Meine Länder

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Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Samstag, 31. Oktober 2020

Eine Fehlentscheidung

 ... habe ich heute getroffen, als ich von meinem Plan B abgerückt und zum Plan A zurückgewechselt bin. Es war abgesprochen, dass ich heute jemanden am Bahnhof in Rötenbach abhole, und da hatte es sich angeboten, dass ich heute den ersten Teil der Wanderung zu den Triberger Wasserfällen machen könnte; da der Bekannte sich aber verspätete, ging ich wieder zu Plan A zurück, und der lautete, von Waldshut am Rheinufer entlang bis ungefähr nach Laufenburg zu wandern (vor allem, weil ich nur noch heute über das Kraftwerkswehr in Laufenburg zurück nach Deutschland kommen konnte).

Das Wetter hier oben im Schwarzwald und noch auf der Fahrt bis Höchenschwand war grandios (und ist es noch), aber unten im Rheintal war Nebel, der sich ganz gegen Ende der Wanderung ein bisschen auflöste, aber so richtig toll war das alles nicht, vor allem, wenn ich bedenke, was ich auf dem Weg in Richtung Triberg heute so im Wald gesehen hätte.

Naja, sei's drum, war jetzt halt so, zumindest habe ich auf diese Weise heute acht neue Gemeinden abgestaubt, vier im Landkreis Waldshut und vier im Kanton Aargau in der Schweiz. Und soooo hässlich ist selbst der neblige Rhein nicht ...

Ich war früh wach, meine Mutter sowieso, und so ging es schon zu (für einen Samstag) früher Stunde in Richtung Laufenburg über die B 500. Dort stellte ich mein Auto am Ostbahnhof ab, um nach etwa 15 Kilometern Wanderung einen Notausstieg zu haben, und fuhr mit dem Auto meiner Mutter weiter in den Waldshuter Stadtteil Schmittenau bis fast an die Grenzbrücke in die Schweiz.

Dort lief ich los, überquerte die Grenzbrücke und guckte, wie weit ich entlang der Nationalstrasse dort komme, denn meine Wanderroutenapp hatte sich geziert und mir einen ziemlichen Umweg um Koblenz herum präsentiert. Nun, da ist ein wunderbarer Gehweg entlang der Hauptstrasse, sodass ich auf diesem lief, bis ich rechts in Richtung Aare abbiegen musste.

Nach wenigen hundert Metern (über einen Waldpfad die Böschung von der Nationalstrasse herunter) und einer steilen Treppe kam ich zur Aarebrücke und machte ein Bild in den Nebel hinein. Hier also mündet die Aare in den Rhein (bzw., hydrologisch korrekter, weil die Aare hier mehr Wasser führt als der Rhein. der Rhein in die Aare), schick, hab ich die Aare also jetzt auch mal wieder gesehen.

Ich war inzwischen in der Gemeinde Leuggern und lief an den Bahngleisen entlang (nicht am Rhein entlang, ich wollte ein kleines bisschen Weg sparen) nach Full-Reuenthal in Richtung des Schweizerischen Militärmuseums. Dieses ließ ich rechts liegen, bog auf einen Feldweg ab, um die durch eine Unterführung die Bahngleise zu unterqueren - und blieb wie angewurzelt stehen: Die Unterführung war zwar da, aber sie wurde durch eine Tür im Zaun versperrt, und diese Tür war zu. So'n Mist, Mann!

In einem Anfall von Klugheit latschte ich doch mal hin, um zu gucken, ob die Tür vielleicht aufgeht. Der Zaun war mit Stacheldraht überdacht, aber, guck mal einer an, die Tür ging tatsächlich auf. Ich ging hindurch (dahinter war eine Riesenpfütze), machte die Tür wieder zu und ging weiter meinen Weg entlang - das wäre richtig übel gewesen, wenn ich da einen anderen Weg hätte suchen müssen ...

Ich kam am Atomkraftwerk in Leibstadt vorbei, dem Albtraum aller umweltbewegten Lehrer im Südschwarzwald, von dem ich aber vor lauter Nebel praktisch gar nichts sah außer der Kühlwassereinleitstation direkt am Rhein ...

Nächstes Ziel war das Wasserkraftwerk Albbruck-Dogern, über dessen Wehr ich wieder nach Deutschland ging. Ich hatte allerdings am Aushang dort gesehen, dass der Schwaderlochersteg bis "Ende Oktober/Anfang November" gesperrt sei - über den wollte ich nach dem Weg über die (deutsche) Rheininsel eigentlich wieder in die Schweiz ...

Nun denn, ich lief erst einmal auf die Rheininsel, bewunderte das Staubecken dort, zog mir unterwegs einen Pullover an, weil es doch recht kühl war, und kam zum Schwaderlochersteg, nur um zu sehen, dass der noch gesperrt ist ... Alles Mist hier, sachma?!

Nun, ich war - nach kurzem Weg durch Dogern - jetzt in Albbruck angekommen und lief über einen anderen Steg von der Insel hinüber aufs deutsche Ufer. Ich setzte meine Wanderung durch Albbruck und Albert, einen Ortsteil von Albbruck, fort, ehe ich nach Hauenstein, den ersten Ortsteil von Laufenburg (Baden) kam ...

Dort ignorierte ich meine Wanderapp und lief einfach am Rhein entlang (das war neblig, aber durchaus hübsch), bis ich über Land zum Friedhof des Laufenburger Ortsteil Luttingen lief. Auf dem Weg von dort nach Laufenburg-Stadt kam mir ein rumänischer Lkw entgegen, dessen Fahrer die Familie, die ein paar Meter vor mir fragte, ob er in Freiburg sei ... Der Familienvater versuchte ihm zu erklären, dass er in Laufenburg sei, aber das schien nicht wirklich von Erfolg gekrönt ...

Ich setzte derweil meinen Weg fort, die Oberschenkel fingen an zu brennen, aber als ich am Rhein ankam, ging es wieder ...

Am Rhein ging es auf einem schönen Weglein bis in die Altstadt von Laufenburg (Baden), mit schönen Blicken auf Laufenburg (Schweiz). Ein Priester kam mir entgegen, aber das half mir auch nicht, als ich die steile Treppe hoch aufs Brückenniveau hochkraxeln musste. Ich lief auf die - inzwischen - Fußgängerbrücke und sah einen schönen Grenzstein von 1810 (das ist, soweit ich das weiß, der einzige richtige Grenzstein auf einer Brücke zwischen der Schweiz und Deutschland). Da hatte sich die Wanderung doch gelohnt ...

Mit einem Blick auf Laufenburg (Baden) verstand ich in der (sehr schönen) Altstadt von Laufenburg (Schweiz) und ging in Richtung des Kraftwerks Laufenburg. Vor das Kraftwerk hatte der liebe Gott aber noch einen Weg am Rhein entlang gesetzt, und leider ging es da noch einmal ein paar Höhenmeter hoch (und wieder runter). Das tat jetzt richtig, richtig weh, aber es half ja alles nichts ... An den Tennisplätzen des TC Kraftwerk Laufenburg ging es vorbei, auf das Kraftwerksgelände und - am letzten Tag der sommerlichen Öffnungsphase - über die schön und deutlich markierte Grenze auf dem Kraftwerkswehr. Auf der deutschen Seite war auch wieder das Tor zu, aber das lang nur an der nicht funktionierenden Türöffnungsmechanik, sodass ich dem Hinweis auf dem Zettel folgte und die Tür von Hand aufzog.

Die angestrebte Unterquerung der Gleise scheiterte am (jetzt aber wirklich) verbotenen Zutritt zum Firmengelände, sodass ich mich - ich hatte sowieso gerade den Bus verpasst, den ich ohnehin nehmen musste, um zu meinem Auto am Notfallausstieg zurückzukommen - aufmachte, mit der Gemeinde Murg noch eine weitere deutsche Gemeinde mitzunehmen. An der B 34 ging es entlang, eine Frau kam mir immer näher, weil ich nur noch schlich, aber als ich sie vorbeilassen wollte, war ihr das suspekt, sodass sie die Straßenseite wechselte ...

Meine Bushaltestelle gab es nicht, weil die Straße gesperrt war, aber zum Glück sah ich beim Blick in eine Seitenstraße die Ersatzhaltestelle, und zu der begab ich mich. Mein Handy hatte noch Saft, also kaufte ich nach einer halben Stunde Wartezeit meine Fahrkarte online, fuhr zurück zum Bahnhof Laufenburg und dann heim nach Bonndorf.

Jetzt habe ich geduscht und fahre gleich zum Bahnhof, um den Besuch abzuholen - 20,62 Kilometer heute, neuer Rekord, acht neue Gemeinden, die Füße tun weh, aber es geht sogar noch vergleichsweise, alles bestens ...

Am Mittwoch habe ich ein bisschen den Kopf freikriegen wollen und habe eine Runde um das Industriegebiet Bonndorf-Ost (kicher) gemacht - von der Innenstadt ging es hoch zum "Lindenbuck", an diesem vorbei zum Krummen Föhrle, in Richtung Andreashof und danach durchs (inzwischen ziemlich groß gewordene) Industriegebiet, den Philosophenweg und das Adlerwegle zurück nach Hause. So kann man dann auch mal 5,95 Kilometer zusätzlich auf die Uhr schreiben.

Insgesamt habe ich im Schwarzwald jetzt 877,99 Kilometer absolviert (887,69 km mit den Taunus- und Pfälzer-Wald-/Vogesen-Touren) - die 900 und auch die 1.000 Kilometer kommen immer näher, zumal ich mich im Moment an Weihnachten eher durch den Schwarzwald wandern denn irgendetwas anderes machen sehen. Aber wie sagt man hier? Emol luege ...

Hier oben war das Wetter toll ...

... in Koblenz nicht mehr so ...

Die Aare (wenn Sie sie sehen)

Umwegvermeidungstor

Kraftwerk Albbruck-Dogern mit ...

... Staubecken

Am Rhein bei Hauenstein

Blick auf beide Laufenburg

Grenzstein auf der alten Brücke

Letzter Grenzübertritt am Kraftwerk Laufenburg

Sonntag, 25. Oktober 2020

Als Geisterwanderer im goldenen Oktober

 ... fühlte ich mich heute, denn in der Ravennaschlucht kamen mir bestimmt hundert Menschen entgegen, während in meine Richtug kaum jemand lief (ja, klar, die Entgegenkommenden sehe ich alle, während ich die in die gleiche Richtung Gehenden nur dann sehe, wenn sie schneller oder langsamer sind als ich, aber trotzdem fühlte ich mich ein bisschen falsch ...). Auch wenn auf dem Weg zur Ravennaschlucht schon ein bisschen Badenindian Summer ("Baden" und "Indian", verstehste, super, gell?) herrscht, wird das auf dem Jakobsweg oberhalb des Höllentals erst so richtig schön - das ist wirklich toll gewesen heute, zumal das Wetter fantastisch war ...

Das Aufstehen heute Morgen war entspannt, gerade weil ich ja eine Stunde durch die Zeitumstellung gewonnen hatte (wobei der Sonne natürlich die Zeitumstellung herzlich egal war und sie fast eine ganze Stunde früher aufging als gestern ...) - aber der Hochschwarzwald zeigte sich neblig. Ich zog mich an und verließ das Haus, denn ich wollte mein Auto in Titisee abstellen. In Verhandlungen mit meiner Mutter erklärte ich mich bereit, bis Himmelreich zu laufen und mit dem Zug zurückzufahren, dann aber wollte ich am Bahnhof in Titisee stehen und nicht an dem Wanderparkplatz am See, den ich eigentlich anvisiert hatte.

Gesagt, getan, ich fuhr über Lenzkirch und Saig, doch als ich auf die B500 einbog, war der Titisee unter einer Nebelschicht verschwunden ... Ich stellte das Auto ab (6 Euro Tagesgebühr, das ist ja mehr als in der Schweiz!) und lief - im kühlen Nebel - los. Kurz vor dem Kurhaus stellte ich Verbindung zu meinen bisherigen Wanderungen her und bog kurz danach rechts in ein Wohngebiet ab.

Ein paar Menschen mit Hunden begegneten mir, doch als ich zum Eisweiher kam, hatte ich Ruhe vor Menschen ...

Kurz hinter der Gemeindegrenze Titisee-Neustadt/Hinterzarten musste ich eine Umleitung gehen, weil da eine Baustelle war, und ich entschied mich, auf der Gemeindestraße zu bleiben und nicht den steilen Aufstieg auf den Jakobsweg zu nehmen, den ich laut Umleitung hätte nehmen sollen (außerdem hätte ich da ein Stückchen vom Ziel weglaufen müssen, das wollte ich nicht).

Als es weniger steil und in die richtige Richtung den Berg hochging, nahm ich den Weg, und das war sehr richtig, denn so kam ich am Schanzenkomplex des Skistadions in Hinterzarten vorbei. Auch im Sommer sehen die Dinger sehr imposant aus, selbst wenn überhaupt nichts los war ...

Es folgte ein Spaziergängle durch Hinterzarten (ich glaube, so richtig war ich hier noch nie gewesen ...), ehe ich über verschlungene Pfade hinter einem Vater mit seinen zwei Kindern abbog und in Richtung Rotbach ging. Die drei bogen vor der Bahnunterführung ab (und gingen über den Löffentalweg an den unteren Eingang der Ravennaschlucht, denn in dieser begegneten sie mir ein, eineinhalb Stunden später wieder ...), während ich unter den Bahngleisen hindurch lief und dann abbog, in Richtung Birklehof.

Als ich das Schulgelände des Birklehofs betrat, hatte ich gerade die Grenze zwischen Hinterzarten und Breitnau überquert, sodass Breitnau meine erste (von drei) neuen Gemeinden heute wurde. Ich begegnete einer einsamen Schülerin, ehe ich die B 31 unterquerte und nach wenigen Metern auf die Straße namens "Ravennaschlucht" abbog ...

Es folgten einige hundert Meter auf dieser Straße, ehe es kurz vor der Ravennasäge rechts hoch in den Wald ging (einige andere Wanderer gingen den oberen Weg in Richtung Kaiserwacht entlang). Da wurde es dann ziemlich schnell dunkel, der Ravennabach floss anfangs links von mir, bald, nach der ersten Brücke, rechts von mir.

Die Ravennaschlucht gefiel mir richtig gut, auch wenn man über die feuchten Holzbrücken und gelegentlich engen (und immer steilen!) Treppenstufen wirklich aufpassen muss. Sowohl der kleine als auch der große Ravennawasserfall sind durchaus beeindruckend, auch wenn man nicht immer einen richtig tollen Blick hat - vor allem, wenn so ein Trottel (ich!) beim großen Ravennawasserfall Fotos macht und den Leuten, die da auch an den Aussichtspunkt wollen, mit großer Geste anzeigt, sie können gerne die Treppe hochgehen ... (Sorry, da hatte ich wirklich einen Gehirnhänger ...)

Richtig beeindruckend ist dann allerdings auch unten die Brücke der Höllentalbahn mit ihren hohen Bögen, das ist Ingenieurskunst aus dem frühen 20. Jahrhundert!

Ich lief auf das Goethehaus zu, bog zum Alten Zollhaus ab, schoss auf einen alten Grenzstein zu und übersah dabei, dass mein Weg nicht geradeaus, sondern rechts einen steilen Anstieg hochging. Nach 100, 150 Metern bemerkte ich mein Malheur (diesmal kann ich es nicht auf die Beschilderung schieben ...), lief wieder zurück und dann den steilen Berg hoch ...

Ich unterquerte noch einmal die Bahngleise und quälte mich (eine größere Gruppe ließ mich vorbei, sodass ich mich ein bisschen getrieben fühlte) den Berg hinauf. Entschädigung dafür war, dass der Wald wunderbar braun-rot-ockerfarben war, das war richtig schön (und wurde noch besser!) ...

Diese gut 60 Höhenmeter hatte ich geschafft, da ging es schon wieder bergab hinunter zur Posthalde ... Da kam ich nach einem guten Kilometer Weg an, nur um - dummerweise wusste ich das schon vorher - auf einen zweieinhalb Kilometer langen Anstieg zu kommen.

Ja, die Bäume sahen toll aus, ab und zu hatte man auch einen schönen Ausblick auf das Höllental, aber gerade der erste Kilometer des Anstiegs war richtig brutal (im Durchschnitt 16% Steigung!) - ich habe laut Wanderapp heute insgesamt über 3.000 kcal verbrannt!

Als ich den brutalen Kilometer überstanden hatte, ging es immer noch bergauf, aber es war erträglich - und noch besser wurde es, als ich den heutigen Höhepunkt in einer unscheinbaren Kehre erreicht hatte. Wobei, wirklich besser wurde es nicht, denn da war ich schon knapp 14 Kilometern unterwegs und meine Füße buhten und riefen "Aufhören!".

Ich sah - mitten auf dem Waldweg - einen mit Camouflagenetzen verhängten Stuhl, auf den setzte ich mich, aß meine Bananen, trank eine (kleine) Flasche Wasser leer, und diese kleine Pause hatte gutgetan, auch wenn meine Füße immer noch nicht willig waren ...

Die letzten fünf Kilometer im Wald zogen sich, ab und zu machte ich ein Foto vom Wald, eines vom (schönen) Blick auf Falkensteig, mir begegneten nur ein paar Fahrradfahrer und ganz zum Schluss zwei Wanderer ..

Irgendwo im Wald (kurz vor dem höchsten Punkt des Tages) hatte ich die Gemeinde Buchenbach erreicht, jetzt kam ich an die Bahngleise an der B 31 und musste diese überqueren, um in die Gemeinde Kirchzarten zu kommen. Die Schranke war gerade unten, sodass ich ein bisschen warten musste, um dann die letzten Meter zum Bahnhof Himmelreich zu marschieren.

Ich muss irgendwo abgekürzt haben, denn obwohl die Wanderapp bei der Planung deutlich über 20 Kilometern angezeigt hatte, zeichnete es sich ab, dass ich bei knapp unter 20 Kilometern am Bahnhof ankommen würde. Schräg ...

Praktischerweise sah ich auf meinem Gleis keinen Fahrkartenautomaten, sodass ich - es war eine Qual - über den Bahnübergang laufen musste, zum Fahrkartenautomaten, und mir eine Fahrkarte zog. Unterwegs sprach mich ein älterer Herr an, von wo der Zug nach Titisee führe? Ich hatte auf Gleis 1 gerade einen Zug nach Freiburg gesehen, sodass ich davon ausging, dass der ab Gleis 2 führe. Ein Blick auf das Handy (und den Fahrplan) ergab aber, dass der Zug nach Titisee auch von Gleis 1 abging.

Der Herr wollte mir nicht glauben, erzählte mir was von wegen "Zug fällt aus", sprach aber ständig von einer falschen Abfahrtszeit (und der falschen Linie und, um das Desaster komplett zu machen, auch von der falschen Richtung) ... Seine Frau war deutlich zugänglicher, aber erst als unser Zug auf Gleis 1 einfuhr, grummelte er sich (bestenfalls) einen Dank in den Bart (seine Frau zeigte "Daumen hoch" ...) und unsere Wege trennten sich im Zug ...

Nach zwanzig Minuten Zugfahrt, in denen mir fast die Augen zufielen, kamen wir in Titisee an - ich musste noch einige hundert Meter laufen - wieder richtige Quälerei durch jetzt dann doch Menschenmassen -, um zu meinem Auto zu kommen, aber dann konnte ich nach Hause fahren, unter die warme Dusche und dann Essen fassen ... Jetzt gucke ich Football und lecke meine Wunden ...

Das war nicht nur die erste 20-Kilometer-Wanderung, sondern auch die mit den laut Handy meisten Höhenmetern (749). Die Höhenmeterangabe ist traditionell unzuverlässig, aber anstrengend war's heute definitiv ... Und, durch den Ausflug auf das andere Gleis in Himmelreich wurde ein Punkt dort am Bahnhof ganz knapp der nördlichste Punkt meiner Wanderungen (bisher war das an der Donauquelle in Donaueschingen gewesen). Alles richtig gemacht also ...

Meine Mutter meinte, dass das heute vielleicht der Abschluss für das Jahr sei, das hoffe und glaube ich noch nicht, denn es wird ja hoffentlich noch das eine oder andere schöne Wochenende kommen, und da ich jetzt bei 861,12 Kilometern (davon 851,42 Kilometer im Schwarzwald) bin, sind die 1.000 Kilometer nicht mehr sooooo weit ... Mal sehen.

Fotos:

Eisweiher bei Titisee-Neustadt

Bisschen neblig heute Morgen

Schanzenviertel in Hinterzarten

Ravennabach

Über Stock und Stein

Großer Wasserfall

Da fällt er weiter, der Ravennabach

Unter dem Viadukt

Grenzstein am Alten Zollhaus (Gefahr des Wegirrtums!)

Badenindian Summer I

Badenindian Summer II

Badenindian Summer III

Auf diesen Stuhl von Metall will ich mich setzen ...

Blick auf Falkensteig

Schlussspurt

Freitag, 23. Oktober 2020

Hiking In the Rain - Into The Dark

In die Dunkelheit bin ich vorgestern gewandert, heute war eher das Wandern im Regen angesagt - es ist halt Herbst, da wird es früher dunkel, und ab und an regnet es ...

Ich wollte dem Metzgerswinkel, dem Gebiet zwischen alter Wassertretstelle, Bahnwärterhäuschen und Bundesstraße 315, noch eine Chance geben, aber diesmal wollte ich - eigentlich - auf guten Schotterwegen bleiben ... Ich fuhr - um ein bisschen Zeit zu sparen, denn es wird ja früh dunkel - mit dem Auto zum Parkplatz an der Bahnbrücke, lief wieder ein Stück an der Bundesstraße entlang und bog auf den Männleswaldweg ein - diesen verließ ich aber bei der ersten Gelegenheit (auf den Weg, den ich am Montag Abend als "zu matschig" abqualifiziert hatte). Es wurde aber besser, und ich war guter Dinge, gut voranzukommen ...

Ich guckte sicherheitshalber auf mein Handy, sah, dass ich schon ein paar Meter zu weit war, schaute mich nach meinem Weg um und schlug die Hände über dem Kopf zusammen: Das wurde wieder so'n Naturpfad, mit viel Natur und wenig Pfad, oh Mann ...

Soooo schlimm war Pfad dann doch nicht, vorgestern war's auch trocken, da kam man einigermaßen zügig voran, alles okay ... Ich lief weiter, guckte kurz aufs Handy, schaute nach dem W... - und, rumms, lag ich auf dem Boden ...

Wie ist das denn passiert? Nun, da lag ein größerer Stein auf dem Boden, auf den trat ich, der rollte weg, ich rutschte weg, rumms, ich landete auf meinem Arm, behielt das Handy in der Hand (mein Falltraining beim Rugby machte sich mal wieder bezahlt, denn mein Gehirn behandelte das Handy instinktiv als Ball und hielt es fest ...), rappelte mich wieder auf - und lief weiter ...

Oh Mann, ich war da richtig in der Pampa, meine Mutter hatte bestenfalls eine ungefähre Vorstellung, wo ich war, und ja, so schnell werde ich nicht ausgeknockt, aber soooo schnell hätte mich da auch keiner gefunden. Am Schluss ist ja alles gutgegangen ...

Ich kam schließlich wieder auf einen Schotterweg, ging zwischen den Klötzen einer ehemaligen Bahnunterführung hindurch und war schließlich auf dem Bähnleweg. Das ist ein Wald-Radweg, und entsprechend schossen zwei Fahrradfahrer an mir vorbei.

Ich hatte meine Strecke ein bisschen verlängert, weil ich einigermaßen kontrolliert sehen wollte, wie es im Wald dunkel wird, das war ganz schön, auch wenn die Bilder auf dem Handy viel heller erscheinen als die Situation in meiner Empfindung war, aber noch bevor es stockdunkel war, war ich am Auto und fuhr heim ...

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Heute fuhr ich dann - ich unterbrach die Arbeit, um noch ein bisschen in den Wald zu gehen - zum Wanderparkplatz zwischen Ebnet und Rothaus (viel Matsch). Das Wetterradar zeigte an, dass es in den nächsten zwei Stunden nicht regnen sollte (den Tag über hatte es die ganze Zeit geregnet), aber das Wetterradar kannst du wirklich den Hasen geben - es nieselte die ganze Zeit, ich war am Ende außen (vom Regen) und innen (vom Schweiß unter der Regenjacke) nass,

Es gab eine Teilstrecke, die nicht als guter Schotterweg ausgeschildet war, aber erstmal lief ich von Bonndorfer Gebiet auf Grafenhausener, nur um wenige Meter weiter wieder nach Bonndorf zu kommen. Im Nieselregen konnte man ganz gut wandern, keine anderen Menschen um einen herum, und der Wald erscheint nochmal grüner ...

Ich bog auf den Pfad ab, aber das war kein Pfad, sondern ein Forstarbeitsweg, und der war matschig und nass und alles. Es war mühsam, auf dem Ding bergauf zu kraxeln, aber nach ein paar Minuten hatte ich das überstanden, überquerte die Straße und war im Ebneter Wald in Richtung Saubachhütte.

Ich lief zwei Schleifen, kam an der Ebersbacher Hütte auf Grafenhausener Gebiet, lief auf der Waldstraße, die die Landesstraße mit der Sommerau verbindet, wieder zur Landesstraße, überquerte diese und verschwand nochmal im Grafenhausener Wald bei der Käppele-Kapelle ...

Am Ende waren das heute 7,5 Kilometer, ich fuhr durchnässt heim, war ein richtiger Warmduscher heute, machte noch ein bisschen was für die Arbeit und dann Feierabend. Insgesamt sind das jetzt 831 Kilometer im Schwarzwald (und knapp 841 insgesamt in diesem Wanderjahr, wenn man die knapp zehn Kilometer im Taunus und im Pfälzerwald mitdazurechnet), und ein paar Wochenenden gibt es noch ...

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Die Schweiz und Liechtenstein sind jetzt (insgesamt) Risikogebiete, Vorarlberg und der Kanton Zürich waren das ja schon vor dieser Woche. Klar könnte ich mit der 48-Stunden-Regelung in der baden-württembergischen Coronaverordnung per Tagesausflug auch ohne Quarantäne in die Schweiz, nach Liechtenstein und nach Österreich reisen, und wenn ich nur mit dem Auto fahren würde, würde ich das wahrscheinlich auch tun (dass ich für Hessen dann jeweils zwei Wochen gesperrt wäre, weil die diese 48-Stunden-Regelung nicht kennen, wäre mir fast wurscht) - aber mit dem Zug zu fahren in der Schweiz, das muss vielleicht im Moment doch nicht unbedingt sein ...

Auch im Schwarzwald bzw. am Hochrhein gibt es ja noch das eine oder andere Ziel, und für den Sonntag - da soll das Wetter gut sein, Wetterradar und so ... - habe ich mir die Ravennaschlucht und den Anfang des Höllentals überlegt ... Mal sehen, was das so wird. Zu den Triberger Wasserfällen könnte man mit zwei Tageswanderungen auch, und am Hochrhein entlang geht auch alles ... Die Wanderstrecken gehen mir also schon einmal nicht aus, auch wenn ich in Deutschland bleibe.

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Ich habe oben in der Karte jetzt alle zukünftig angedachten Ziele, die in orange waren, wieder grau gemacht - kein Mensch weiß, wann ich wieder mehr oder weniger normal reisen kann, daher lassen wir das jetzt mal gut sein ...

Fotos (ja, nicht ganz so spektakulär, ich weiß, aber es ist halt ein bissel Wald ...):

Nochmal zum Metzgerswinkel

Im Wald

Naturpfad ...

Es wird dunkel im Wald

Heutiger Matschweg

Hütte bei Ebnet

Symbolbild Schwarzwald im Herbst

Montag, 19. Oktober 2020

Da stehste im Wald

Joa, mein kurzer Feierabendspaziergang heute Abend wäre fast ins Auge gegangen, weil mich meine - an sich wirklich, jetzt aber ironisch - tolle Wander-App mitten durch den Wald führte, und zu allem Überfluss hatte ich keine Wander-, sondern Spaziergangschuhe an, sodass ich da auf dem Moos zwischen Ästen und kleinen Bächlein durch die Gegend balancierte in der Hoffnung, dass ich irgendwann irgendwo ankomme.

Um die Spannung herauszunehmen: Ich kam an, und kurz vor dem Ziel begegneten mir - schon kurz nach Sonnenuntergang - zwei Wanderer, die noch eine Stunde gebraucht und dabei sicher noch eine halbe Stunde durch den stockfinsteren Wald hätten marschieren müssen. Die nahm ich mit zum Auto meiner Mutter, das mich am Parkplatz zur Lotenbachklamm erwartete, sodass wir sie zum "Kranz" in Bonndorf kutschierten konnten ... Die beiden war keineswegs unglücklich über die unerwartete Unterstützung.

Ich lief zunächst in Richtung Waldstraße, überquerte dann die Bahnbrücke und lief ein Stückchen an der Bundesstraße entlang, ehe ich links in den sogenannten Metzgerwinkel einbog. Keine Ahnung, wieso so der heißt, aber ich hätte es als Omen nehmen sollen ... Den ersten möglichen Weg verschmähte ich (sehr matschig und nicht planmäßig), aber beim zweiten "Weg" bog ich dann vom recht guten Feldweg ab auf ... äh, Wald.

Ich hatte glücklicherweise (natürlich) mein Handy mit Wander-App einschließlich Kompass dabei, sonst wäre ich da noch verlorener in der Gegend herumgestolpert als ohnehin schon, aber das bestärkt mich in meiner Annahme, dass man, wenn man ohne Handy mit Kartenfunktion durch den Schwarzwald wandert, fahrlässig handelt. Seit heute weiß ich, wie man sich ohne Handy binnen kürzester Zeit im Wald verlaufen kann ...

So kam ich nach endlicher Zeit auf einen guten Weg, nur um diesen sofort wieder zu verlassen und wieder über Forstarbeitswege zu stolpern. Das Spielchen wiederholten wir noch einmal, dann hörte ich schon die Bundesstraße, während ich über den vollgewachsenen Weg lief ...

Ich sah da hinten die zwei Wanderer laufen, die dann plötzlich auf meinen Weg einbogen (ich dachte zunächst, das wären Förster, die mir den Marsch blasen wollen, weil ich hier mitten in irgendeiner Brunftzeit der Wildgewordenen Echsenschnecke durch deren Schutzgebiet laufen würde). Gemeinsam liefen wir dann das Stück zurück zum Wanderparkplatz, meine Mutter und ich lieferten die beiden am "Kranz" ab, und ich ging duschen, was ich eigentlich nach einem Spaziergang nicht gemacht hätte, aber heute Abend gab es genug Angstschweiß abzuwaschen ...

Nichts passiert, ich wusste ja jederzeit, wo ich war, ich wusste nur nicht, ob es meinen Weg wirklich gibt ... Abendspaziergänge kurz vor Sonnenuntergang werde ich in den nächsten Wochen jedenfalls nur noch auf Wegen machen, die meine App als breite Feldwege ausweist, da sollte dann normalerweise nichts passieren.

Die B 315 bei Sonnenuntergang

Da war die Welt, äh, der Wald noch in Ordnung ...

Da nicht mehr ...

Sonntag, 18. Oktober 2020

Im Hausanzug und ungeschminkt eine Staatsgrenze überquert

 ... hat meine Mutter auch noch nicht oft, glaube ich, aber heute Morgen war es nötig, weil wir uns so richtig gründlich missverstanden hatten: Ich hatte meiner Mutter gestern Abend einige Iterationen meines heutigen Planes dargelegt, und ich meinte, ich hätte klargemacht, dass ich - wenn ich denn wandern gehe - sie bitten würde, mich zum Zug in der Schweiz zu bringen und später wieder abzuholen. Nun hatte ich mich heute erst spät entschieden, wirklich zu laufen, doch als ich aus der Dusche kam, mich angezogen hatte und meine Mutter erwartungsfroh anschaute, dass wir jetzt gemeinsam das Haus verlassen, wusste sie nicht so recht, wie ihr geschah ... Und weil ich so getrödelt hatte, musste es jetzt schnell gehen ...

Wir starteten also durch, fuhren in Schleitheim über die Grenze, und meine Mutter brachte mich zum Beringerfeld hinter Beringen, weil ich hier - zurecht - einen Fahrkartenautomaten vermutete. So etwas Analoges mag ich ja eigentlich nicht gern in Händen haben, aber meinen Handyakkus traute ich nicht über den Weg, und daher wollte ich gerne - auch wenn ich natürlich eine digitale Fahrkarte hätte kaufen können - etwas in der Hand haben ...

Für 40 Franken kaufte ich mir eine Tageskarte für den Tarifverbund Ostwind, der von Schaffhausen bis nach Bad Ragaz in Graubünden reicht, und wartete erst einmal an dem Bahnhof, weil wir natürlich viel zu früh waren ... Der Bahnhof Beringerfeld wird von der Deutschen Bahn betrieben (was man an den DB-Zeichen auf den Bahnhofsuhren erkennen kann), liegt aber natürlich staatsrechtlich völlig unstrittig in der Schweiz und wird heute nur von SBB-Bahnen bedient (die Züge der DB-Hochrheinbahn fahren ohne Halt durch).

Nach wenigen Minuten Fahrt ("ah, hier fährt der Zug also" - ich war die Strecke noch nie gefahren) kam ich in Schaffhausen an und musste umsteigen. Damit ich im Ostwind-Gebiet blieb, fuhr ich mit der S-Bahn fast zwei Stunden von Schaffhausen über Stein am Rhein, Kreuzlingen und Romanshorn in den St. Gallener Vorort St. Fiden. Dort stieg ich in eine andere S-Bahn in Richtung Graubünden um, verließ diese allerdings schon in Rheineck. Dort musste ich in die S-Bahn Nr. 26 umsteigen, doch die entpuppte sich - nach meiner Recherche nun nicht völlig unerwartet - als eine kleine süße Zahnradbahn den Berg hoch nach Walzenhausen.

Fast wäre das Ding für mich allein gefahren, erst im letzten Moment kam ein Vater mit drei Töchtern und einem Hund auch noch hineingeplatzt. Und dann rattert und rumpelt und keucht das arme Wägelchen den Berg hoch bis zum Ziel im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Dort stieg ich aus und lief über großteils ebene Ortsstraßen durch meinen sechsten erwanderten Kanton (Mogelei wegen der Zahnradbahn? Nix da, denn die Verbindung wurde ja später hergestellt!), nach knapp zwei Kilometern ging ich ein Treppchen hinunter zum Kloster Grimmenstein - und war in meinem siebten Kanton.

Bei der Teilung des Kantons Appenzell in grauer Vorzeit wurde die Grenze entsprechend der Konfessionszugehörigkeit der Einwohner gezogen, und während Walzenhausen insgesamt wohl protestantisch war, war das Kloster katholisch und blieb daher - als Exklave - bei Appenzell Innerrhoden. Auch wenn ich nicht ins Kloster hineinging und auch Grenzsteine vergeblich suchte, befand ich mich unter dem Vordach des Eingangs zum Kloster, und das Gebiet des Vordachs gehört laut aller Karten, die das überhaupt als Enklave ausweisen, definitiv zum Kloster - Appenzell Innerrhoden: check!

Übrigens macht mich die Inkonsistenz der Autokennzeichen von Appenzell Inner- und Ausserrhoden total kirre: Ausserrhoden hat AR (man denkt "Ausserrhoden"), während Innerrhoden AI hat ("Appenzell Innerrhoden") - entweder müsste es AR/IR oder AA/AI sein, aber doch nicht AR/AI - das geht doch nicht, furchtbar!

Ich lief weiter (ich hatte Traumwetter erwischt), und der Wanderweg führte mich über eine Weide. Plötzlich muhte eine Wach-Kuh oberhalb von mir (und glücklicherweise durch einen Zaun getrennt von mir) das ganze Tal zusammen, weil da jemand über ihre Weide latschte - ich geh ja schon, du Rindvieh!

Kurz hinter der Weide ging es steil auf rutschigen Wegen bergab, ein E-Mountain-Biker und ein Grenzstein (aber Ausserrhoden/St. Gallen) begegneten mir, ich hatte - wie schon oben in Walzenhausen - sehr schöne Ausblicke auf den Bodensee und das Alpenrheintal.

Relativ plötzlich kam ich nach St. Margrethen rein, latschte zum Bahnhof, machte meine "Strecke-an- mein-Streckennetz-angebunden"-Geste und lief weiter in Richtung Industriegebiet/Alpenrhein ...

Der Weg da an der Hauptstrasse und der Autobahn entlang ist jetzt nicht so megaspektakulär, deswegen war ich froh, als ich in Au endlich über die Gleise und unter der Autobahn hindurchgehen konnte, denn so eröffnete sich mir der Alpenrhein ist seiner ganzen Schönheit. Auf dem Rheindamm stand ein Fotograf, aber wir störten uns nicht, denn ich ging in die andere Richtung.

Auf diesem Damm zu laufen, mit Blick auf den Rhein und auf Österreich, das ist richtig, richtig schön - mir begegnete auf den dreieinhalb Kilometern kein Mensch, und ich konnte mich so richtig meinen Gedanken(spielen) hingeben - herrlich!

Ich entschied mich, noch ein kurzes Stück durch Österreich durchzureisen, aber vor das Durchreisen hatten die Wanderplaner das Erreichen der Brücke über den Rhein gesetzt - dazu musste ich vom Damm runter (das war recht steil), über einen ausgetretenen Graspfad hoch zur Straße, dann über den Zoll (kein Mensch da) und schließlich über die Brücke.

Plötzlich tutete es, und es kam mir ein sehr altertümlicher Zug entgegen, der zudem die Hälfte der Brücke für sich beanspruchte - es handelt sich, wie ich eben gewikipediat habe, um die Dienstbahn der Internationalen Rheinregulierung, die heute als Museumsbahn eingesetzt wird. Sachen gibt's!

Ich bog unmittelbar nach Erreichen von festem österreichischem Boden auf den hinteren Rheindamm ab und verließ Österreich nach neun Minuten wieder - wenn das mal kein "Durchreisen" ist! Immer wieder toll und beeindruckend und wunderbar finde ich, wie selbstverständlich Österreicher und Schweizer, mindestens ein Deutscher und auch sonst Menschen aller Herren Länder, die Grenze zwischen zwei souveränen Staaten einfach so überschreiten können und dürfen - das ist einfach schön! (Grenzsteine gab es hier natürlich auch und wurden fotografiert ...)

Nun war ich also wieder in Diepoldsau in der Schweiz angekommen - Diepoldsau liegt auf einer "Insel" zwischen Rhein und Altem Rhein (wobei der Alte Rhein Diepoldsau nicht mehr komplett umschließt) und ist in diesem Bereich die einzige rechtsrheinische Schweizer Gemeinde ... Fast hätte ich die Buslinie, die ich erreichen wollte, schon eine Stunde früher erwischt, aber ich konnte ihr nur noch zuwinken ... Schade!

Die Zeit nutzte ich, um im Schiffli in Diepoldsau ein Bierli zu trinken, für fünf Fränkli und zehn Räppli (okay, ich höre jetzt auf) - zu dem Preis für ein großes Bier kann man fast nicht sagen. Nervig war aber, dass der Wirt eine Viertelstunde (und mindestens zwei Aufforderungen) brauchte, bis er mich abkassiert hatte - klar, die Busse, die alle Viertelstunde zum Bahnhof in Heerbrugg fuhren, hätten mir wahrscheinlich eh nicht viel gebracht, aber irgendwann mochte ich nicht mehr warten ... Naja, er bekam ein bescheidenes Trinkgeld, und ich erwischte den Bus, in dem ich vom Busfahrer persönlich per Ruf in den Bus begrüßt wurde - überhaupt begrüßen und verabschieden die Busfahrer in der Schweiz die Fahrgäste sehr, sehr freundlich (das habe ich in Diepoldsau und dann später im Bus von Schaffhausen nach Schleitheim gemerkt).

Ich fuhr - in der Dämmerung fast einschlafend - von Heerbrugg nach St. Gallen und weiter nach Schaffhausen, stieg dort nach ein bisschen Suchen in den Bus in Richtung Schleitheim/Beggingen und war ab Siblingen der einzige Fahrgast im Bus - lustig ... Meine Mutter wartete in Schleitheim am vereinbarten Ort, und auf direktem Weg ging es nach Hause und unter die Dusche. Jetzt gucke ich noch ein bisschen Football, und dann werde ich heute Nacht hoffentlich gut schlafen ...

Das war eine schöne Wanderung, erst ein bisschen bergig, um aus Walzenhausen wieder hinunter an den Rhein zu kommen, dann sehr entspannt am Alpenrhein entlang - auch wenn mir vor lauter "Entspanntheit" die Oberschenkel ein bisschen wehtun. Das waren knapp 38 Kilometer in der Summe von Freitag, gestern und heute - das war ordentlich.

Nach Liechtenstein sind es jetzt noch knapp 20 Kilometer, ich überlege, ob ich die nächstes Wochenende (wenn das Wetter mitspielt) an einem Tag abreißen will - danach ist mit Liechtenstein aber dann Schluss, das mache ich dann mal später, weil die Fahrten jetzt doch recht lang werden. Bevor ich die Langstrecke II (Liechtenstein-Splügenpass) angehe, größenwahnsinnig wie ich bin (und die Tour geht im Winter sowieso nicht, weil der Splügenpass gesperrt ist), gucke ich mal, wie weit ich von Waldshut in Richtung Basel am Hochrhein entlang komme - das ist doch bestimmt auch eine schöne Strecke. Aber dazu muss das Wetter mitspielen, und natürlich wäre es für die Wanderzwecke sinnvoll, wenn ich noch ein Weilchen im Schwarzwald wäre.

In Coronazeiten denke ich wieder von Woche zu Woche, also mal gucken, was das wird ...

DB-Uhr auf Bahnhof in der Schweiz

Die S 26 von Rheineck nach Walzenhausen

Blick auf den Bodensee

Kloster Grimmenstein (Appenzell Innerrhoden)

Unterwegs in Appenzell Ausserrhoden

Auf dem Rheindamm in der Schweiz

Rhein als Grenzfluss

Rheindamm in Österreich

Grenzstein auf dem Rheindamm

Samstag, 17. Oktober 2020

Wie gemalt

 ... war der Tag für den deskriptiven Statistiker, auch wenn das Wetter zwar in Ordnung, aber auch nicht strahlender Sonnenschein war ...

Was ist denn jetzt wieder los? Nun, ich habe heute mein viertes Land erwandert, nämlich Österreich, dabei meine 100. vom Schwarzwald aus erwanderte Gemeinde berührt und zudem noch die 800-km-Marken sowohl für den Schwarzwald als auch für die gesamten Wanderungen der letzten sechseinhalb Monate überschritten. Was will man mehr?

Ich fuhr mit dem Auto meiner Mutter (wegen Vignette und so) in Richtung Schaffhausen, dort auf die Autobahn in Richtung Zürich und dann in Richtung St. Gallen, ehe ich wieder ein kleines Stück in Richtung Kreuzlingen fuhr und dann mein Auto in Horn (Thurgau) am Bahnhof abstellte ... Diese Parkapp ist echt praktisch, gerade weil ich da kein schweizerisches Geld brauche, zudem ist es auch noch günstiger als mit Bargeld, heute habe ich für mehr als viereinhalb Stunden Parkieren 2,83 Franken bezahlt - da kann man wirklich nichts sagen ...

Ich lief los, aus Horn hinaus, mitten durch den Schießstand (da lagen heute Rindviecher zwischen mir und den Scheiben), überquerte die Goldach und war im gleichnamigen Ort im Kanton St. Gallen gelandet. Ich lief an der Seestraße entlang und kam bald nach Rorschach, das einen wunderbaren Seepark hat, mit Skulpturen und schönem Blick auf den Bodensee - wenn es gutes Wetter hat (heute war es recht bewölkt), dann ist der Blick bestimmt traumhaft!

Ich kam am Strandbad Rorschach vorbei und traute meinen Augen nicht: Ich war in Neuseeland gelandet! Dass ich da dieses Jahr doch noch hinkomme, hätte ich auch nicht gedacht ... Leider war das aber nur eine Straße in der Gemeinde Rorschacherberg (diese Gemeinde hat, obwohl sie "-berg" heißt, auch Anteil am Bodensee ...) und nicht das Land down under und dann rechts - schade, aber da komme ich schon noch hin, nächstes oder übernächstes Jahr ...

Ich lief weiter, an ansehnlichen Bodenseevillen vorbei und kam durch Staad, einen Ortsteil der Gemeinde Thal. In dieser Gemeinde liegt auch der Flugplatz St. Gallen-Altenrhein, und an dem lief ich auf der Hauptstrasse entlang. Leider endete ziemlich bald der Gehweg, sodass ich teils auf dem Fahrradstreifen, teils auf dem Grünstreifen daneben unterwegs war - meine Streckenplanungsapp kann ich dafür nicht verantwortlich machen, die wusste, dass ich da nicht laufen sollte, aber ich hatte sie unerbittlich gezwungen, meinen Weg dort zu planen, sodass ich also nun durchs (gemähte) Gras watschelte.

Am Ende der Start- und Landebahn lief ich ein bisschen in Richtung von deren Verlängerung und schlug abermals einen Haken nach rechts, um in Richtung Alter Rhein zu kommen. Als ich dort nach einem guten Kilometer ankam, war ich ein bisschen überwältigt, denn ich war jetzt in etlichen Etappen von Bonndorf bis hierher, an die österreichische Grenze, gelaufen. Wer mir das gesagt hätte, als ich im Mai über Eggingen in Richtung Jestetter Zipfel wanderte, wäre von mir eingewiesen worden!

Ich lief am Alten Rhein (der heißt so, weil um 1900 der Rhein begradigt bzw. durchgestochen wurde, sodass der eigentliche Rhein heute ein Stück weiter östlich verläuft; der Alte Rhein blieb aber die Staatsgrenze und ist heute ein mittelgroßes Flüsschen) entlang, bis ich an die Holzbrücke Rheineck/Gaißau kam - das ist die nördlichste Brücke über den Alten Rhein.

Ich überquerte die - wunderschöne, ziemlich moderne - Brücke - und war in Österreich gelandet. Ich konnte nicht so richtig laut jubeln oder meinen Ententanz vollführen (obwohl mir sehr danach war!), weil da überall Leute in den Gaststätten saßen (und ich wollte den österreichischen Vorurteile über die bekloppten Piefkes keinen Vorschub leisten) ...

Ich lief durch Gaißau und bog dann hinter dem Örtchen in Richtung der Rheinauen ab - hier merkte ich jetzt endgültig, dass ich in Österreich bin, denn die Radfahrerin, die mich freundlich (wirklich!) vom Weg geklingelt hatte, grüßte mit "Hi! Servus!". Nix mehr mit "Grüezi", das ich mir formschön einschließlich Gekrächze angeeignet hatte. Ich stellte fest, dass die Jüngeren eher "Hi", die Älteren eher "Servus" sagen, und wenn die Jüngeren nicht wissen, ob sie mich zu den Jüngeren oder Älteren zählen sollen, sagen sie "Hi! Servus!" - das sagten sie oft ...

Kaum hatte ich das ausbaldowert, versuchte ich mich selbst daran, grüßte die Nächstbesten freudig mit "Hi! Servus!" und erntete ein "Hoi" - das waren Schweizer ...

Schon auf Gebiet von Höchst, meiner zweiten österreichischen Gemeinde, lief ich auf den Rheinauweg - das war so ziemlich der erste matschigere Weg auf der ganzen Strecke, aber einer der schönsten, weil ich jetzt plötzlich im Wald war, und das praktisch am Bodensee! Ich lief - etliche Mütter mit ihren Kleinkindern waren unterwegs ("Hi! Servus!") - über den schönen Weg, erhaschte noch gelegentlich einen Blick vom Alten Rhein und verlief mich dann ein bisschen auf den Pferdewaldweg mit entsprechenden großen Hinterlassenschaften. Die umschiffte ich aber, kam trotzdem einigermaßen da raus, wo ich wollte und lief parallel zum Alten Rhein, vorbei an Fußballplätzen, in Richtung Zollamt.

Kurz vor dem Ziel aß ich noch ein paar Brote, weil ich mir erdacht hatte, dass ich den 15.37-Uhr-Zug eh verpasse und daher Zeit habe, weil der nächste Zug erst um 16.13 Uhr führe. Ich saß und aß mein Brot noch in Österreich, lief dann über die Grenze, zum Bahnhof - und stand vor der Schranke, denn der 15.37-Uhr-Zug fuhr gerade los ... Öhm ...

Nun, ich umrundete einmal das Bahnhofsgebäude, weil ich vor lauter Absperrungen den direkten Weg nicht sah, kaufte mir eine Fahrkarte für die Fahrt zurück nach Horn mit Umsteigen in Rorschach, nahm dann die S-Bahn um 15.52 Uhr, hatte dadurch in Rorschach mehr Zeit zum Umsteigen, setzte mich in den wartenden Zug und war gegen 16.30 Uhr in Horn ...

Zurück ging es wieder über die Autobahn und dann schnellstens unter die Dusche ...

Insgesamt waren das jetzt die folgenden Etappen: Bonndorf-Roggenbacher Schlösser (5. April), Roggenbacher Schlösser-Eggingen (26. April), Eggingen-Vogelhof (14. Mai), Vogelhof-Grenze Dettighofen/Jestetten (17. Mai), Grenze Dettighofen/Jestetten-Nohl (21. Mai), Nohl-Gailingen (9. August), Gailingen-Stein am Rhein (13. August), Stein am Rhein-Mannenbach (6. September), Mannenbach-Kreuzlingen (11. September), Kreuzlingen-Uttwil (1. Oktober), Uttwil-Horn (11. Oktober) und Horn-St. Margrethen (heute) - zwölf Etappen also über sechseinhalb Monate - da werde ich ja wohl noch nach Liechtenstein kommen, denn das sind nur noch knapp 28 Kilometer ...

Erstmal aber Fotos:

Die Goldach, Grenze zwischen Horn und dem Kanton St. Gallen

Seepark in Rorschach

Schweizer Grenzstein am Alten Rhein

Der Alte Rhein

Brücke über den Alten Rhein zwischen Rheineck und Gaißau

Rheinauweg in Höchst