich, keine unfassbar fantastomanische Wunderleistung, aber es ist einfach sehr, sehr cool, da über der Wupper entlangzufahren (und am Ende der einen Trasse ein Stück oberhalb einer Straße) und zu merken, wie sich das Ding in die Kurve legt. Wirklich, wirklich empfehlenswert!
Am einen Ende der Bahn kam ich ein bisschen zu spät, denn ein Hobbyfotograf hatte sich schon den Heckplatz gesichert, aber ich saß trotzdem noch mit den Augen zum Heck und konnte - mit ein bisschen Abstand von der Scheibe - das Geschehen verfolgen.
Ein Motorrad fuhr schnell hinter uns her, und ich ertappte mich dabei, dass ich dachte, der solle ein bisschen Abstand halten, sonst führe er noch auf uns drauf. Tat er aber nicht, sondern fuhr seelenruhig unter uns hindurch ...
Der Hobbyfotograf kam mir auch bei der Rückfahrt in die Quere, sodass ich die Bahn mit ihm fahren ließ, doch bei der Bahn darauf wollte ein Kind mit seinen Eltern da hinten hin, also ließ ich denen halt den Vortritt, liebenswürdig wie ich nun einmal bin - höhö ...
Am Hauptbahnhof stieg ich wieder aus und fuhr mit der Regionalbahn in Richtung Hamm, stieg dort um in den ICE nach Bielefeld, stieg in Bielefeld aus und fuhr mit der sehr modernen Stadtbahn in Richtung Altstadt ...
Da gibt es einige sehr schön Hausfassaden, es gab lange Schlangen bei Frozen-Yogurt-Verkaufsständen, einen Skulpturenpark, aber nach einer guten Stunde Stadtspaziergang war es jetzt für den Tag, sodass ich den nächsten ICE nahm und zurück nach Hannover fuhr.
Joa, die Fahrt hierher nach Hannover am Donnerstag enthielt einen Zwischenstopp in Wiesbaden zum Abgeben meiner Arbeitsutensilien, und daraus entwickelte sich eine kleine, gediegene Abschiedsveranstaltung auf der Dachterrasse.
Hier in meiner Bude in Hannover fühle ich mich jetzt aber richtig wohl, ich bin sehr gespannt auf die Arbeit und auch auf diese Stadt, gerade wenn - hoffentlich - im Sommer hier auch wieder ein bisschen was aufmacht.
Mal sehen, wohin ich am Wochenende fahre - man könnte ja auch mal wieder wandern gehen, es gibt hier ja eine schöne Strecke entlang der Leine ...
Ich werde berichten.
Norddeich |
Blick vom Deich auf den Strand |
Am Strand - herrlich! |
Großer Ricklinger Teich bei bewölktem Himmel |
Reichstagsgebäude |
Brandenburger Tor |
Holocaust-Mahnmal |
Die erste von vielen Botschaften am Samstag |
Rotes Rathaus |
Fernsehturm |
Schloss Bellevue aus dem Bus |
Gedächtniskirche |
Schwebebahn über Straße |
Schwebebahn über Wupper (keine Montage!) |
Bielefeld |
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