Meine Länder

Meine Länder
Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Montag, 14. Februar 2022

Von der Fähre gefallen, aber nicht nass geworden

... ist Uli, aber ich bin nicht sicher, ob das Nicht-Nasswerden eine gute Nachricht war, denn leider stürzte sie beim Verlassen der Fähre in Karaköy und schlug sich ziemlich heftig die Lippe auf. Ich hatte gerade geschaut, dass sie in dem Gedränge gut von Bord gekommen war, und mich wieder umgedreht, als etliche Menschen entsetzt hinter mich schauten - da drehte ich mich dann auch wieder um und beobachtete, wie viele hilfsbereite Passagiere ihr beim Aufstehen halfen. Auch das Fährpersonal tat sein Mögliches, selbst wenn der Notfallkoffer nicht so ganz taufrisch aussah und die Leutchen auch mit bloßen Fingern an den Mullbinden herumhantierten, aber die Menge Jod, die sie da drauf träufelten, zerlegte jeden Infektionsherd in drei Kilometern Umkreis. Wir liefen die nächste Apotheke an, bekamen dort die Adresse des Österreichischen Krankenhauses und marschierten dorthin.

Der Arzt dort zog sich wenigstens Handschuhe an, säuberte die Wunde weiter und kam am Ende zum Schluss, dass Nähen nicht notwendig sei. Eine Krankenschwester wurde noch zu Rate gezogen, die - das sah sehr nach Augenhöhe aus, wie die beiden da miteinander sprachen - mit dem Arzt diskutierte, aber am Ende blieb es dabei, dass Uli die Wunde erst einmal heilen lässt und dann weitersieht.

Die Behandlung kostete umgerechnet 22 Euro, und die verschriebene Salbe 1,50 Euro (!), für solche Kleinbeträge muss man die Auslandskrankenversicherung dann glücklicherweise nicht wirklich behelligen. Alles in allem sah das am Ende wohl schlimmer aus als es jetzt mit zwei Tagen Abstand erscheint, aber das Adrenalin fuhr mir schon in die Blutbahn, da will ich gar nicht wissen, wie es bei Uli aussah ...

--

Der Samstag hatte wunderbar angefangen, jedenfalls für mich, während Uli kaum geschlafen hatte, weil irgendwo im Hotel anscheinend jemand so laut geschnarcht hatte. Wenn ich den Bösewicht in die Hände kriege, na warte!

Das Frühstück im Hotel war völlig in Ordnung, nicht übertrieben fantastomanisch, aber wir wurden gut satt. Wir verließen das Hotel und fuhren - latürnich! - erstmal mit der Fähre nach Europa (wir kamen an einer Apotheke vorbei, in der wir dann auf dem Heimweg Ohropax holten ...). Dort stiegen wir in die Straßenbahn ein und fuhren hoch nach Sultanahmet.

Der erste Stopp war die Hagia Sophia, und ich werde jetzt nicht zum 138. Mal von der Hagia Sophia schwärmen: Das muss man sich einfach selbst anschauen, das ist so schön, so beeindruckend, und ganz besonders das Farbenspiel von der Morgensonne im Innern der Hagia Sophia war sehr, sehr schön ...

Ich bedauere immer noch, dass man nicht mehr auf die Empore kommt, denn die Mosaike da oben sind natürlich etwas ganz Besonderes, aber dafür zahlt man halt keinen Eintritt in dieses Gebäude, das inzwischen wieder Moschee ist.

Aus der Hagia Sophie ging es in Richtung Blaue Moschee, in der die Schlange sehr viel länger war, aber das lag daran, dass der Eingang ziemlich verengt war: Die Blaue Moschee wird renoviert, und es gibt nur einen schmalen Eingang, und mit Schuheausziehen (und später -anziehen) geht das alles nicht so schnell voran. Nach endlicher Zeit aber kamen wir auch rein, und ich war einerseits etwas traurig, andererseits ein bisschen glücklich. Häh? Was redet der wieder?

Ich hatte ja im September mit meinem Ü70-Rudel den Zeitplan vermasselt, sodass wir nicht die Blaue Moschee hineinkamen. Jetzt sah ich, dass wir in der Blauen Moschee - selbst wenn wir reingekommen wären - nicht die ganze Pracht gesehen hätten, weil die Kuppel restauriert wurde und wird. Durch das Gerüst fehlt das luftige Gefühl, das ich in der Blauen Moschee so großartig finde, praktisch komplett, und von der Kuppel sieht man halt nicht wirklich viel, sodass die Damen im September selbst dann nicht viel mehr gesehen hätten, wenn sie einen kompetenteren Reiseführer gehabt hätten ...

Dementsprechend schnell waren wir wieder aus der Blauen Moschee herausspaziert. Es war 11 Uhr, und jeder Istanbul-mit-Rudel-Leser wird sich erinnern, was um 11 Uhr zu passieren hat: Frühschoppen! Dieses Ritual befolgten Uli und ich natürlich, und zwar stilecht bei Omar. Der Chef erkannte mich ebenfalls wieder und fragte, wo die anderen Damen seien; auch diesmal wollte er uns zu seinem Kumpel zum Gewürzekaufen schicken, auch diesmal tranken wir nur unser Bierchen ...

Wir liefen die eine Station nach Çemberlitaş und von dort in den Großen Basar hinein. Wir hielten uns eher links, denn ich wollte natürlich auch Uli den Blick vom Hof der Süleymaniye-Moschee zeigen. Das waren Ecken im Großen Basar, an denen ich auch noch nie war, die Händler waren wieder ein bisschen zurückhaltender, aber so richtig in Kauflaune waren wir nicht ...

Wir spazierten also weiter zur Süleymaniye-Moschee, genossen den Blick von dort oben auf Goldenes Horn und Bosporus, und liefen die steilen Treppen hinunter in Richtung Gewürzbasar.

Den Stand von meinem Schwäbisch Gmünder Spezi fand ich leider nicht mehr (auch weil der Istanbuler Schwabe definitiv nicht da war), aber wir landeten schlussendlich in einem Stand, der entweder der richtige war oder diesem zum Verwechseln ähnlich sah ... Dort machten wir einen mittelprächtigen Großeinkauf und hatten eine große und schwere Tasche dabei, die wir erst einmal ins Hotel bringen wollten.

Unterwegs verlief ich mich kurzfristig, nordete mich aber zügig wieder ein und führte Uli zum gestern schon geplanten Imbiss auf der Galatabrücke. Dort erwarben wir für je zwei Euro einen leckeren Fischdöner, den wir mit Blick auf Goldenes Horn und Bosporus verspeisten, denn die Fähre nach Kadiköy hatten wir - natürlich - schon wieder verpasst.

Die nächste Fähre aber war unsere, wir brachten die Gewürze und sonstigen Einkäufe ins Hotel, machten uns aber zügig wieder auf in Richtung Fährhafen, wobei wir auf der Dachterrasse dort einen Tee (oder Kaffee) trinken wollten. Dieses Etablissement ist gefühlt das einzige in Istanbul, in dem man diesen komischen HES-Code benötigt, und den hatte ich - schlau, wie ich bin - ausgedruckt im Hotelzimmer, wo er gut lag ...

Nun denn, sei's drum, wir entschieden uns, einen Tee in Europa zu trinken, und fuhren wieder Fähre ...

Beim Aussteigen in Karaköy passierte dann das Malheur, und zwei Stunden später verließen wir die Apotheke und liefen wieder hinunter nach Karaköy, nur um mit der Tünel-Bahn hoch auf die Istiklal zu fahren. Wir fielen in die Bar ein, in der ich mit meinen (Ex-)Kollegen vor zwei Jahren am Ankunftsabend versackt war, und auch wenn der Wirt ein bisschen unmotiviert erschien, sorgten wir dafür, dass ausreichend desinfizierender Alkohol beim Weg in Ulis Mund an der Wunde vorbeikam. Alkohol in Gin-Form, übrigens ...

Nachdem das erledigt war und es jetzt dann auch dunkel wurde, fuhren wir mit dem Tünel wieder nach Karaköy, stiegen in die Straßenbahn, fuhren noch einmal nach Sultanahmet, um uns Hagia Sophia und Blaue Moschee noch einmal im Dunkeln anzuschauen (auch sehr, sehr schön!), aber plötzlich war es dann auch schon wieder 20.30 Uhr, sodass wir schauten, dass wir wieder zum Hamsi kommen ...

Wir hatten beide Hunger auf Fleisch, was mich nicht davon abhielt, zur Vorspeise noch ein bisschen Fisch zu essen, aber als Hauptspeise gab es dann Hähnchenspieß für Uli und Mixed Grill für mich. Selbst das Lamm war in Ordnung, und wir waren satt. Der dazugehörige Raki (Bier wollten wir nicht mehr trinken) wurde auch verzehrt, aber wir kamen ohne weitere Unfälle gut im Hotel an ...

--

Der Wecker gestern klingelte zur Unzeit, nämlich um 6 Uhr (also 4 Uhr deutscher Zeit, grässlich), wir kamen nicht ganz pünktlich weg, ich fand den Bus zum Flughafen nicht auf Anhieb, und am Flughafen war eine lange, ziemlich unkoordiniert erscheinende Schlange zur - ich werde nicht müde, das zu betonen - unsäglich dummen Einlasssicherheitskontrolle. Wäre ich ein böser Mensch, würde ich mir prompt diese Schlange aussuchen, um Schabernack zu treiben, aber auf mich hört ja keiner ...

Ein bisschen mulmig wurde mir, weil die Schlange sich inkonsistent fortbewegte und wir nur noch zwei Stunden bis zum Abflug hatten, aber irgendwann ging es dann doch schneller, wir kamen ins Gebäude, konnten einigermaßen zügig ausreisen, die (richtige) Sicherheitskontrolle ging dann schnell, sodass wir noch mit massig Zeit zum - völlig überfüllten - Bereich unseres Gates kamen.

Wir kamen im Bereich eines Imbisses zum Sitzen, ich kaufte mir ein Frühstück, damit wir das Recht erwarben, dort zu sitzen, aber diese Menschenmassen ist man einfach nicht mehr gewohnt. Und besonders lustig sind die Durchsagen, man möge - in diesem Gewusel! - 1,5 Meter Sicherheitsabstand halten ... "Wie denn?", fragt man sich, "wie denn?" 

Wir boardeten, und da ich Ulis Tasche auf meinem Koffer hatte, bekam ich nicht etwa eine Motzerei zu hören, dass ich zwei Handgepäckstücke hätte, sondern vielmehr das Angebot, die Sachen im Frachtraum zu verstauen. Da ich aber meinen Rechner auch im Koffer hatte und jetzt nicht umräumen wollte, lehnte ich das Angebot ab, was auch ohne Umstände akzeptiert wurde, und der Bus zum Flugzeug nahm uns mit ...

Wir kamen halbwegs pünktlich weg und waren eine Viertelstunde vorfristig in Stuttgart, an der Passkontrolle wurden wir auf Impfpass und Einreiseanmeldung kontrolliert (gut so!), und dann ging es ohne unnötige Verzögerung nach Bonndorf und in den Kranz.

Joa, da saßen wir dann eine Weile, hörten auf dem Heimweg noch Sirenengesänge aus dem Schnitzer, denen wir uns - anders als Odysseus - nicht widersetzen konnten, und breiten den Mantel des Schweigens über den (wunderbaren) Nachmittag.

--

Sehr schön war es, trotz Unfall, aber zu kurz. Istanbul geht immer, gar keine Frage und egal, wie lang, aber wir hatten am Ende nur den Freitag Abend und einen vollen Tag, das war gerade genug, um ein paar der Hauptsehenswürdigkeiten anzukratzen. Ein, zwei Tage mehr sollten es schon sein, aber Flug und Hotel waren so bezahlbar, dass man das einfach jetzt so machen musste ...

Oh Istanbul, du schöne Stadt, du schöne Stadt am Meer,
ich mag dich so, manch einer sagt, ich liebte dich so sehr.
Oh Istanbul, du schöne Stadt, mein Herz, das wurd' so schwer,
weil ich schon wieder fahren musst', ich komm bald wieder her ...

Blick vom Hof der Süleymaniye

Erste Brücke bei Nacht

Hagia Sophia

Auf der Fähre

Hagia Sophia

Galataturm

Hagia Sophia bei Nacht

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen