Meine Länder

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Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Montag, 29. Juni 2020

Un cheval de gâteau au miel qui boite

... wird morgen in den Zeitschriften des Oberelsass erwähnt werden, ein "Honigkuchenpferd, das humpelt". (So behauptet es jedenfalls Google Translate, mein Französisch ist ja fast so legendär schlecht wie mein Russisch, jedenfalls versuchte ich es in einer WhatsApp-Nachricht an eine gute Freundin wie folgt: "Cavalle de miel et brioche humblent". Bei "cavalle" hätte ich es besser wissen können, aber da war ich zu sehr vom spanischen "caballo" verseucht, "brioche" finde ich gar nicht so unpassend, und "humblent" von "humpeln" zu "humblir" zu "humblent" ... Naja, war doof, merkste selbst, nich ...?).

"Was (oder wieviel) hat der denn heute genommen?" Das wird sich mancher Leser fragen, aber nachdem ich im Rheincenter im Weil am Rhein geparkt hatte und - aufgrund meiner Kniebeschwerden mit Krückstock - über die Dreiländerbrücke zwischen Weil am Rhein und Hüningen (Huningue) im Elsass gehumpelt war, stand ich da - erst auf der Brücke, danach auf dem linksrheinischen Ufer - erstmals seit einigen Monaten wieder in Frankreich und grinste wie ein grenzdebiles Honigkuchenpferd vor mich hin ... Soooooooo schön, dass man diese Grenze so einfach überwinden kann.

Ich bitte um Entschuldigung, ich bin heute sehr früh aufgestanden, weil wir um 7.30 Uhr in Freiburg sein mussten, und so lange meine Mutter etwas zu erledigen hatte, fuhr ich weiter nach Weil am Rhein über die A5.

Ich hatte im Radio immer "A5, Weil am Rhein Grenzübergang, [x] km LKW-Stau" gehört, seit ich denken kann, aber heute sah ich dieses achte Weltwunder zum ersten Mal in meinem Leben live und in Farbe. Liebe EU, liebe Schweizer, das ist doch alles Quatsch - es muss doch irgendwie möglich sein, dass ihr euch auf irgendetwas einigen könnt, dass die armen LKW-Fahrer nicht tagelang an der Grenze stehen müssen (und damit die Autobahn blockieren). Zollunion, elektronische Zollerklärung mit Stichproben, irgendetwas in der Art muss doch heutzutage gehen, wir sind doch in Mitteleuropa!

Jedenfalls kam ich als Autofahrer gut an den Ampeln (!!!) auf der Autobahn (die Ampeln regeln die Zufahrt der LKWs zur Schweizer Zollkontrolle) vorbei und fuhr die letzte Ausfahrt in Deutschland ab, schließlich wollte ich im Rheincenter direkt an der Schweizer Grenze parken. Ich hatte die Rechnung nur ohne Navigationssystem gemacht, denn auf einmal war ich in Otterbach (einem Ortsteil von Weil am Rhein, also noch in Deutschland, aber auf der anderen Seite der Bahngleise als gewünscht) gelandet.

Nun denn, das kam mir aber nicht völlig ungelegen, denn hier wollte ich ohnehin hin (aber eigentlich erst nach dem Überqueren der Dreiländerbrücke). Sei's drum, ich plante um, fuhr am Baseler Knast vorbei (den sie natürlich direkt an die deutsche Grenze gebaut haben) und parkte - mit Parkscheibe - unweit des Knastes an der Straße.

Hier, im Park "Lange Erlen" sollten einige alte Grenzsteine stehen, und die Nr. 12 und 14 wollte ich aufsuchen. Zunächst lief ich aber in Richtung der Nr. 9, aber da die unmittelbar am Knast steht, ich über ein Brückchen hätte laufen müssen und außerdem Polizei da in der Nähe stand, hob ich mir die Nr. 9 für später auf und lief an dem kleinen Bächlein entlang ... Die Nr. 11 (oder 10) sah ich aus der Ferne, aber die Nr. 12, die angeblich einer der ältesten Grenzsteine ist, die sah ich. Allerdings sah ich auch ein Schild der deutschen Bundespolizei, dass an dieser Stelle der Grenzübergang (wobei das da nicht mehr als ein Pfad ist) gesperrt sei. Das Schild ist wahrscheinlich nach dem Aufhebung der Corona-Grenzsperrung einfach vergessen worden, aber trotzdem ist das skan-da-lös!

Ich machte Fotos von der Nr. 12, humpelte weiter zur Nr. 13 und zur Nr. 14, machte vom - sehr schönen - Stein Nr. 14 ausgiebig Fotos und ging dann zurück - teilweise unter mitleidigen Blicken der allesamt sehr freundlichen Basler auf meinen Krückstock; keine Sorge, das wird wieder -, ohne die Nr. 9 noch einmal zu suchen. Ich war schonmal sehr zufrieden ...

Ich fuhr zurück über die gleiche Grenzstation, suchte in Otterbach erfolglos Grenzsteine (kein Wunder, wenn die Grenze nicht da verläuft, wo ich das vermutete ...) und schaute danach, dass ich zum Rheincenter kam.

Dort fuhr ich ins Parkhaus, stieg aus und lief erst einmal durch die Ladezone, denn da unten am Rhein lag der Grenzstein Nr. 1 (Baden-Basel). Das Hafengelände ist schweizerischerseits abgezäunt, aber der Grenzstein steht diesseits des Zauns, sodass ich zumindest die badische Seite ungestört fotografieren konnte.

Ich ging ein paar Meter weiter zum Rhein, stieß dort auf den Rheinkilometer 170 und hatte von dort einen wunderbaren Blick auf die Dreiländerbrücke. Nach einigen Metern am Rhein entlang kam ich von der anderen Seite zum Rheincenter, erklomm die Treppe hoch auf die Brücke und genoss den Blick auf den Rhein.

Auf der Dreiländerbrücke ist die deutsch-französische Grenze nicht markiert - ich bin nicht sicher, ob das daran liegt, dass die Mitte des Rheins (und die ist wohl die Grenze, nicht der Talweg) sich bewegt, oder weil man auf dieser grenzüberschreitenden Brücke keine Grenze einzeichnen wollte. Sei es, wie es sei, irgendwo überquerte ich die deutsch-französische Grenze und war glücklich ...

Das französische Ufer wird gerade verschönert, sodass da viel Baustelle ist und ich keine größere Stadterkundung von Huningue (Hüningen) machte. Also lief ich zurück nach Deutschland - ich hatte jetzt Frühstückshunger und wollte bei McDonald's frühstücken, damit ich wenigstens im Rheincenter etwas konsumiert hatte.

Die Bundespolizei stand vor dem Eingang, durch den ich reinwollte, und ich wurde nach meinem Ausweis gefragt. Ich war einigermaßen perplex und hinterfragte das in dem Moment nicht, aber da ich nun vielleicht zweihundert Meter von der Grenze und damit definitiv innerhalb des Dreißig-Kilometer-Radius war, in dem die Bundespolizei mehr oder weniger verdachtsunabhängig kontrollieren darf, war das nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 des Bundespolizeigesetzes mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ...

Nun denn, beim Frühstück eines Burgers guckte ich mir das Bundespolizeigesetz durch und entschied mich, es der Bundespolizei heimzuzahlen, indem ich sie wegen des vergessenen Schildes bei Nr. 12 (von wegen Grenzübertritt verboten und so) beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages verpfeife.

Ich verließ - fröhlich pfeifend und schelmisch grinsend, nein, ganz so schlimm war's nicht - das Rheincenter mit dem Auto und fuhr direkt in die Schweiz. Am Grenzübergang an der Zollstraße stand ein Schweizer Zöllner, aber der interessierte sich nicht für mich.

Ich fuhr ein bisschen in Basel im Seich herum, denn eigentlich wollte ich zur offiziellen Dreiländereck-Skulptur. Diese liegt ein bisschen versteckt im Basler Hafen, und nachdem ich mich an Güterwaggons und Gabelstaplern vorbeilaviert hatte, kam ich zum Parkplatz für diese Skulptur. Nun hatte ich nur eine Kreditkarte dabei und kaum (europäisches wie Schweizer) Bargeld, und zu allem Überfluss hatte ich ausgerechnet hier kaum Netz, sodass ich auch diese tolle Schweizer Park-App nicht herunterladen konnte. Mist war's ...

Nun wollte ich alles andere als einen Schweizer Strafzettel riskieren, also ließ ich Dreiländereck Dreiländereck sein und entschied mich, den anderen Basler Grenzstein Nr. 1, nämlich zwischen Frankreich und der Schweiz, zu suchen.

Ich hatte Mutters Auto und daher eine Schweizer Autobahnvignette, sodass ich über die Autobahnen in Basel fahren konnte. Allerdings fuhr ich eine Ausfahrt zu spät ab, sodass ich in Bourgfelden und damit viiiiiel zu weit westlich landete.

Ich erkannte mein Malheur und fuhr zurück in Richtung Rhein. Die Avenue de Bâle (Basler Straße) klang gut, also bog ich rechts ab. Noch einmal parkte ich, orientierte mich und entscheid mich, abermals über die Schweizer Grenze zu fahren. Diesmal hielt der Schweizer Zöllner mich an und fragte, was ich vorhätte ...

Ich redete ihn völlig über den Haufen und sagte ihm - wahrheitsgemäß -, dass ich den Grenzstein Nr. 1 suchte. "Ach, Sie sind privat hier!?" Wir waren uns einig, dass der Grenzstein am Rhein und im Industriegebiet sei, und waren uns - während des Gesprächs stauten sich etliche Autos hinter mir - einig, dass es schwierig sein könnte, in unmittelbarer Nähe einen Parkplatz zu finden. Ich warf ein, dass es einen Fußweg gebe (die ersten Autos hinter uns waren soooo kurz vorm Hupen, ein Kollege des Zöllners kam raus und guckte, was mein Zöllner mit mir anstellt), und schließlich empfahl er mir - ohne während des gesamten Gesprächs einmal mit der Wimper zu zucken ob meines wahrscheinlich doch leicht außergewöhnlichen Einreisegrundes -, 600 Meter geradeaus zu fahren und dort irgendwo zu "parkieren".

Ich bedankte mich sehr herzlich, fuhr 600 Meter geradeaus, fand keine Parkmöglichkeit und ließ es für heute sein ...

Ich weiß selbst nicht so genau, was ich danach vorhatte, wahrscheinlich wollte ich wieder nach Deutschland, bog irgendwo am Rheinhafen ab, fuhr durch eine Baustelle durch und fand mich am Ende am Zoll in der Freiburgerstrasse wieder, an dem ich die heutige Grenzübergangsodyssee gestartet hatte.

Wieder ging es nach Deutschland und ich fuhr in Richtung der Eisernen Hand auf die B 317. Die Eiserne Hand ist ein Waldgebiet auf der Gemarkung des (schweizerischen) Ortes Riehen, das - fast wie ein ausgestreckter Mittelfinger - nach Deutschland hineinragt. Ich bog direkt vor dem Beginn der zollfreien Straße (von der hatte ich Anfang Mai begeistert berichtet) ab und fuhr - wieder über einen Zoll, an dem keiner etwas von mir wollte - nach Riehen rein. Irgendwie fand ich keinen vernünftigen Parkplatz und fand mich, schwuppsdiwupps, an einem weiteren Zoll wieder, war also - glaube ich - wieder in Deutschland (auch heute verlor ich gelegentlich die Orientierung, ich welchem Land ich gerade unterwegs war).

Ich fuhr durch Inzlingen durch und in Richtung Grenzach-Wyhlen, parkte aber erstmal auf einem Wanderparkplatz und schaute, wo genau ich denn jetzt schon wieder im Seich herumgefahren war. Aha, okay, hier war ich ... Ich war ein Stückchen entfernt von der Eisernen Hand, erkannte aber, dass ich, wenn ich in Inzlingen abgebogen wäre, direkt auf ein Sträßchen zur Eisenen Hand gekommen wäre.

Ich kehrte also um, fuhr in Inzlingen ins Wohngebiet und in Richtung Maienbühl, nur um von einem Straße-gesperrt-Schild ausgebremst zu werden ... Davon ließ ich mich aber nicht entmutigen, sondern parkte das Auto direkt vor dem Schild und lief die verbleibenden paar hundert Meter den Berg entlang, bis ich an die Grenze kam.

Die beiden Grenzsteine waren leider nicht wirklich zu erreichen (der eine stand am Feldrand, aber das Feld war abgesperrt), der andere war ein ganzes Stück entfernt den Berg hinauf, und noch mehr ins Schwitzen als ohnehin schon wollte ich nicht kommen. War aber völlig wurscht, denn ich war - wenn auch nur wenige Meter - in der Eisernen Hand.

Ein zweiter Skandal folgte allerdings, denn hier war nicht nur ein neutrales Schild "Landesgrenze", sondern auch ein (uraltes) Schild, das es "Fußwanderern" - außer sie sind "visumpflichtige Ausländer" - "bei Tag" erlaubt, die Grenze zu überqueren. Weder die zeitliche noch die personenbezogene Bedingung halte ich für vereinbar mit Artikel 22 des Schengener Grenzcodex, und gerade eben habe ich schon die Beschwerde an den Petitionsausschuss geschickt, dass der auf das Bundesinnenministerium einwirken möge, dass dieses auf die Bundespolizei einwirken möge, diese beiden skan-da-lö-sen Schilder zu entfernen. Mal gucken, was die antworten ...

Ich lief zurück, wollte zumindest einen Grenzstein an der Eisernen Hand aus nächster Nähe sehen, fuhr - laut Navi - die Waldstraße hoch, aber auch die war - weit vor der Grenze - gesperrt. Auch ein zweiter Versuch scheiterte, sodass ich mich entschied, Eiserne Hand und Grenzstein Nr. 1 (Frankreich-Basel) auf einen anderen Tag zu verschieben.

Meine Ma war ja noch in Freiburg, und es wäre ja zu einfach gewesen, einfach auf deutschem Gebiet zurückzufahren. Also fuhr ich zunächst über die Zollfreistraße, fuhr zum vierten Mal heute über den Zoll an der Freiburgerstrasse (die müssen mich da für völlig bekloppt halten - Ruhe!), fuhr auf die Schweizer Autobahn in Richtung Mülhausen im Elsass, wurde am französischen Autobahnzoll keiner Zollkontrolle unterzogen und fuhr dann über die französische A35 und A36 auf die deutsche A5 (keine Kontrolle, und die deutschen Ausfahrtsbaken stehen schon auf französischem Gebiet ...).

Alles gut am heutigen Tag, in jeder Hinsicht ...

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Achso, meine Ma und ich haben am Freitag ein Hotel im Ausland gebucht, und zwar in Südtirol, unweit von der Grenze zur Lombardei und zur Schweiz. Dort, an der Dreisprachenspitze (das ist die Grenze zwischen der italienischsprachigen Lombardei, dem großteils deutschsprachigen Südtirol und dem jedenfalls teilweise rätoromanischsprachigen Graubünden), steht der Grenzstein Nr. 1 (Italien-Schweiz) an der Garibaldi-Hütte, sodass wir - nachdem ich die grob geschätzt fünfzig Serpentinen hoch zum Stilfser Joch gefahren sein werde - da vielleicht noch hochkraxeln und Foti machen. Danach geht es wenige Serpentinen runter zu unserem Hotel mitten in der Serpentinenstrecke - ich bin sehr gespannt auf unser Ausflügle, und meine Ma war - für mich etwas überraschend - sofort Feuer und Flamme ... Naja, solange ich fahre ...

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Das war ein bissel lang heute, aber es gab auch viel zu erzählen ...

Skandalös I

Grenzstein Nr. 14

Grenzstein Nr. 1

Rheinkilometer 170

Dreiländerbrücke

Auf der Dreiländerbrücke

Stahlträger: Frankreich, links: Deutschland, rechts: Schweiz

Skandalös II

Nicht skandalös

Donnerstag, 25. Juni 2020

Der Jäger mit dem Gewehr

..., der mir heute entgegenkam, lief einfach - mit offen getragener Waffe - über die deutsch-schweizerische Grenze, als ob die Einfuhr von Waffen in die Schweiz bzw. in die EU das Normalste der Welt wäre ... Ich gehe mal davon aus, dass Jäger im Grenzgebiet das dürfen, aber irgendwie komisch sah das für mich doch aus.

Das war aber - abgesehen von meinem blöden Knie, das mir gegen Ende der Wanderung richtig Ärger machte - das einzige Vorkommnis, an dem ich nicht die allerhellste Freude hatte, denn heute machte ich mal wieder - nicht gähnen da hinten, hab ich gesagt - eine Grenzsteintour. Und nein, ich habe noch nicht alle Grenzsteine zwischen Deutschland und der Schweiz besucht, ganz und gar nicht - aber ein schönes Ziel wäre es doch, es gibt ja über 1.000, denke ich ...

Ich kutschierte meine Mutter nach Stühlingen, danach über die Grenze in Richtung Neuhausen am Rheinfall, von dort wieder über die Grenze nach Jestetten und weiter nach Balm, einem Ortsteil von Lottstetten. Dort zeigte ich ihr, wo sie - sie hatte sich heute entschieden, nicht zurück nach Bonndorf zu fahren, sondern mich am Zielort zu erwarten, eine Bluse muss noch umgenäht werden, und das konnte sie auch im Auto - auf mich warten könne, nämlich an dem wunderbaren Uferabschnitt, an dem ich vor ein paar Wochen erstmals den Rhein wandertechnisch erobert hatte.

Von dort fuhren wir weiter nach Nack und in den Ort hinein. Leider durfte ich - Straße für Motorfahrzeuge gesperrt - nicht so weit fahren wie geplant, aber dadurch wurde die Wanderung halt ein bisschen länger.

Ich lief quasi mitten durch den Golfplatz dort hindurch (diese Golfer sind ein freundliches Völkchen, stellte ich fest), und am Ende des Golfplatzes war der erste Grenzstein, Nr. 124 (Baden-Zürich). Ich lief ein bisschen am Waldrand vorbei und dann über einen Pfad, dokumentierte natürlich jeden Grenzstein, den ich fand, bis ich schließlich am ersten Höhepunkt der heutigen Wanderung anlangte, am Grenzstein Nr. 129 (Baden-Zürich)/35 (Baden-Schaffhausen).

Der Grenzstein 129/35 bildet das Drei-Regionen-Eck zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Kanton Zürich und dem Kanton Schaffhausen, und natürlich legte ich auch hier meinen Griffel auf den Treffpunkt der Grenzlinien, sodass ich mit meinem Zeigefinger gleichzeitig in Deutschland, in Zürich und in Schaffhausen war ... Cool ...

Mein Ziel war der Grenzstein Nr. 1 (Baden-Schaffhausen), und so lief ich an den herunterzählenden Grenzsteinen vorbei. Es ging durch den Wald, über Feld, einmal hätte ich mitten durchs Feld gemusst, da bin ich dann doch lieber außen herum gegangen (sonst schießt noch ein Schweizer Bauer auf mich, das kann ja auch keiner wollen), ich lief ein Stückchen an der Zollstraße Rüdlingen-Nack entlang, bog dann wieder ins Feld ab, kämpfte mich teilweise durch den Wald und spätestens ab Grenzstein 11 einen ziemlich steilen Abhang herunter (das tat meinem Knie sicher gut ...), bis ich schließlich hinter Grenzstein 9 endlich auf einen halbwegs ebenen Waldweg geriet.

Ach Mann, es ist einfach schön, wenn man auf so einer Wanderung wahrscheinlich -zig Mal eine Staatsgrenze überquert und es keinen Menschen (außer mir natürlich) interessiert ...

Am Grenzstein 3 sieht man noch eine alte Schildeinfassung, an der bis 2008, dem Jahr des Beitritts der Schweiz zum Schengener Abkommen, ein Grenzübertrittshinweis stand, danach kam ich sehr bald zum Grenzstein 1 ziemlich nah am Rhein. Das war der zweite Höhepunkt des heutigen Tages ...

Und der dritte folgt sogleich, denn wenige Meter hinter der Grenze geht es rechts runter an den Rhein. Dort hängt eine große Glocke, und man die läutet (und noch zusätzlich den roten Knopf drückt, moderne Technik und so ...), dann kommt - im Sommer - eine Rheinfähre angefahren (nur zwischen 9 Uhr und 19 Uhr mit Mittagspause von 12 Uhr bis 12.45 Uhr), die einen für maximal 3,50 Franken (ca. 3,20 Euro) über den Rhein schifft. Heute war es schon deutlich nach 19 Uhr, aber das muss ich unbedingt nochmal ausprobieren ...

Von hier ging es durch den Wald, an einer größeren Liegewiese am Rhein vorbei, eine Waldtreppe hoch, dann am Waldrand bis zur Kläranlage von Lottstetten und schließlich durch Balm durch bis zum Ortsbrunnen, an dem meine Mutter mich dann einsammelte.

Zurück musste wiederum ich fahren, und wir fuhren durch Nohl (wo ich vor ein paar Wochen Endstation gemacht hatte und von wo ich - irgendwann demnächst - mal in Richtung Schaffhausen und Büsingen durchstarten will), dort über die Grenze (wenn da kein Grenzstein am Wald stünde, würde das kein Mensch merken, okay, merkt also kein Mensch außer mir ...) und schließlich die altbekannte Strecke über Schleitheim und Weizen zurück.

Wieder ein schöner Tag, wieder ein Tag in der Schweiz, ich habe heute mehrfach den Überblick verloren, in welchem Land ich mich gerade befinde, das war soooooo schön ...

Grenzstein 129/35 - am Drei-Regionen-Eck Deutschland/Zürich/Schaffhausen

Mein Griffel in Deutschland, Zürich und Schaffhausen

In der Fluchtlinie des einen Grenzsteins sieht man den nächsten

Bild aus der Schweiz nach Deutschland

Grenzstein Nr. 3 mit altem Schildrahmen

Grenzstein Nr. 1 am Rhein

Einreisestelle Rheinfähre Ellikon-Nack (rechts die Glocke)

Der Rhein bei Nack

Dienstag, 23. Juni 2020

Öfter in der Schweiz

... war ich in den letzten Tagen, aber die einzige Wanderung ... nein, "Wanderung" ist falsch, den einzigen Spaziergang habe ich gestern gemacht, aber der ging natürlich auch - durch die Schweiz ...

Am vergangenen Mittwoch musste ich mit meiner Mutter nach Singen und auf dem Heimweg zeigte ich ihr den Schwarzen Stein, den nördlichsten Punkt der Schweiz. Meine Ma wollte ungefahr ihren Finger auch auf diesen Punkt legen, und ich machte ein Foto, auf dem die Grenze gerade durch sie hindurch geht ... Hamwa se also auch angefixt.

Anschließend fuhren wir über verschlungene Pfade (der direkte Weg über die Alte Bargener Straße ist inzwischen ein Forstweg, und über die Autobahn fuhren wir nicht, weil wir in meinem Auto unterwegs waren) nach Wiechs am Randen und dort in den Schlauch (schweizerisch: Schluuch).

Dort wird die Schweizer "Hauptstrasse" 4 auf einem kleinen Stückchen durch deutsches Gebiet und - hier - durch eine Kreisstraße des Landkreises Konstanz unterbrochen. In den Schlauch wollte ich aber eigentlich, weil da angeblich auf der Seitenauslinie des Fußballplatzes eine Grenzsteinmarkierung in den Boden eingelassen ist.

Hatte es bei unserem Zwei-Kilometer-Spaziergang zum Schwarzen Stein gerade angefangen zu nieseln (und drei Sekunden lang richtig zu regnen ...), war im Schlauch jetzt richtig Regen angesagt. Der Fußballplatz war abgesperrt, ich konnte einen (richtigen, hohen) Grenzstein direkt neben dem Platz sehen, ich hatte keine wasserdichten Schuhe an - wir ließen es bleiben.

Wenige Sekunden nach dem Verlassen des Parkplatzes des (deutschen) Hotels waren wir am Grenzstein schon wieder vorbei und also in der Schweiz. Wir blieben schön auf Kantonalstraßen (okay, Kantonalstrassen), die man ohne Vignette befahren darf, kamen durch Schaffhausen durch, an den Bahnhof und fuhren mal wieder (zum zweiten Mal, glaube ich) durch den Galgenbucktunnel in Richtung Heimat ...

Den Donnerstag und Freitag verbrachte ich nahezu ausschließlich in den eigenen vier Wänden, auch weil mein Knie - jaja, Mist isses - immer mal wieder muckte ...

Dafür ging es am Samstag auf große Fahrt nach Thüringen, weil meine Mutter und ich bei einer alten Freundin in Erfurt zum Geburtstag eingeladen waren. Die Feier war toll und sehr entspannt, ich verzehrte endlich mal wieder Thüringer Rostbratwürste, und nicht nur die waren sehr lecker ...

Wir schliefen in einem Hotel in der Nähe, und ich muss ja sagen, es ist ein bisschen gruselig im Moment in Hotels (oder zumindest in diesem): Das Hotel kann natürlich nichts dafür, aber wenn die Bar ausgeräumt und das Foyer ausgestorben ist, wenn du wenigstens die Maske absetzen kannst, weil an der Rezeption ein Spuckschutz ist, wenn du morgens beim Frühstück auf dem Weg zum Tisch und vom Tisch zum Buffet Maske tragen musst, dir eine Angestellte die Wurst (nach Wunsch) auf dem Teller reicht, das ist schon alles nicht so richtig gemütlich ... Lecker war aber auch das Frühstück, sodass wir ganz ruhig machten und - mit einmaligem Ums-Karree-Fahren - wieder auf die Autobahn kamen.

Die Fahrerei am Sonntag war sehr entspannt, und als wir da auf der A81 in Richtung Singen fuhren, entschieden wir uns - ich war schon fast 100 Stunden nicht in der Schweiz gewesen -, die A81 bis zu ihrem Ende zu fahren und durch den Kanton Schaffhausen nach Hause zu tuckern.

Die A81 endet an einem Kreisverkehr, und von dort geht es über eine Landstraße zu einer richtig großen Grenze (liebe Schweizer, ihr müsst ja nicht in die Europäische Union eintreten, wenn ihr es für richtig haltet, aber macht doch wenigstens eine Zollunion mit der Europäischen Union, damit man diese Bürokratiegebäude dort zurückbauen kann ...). Von uns Touristen wollte kein Grenzer was, sodass wir - wie viele vor und hinter uns - einfach durchfahren konnten, aber die LKW-Kolonnen, die es da manchmal geben muss, die müssen doch nicht sein ...

Wir fuhren über die Nationalstrasse 4, die bis Schaffhausen fast durchgehend nur eine normale Landstraße ist (eine Spur in jede Richtung), kamen dann in Schaffhausen in den Nationalstrassentunnel, fuhren aus diesem raus und landeten - natürlich - im Galgenbucktunnel ... Den Heimweg fand - jetzt war es der Wagen meiner Mutter, aber trotzdem - das Auto fast von selbst.

Ende des Sonntages? Wo denkt der werte Leser hin? Ich musste meiner Mutter natürlich den Wiizemersteg mal zeigen und - vor allem - mit ihr denselben überqueren, also luden wir nur kurz das Zeug daheim ab und starteten nach Weizen durch. Es ging rüber in die Schweiz, zurück nach Deutschland, hin und her, mal stand meine Mutter in Deutschland und ich in der Schweiz ("Grüße nach Deutschland", höhö), und unterdrunter floss die Wutach an diesem herrlichen sonnigen Sonntag ...

Zur Feier der Erstüberquerung des Wiizemersteges durch meine Mutter landeten wir ... aber das ist ein anderes Thema.

Gestern, Montag, hatte ich es mir zum Ziel gesetzt, mein Knie zu ignorieren und zumindest einen kurzen Spaziergang durch die Schweiz zu machen. Also fuhr ich Mutters Auto bis fast zum Sportplatz in Grimmelshofen, stieg aus, sie fuhr heim und ich marschierte in Richtung Schelmengraben, der auf dem Wanderschild korrekterweise als "Grenzübergang" ausgeschildert ist.

Heute überquerte ich die Grenzbrücke über das Bächle dort nicht nur ordnungsgemäß, sondern lief auch in die Schweiz hinein. Der Wald dort ist Naturschutzgebiet und Versuchsobjekt des Waldbau-Institutes der ETH Zürich, sodass es da kaum menschliche Eingriffe gibt - und der Wald ist richtig schön. Es stört ein wenig, dass man von der - nahen - deutschen Bundesstraße die ganze Zeit den LKW-Lärm hört, aber manchmal rauscht die Wutach auch so laut, dass man es kaum hört.

Auf einmal traute ich meinen Augen nicht: Was macht ein GB-CS-Grenzstein mitten (naja, "mitten") in der Schweiz? Es handelt sich (ich Dussel machte statt eines Fotos von der Seite mit der Nummer ein Video ...) um den Grenzstein 466, und bis gerade eben dachte ich, dass der einfach noch aus der Zeit der Grenzveränderung 1966/67 dort steht. Ich habe jetzt aber auf der Karte des damaligen Vertrages geschaut und gesehen, dass der Grenzstein Nr. 466 eigentlich rechts der Wutach, also auf heute deutschem Gebiet, stand - entweder verstehe ich hier etwas grob falsch oder der Grenzstein wurde, nachdem er nicht mehr gebraucht wurde, dorthin "umgepflanzt". Das bedürfte einer Evaluierung (die ich vielleicht - s.u. - heute Abend noch unternehme, das ist nämlich vom Wiizemersteg nicht so weit weg ...).

Ich kam aus dem Wald heraus in offenes Feld (herrlicher Sonnenschein) und lief ein bisschen an den Feldern entlang, ehe ich dem "Tar da da"-Weg (keine Ahnung, was für ein schweizerischer Kehllaut das jetzt schon wieder ist ...) ein kurzes Stück folgte, über ein kleines Wehr balancierte und wieder im Wald auf einem Trampelpfad verschwand. Der Trampelpfad führte - fein säuberlich - um einen umgestürzten Baum herum und am Ende landete ich im Industriegebiet des Schleitheimer Ortsteils Oberwiesen.

Ich lief um das Industriegebiet herum und übertrat, kritisch beäugt von Schweizer Grenzwächtern, die heute hier mal alle einfahrenden Fahrzeuge kontrollierten (nur eine gewisse Zeit lang, das wird man noch unter "Stichprobe" im Sinne des Schengener Grenzkodex subsumieren können), erstmals an dieser Stelle zu Fuß die Grenze. (Kaum hatte ich die Grenze überquert, gaben die Schweizer auf und zogen ab ...) Der deutsche Zöllner guckte mich auch an wie ein Auto, aber meine Mutter holte mich wenige Minuten später auf deutscher Seite ab. (Achso, der "Grenzstein" Nr. 447 dort ist eine Grenzplakette, weil die Mitte der Wutach die Grenze darstellt, und darüber thront ein grenzüberschreitendes Kunstwerk ...)

Da aber die Schweizer Zöllner jetzt weg waren (wir haben nichts geschmuggelt, aber so eine Zollkontrolle nervt einfach), machten wir noch eine kleine Spritztour über Schleitheim, Hallau und Wunderklingen. In Wunderklingen steht direkt neben der Straße ein Stein, den der Anfänger für einen Grenzstein halten könnte - da fehlt aber die Nummerierung und auch die Richtungsanzeige zu den anschließenden Grenzsteinen ... Mein Adlerauge fand aber - oben auf dem Abhang - den Grenzstein, allerdings nicht den Anschlussgrenzstein ... Schade.

Sei es, wie es sei, wir fuhren über Eggingen zurück nach Hause.

Jetzt fahre ich, glaube ich, wirklich noch zum Wiizemersteg und gucke mir den Grenzstein nochmal genau an ...

Eine Stunde später: So, ich war eben nochmal am Wiizemersteg, bin rüber in die Schweiz, habe den Grenzstein gefunden - es ist die Nr. 466, aber das ergibt alles gar keinen Sinn. Ich werde das weiter hinterfragen, entweder bin ich schief gewickelt, oder jemand hat sich einen furchtbaren Scherz mit mir erlaubt ...

Das Schild jetzt mal bei Tag

Grenzbrücke am Seldengraben

Waldweg in der Schweiz

Schweizer Feld und Wald

Schweiz im Vordergrund, Wutach, Deutschland im Hintergrund

Idyllische Wutach

Grenzstein Nr. 447 mit Skulptur

Dienstag, 16. Juni 2020

In der Teufelsküche, dann in der Schweiz

... bin ich heute gewesen, und, liebe Besserwisser, ich weiß natürlich, dass die Redewendung "in Teufels Küche" lautet, aber der Waldweg, den ich heute zwischen Stühlingen und Eberfingen hochgestiegen bin, heißt nun einmal "Teufelsküche", und das Wegsymbol ist ein kleines rotes Teufelchen ...

Nachdem ich den ersten Arbeitstag nach drei Wochen Urlaub beendet hatte und meine Mutter aushäusig war, musste ich mir einen Rundweg zusammenbasteln, und ich entschied mich, an den Wanderparkplatz zwischen Stühlingen und Eberfingen zu fahren, an dem meine Mutter mich neulich mal abgeholt hatte.

Von dort lief ich erstmal am Waldrand entlang in Richtung Eggingen, hatte dann aber die Auswahl, ob ich den längeren Weg außenherum (über eine Kreisstraße) laufe oder mich auf den Pfad durch die Teufelsküche wage. Ursprünglich hatte ich geplant, den längeren Weg zu nehmen, aber da wäre ich an kaum mehr Grenzsteinen vorbeigekommen, und "Teufelsküche" klang interessant - die wollte ich erkunden.

Nun, in der Teufelsküche kam ich fast in Teufels Küche, denn das ist ein enger, rutschiger Pfad mit teilweise heftigen Steigungen, ab und zu liegt der Weg im Bachbett, und zu allem Überfluss fing es ein bisschen an zu regnen, als ich - bei blauem Himmel! - den Weg hochkraxelte, sodass die ohnehin rutschigen Pfade noch rutschiger wurden.

Jemand hat da auch so etwas wie eine Treppe reingebaut, aber die Treppenstufen müsste man mal erneuern, denn die sind so schief und quer (und natürlich rutschig), dass der Baumstamm, an dem man sich abstützen kann (und sollte!) schon ganz abgegriffen ist. Wenn man am oberen Ende dieser Treppe ankommt, geht es erstmal - nicht ausrutschen! - an einem vier, fünf Meter hohen Abhang vorbei, das war die erste Wanderung, bei der ich erstens feststellte, dass man manchmal Trittsicherheit braucht, und bei der ich zweitens die Hände zu Hilfe nahm, um mich am Fels festzuhalten, auf dass ich nicht abrutsche und ins Bachbett kippe ...

Das ist - damit ich nicht falsch verstanden werden - ein wunderbarer Pfad, und es macht großen Spaß, den hochzulaufen, aber hinterher war ich völlig verschwitzt, und ein bisschen Angstschweiß wird - neben dem Anstrengungsschweiß - auch dabeigewesen sein ...

Irgendwo auf diesem Pfad - so genau konnte ich es nicht eruieren, weil ich keinen Grenzstein sah - überquerte ich nicht nur die Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz, sondern auch - wenige Meter weiter - ein paar Mal die Grenze zwischen den Schaffhauser Gemeinden Oberhallau und Hallau.

Als ich aus der Teufelsküche herauskam, begrüßte mich die Schweiz mit einem wunderbaren Blick auf Feld und Wald und Wolken und Hügel, und ich freute mich - ja, mal wieder, ich weiß - ein Loch in den Bauch, dass ich jetzt endlich auf einer Wanderung (und legal) Schweizer Boden betreten durfte.

Die Suche nach dem Grenzstein 410 erwies sich als ein bisschen schwierig, weil der hinter den Büschen versteckt war, aber schließlich fand ich ihn und latschte danach den gesamten Grenzweg (der ist hier fast durchgängig begehbar, und auf die Ausnahme komme ich noch zu sprechen) bis zum Grenzstein 440 hindurch, also mehr als 30 Grenzsteine waren heute die Ausbeute, das ist sehr ordentlich ...

Ich wechselte so oft das Land, dass ich mit dem Zählen gar nicht erst anfing, zumal der Grenzweg - so wie es sein soll, finde ich - tatsächlich so angelegt ist, dass er mal zum einen, mal zum anderen Land gehört - einmal ist der Grenzstein links des Weges (ich also in dem Fall in der Schweiz), dann wieder rechts des Weges (ich also in Deutschland), und auf dem Weg überquert man irgendwo über mehrere Wegmeter verteilt die Grenze ... Es ist soooooooo herrlich.

Vom Grenzstein 410 bis zum Grenzstein 414 geht man einen gut ausgebauten Wanderweg (Feld links Deutschland, Weg rechts Schweiz), danach geht es auf einen kleinen Pfad mitten durch den Wald, aber da man immer den Grenzsteinen nachhechtet, findet man den Pfad auch alle Fälle. Ab Grenzstein 419 geht es sodann an deutschen Wäldern und Schweizer Feldern vorbei, bis man zum Grenzstein 433 kommt.

Da verlässt der Weg die Grenze, wird komplett deutsch und kommt wieder am Grenzstein 437 an die Grenze (der eine Grenzstein dazwischen steht - kaum erreichbar - zwischen einer Grasfläche und einem Feld). Die Tatsache, dass es zwischen 433 und 437 nur einen Grenzstein gibt, sollte jeden Leser stutzig machen, und auch die Tatsache, dass der Weg, der bisher so getreulich der Grenze gefolgt war, da auf einmal auf deutsches Gebiet abbiegt, erscheint erstmal überraschend (wer gähnt da hinten?!).

Ein erster Hinweis (keine Sorge, ich mache es nicht zuuuu spannend) ist, dass die Grenzsteine da alle von 1966 sind - und tatsächlich wurde in den 1960er-Jahren der Grenzverlauf dort durch einen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft verändert.

Ab dem Grenzstein 427 bis zum Grenzstein 440 wurde die Grenze - mit Ausnahme dieses einen Stückchens (und weil da die Grenze begradigt wurde, fielen zwei Grenzsteine ersatzlos weg) - direkt an den Waldweg herangesetzt, sodass der Wald nun komplett deutsch wurde; diese ganze Aktion erfolgte im Rahmen eines Gebietsaustausches, der auch die Verlegung der Grenze in die Mitte der Wutach vorsah (bis dahin querte die Grenze relativ wild die Wutach).

So, das war's jetzt mit dem historischen Abriss, wer will, kann sich die Drucksache V/1031 des Deutschen Bundestages anschauen, da wird dieser Gebietsaustausch mit Karten und allem sehr schön dargelegt.

Jedenfalls kam ich, nach sehr glücklicher Begutachtung und fotografischer Dokumentation aller erreichbaren Grenzsteine, am Grenzstein 440 an, von dem aus die Grenze über den steilen Abhang in Richtung Wutach verläuft. Wenige Meter weiter sollte es einen (Schweizer) Fußweg geben, der an den deutschen Weg anschließen sollte. So behauptete es jedenfalls die offizielle Schweizer Karte, während mein Routenplaner da eher skeptisch schien.

Es mag ja sein, dass das Schweizer Militär mit den Dienstmacheten ihrer Soldaten da eine Schneise schlagen kann, aber ich hatte meine Wandermachete heute vergessen und musste, nachdem ich mehrere Wege nicht fand, ein ganzes Stück zurücklaufen, bis ich - über einen vom Unimog errichteten Pfad - auf einen einigermaßen vernünftigen Wanderweg (jetzt schon wieder in Deutschland) kam.

Ich wollte abkürzen, kam in eine Sackgasse und entschied mich dann gegen einen erneuten Aufstieg, sondern lief eine Trasse herunter, die irgendwann mal - vielleicht zur ursprünglichen Grenzvermessung 1839 ... - ein Weg gewesen war. Ich hielt mich ein oder zweimal an einem Grashalm fest, kam ab und zu ins Rutschen, fiel aber nie hin, auch nicht, als ich drei Bäume überkletterte, und war heilfroh, wirklich heilfroh, als ich auf einem in meiner App eingezeichneten Weg ankam.

Der Rest des Weges war dann unspektakulär, aber ich war froh und glücklich, als ich im Auto saß.

Es war sooooo schön, heute endlich mal so richtig durch die Schweiz wandern zu dürfen (auch wenn ich nur ganz am Anfang der heutigen Schweiztour mehr als 30, 40 Meter von der Grenze entfernt war), es war sooooo schön, ein paar Grenzsteine zu sehen, und vor allem war es schön, die Auswirkungen dieses Grenzvertrages mal in der Realität anzuglotzen. Ja, ich weiß, versteht keiner, aber mir gefällt es halt, und mich macht das glücklich ...

Fotos (ja, ein paar Grenzsteine sind dabei, aber nicht nur):

Ohne Worte

Bei so Wetter regnet es in der Teufelsküche

In Teufels Küche

Über diese Treppe musst du gehen

Willkommen in der Schweiz

Erster Grenzstein des Tages (Nr. 410)

Links: Feld, Deutschland, rechts: Weg, Schweiz

Illegale Schrottablagerung in gleich zwei Staaten - muss man erstmal schaffen ...

Neuer Grenzstein Nr. 433 von 1966

Montag, 15. Juni 2020

Die Grenzen sind offen!

Freunde, was für ein wundervoller Tag! Die Grenzen sind offen! Vielleicht schaffen wir es ja, in den nächsten Jahren den europäischen Gedanken so zu beleben, dass die Politiker nicht immer als erste Maßnahme das Kind mit dem Bade ausschütten und die nationalen Grenzen dichtmachen, sondern den vielen Menschen, für die offene Grenzen in Europa Alltag und Herzensangelegenheit sind, mit, sagen wir, europäischeren Maßnahmen kommen ...

Heute Nacht um 23.35 Uhr saß ich im Auto und fuhr die vielleicht 15 Kilometer bis zum Wiizemersteg, dessen Überquerung bei offenen Grenzen ich mir ja durch Gelübde vom 20. April auferlegt hatte. Ich hatte noch ein bisschen Zeit und machte einen kleinen Umweg am Zoll vorbei (an dem kein Mensch zu sehen war, weder auf deutscher noch auf Schweizer Seite), landete aber um fünf vor zwölf am Wiizemersteg. Die Nachbarn hatten uns noch eine funktionsfähige Taschenlampe geliehen, sodass ich nicht auf meine Handy-Funzel zurückgreifen musste ... Zu meiner Überraschung herrschte am Wiizemersteg nicht nur tiefe Dunkelheit, sondern auch gähnende Leere - Leute, das war wahrscheinlich das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die Grenze geschlossen war, das muss man feiern (mit Abstand meinetwegen, aber feiern!)!

Um Punkt 0.00 Uhr trat die Schweizer Verordnung in Kraft, die die Grenzbeschränkungen zum Schengenraum beendete, um Punkt 0.00 Uhr (und 0 Sekunden, nach der geeichten Handy-Uhr) trat ich von der deutschen Seite des Wiizemerstegs auf die Schweizer Seite. Kinners, Gänsehaut, Ententanz, Tränen in den Augen - man mag mich ja für verrückt halten, aber diese Wiederöffnung der Grenze war für mich so unfassbar schön, so glücklich war ich - ganz ohne Mist - selten in meinem Leben ... (Dass die deutschen Behörden die Grenzöffnung offiziell erst mit Ablauf des heutigen Tages fertigkriegen, gehört zu den peinlichsten Dingen, die die deutschen Behörden jemals geschafft haben - alle anderen, Franzosen, Österreicher, Schweizer haben heute um 0 Uhr aufgemacht, nur die Deutschen brauchen eine Extrawurst ... Anscheinend war das der deutschen Bundespolizei und dem deutschen Zoll ebenfalls sehr peinlich, denn die wurden heute nirgendwo gesehen ...)

Ich tänzelte mindestens drei Mal von der deutschen zur Schweizer Seite des Stegs und zurück und freute mir ein Loch in den Bauch.

Ich hatte aber von der Schweiz noch nicht genug, sondern machte noch eine kleine nächtliche Spritztour (Grenzübertritt am Zoll in Schleitheim so gegen 0.15 Uhr) über Schleitheim und Hallau und Wunderklingen. Als ich in Eggingen wieder deutschen Boden erreichte, wurde die Straße schlagartig schlechter, na, vielen Dank auch. Um 1.30 Uhr oder so war ich wieder daheim, noch völlig aufgekratzt, geschlafen habe ich aber selig ...

Um 10 Uhr war ich heute Morgen wach, mein Knie schmerzte vor lauter Herumgehüpfe über den Wiizemersteg (naja, okay, vielleicht auch vom Wandern), sodass ich die für heute angedachte Tour am Rheinfall und am Rhein entlang bis Büsingen abblies.

Ich hatte nämlich was noch viel Besseres vor, und meine Mutter musste nicht lange überzeugt werden, stellte aber eine Bedingung, nämlich dass ich fahren müsse. Das war kein Problem und also fuhren wir los zu einer weiträumigen Bodenseerundfahrt einschließlich Österreich und der Schweiz mitsamt Abstecher nach Liechtenstein - wenn ich früher aufgestanden wäre, hätten wir vielleicht Frankreich noch mitgenommen, aber sei's drum ...

Achso, nein, eine zweite Bedingung hatte meine Mutter gestellt, nämlich dass wir einen kleinen Umweg fahren - auf dem Zubringer zur A 864/A81 bei Donaueschingen seien nämlich Storchennester auf den Hochspannungsleitungen gesichtet worden, und die wollte sie begutachten. Gesagt, getan, wir sahen sogar vorher schon Störche, aber dann eben auch auf den Hochspannungsleitungen.

Wir fuhren über die Autobahn in Richtung Singen und dann auf mehr oder weniger schnellen Straßen über Friedrichshafen in Richtung Lindau und dort wieder auf die Autobahn in Richtung Bregenz. Während meiner Kurzrecherche heute Morgen war ich auf zwei Dinge gekommen - erstens wollte ich die Grenze aus Deutschland nach Österreich überqueren und nicht etwa, wenn wir andersherum gefahren wäre, aus Österreich nach Deutschland. Denn bei der Einreise aus Österreich nach Deutschland machen die (deutschen) Politiker mal wieder Europa kaputt, weil sie da aus m. E. völlig populistischen Gründen immer noch alle Einreisenden schikanieren und im Stau stehen lassen, obwohl sich die Anzahl der illegalen Einreiseversuche auf einem Niedrigststand befindet. Zweitens stellte ich fest, dass die österreichische A14 auf einem Teilstück hinter der deutschen Grenze vignettenfrei ist, sodass wir nicht einmal etwas zahlen mussten.

Wir nutzten dieses vignettenfreie Teilstück voll aus, fuhren in Hohenems von der Autobahn ab und fuhren dann über teilweise kleine Sträßchen durch Götzis, Rankweil und Feldkirch, nur um über ein noch kleineres Sträßchen nach Mauren in Liechtenstein zu kommen.

Weder in Österreich noch in Liechtenstein stand irgendjemand von Zoll oder Polizei, die Einreise war so, wie sie sein sollte: kaum zu bemerken. In Österreich war ich zuletzt im August 2018 (auf der Hinreise nach Ungarn) gewesen, in Liechtenstein gar zuletzt im März 2005 mit meinen Eltern (ja, mein Vater lebte da noch - das ist unfassbar lange her ...). Daher war das heute ein absolut passender Tag, um endlich mal wieder nach Österreich und Liechtenstein zu kommen.

Das Auto meiner Mutter (mit Schweizer Vignette an der Windschutzscheibe) ist zur Zeit in der Werkstatt, sodass wir mit meinem Auto - ohne Vignette - fahren musste. Zum Glück gibt es bei Google Maps die Option, Mautstraßen auszuschalten, und so fuhren wir durch Liechtenstein und - nach der Überquerung des Rheins - über Nationalstraßen in der Schweiz.

Es ging zunächst in Richtung Wattwil durch den Kanton St. Gallen, und ich bin nicht sicher, ob wir den Säntis gesehen haben oder ob das nur ein kleinerer Berg war und der Säntis dahinter in den Wolken verschwunden - sei's drum, das war eine wunderbare Strecke mit wunderbaren grünen Almen, das war toll ...

In Wattwil ging es weiter in Richtung Wil (auch noch Kanton St. Gallen), in Wil bogen wir dann aber ab in Richtung Frauenfeld und Schaffhausen und durchfuhren den Kanton Thurgau. Ein kleines Stück ging es zwischendurch durch den Kanton Zürich, ehe wir ein Schild in Richtung Diessenhofen sahen. Diessenhofen wäre das Ziel der heutigen Wanderung gewesen (wenn ich es geschafft hätte), und die dortige Holzbrücke wollte ich gerne schonmal sehen. Also fuhren wir einen kleinen Umweg, sahen den einzigen Zöllner des heutigen Tages (der in Diessenhofen die in die Schweiz Einreisenden kontrollierte, uns aber ungeschoren ließ, auch wenn er sich - ungewollt - fast vor mein Auto warf ...), überfuhren die Holzbrücke und waren zum 2. Mal (meine Mutter) bzw. 6. Mal (ich) heute in Deutschland angekommen, und zwar in Gailingen.

Dieser Zustand hielt aber nicht lange an, denn wir bogen bei erster Gelegenheit wieder in Richtung Schweiz ab - das war jetzt keine Spinnerei mehr, sondern der kürzeste Weg nach Hause. Allerdings, und ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass das keine besondere Freude gewesen wäre, kamen wir auf diesem kürzesten Weg auch durch Büsingen.

Erstmal aber reisten wir aus Deutschland aus (Gailingen) und in die Schweiz ein (Dörflingen). Wenige hundert Meter kamen wir aber schon wieder nach Deutschland (Büsingen), denn Büsingen ist - als Enklave in der Schweiz - deutsches Gebiet, auch wenn es zollrechtlich zur Schweiz gehört. Wir waren also jetzt binnen vielleicht zwanzig Minuten zweimal aus der Schweiz ausgereist und zweimal nach Deutschland eingereist ... Die Durchquerung Büsingens dauert nicht wirklich sehr lange, aber wir machten noch ein Foto an einem Grenzstein, waren dann wieder auf Schaffhauser, also Schweizer Gebiet, gelandet (zum letzten Mal am heutigen Tag) und dachten, wir hätten alle Neuheiten des heutigen Tages gebührend gefeiert.

Nun gibt es aber einen neuen Umgehungstunnel um Neuhausen am Rheinfall herum, und den war weder meine Mutter noch ich je gefahren. Nachdem wir aber den Abzweig verpasst hatten, musste ich weiträumig drehen, und im zweiten Anlauf erwischte ich die Abfahrt ... Auch das war interessant, aber dann war die Strecke wirklich altbekannt, auch weil wir über den Stühlinger Kalvarienberg fuhren, den ich mit meiner Mutter in Kindertagen auf dem Weg zum Zigaretteneinkauf für meinen Vater in Schleitheim mehrmals im Monat gefahren war.

Das war ein richtig, richtig schöner Tag (obwohl ich morgen wieder arbeiten muss), einen Vier-Länder-Tag hatte ich zuletzt 2017 eingelegt auf dem Weg zu einem Schulfreund nach Zwolle.

Und dass praktisch alle Freunde mich für verrückt erklärt haben nach der nächtlichen Aktion und dem Tagesausflug, versteht sich von selbst.

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Gestern? Achso, gestern, habe ich eine kurze Wanderung von Obermettingen nach Untermettingen und Detzeln gemacht, ließ mich aber - unter anderem wegen aufkommenen schlechten Wetters - dann von meiner Ma in Detzeln abholen. War schön, keine Frage, aber sorry, der heutige Tag überstrahlt alles, was in den letzten Wochen war ...

Die Grenzen sind offen!

Wiizemersteg unter Taschenlampenbeleuchtung

Auf der Grenze um kurz nach Mitternacht

In St. Gallen

Möglicherweise der Säntis, so genau weiß ich es nicht ...

Freitag, 12. Juni 2020

"Wenn dää uff'd Schnurri fligt"

"..., stoht'e nimmi vo allei uff." Der ältere Herr, der mir beim Aufstieg aufs Herzogenhorn entgegenkam, echauffierte sich richtig über diesen Mountain-Biker, der kurz vorher mit Karacho an ihm vorbeigejagt war. Das war nicht etwa, weil der ihn fast über den Haufen gefahren hätte, sondern der Herr machte sich einfach Sorgen um den Typen (und die Mitmenschen), weil der nicht mehr gut hätte bremsen können, wenn plötzlich ein Hindernis (und Kinder waren heute genug unterwegs) vor ihm gestanden hätte (ich hatte ihn rufen hören und dem Herrn dann ein freundliches "schneller, höher, weiter" mit Fingerzeig auf den noch in Sichtweise befindlichen Mountain-Biker entgegnet). Achso, für alle Fälle die Übersetzung: "Wenn der auf die Schnauze fliegt, steht er nicht mehr von allein auf."

Meine Mutter hatte aus den Untiefen ihrer Vorräte eine Kniestütze hervorgezaubert und präsentierte mir diese gestern Abend, auf dass ich sie auf meine Wanderung heute anziehen möge. Das Ding half wirklich sehr gut, mein Knieschmerzen sind im Moment praktisch weg, obwohl es dann heute doch 18 Kilometer wurden, und das, obwohl ich meine Routenführung im allerletzten Moment radikal änderte.

Eigentlich wollte ich heute mein Knie schonen und den letzten Abschnitt an der Steina entlanglaufen, von Obermettingen runter nach Detzeln und Tiengen. Wenn mich der Hafer gestochen hätte, wäre ich noch weiter zur Mündung der Wutach in den Rhein gelaufen. Meine Ma und ich waren schon unterwegs in Richtung Obermettingen, als ich mich - am Sonnenbuckel, also soooo weit waren wir noch nicht - aufgrund des unfassbar guten Wetters heute dafür entschied, den Aufstieg auf das Herzogenhorn zu wagen.

Also bog ich am Sonnenbuckel anstatt nach rechts in Richtung Wellendingen nach links in Richtung Schluchsee ab, und eine Dreiviertelstunde später (naja, okay, eine Stunde später, denn in Bärental war dermaßen Rückstau, dass wir über Altglashütten und Falkau auf die B 317 fuhren) hielt ich vor einem abgesperrten Parkplatz an, weil meine Mutter nur auf den Fahrersitz umstieg. Diesmal kam kein hilfreicher Mann vorbei und erläuterte uns, dass wir da nicht parken könnten, meine Mutter machte trotzdem, dass sie wegkam ...

Ich lief - wieder wurde es verflixt schnell steil - in Richtung Grafenmatt hoch, blieb aber öfter stehen, um mich zu erholen und auch um den Blick auf Feldberg und Seebuck zu genießen. Den Weg hoch gibt es diverse Hütten (so etwa die Lörracher oder Emmendinger Hütte), aber für ein Bierchen - das schon zu diesem Zeitpunkt wohlverdient gewesen wäre - war es einfach noch zu früh.

Ich ließ den Gipfel der Grafenmatt (der immerhin auch schon auf 1377 m liegt) rechts liegen und wanderte wieder ein bisschen den Weg hinunter, bis ich zur Gaststätte und dem Leistungszentrum Herzogenhorn kam (hier trainieren wohl vor allem die Langläufer ...). Joa, und dann steht da plötzlich das Herzogenhorn vor einem, man schluckt, überlegt sich, ob man da wirklich hoch will, entscheidet sich dafür und weicht dann mit Karacho abfahrenden Mountain-Bikern aus (nein, in Wirklichkeit habe ich bisher noch kaum einen andere gefährdenden Mountain-Biker gesehen, da gibt es ein ziemlich gutes Miteinander zwischen den Zweibeinigen und den Zweirädrigen ...).

Erst geht es am Wald entlang (ein kleines Mädchen grüßte ganz besonders freundlich alle, die ihr entgegenkamen, und auch mich, als ich sie und ihre Mutter überholte), bevor ein scharfes Linkskurve kommt. Die übersieht man aber fast, nicht, weil sie nicht gut beschildert wäre, sondern weil da an guten Tagen (und heute war ein guter Tag!) ein fastastisches Alpenpanorama zu sehen ist. Ich hätte das Herzogenhorn so oder so bestiegen, aber jetzt musste ich da hoch und mir das angucken ...

Die letzten 40, 50 Höhenmeter waren mühsam, zumal da auf dem Anstieg und auch auf dem Gipfelplateau ziemlich die Hölle los war (ein Wanderer, der offenbar häufiger aufs Herzogenhorn steigt, meinte, dass er noch nie so viele Leute da oben gesehen hätte), aber dann hatte ich es geschafft, machte ein furchtbares Selfie (heute war ein bisschen arg viel Sonnencreme auf meinem Gesicht gelandet ...) und klopfte an das (außergewöhnlich hohe) Gipfelkreuz auf 1415,6 m Höhe.

Ich machte es wie alle anderen (die keine Bank erwischt hatten) und setzte mich ins Gras, holte mein Getränk und mein Vesper aus dem Rucksack, mampfte und genoss diesen wunderschönen Ausblick auf die Alpenkette (die Fotos geben das leider nicht so ganz toll wieder ...).

Nach einigen Minuten (ich hatte noch ein Brötchen übrig, das ich dann im Hiker's High völlig vergaß ...) brach auf in Richtung Bernau und lief einen steilen, aber breiten Weg runter, bis ich zum Herzogenhornweg kam. Diesen verließ ich, um - über teils breite Wanderwege, teils steile Pfade - auf den Krunkelbachweg zu kommen, der wenig überraschend zur Krunkelbachhütte führt ... Da hätte ich mir jetzt ein Bier genehmigen dürfen, aber ich hatte mich jetzt entschieden, in Richtung St. Blasien (und nicht in Richtung Todtmoos/Ibach) zu wandern, sodass ich heute nur eine neue Gemeinde (Bernau, die 18. Gemeinde des Landkreises Waldshut) besuchte, dafür aber die Möglichkeit hatte, über eine lange Wanderung den Ringschluss in St. Blasien zu erreichen. Nach Bläsi waren es aber noch deutlich mehr als zehn Kilometer, und deswegen gönnte ich mir kein Bier - ich hatte die "Tränke" in St. Blasien vor Augen (diese Augen sind ein bisschen feucht ob der vielen Schulzeit-Abende da drin, an die ich mich allenfalls so semi erinnern kann ...), und da wollte ich mir ein Bierchen gönnen.

Von der Krunkelbachhütte ging es hoch zum Kleinen Spießhorn, und auf dem Weg kam ich an einem Paragliding-Startplatz vorbei. So aus der Nähe hatte ich dieses Spektakel auch noch nicht betrachtet, aber ich bekam (und bekomme jetzt, wo ich das schreibe) feuchte Hände, wenn ich mir vorstelle, dass ich ein paar hundert Meter über dem Boden nur an einem Paraglider hänge ... (Nicht, dass ich mir das nicht mal vorstellen könnte, aber dann brauche ich schwitzfeste Handschuhe ...)

Vom Kleinen Spießhorn ging es in einen Genießerpfad, also bekam ich Angst ... Dieser Pfad war jetzt aber wirklich für (nicht-masochistische) Genießer, auch wenn es teilweise ganz schön übel steil abwärts ging (mein Knie hielt glücklicherweise). Auf dem steilsten Stück kam uns eine Familie entgegen, die nicht ganz unglücklich schien, als ich ihr sagte, dass sie es bald geschafft haben.

Unterwegs ging es ein paarmal über Mutterkuhweiden (allerdings hatten die Mutterkühe heute Urlaub), aber dass man da keinen Hund von der Leine lassen oder dem Kälbchen nachstellen sollte, bedarf wohl doch eines größeren Hinweises am Eingang zu Weide, denn von diesen Hinweistafeln gab es mehrere ...

Kurz vor dem letzten Steilstück in Richtung St. Blasien war ich unschlüssig, welcher Weg der richtige ist, als vier Mountain-Biker kamen, die in die gleiche Richtung wie ich wollten. Die beiden Damen waren ein wenig unsicher, ob sie den (steilen) Weg herunterfahren können, und ich bin nicht sicher, ob mein "Viel Erfolg!" so ankam, wie es ankommen sollte, nämlich ehrlich ... Nun denn, die beiden schoben - vernünftigerweise, wie ich finde, wenn man nicht sicher ist, ob man das Fahrrad beherrschen kann; ich würde also immer schieben ... - ihre eBikes den Berg hinunter und am Ende des Steilpfades trennten sich unsere Wege, denn ich bog nach rechts ab in Richtung Landesstraße.

Nachdem ich einen Langholztransport, der gerade abgeladen wurde, möglichst weiträumig umgangen hatte, querte ich die Landesstraße, nur um nach wenigen Metern im Wald auf eine Umleitung geschickt zu werden, weil das Holz dort gerade besprenkelt wurde ...

Es ging also noch ein bisschen den Berg hoch, und auf dieser Strecke erreichte ich Tageskilometer 12,15. Der regelmäßige Leser wird sich denken können, dass da was im Busch ist, denn dieser Kilometerstand bedeutete, dass ich seit dem 5. April 500 Kilometer gewandert war ... Ich schaute mich um, ob mich jemand sieht, wartete den Fahrradfahrer ab, und als der um die nächste Kurve gefahren war, jubelte ich ein bisschen ...

Ich war immer noch (oder vielmehr schon wieder) auf Bernauer Gebiet, doch als ich den Glashof erreicht hatte, war ich endgültig auf der Gemarkung des heutigen Zieles (St. Blasien) und an meinem zweiten möglichen Notausstiegspunkt angekommen, doch jetzt war alles egal, sodass ich meine Mutter anrief und ihr mitteilte, dass sie mich erst um 17 Uhr in St. Blasien abholen braucht (bis dahin war spätestens 15.45 Uhr angepeilt, an einem dann zu bestimmenden Punkt).

Ich lief an der Alb entlang über einen kleinen Pfad, kam auf einen größeren Pfad, wurde dort von einer jungen Frau brutal überholt (die wanderte so dermaßen schnell an mir vorbei, dass es - fast - "wusch" machte, aber ich armes Würstchen hatte ja schon 15 Kilometern in die Beinen, die war bestimmt am Glashof losgelaufen, so muss es sein ...), und landete schließlich am Tennisplatz in St. Blasien.

Ich treffe mich heute Abend vielleicht mit einem alten Schulfreund, und wir beide nahmen anno, vielleicht, 1997, an den Schulmeisterschaften im Tennis teil. Nach einem Match sollte mein Vater uns abholen, aber wir hatten uns irgendwie über den Abholungsort missverstanden. Jedenfalls kam mein Vater nicht zu Tennisplatz, sodass wir zurück in die Schule liefen (wir waren vom Spiel fix und fertig), nur um in der Schule vom Pförtner gesagt zu bekommen, dass mein - fuchsteufelswilder - Vater uns suche ... Irgendwann trudelte mein Vater, fuchtsteufelswild, ich erwähnte es, ein und bugsierte und nach Hause - und zu allem Überfluss waren wir uns wirklich keiner Schuld bewusst ...

Diesen Weg vom St. Blasier Tennisplatz zurück ging ich nun also erstmals seit mehr als zwanzig Jahren wieder, auch wenn so langsam alles außer meinem Knie wehtat (bzw. das tat auch weh, aber nur, weil die Bandage nach fünf Stunden jetzt ziemlich einschnitt ...). Ich ging noch einen kleinen Umweg durch den Kurpark, um an der Altbaupforte des Kollegs den Ring zu meinen früheren Wanderungen zu schließen und marschierte dann schnurstracks in Richtung Tränke.

Meine Mutter wollte mich um 17 Uhr abholen, und die Tränke öffnete um ... 17 Uhr ... Och menno. Sehr ärgerlich, aber es half alles nichts, ich setzte mich um die Ecke auf eine Bank, nur um von dort gleich wieder verjagt zu werden ("frisch gestrichen", der Typ wollte gerade die Bank absperren, als ich mich hingesetzt hatte, aber Farbe an der Hose habe ich trotzdem irgendwie nicht ...), also setzte ich mich auf ein Mäuerchen, der Typ mit der Bank bat noch mehrfach um Entschuldigung, während er die Absperrung setzte, aber mir war jetzt alles egal, weil ich mich so auf mein Bierchen gefreut hatte ... (Ich höre dahinten zwar das mitleidige "oooooooh", aber es ist noch zu leise - bisschen lauter, bitte!)

Glücklicherweise war meine Mutter überpünktlich und schon um 16.45 Uhr da, sodass ich mir dann um 17.15 Uhr zu Hause eine Spezi an den Hals setzen konnte (Bier kommt später).

Das hat heute mal wieder richtig, richtig Spaß gemacht, am Schluss waren es 17,79 km in mehr als viereinhalb Stunden (die zeitlich längste Wanderung), die insgesamt 10.000 Höhenmeter habe ich auch geschafft (mit Vorsicht zu genießen, wie mehrfach erwähnt), und ich habe jetzt die drei höchsten Berge (ohne die beiden Nebengipfel am Feldberg; Schartenhöhe, wer es nicht mehr weiß) des Schwarzwaldes bestiegen. Juchhe!

Wenn die Sünden des heutigen Tages nicht alle morgen bestraft werden (etwa mit schlechtem Wetter oder mit bestialischem Muskelkater oder allgemeiner Müdigkeit nach dem Treffen mit dem Schulfreund heute Abend), könnte es wieder auf Tour gehen, vielleicht dann wirklich ins Steinatal, aber das entscheide ich morgen spontan.

Fotos lohnen sich heute - hoffe ich - wirklich:

Blick auf den Seebuck

Blick auf Seebuck und Feldberg

Blick aufs Herzogenhorn

Gipfelkreuz auf dem Herzogenhorn

Alpenblick

Blick in Richtung Nordwesten (glaube ich)

Könnte das Spießhorn sein

Blick auf Bernau

Die Alb, schon auf St. Blasier Gemarkung