Erst einmal aber schlief ich ... naja, zwar nicht aus, aber dafür, dass ich den Wecker auf 7 Uhr oder so gestellt hatte, stand ich erst um 9 Uhr auf, weil ich den Wecker x-mal weiter stellte. Das war ja in Deutschland erst 1 bzw. 3 Uhr, sodass mein Körper sich weigerte, sich früher aus dem Bette zu erheben.
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Ich duschte, zog mich an und ging frühstücken. Die Bedienungen unten mussten sich auch erst einmal auskäsen, wer mich nach "Coffee or tea" fragen durfte, während ich schon am kleinen, aber feinen Buffet stand. Ich aß Spiegelei mit Wurst (es gab sogar Weißwurst!), ein bisschen Gemüse, ganz akzeptables Brot und Sandwiches. Dazu trank ich neben dem Tee Orangensaft, das war alles ganz in Ordnung.
Danach brach ich auf und lief zunächst in Richtung Westen. Ich überquerte eine größere Straße und landete dann auf dem Weg zum Gandan-Klosterkomplex in einer Wohngegend, in der die Straßen schon nicht mehr asphaltiert waren. Trotzdem sorgte ich für kein besonderes Aufsehen, die Menschen wussten wohl, wo ich hinwollte. Kurz vor dem Klosterkomplex kaufte ich mir in einem kleinen Laden noch etwas zu trinken, dann betrat ich - durch ein Seitentor, ich weiß gar nicht, ob ich da als Tourist offiziell durchdurfte, aber das kann ich ja nicht ahnen! - diesen kleinen Stadtteil.
Ich lief ein bisschen verloren in der Gegend herum, durch eine kleinere Klosteranlage, auf der ich auf dem Rückweg viele Mönche sah, verließ diese Anlage wieder und nahm Kurs auf das Gebäude, das in der englischen Wikivoyage ausgestellt war und dort - ich transkribiere jetzt auf Deutsch - Megdschid-Dschanraisig-Tempel heißt.
Ich ließ erstmal zwei Franzosen den Vortritt, um zu gucken, ob die hochkant wieder rausgeflogen kommen, das war aber nicht der Fall, sodass ich ihnen nacheiferte. Ein Mönch wollte meine Eintrittskarte sehen, die ich nicht hatte (Seiteneingang und so), also drückte ich ihm meine 4.000 Tögrög (etwas über einen Euro) ab. "Photo", also die Fotografiererlaubnis für weitere 7.000 Tögrög (etwas über zwei Euro), wollte ich zunächst nicht.
Ich trat also ein, und war völlig beeindruckt, da steht ein 10 bis 15 Meter hoher Buddha in diesem doch relativ unscheinbaren Tempelchen, davor ein Altar, daneben eine Begtse-Figur, wobei Begtse ein wohl aus dem mongolischen Mythologie stammender Beschützer von Buddha und des Buddhismus ist. Dazu gab es diese Gebetsmühlen, in rauen Mengen. Ich war so begeistert, dass ich den Mönch noch einmal aufsuchte und meine Fotografiererlaubnis erwarb - ich glaube, das wäre im strengen Sinn nicht notwendig gewesen, aber wegen zwei Euro, die sicherlich zur Förderung des Klosters eingesetzt werden (hust!), mache ich mir keinen Kopf.
Ich fotografierte nun also eifrig die Statuen und Gebetsmühlen und den Tempel insgesamt, verließ selbigen wieder und setzte mich vor lauter Glückseligkeit erst einmal auf eine Bank.
Nach einem kurzen (fotografischen) Trip durch den zuerst erkundeten Komplex und eben kurzen Blick zur großen Halle (die ich architektonisch aber jetzt nicht so spannend fand) verließ ich - immer noch ohne offizielle Eintrittskarte - den Gesamtkomplex auch wieder.
Plötzlich war ich wieder mitten im (lauten) Stadtgeschehen von Ulan Bator und ich stellte erst dort richtig fest, wie ruhig es im Tempelkomplex gewesen war.
Nun marschierte ich - ich wich einer Horde Tauben aus - an der Straßenseite in Richtung Eisenbahnbrücke, an einigen Stellen war der Gehweg von den Regenfällen der letzten Tage überflutet, sodass man Umwege und zum Teil über Backsteininseln laufen musste, aber so richtig nasse Füße habe ich nicht bekommen. Ich überquerte die Eisenbahnbrücke (hier verläuft unter anderem die transmongolische Eisenbahn), nachdem ich über Stock und Stein gewandert war, überquerte kurz darauf ein kleines Flüsschen und lief dann nach einem Linksschwenk an einer der größeren Promenaden Ulan Bators entlang.
Unterwegs kaufte ich - mit Kreditkarte - für 40 Cent eine Flasche Wasser (Freunde, ich kann für 40 Cent in der Mongolei - in der Mongolei! - eine Flasche Wasser mit Kreditkarte bezahlen, und ihr wollt mir erzählen, dass das in Deutschland ein Problem ist? Ernsthaft?!) und kam durch einen schönen Park in Richtung des Winterpalastes der Bogd Khan.
Zunächst dachte ich, dass geschlossen ist, aber ich lief um das Ding herum und fand den Eingang, musste 8.000 Tögrög (2,50 Euro) für den Eintritt ausgeben, sparte mir die Innenraum-Fotografiererlaubnis für 25.000 (!) Tögrög (ca. 8 Euro) und ging erst einmal in den Wintertempel hinein.
Die Ausstellung dort mit Gewändern, der Kutsche der Herrscher über die Mongolei Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts, dessen Sammlung exotischer ausgestopfter Tiere und historischer Karten (um nur einige zu nennen) fand ich durchaus interessant, aber jetzt nicht atemberaubend.
Allerdings wanderte ich danach noch ein wenig über die Außenanlage herum (dort durfte ich fotografieren), ging in diverse Tempel mit sehr spannenden Ausstellungsstücken (etwa den Seidenstickerbuddhas) und machte etliche Fotos vom Tor zum Palast.
Irgendwie war es jetzt auch schon 14 Uhr, ich wanderte wieder zurück in Richtung Stadt, die Gaststätten unterwegs gefielen mir nicht so richtig, also lief ich in Richtung des dritten Ziels des heutigen Tages, dem Tschoidschin-Lama-Tempel-Museum.
Dabei überquerte ich wieder die Eisenbahnschienen, und es fiel mir auf, dass ganz viele Graffiti an den Brücken auf Englisch oder jedenfalls in lateinischen Buchstaben geschrieben sind. Überhaupt ist hier vieles auf Englisch angeschrieben, selbst die offiziellen Gebäude haben unter der mongolischen Bezeichnung praktisch immer eine englische Übersetzung stehen. Wer hier etwas auf sich hält, bezeichnet seinen Laden (zumindest auch) auf Englisch. Würde mich nicht wundern, wenn die Mongolen bald auf die lateinische Schrift umstellen würden ...
Ich überquerte todesmutig eine der Hauptstraßen und kam durch Gassen zum Tempelmuseum. Wieder dachte ich, dass geschlossen sei, wieder wurde ich eines Besseren belehrt. Wieder drückte ich 8.000 Tögrög Eintritt ab, wieder betrat ich die Anlage und war beeindruckt.
Der Haupttempel war zunächst geschlossen, sodass ich erst einen Nebentempel erkundete. Dort sprach mich die junge Aufseherin an, wieso mir in meinem Kurzarmhemd nicht kalt sei - dabei dachte ich, die Mongolen seien härtere Temperaturen als diese sommerlichen elf Grad gewöhnt. Ich musste grinsen, erläuterte ihr, dass ich schon ein paar Kilometer durch die Stadt gewandert sei, aber so richtig glauben konnte sie mir das nicht.
Nichtsdestotrotz funkte sie die Hauptaufseherin an, auf dass sie den Haupttempel aufschlösse. Wow, da durfte ich wieder nicht fotografieren ohne Fotografiererlaubnis, aber das war schon auch beeindruckend, mit den vielen (Pappmaschee)-Figuren vom Herrn des Todes (und seiner Gemahlin), auch Begtse durfte nicht fehlen, das war schon schick, auch wenn ich vom Buddhismus natürlich nicht die Riesenahnung habe.
Ein weiterer Tempel mit Werken des "Michelangelo der Mongolei" namens Dsanabadsar wurde besichtigt (meine erste Aufseherin sagte noch sehr charmant zu mir, dass sie mit der für diesen Tempel zuständigen Aufseherin eben über mich und mein Kurzarmhemd gesprochen hätte ...), und das kann ich alles gar nicht beschreiben, das muss man sich selbst angucken, wozu ich Ulan Bator wärmstens empfehlen kann!
Jetzt war aber Feierabend, und praktischerweise befand sich in unmittelbar Nähe des Tempelmuseums ein nach dem Tempelmuseum benanntes Restaurant. Ich war der einzige Nichtmongole in diesem preislich gehobeneren Etablissement (am Ende zahlte ich keine 40 Euro!) und wollte mal schauen, wie die hier ein Lammsteak zubereiten.
Es war nicht ganz so lecker wie bei meiner Ersatzoma, aber fast - und vor allem böckelte das praktisch gar nicht. Ich war kurz davor, mit dem Ober Streit anzufangen, weil er mir Rind statt Lamm präsentiert hätte, aber an ein, zwei Stücken merkte ich doch ganz leichtes Lammaroma, sodass ich doch glaubte, dass das das Bestellte war. Dazu wurde Bier (diesmal Chinggis-Pils) und zwischenzeitlich ein mongolischer Wodka (50 ml für zwei Euro) verdrückt, am Ende gab's noch einen Lava Cake, dann war aber endgültig Schickt im Schacht und ich wanderte nach Hause.
Jetzt habe ich mich ein bisschen von den Strapazen erholt, und ich wollte mir eigentlich noch kurz eine Karaoke-Bar hier angucken, aber morgen werde ich wahrscheinlich schon um 9 Uhr abgeholt, sodass ich das jetzt sein lasse und auf Freitag verschiebe, wenn ich vom Trip zurückkomme.
Morgen geht es also auf große Tour durch die Zentralmongolei, ich bin sehr gespannt. Bis Freitag Nachmittag (deutscher Zeit) bin ich unterwegs, sodass bis dahin ein Blackout herrschen dürfte (wobei ich nach den Erfahrungen der letzten beiden Tage nicht völlig überrascht wäre, wenn es in den Ger-Camps auch WLAN und Strom gäbe ...), aber spätestens Freitag Abend werde ich wieder berichten. Bis dahin: over and out.
Die Fotos von heute sind ein bisschen durcheinander gewürfelt ...
Begtse |
Kleine Buddhastatue |
Altar (und Buddhafüße) |
Regale kleiner Buddhastatuen |
Gebetsmühlen |
Gandan-Kloster |
Kleineres Kloster im Gandan-Komplex |
Kleineres Kloster |
Zugangstor zum Gandan-Kloster-Komplex |
So sieht Ulan Bator halt auch aus |
Großer Buddha im Gandan-Komplex |
Bogd-Khan-Palast-Gelände |
Schildmauer im Bogd-Khan-Palast |
Bogd-Khan-Palast-Gelände (Tor) |
Skulptur in der Nähe des Palastgebäudes |
Transmongolische Eisenbahn(schienen) |
Tschoidschin-Lama-Kloster |
Bogd-Khan-Winterpalast |
Tschoidschin-Lama-Tempel |
Lammsteak zum Abendessen |
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