Meine Länder

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Montag, 15. Juni 2020

Die Grenzen sind offen!

Freunde, was für ein wundervoller Tag! Die Grenzen sind offen! Vielleicht schaffen wir es ja, in den nächsten Jahren den europäischen Gedanken so zu beleben, dass die Politiker nicht immer als erste Maßnahme das Kind mit dem Bade ausschütten und die nationalen Grenzen dichtmachen, sondern den vielen Menschen, für die offene Grenzen in Europa Alltag und Herzensangelegenheit sind, mit, sagen wir, europäischeren Maßnahmen kommen ...

Heute Nacht um 23.35 Uhr saß ich im Auto und fuhr die vielleicht 15 Kilometer bis zum Wiizemersteg, dessen Überquerung bei offenen Grenzen ich mir ja durch Gelübde vom 20. April auferlegt hatte. Ich hatte noch ein bisschen Zeit und machte einen kleinen Umweg am Zoll vorbei (an dem kein Mensch zu sehen war, weder auf deutscher noch auf Schweizer Seite), landete aber um fünf vor zwölf am Wiizemersteg. Die Nachbarn hatten uns noch eine funktionsfähige Taschenlampe geliehen, sodass ich nicht auf meine Handy-Funzel zurückgreifen musste ... Zu meiner Überraschung herrschte am Wiizemersteg nicht nur tiefe Dunkelheit, sondern auch gähnende Leere - Leute, das war wahrscheinlich das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die Grenze geschlossen war, das muss man feiern (mit Abstand meinetwegen, aber feiern!)!

Um Punkt 0.00 Uhr trat die Schweizer Verordnung in Kraft, die die Grenzbeschränkungen zum Schengenraum beendete, um Punkt 0.00 Uhr (und 0 Sekunden, nach der geeichten Handy-Uhr) trat ich von der deutschen Seite des Wiizemerstegs auf die Schweizer Seite. Kinners, Gänsehaut, Ententanz, Tränen in den Augen - man mag mich ja für verrückt halten, aber diese Wiederöffnung der Grenze war für mich so unfassbar schön, so glücklich war ich - ganz ohne Mist - selten in meinem Leben ... (Dass die deutschen Behörden die Grenzöffnung offiziell erst mit Ablauf des heutigen Tages fertigkriegen, gehört zu den peinlichsten Dingen, die die deutschen Behörden jemals geschafft haben - alle anderen, Franzosen, Österreicher, Schweizer haben heute um 0 Uhr aufgemacht, nur die Deutschen brauchen eine Extrawurst ... Anscheinend war das der deutschen Bundespolizei und dem deutschen Zoll ebenfalls sehr peinlich, denn die wurden heute nirgendwo gesehen ...)

Ich tänzelte mindestens drei Mal von der deutschen zur Schweizer Seite des Stegs und zurück und freute mir ein Loch in den Bauch.

Ich hatte aber von der Schweiz noch nicht genug, sondern machte noch eine kleine nächtliche Spritztour (Grenzübertritt am Zoll in Schleitheim so gegen 0.15 Uhr) über Schleitheim und Hallau und Wunderklingen. Als ich in Eggingen wieder deutschen Boden erreichte, wurde die Straße schlagartig schlechter, na, vielen Dank auch. Um 1.30 Uhr oder so war ich wieder daheim, noch völlig aufgekratzt, geschlafen habe ich aber selig ...

Um 10 Uhr war ich heute Morgen wach, mein Knie schmerzte vor lauter Herumgehüpfe über den Wiizemersteg (naja, okay, vielleicht auch vom Wandern), sodass ich die für heute angedachte Tour am Rheinfall und am Rhein entlang bis Büsingen abblies.

Ich hatte nämlich was noch viel Besseres vor, und meine Mutter musste nicht lange überzeugt werden, stellte aber eine Bedingung, nämlich dass ich fahren müsse. Das war kein Problem und also fuhren wir los zu einer weiträumigen Bodenseerundfahrt einschließlich Österreich und der Schweiz mitsamt Abstecher nach Liechtenstein - wenn ich früher aufgestanden wäre, hätten wir vielleicht Frankreich noch mitgenommen, aber sei's drum ...

Achso, nein, eine zweite Bedingung hatte meine Mutter gestellt, nämlich dass wir einen kleinen Umweg fahren - auf dem Zubringer zur A 864/A81 bei Donaueschingen seien nämlich Storchennester auf den Hochspannungsleitungen gesichtet worden, und die wollte sie begutachten. Gesagt, getan, wir sahen sogar vorher schon Störche, aber dann eben auch auf den Hochspannungsleitungen.

Wir fuhren über die Autobahn in Richtung Singen und dann auf mehr oder weniger schnellen Straßen über Friedrichshafen in Richtung Lindau und dort wieder auf die Autobahn in Richtung Bregenz. Während meiner Kurzrecherche heute Morgen war ich auf zwei Dinge gekommen - erstens wollte ich die Grenze aus Deutschland nach Österreich überqueren und nicht etwa, wenn wir andersherum gefahren wäre, aus Österreich nach Deutschland. Denn bei der Einreise aus Österreich nach Deutschland machen die (deutschen) Politiker mal wieder Europa kaputt, weil sie da aus m. E. völlig populistischen Gründen immer noch alle Einreisenden schikanieren und im Stau stehen lassen, obwohl sich die Anzahl der illegalen Einreiseversuche auf einem Niedrigststand befindet. Zweitens stellte ich fest, dass die österreichische A14 auf einem Teilstück hinter der deutschen Grenze vignettenfrei ist, sodass wir nicht einmal etwas zahlen mussten.

Wir nutzten dieses vignettenfreie Teilstück voll aus, fuhren in Hohenems von der Autobahn ab und fuhren dann über teilweise kleine Sträßchen durch Götzis, Rankweil und Feldkirch, nur um über ein noch kleineres Sträßchen nach Mauren in Liechtenstein zu kommen.

Weder in Österreich noch in Liechtenstein stand irgendjemand von Zoll oder Polizei, die Einreise war so, wie sie sein sollte: kaum zu bemerken. In Österreich war ich zuletzt im August 2018 (auf der Hinreise nach Ungarn) gewesen, in Liechtenstein gar zuletzt im März 2005 mit meinen Eltern (ja, mein Vater lebte da noch - das ist unfassbar lange her ...). Daher war das heute ein absolut passender Tag, um endlich mal wieder nach Österreich und Liechtenstein zu kommen.

Das Auto meiner Mutter (mit Schweizer Vignette an der Windschutzscheibe) ist zur Zeit in der Werkstatt, sodass wir mit meinem Auto - ohne Vignette - fahren musste. Zum Glück gibt es bei Google Maps die Option, Mautstraßen auszuschalten, und so fuhren wir durch Liechtenstein und - nach der Überquerung des Rheins - über Nationalstraßen in der Schweiz.

Es ging zunächst in Richtung Wattwil durch den Kanton St. Gallen, und ich bin nicht sicher, ob wir den Säntis gesehen haben oder ob das nur ein kleinerer Berg war und der Säntis dahinter in den Wolken verschwunden - sei's drum, das war eine wunderbare Strecke mit wunderbaren grünen Almen, das war toll ...

In Wattwil ging es weiter in Richtung Wil (auch noch Kanton St. Gallen), in Wil bogen wir dann aber ab in Richtung Frauenfeld und Schaffhausen und durchfuhren den Kanton Thurgau. Ein kleines Stück ging es zwischendurch durch den Kanton Zürich, ehe wir ein Schild in Richtung Diessenhofen sahen. Diessenhofen wäre das Ziel der heutigen Wanderung gewesen (wenn ich es geschafft hätte), und die dortige Holzbrücke wollte ich gerne schonmal sehen. Also fuhren wir einen kleinen Umweg, sahen den einzigen Zöllner des heutigen Tages (der in Diessenhofen die in die Schweiz Einreisenden kontrollierte, uns aber ungeschoren ließ, auch wenn er sich - ungewollt - fast vor mein Auto warf ...), überfuhren die Holzbrücke und waren zum 2. Mal (meine Mutter) bzw. 6. Mal (ich) heute in Deutschland angekommen, und zwar in Gailingen.

Dieser Zustand hielt aber nicht lange an, denn wir bogen bei erster Gelegenheit wieder in Richtung Schweiz ab - das war jetzt keine Spinnerei mehr, sondern der kürzeste Weg nach Hause. Allerdings, und ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass das keine besondere Freude gewesen wäre, kamen wir auf diesem kürzesten Weg auch durch Büsingen.

Erstmal aber reisten wir aus Deutschland aus (Gailingen) und in die Schweiz ein (Dörflingen). Wenige hundert Meter kamen wir aber schon wieder nach Deutschland (Büsingen), denn Büsingen ist - als Enklave in der Schweiz - deutsches Gebiet, auch wenn es zollrechtlich zur Schweiz gehört. Wir waren also jetzt binnen vielleicht zwanzig Minuten zweimal aus der Schweiz ausgereist und zweimal nach Deutschland eingereist ... Die Durchquerung Büsingens dauert nicht wirklich sehr lange, aber wir machten noch ein Foto an einem Grenzstein, waren dann wieder auf Schaffhauser, also Schweizer Gebiet, gelandet (zum letzten Mal am heutigen Tag) und dachten, wir hätten alle Neuheiten des heutigen Tages gebührend gefeiert.

Nun gibt es aber einen neuen Umgehungstunnel um Neuhausen am Rheinfall herum, und den war weder meine Mutter noch ich je gefahren. Nachdem wir aber den Abzweig verpasst hatten, musste ich weiträumig drehen, und im zweiten Anlauf erwischte ich die Abfahrt ... Auch das war interessant, aber dann war die Strecke wirklich altbekannt, auch weil wir über den Stühlinger Kalvarienberg fuhren, den ich mit meiner Mutter in Kindertagen auf dem Weg zum Zigaretteneinkauf für meinen Vater in Schleitheim mehrmals im Monat gefahren war.

Das war ein richtig, richtig schöner Tag (obwohl ich morgen wieder arbeiten muss), einen Vier-Länder-Tag hatte ich zuletzt 2017 eingelegt auf dem Weg zu einem Schulfreund nach Zwolle.

Und dass praktisch alle Freunde mich für verrückt erklärt haben nach der nächtlichen Aktion und dem Tagesausflug, versteht sich von selbst.

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Gestern? Achso, gestern, habe ich eine kurze Wanderung von Obermettingen nach Untermettingen und Detzeln gemacht, ließ mich aber - unter anderem wegen aufkommenen schlechten Wetters - dann von meiner Ma in Detzeln abholen. War schön, keine Frage, aber sorry, der heutige Tag überstrahlt alles, was in den letzten Wochen war ...

Die Grenzen sind offen!

Wiizemersteg unter Taschenlampenbeleuchtung

Auf der Grenze um kurz nach Mitternacht

In St. Gallen

Möglicherweise der Säntis, so genau weiß ich es nicht ...

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