... ist eine wunderbare Erfindung, die ich letzte Nacht im Rudas-Bad das erste Mal genossen habe. Abgesehen davon bin ich ein ziemlicher Vollidiot, weil ich zwei Wochen gebraucht habe, um das erste Mal im Dunkeln in der Innenstadt zu landen und den Ausblick auf die Burg und die Brücken zu genießen, wenn sie beleuchtet sind - aber die Selbsteinschätzung ist ja für keinen regelmäßigen Leser dieses Blogs eine wirkliche Überraschung.
Fangen wir mal am Ende der letzten Woche an. Ich fuhr ja am Samstag oder Sonntag zum Heldenplatz, und der Busfahrer war ein ziemlicher Depp, dachte ich. Das Problem war, dass ich offenbar - und definitiv aus Versehen - anstatt des normalen Halteknopfes den Nothalteknopf gedrückt hatte. Nun stand ich hinter der Metallstrebe und sah nur den Knopf, aber nicht, was darunter (oder darauf) stand, sodass ich das nicht ahnen konnte, aber das erklärt (nicht "entschuldigt") das etwas unfreundliche Gehabe des Busfahrers ...
Die Arbeitswoche war gut, aber irgendwie machte mir die WM die Abende ein bisschen kaputt. Jedenfalls guckte ich am Dienstag und Mittwoch die Halbfinals in meiner Wohnung, weil ich hier sogar einigermaßen früh aufstehe, und wenn ich die Spiele in der Stadt geguckt hätte, wäre das mit dem frühen Aufstehen schwieriger geworden.
Am Donnerstag entschied ich mich dann spontan (und ziemlich kurzfristig), zum Spiel von Ferencváros (dem angeblich besten Budapester Verein) und Maccabi Tel Aviv in der Europa League zu fahren. Ich stieg in die Straßenbahn, und - welche Überraschung - da stiegen auch etliche Fans von Fradi (die Ungarn kürzen so ziemlich alles ab, nicht nur Vornamen und "bitte" und "danke", sondern offenbar auch den Namen des Fußballvereins) ein. Sie fingen an zu singen, und da hörte man auch was von "Tel Aviv" raus (was nicht unbedingt freundlich klang), sodass ich sicherheitshalber meine Ungarisch-Expertin per WhatsApp fragte, was "scheiß Jude" auf Ungarisch heißt, damit ich da nicht versehentlich mitsinge ...
Der eine Kollege hatte mich schon gewarnt, dass das Fan-ID-Unwesen, das bei der WM (und auch in den Niederlanden) Einzug gehalten hat, jedenfalls bei Ferencváros auch gilt - hier sogar mit Handvenenscanner. Ich hatte aber gelesen, dass man diese Fan-ID auch am Stadion bekommt. Joa, bekommt man, aber die Schlange an diesem Schalter war - nach meiner Schätzung - ungefähr 80 Meter lang, und ich war eine halbe Stunde vor Spielbeginn da - es gab es kein Durchkommen.
Als ich auch am Gästeblock kein Kartenhäuschen fand (mir wäre es ja egal gewesen, wo ich sitze), brach ich den Versuch ab und fuhr in die Stadt zum Abendessen. (Am Tag darauf kam meine Quasi-Chefin leicht aufgeregt zu mir und zeigte sich froh, dass ich noch lebe, weil ich ihr zwar erzählt hatte, dass ich zum Spiel will, aber sie erst am Abend sah, dass Fradi gegen eine israelische Mannschaft spielte - und Ferencváros ist anscheinend nicht unbedingt für seine friedlichen und philosemitischen Fans bekannt ... Nun fand ich die Stimmung nicht wirklich aggressiv, und auch, dass sie von "viel Polizei" sprach, konnte ich nicht so richtig nachvollziehen, denn für einen deutschen Fußballfan war das Polizeiaufgebot nun wirklich nicht riesig. Aber insgesamt werde ich Fradi erstmal meiden, wenn die so einen Mist mit dieser Fan-ID machen ...)
Ich war unentschieden, und landete am Ende in einem mittelprächtigen Edelschuppen (der aber wenigstens das Spiel auch zeigte - es ging 1:1 aus), in dem ich es mir gutgehen ließ. Das Essen war völlig in Ordnung, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis war nur dann so richtig akzeptabel, wenn ich mir vergegenwärtige, dass das halt in der Touristenzone einer europäischen Hauptstadt im Hochsommer ist. Das Lamm konnte jedenfalls mit dem von meiner Ersatzoma nicht mithalten (das schreibe ich, glaube ich, jedes Mal, wenn ich irgendwo Lamm esse, aber es hilft alles nichts, ist halt so ...), und der Pálinka für sieben Euro war auch okay ...
Ich schleppte mich nach Hause und kam am Freitag Morgen halt mal (kurz) nach halb neun ins Büro ...
Da fragte mich die Kollegin aus Stuttgart in der Teeküche, ob ich am Abend mit ihr das Schiff von der Árpád-Brücke bis hinunter zur Petőfi-Brücke nehmen würde. Praktischerweise ist dieses Schiff Bestandteil des öffentlichen Nahverkehrs in Budapest und entsprechend (zumindest werktags) in unseren Monatsfahrkarten enthalten (diese sind übrigens für 30 Euro sehr erschwinglich ...) - sehr gerne sagte ich in jedem Fall zu.
Also machten wir gegen 17.30 Uhr Schluss, gingen die paar Meter bis zur Bootslände und warteten auf die leicht verspätete Fähre. Kurz hinter der Margareteninsel ergatterten wir auf dem Oberdeck Stühle - zuvor hatten wir gestanden - und hatten gleich einen wunderbaren Blick auf die Margaretenbrücke, die wir unterquerten, und danach aufs Parlament und die Kettenbrücke. Achso, ja, rechts - an Steuerbord - sah man auch die Burg, die hätte ich fast vergessen ...
Wir legten am Parlament an und wieder ab, und der blaue Himmel und der Traumblick aufs Parlament - spätestens da wusste ich, dass ich diese Fährfahrt nicht zum letzten Mal gemacht habe. Wir kamen nach der Unterquerung der Ketten- und der Elisabethbrücke an der Petőfibrücke ab und stiegen in die historische Straßenbahn 2 ein, die parallel zur Donau auf der Pester Seite unterwegs ist und aus der Bahn - wenn man sitzen kann - einen tollen Blick auf den Burgberg hat.
Da wir nicht saßen, stiegen wir relativ bald aus, aßen am Dunacorso Kürtőskalács - auf Österreich-Deutsch heißt das "Baumstriezel", aber "Kürtőskalács" klingt doch gleich viel ungarischer -, also einen - laut Wikipedia - auf offener Feuerstelle an einem Rundholz gebackenen Kuchen aus Hefeteig. Meiner enthielt Schokolade, und das war eine klebrige Angelegenheit, aber eine sehr leckere, klebrige Angelegenheit ...
Irgendwie hatten wir jetzt Durst auf ein Getränk, das zumindest bei ihr nicht "Bier" hieß, und sie führte mich über die Andrássy út - eine der Hauptstraßen Budapests - in ein veritables Kneipenviertel mit einer Kneipe an der anderen.
Wir waren ein bisschen verfressen, sodass ich - neben drei Stark- bzw. Bockbieren - noch eine Wurst verspeiste. Auf den Pálinka verzichteten wir sogar. (Beim Aufbruch musste ich austreten, landete aber auf der Damentoilette, weil auf der Glastür zur Toilette, die zu finden schon einem Labyrinthausbruch entsprach, unter einem kleinen Querbalken "MEN" stand - dass über dem Querbalken "WO-" gestanden hatte, hatte ich wirklich und ernsthaft übersehen. Die Frau, die mich darauf aufmerksam machte, als ich nachher am Waschbecken stand, lachte herzlich über mich - ich dann, nachdem ich sie verstanden hatte (sie sprach Ungarisch), auch ... Die fehlenden Urinale waren mir zwar aufgefallen, aber auf die Idee, dass ich falsch sein könnte, war ich wirklich nicht gekommen ...)
Wir erwischten den vorletzten Bus (sonst wär's halt ein Nachtbus geworden, das wäre auch kein Drama gewesen) - ein schöner Abend war das.
Am Freitag schlief ich erstmal richtig aus, also so richtig, und brach dann kurz in die Stadt auf. Ich hatte in einer Broschüre, die eine Kollegin mir gegeben hatte, einen kleinen Stand entdeckt, der Pörkölt ...
Ach ja, also, das was wir in Westdeutschland unter "Gulasch" verstehen, heißt in Ungarn "pörkölt", und das, was die Ungarn "gulyásleves" (gesprochen: Guljaschlewesch - oder so ähnlich ...) nennen, ist bei uns die Gulaschsuppe. In Ostdeutschland (jedenfalls in der Mensa in Jena) stand regelmäßig Pörkölt auf dem Speiseplan, was ich - als ich herausgefunden hatte, dass das mein (westdeutsches) "Gulasch" ist - dann auch gerne aß ...
Also, ich hatte den kleinen Stand entdeckt, der Pörkölt im Pfannkuchen verkauft - das sieht dann erstmal so ähnlich aus wie das Lahmacun, das ich mir beim Dönermann immer kaufe, nur ist der Teig halt ein bisschen weicher und der Inhalt ist lecker Pörkölt, also Gulasch, siehe oben ... Hmmmmm, himmlisch (ich war heute Mittag gleich nochmal da ...).
Danach lief ich - uneingeschmiert und ohne Wasser, Vollidiot, siehe oben - in Richtung der Kettenbrücke, überquerte diese (gelegentlich im Schatten stehend den Blick auf Burg, Donau und Parlament genießend) und fuhr dann mit meiner 105 zurück nach Hause, um daheim das Spiel um Platz 3 zu gucken (sonst hätte ich einen Sonnenstich davongetragen, oooooooh ... Ich höre genau, wo da gekichert wird!).
Nach dem Spiel um Platz 3 machte ich mich ganz gemütlich fertig, denn ich wollte gegen 22 Uhr im Rudas-Bad zum Nachtbaden sein (muss immer aufpassen, dass ich "Nachtbaden" und nicht "Nacktbaden" schreibe, denn das gibt es im Rudas anscheinend auch, denn unter der Woche ist immer nur ein Geschlecht zugelassen und dann ist auch das Baden mit Lendenschurz oder im "birthday suit", wie ich eben gelassen habe, also im Adamskostüm, zugelassen, nur am Wochenende ist gemischtes Baden, und dann mit Badekleidung).
So gegen 20.30 Uhr war ich in der Stadt, lief von der Kettenbrücke ganz gemütlich runter zur Elisabethbrücke, genoss den fantastischen Blick auf die beleuchtete Burg und die beleuchtete Kettenbrücke, der von der Elisabethbrücke aus noch fantastischer war, und kam überpünktlich am Rudas-Bad an. Ich musste noch ein bisschen warten, weil die erst um Punkt 22 Uhr die Kassen aufmachten, denn bis 22 Uhr war noch der Tagesbetrieb dran.
Der Eintritt kostet 5.100 Forint, das sind etwa 15 Euro, und dazu lieh ich ein Handtuch für 1.000 Forint, also etwa drei Euro. Eine Badekappe brauchte ich nicht, die Badekappenpflicht haben sie irgendwie anscheinend abgeschafft, obwohl das noch überall dran steht, denn auch die Damen mit ihren langen Haaren waren ohne im Wasser.
Ich kämpfte mit dem System, weil ich erst im zweiten Anlauf verstand, dass mir automatisch eine Kabine zugewiesen wurde, in der ich meine Sachen lassen konnte, aber dann stand ich, in Badehose und Flipflops, diesmal ohne kariertes Hemd, aber mit weißem Handtuch bewaffnet, am Eingang zum Thermalbad.
Das Rudas-Bad ist eines der ältesten Bäder Budapests (es wurde noch von den Osmanen errichtet), und es ist ein tolles Gefühl, in diesen alten Mauern herumzuwandern und zu planschen. Von "silence please" hielt die Gruppe von - ich glaube - Russen eher wenig, aber das war nicht so schlimm ...
Ich machte erst eine Runde durch die fünf Thermalbecken, die 28, 30, 33, 36 und 42 Grad warmes Wasser beinhalten (bei den 42 Grad denkt man jedes Mal, man verbrüht sich heftigst, aber eigentlich ist es für ein paar Minuten ganz gut auszuhalten), ließ das Tauchbecken mit 18 Grad aus, und ließ die Sauna und das Dampfbad erstmal links liegen. Danach ging ich am Schwimmbad (das mich wahnsinnig an das Volksbad in Jena erinnerte, nur dass da wirklich noch ein Schwimmbad drin ist) vorbei zum Wellnessbereich und hoch auf die Dachterrasse.
Auf der Dachterrasse ist ein relativ kleines Becken, aber das hat eine ganz schicke Aussicht auf das beleuchtete Buda und die Elisabethbrücke (jedenfalls bis ca. ein Uhr, dann wird die Beleuchtung ausgeschaltet ...), aber das war mir zu voll. Daher ging ich wieder runter in den Wellnessbereich, erkundete das Kontrastbad (erst eine Minute im 42-Grad-Becken, das es dort auch noch einmal gibt, dann zehn Sekunden ins 16-Grad-Becken, dann wieder eine Minute ins 42-Grad-Becken), verlas mich, denn zum Abschluss verbrachte ich eine Minute im 16-Grad-Becken, obwohl auf der Hinweistafel stand, dass man eine Minute lang warm duschen soll, aber war auch egal, denn das war ganz gut auszuhalten, und verbrachte dann eine Weile im Wellnessbereich.
Am besten gefiel mir aber - natürlich - das alte Bad, das so gegen Mitternacht noch einmal voller wurde, weil eine Gruppe von Chinesen reinkam, aber ab 1 Uhr oder so (nachdem ich oben auf der Dachterrasse war) wurde es merklich leerer. Ich erkundete dann auch das Dampfbad und die Luftsauna, verbrannte mir die Füße auf dem heißen Steinboden (aber man sollte die Schlappen draußen lassen; andererseits soll man sich auch aufs Handtuch setzen, das macht nur auch keiner ...), kühlte mich im 18-Grad-Becken ab und machte mehrere Male die Runde vom 28- über das 30-, das 33- und das großen 36-Grad-Becken mit dem Abschluss im 42-Grad-Becken. Das war richtig toll und war mit großer Sicherheit nicht das letzte Mal, dass ich dort war.
Ich fuhr um kurz vor drei mit dem Nachtbus heim, war um halb vier zuhause und um vier Uhr im Bett, und heute Morgen schlief ich natürlich ein bisschen aus.
Heute schmierte ich mich ein, fuhr kurz in die Stadt, aß den Gulaschpfannkuchen und trank ein Bier am Freiheitsplatz (szabadság tér), auf dem die Budapester ein Fanfest aufgebaut haben. Aber irgendwie wollte ich nicht so richtig bleiben, fuhr schnell wieder mit dem Bus heim und guckte das Finale dann in der Wohnung.
Bis auf die Fußballergebnisse war das ein ganz großartiges Wochenende. Nächstes Wochenende bin ich in Deutschland, aber dann in zwei Wochen werde ich bestimmt wieder (mindestens) ein Bad erkunden. Wieso nicht am Freitag Abend ins Rudas und am Samstag Abend dann zur Party ins Széchenyi-Bad? Auf alle Fälle werde ich mir Badehandtücher aus Deutschland mitbringen, damit ich keine mehr ausleihen muss.
So, das war jetzt ein längerer Blogeintrag, vielleicht muss ich doch wieder dazu übergehen, öfter zu berichten als einmal wöchentlich, mal sehen ...
Fotos:
Fangen wir mal am Ende der letzten Woche an. Ich fuhr ja am Samstag oder Sonntag zum Heldenplatz, und der Busfahrer war ein ziemlicher Depp, dachte ich. Das Problem war, dass ich offenbar - und definitiv aus Versehen - anstatt des normalen Halteknopfes den Nothalteknopf gedrückt hatte. Nun stand ich hinter der Metallstrebe und sah nur den Knopf, aber nicht, was darunter (oder darauf) stand, sodass ich das nicht ahnen konnte, aber das erklärt (nicht "entschuldigt") das etwas unfreundliche Gehabe des Busfahrers ...
Die Arbeitswoche war gut, aber irgendwie machte mir die WM die Abende ein bisschen kaputt. Jedenfalls guckte ich am Dienstag und Mittwoch die Halbfinals in meiner Wohnung, weil ich hier sogar einigermaßen früh aufstehe, und wenn ich die Spiele in der Stadt geguckt hätte, wäre das mit dem frühen Aufstehen schwieriger geworden.
Am Donnerstag entschied ich mich dann spontan (und ziemlich kurzfristig), zum Spiel von Ferencváros (dem angeblich besten Budapester Verein) und Maccabi Tel Aviv in der Europa League zu fahren. Ich stieg in die Straßenbahn, und - welche Überraschung - da stiegen auch etliche Fans von Fradi (die Ungarn kürzen so ziemlich alles ab, nicht nur Vornamen und "bitte" und "danke", sondern offenbar auch den Namen des Fußballvereins) ein. Sie fingen an zu singen, und da hörte man auch was von "Tel Aviv" raus (was nicht unbedingt freundlich klang), sodass ich sicherheitshalber meine Ungarisch-Expertin per WhatsApp fragte, was "scheiß Jude" auf Ungarisch heißt, damit ich da nicht versehentlich mitsinge ...
Der eine Kollege hatte mich schon gewarnt, dass das Fan-ID-Unwesen, das bei der WM (und auch in den Niederlanden) Einzug gehalten hat, jedenfalls bei Ferencváros auch gilt - hier sogar mit Handvenenscanner. Ich hatte aber gelesen, dass man diese Fan-ID auch am Stadion bekommt. Joa, bekommt man, aber die Schlange an diesem Schalter war - nach meiner Schätzung - ungefähr 80 Meter lang, und ich war eine halbe Stunde vor Spielbeginn da - es gab es kein Durchkommen.
Als ich auch am Gästeblock kein Kartenhäuschen fand (mir wäre es ja egal gewesen, wo ich sitze), brach ich den Versuch ab und fuhr in die Stadt zum Abendessen. (Am Tag darauf kam meine Quasi-Chefin leicht aufgeregt zu mir und zeigte sich froh, dass ich noch lebe, weil ich ihr zwar erzählt hatte, dass ich zum Spiel will, aber sie erst am Abend sah, dass Fradi gegen eine israelische Mannschaft spielte - und Ferencváros ist anscheinend nicht unbedingt für seine friedlichen und philosemitischen Fans bekannt ... Nun fand ich die Stimmung nicht wirklich aggressiv, und auch, dass sie von "viel Polizei" sprach, konnte ich nicht so richtig nachvollziehen, denn für einen deutschen Fußballfan war das Polizeiaufgebot nun wirklich nicht riesig. Aber insgesamt werde ich Fradi erstmal meiden, wenn die so einen Mist mit dieser Fan-ID machen ...)
Ich war unentschieden, und landete am Ende in einem mittelprächtigen Edelschuppen (der aber wenigstens das Spiel auch zeigte - es ging 1:1 aus), in dem ich es mir gutgehen ließ. Das Essen war völlig in Ordnung, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis war nur dann so richtig akzeptabel, wenn ich mir vergegenwärtige, dass das halt in der Touristenzone einer europäischen Hauptstadt im Hochsommer ist. Das Lamm konnte jedenfalls mit dem von meiner Ersatzoma nicht mithalten (das schreibe ich, glaube ich, jedes Mal, wenn ich irgendwo Lamm esse, aber es hilft alles nichts, ist halt so ...), und der Pálinka für sieben Euro war auch okay ...
Ich schleppte mich nach Hause und kam am Freitag Morgen halt mal (kurz) nach halb neun ins Büro ...
Da fragte mich die Kollegin aus Stuttgart in der Teeküche, ob ich am Abend mit ihr das Schiff von der Árpád-Brücke bis hinunter zur Petőfi-Brücke nehmen würde. Praktischerweise ist dieses Schiff Bestandteil des öffentlichen Nahverkehrs in Budapest und entsprechend (zumindest werktags) in unseren Monatsfahrkarten enthalten (diese sind übrigens für 30 Euro sehr erschwinglich ...) - sehr gerne sagte ich in jedem Fall zu.
Also machten wir gegen 17.30 Uhr Schluss, gingen die paar Meter bis zur Bootslände und warteten auf die leicht verspätete Fähre. Kurz hinter der Margareteninsel ergatterten wir auf dem Oberdeck Stühle - zuvor hatten wir gestanden - und hatten gleich einen wunderbaren Blick auf die Margaretenbrücke, die wir unterquerten, und danach aufs Parlament und die Kettenbrücke. Achso, ja, rechts - an Steuerbord - sah man auch die Burg, die hätte ich fast vergessen ...
Wir legten am Parlament an und wieder ab, und der blaue Himmel und der Traumblick aufs Parlament - spätestens da wusste ich, dass ich diese Fährfahrt nicht zum letzten Mal gemacht habe. Wir kamen nach der Unterquerung der Ketten- und der Elisabethbrücke an der Petőfibrücke ab und stiegen in die historische Straßenbahn 2 ein, die parallel zur Donau auf der Pester Seite unterwegs ist und aus der Bahn - wenn man sitzen kann - einen tollen Blick auf den Burgberg hat.
Da wir nicht saßen, stiegen wir relativ bald aus, aßen am Dunacorso Kürtőskalács - auf Österreich-Deutsch heißt das "Baumstriezel", aber "Kürtőskalács" klingt doch gleich viel ungarischer -, also einen - laut Wikipedia - auf offener Feuerstelle an einem Rundholz gebackenen Kuchen aus Hefeteig. Meiner enthielt Schokolade, und das war eine klebrige Angelegenheit, aber eine sehr leckere, klebrige Angelegenheit ...
Irgendwie hatten wir jetzt Durst auf ein Getränk, das zumindest bei ihr nicht "Bier" hieß, und sie führte mich über die Andrássy út - eine der Hauptstraßen Budapests - in ein veritables Kneipenviertel mit einer Kneipe an der anderen.
Wir waren ein bisschen verfressen, sodass ich - neben drei Stark- bzw. Bockbieren - noch eine Wurst verspeiste. Auf den Pálinka verzichteten wir sogar. (Beim Aufbruch musste ich austreten, landete aber auf der Damentoilette, weil auf der Glastür zur Toilette, die zu finden schon einem Labyrinthausbruch entsprach, unter einem kleinen Querbalken "MEN" stand - dass über dem Querbalken "WO-" gestanden hatte, hatte ich wirklich und ernsthaft übersehen. Die Frau, die mich darauf aufmerksam machte, als ich nachher am Waschbecken stand, lachte herzlich über mich - ich dann, nachdem ich sie verstanden hatte (sie sprach Ungarisch), auch ... Die fehlenden Urinale waren mir zwar aufgefallen, aber auf die Idee, dass ich falsch sein könnte, war ich wirklich nicht gekommen ...)
Wir erwischten den vorletzten Bus (sonst wär's halt ein Nachtbus geworden, das wäre auch kein Drama gewesen) - ein schöner Abend war das.
Am Freitag schlief ich erstmal richtig aus, also so richtig, und brach dann kurz in die Stadt auf. Ich hatte in einer Broschüre, die eine Kollegin mir gegeben hatte, einen kleinen Stand entdeckt, der Pörkölt ...
Ach ja, also, das was wir in Westdeutschland unter "Gulasch" verstehen, heißt in Ungarn "pörkölt", und das, was die Ungarn "gulyásleves" (gesprochen: Guljaschlewesch - oder so ähnlich ...) nennen, ist bei uns die Gulaschsuppe. In Ostdeutschland (jedenfalls in der Mensa in Jena) stand regelmäßig Pörkölt auf dem Speiseplan, was ich - als ich herausgefunden hatte, dass das mein (westdeutsches) "Gulasch" ist - dann auch gerne aß ...
Also, ich hatte den kleinen Stand entdeckt, der Pörkölt im Pfannkuchen verkauft - das sieht dann erstmal so ähnlich aus wie das Lahmacun, das ich mir beim Dönermann immer kaufe, nur ist der Teig halt ein bisschen weicher und der Inhalt ist lecker Pörkölt, also Gulasch, siehe oben ... Hmmmmm, himmlisch (ich war heute Mittag gleich nochmal da ...).
Danach lief ich - uneingeschmiert und ohne Wasser, Vollidiot, siehe oben - in Richtung der Kettenbrücke, überquerte diese (gelegentlich im Schatten stehend den Blick auf Burg, Donau und Parlament genießend) und fuhr dann mit meiner 105 zurück nach Hause, um daheim das Spiel um Platz 3 zu gucken (sonst hätte ich einen Sonnenstich davongetragen, oooooooh ... Ich höre genau, wo da gekichert wird!).
Nach dem Spiel um Platz 3 machte ich mich ganz gemütlich fertig, denn ich wollte gegen 22 Uhr im Rudas-Bad zum Nachtbaden sein (muss immer aufpassen, dass ich "Nachtbaden" und nicht "Nacktbaden" schreibe, denn das gibt es im Rudas anscheinend auch, denn unter der Woche ist immer nur ein Geschlecht zugelassen und dann ist auch das Baden mit Lendenschurz oder im "birthday suit", wie ich eben gelassen habe, also im Adamskostüm, zugelassen, nur am Wochenende ist gemischtes Baden, und dann mit Badekleidung).
So gegen 20.30 Uhr war ich in der Stadt, lief von der Kettenbrücke ganz gemütlich runter zur Elisabethbrücke, genoss den fantastischen Blick auf die beleuchtete Burg und die beleuchtete Kettenbrücke, der von der Elisabethbrücke aus noch fantastischer war, und kam überpünktlich am Rudas-Bad an. Ich musste noch ein bisschen warten, weil die erst um Punkt 22 Uhr die Kassen aufmachten, denn bis 22 Uhr war noch der Tagesbetrieb dran.
Der Eintritt kostet 5.100 Forint, das sind etwa 15 Euro, und dazu lieh ich ein Handtuch für 1.000 Forint, also etwa drei Euro. Eine Badekappe brauchte ich nicht, die Badekappenpflicht haben sie irgendwie anscheinend abgeschafft, obwohl das noch überall dran steht, denn auch die Damen mit ihren langen Haaren waren ohne im Wasser.
Ich kämpfte mit dem System, weil ich erst im zweiten Anlauf verstand, dass mir automatisch eine Kabine zugewiesen wurde, in der ich meine Sachen lassen konnte, aber dann stand ich, in Badehose und Flipflops, diesmal ohne kariertes Hemd, aber mit weißem Handtuch bewaffnet, am Eingang zum Thermalbad.
Das Rudas-Bad ist eines der ältesten Bäder Budapests (es wurde noch von den Osmanen errichtet), und es ist ein tolles Gefühl, in diesen alten Mauern herumzuwandern und zu planschen. Von "silence please" hielt die Gruppe von - ich glaube - Russen eher wenig, aber das war nicht so schlimm ...
Ich machte erst eine Runde durch die fünf Thermalbecken, die 28, 30, 33, 36 und 42 Grad warmes Wasser beinhalten (bei den 42 Grad denkt man jedes Mal, man verbrüht sich heftigst, aber eigentlich ist es für ein paar Minuten ganz gut auszuhalten), ließ das Tauchbecken mit 18 Grad aus, und ließ die Sauna und das Dampfbad erstmal links liegen. Danach ging ich am Schwimmbad (das mich wahnsinnig an das Volksbad in Jena erinnerte, nur dass da wirklich noch ein Schwimmbad drin ist) vorbei zum Wellnessbereich und hoch auf die Dachterrasse.
Auf der Dachterrasse ist ein relativ kleines Becken, aber das hat eine ganz schicke Aussicht auf das beleuchtete Buda und die Elisabethbrücke (jedenfalls bis ca. ein Uhr, dann wird die Beleuchtung ausgeschaltet ...), aber das war mir zu voll. Daher ging ich wieder runter in den Wellnessbereich, erkundete das Kontrastbad (erst eine Minute im 42-Grad-Becken, das es dort auch noch einmal gibt, dann zehn Sekunden ins 16-Grad-Becken, dann wieder eine Minute ins 42-Grad-Becken), verlas mich, denn zum Abschluss verbrachte ich eine Minute im 16-Grad-Becken, obwohl auf der Hinweistafel stand, dass man eine Minute lang warm duschen soll, aber war auch egal, denn das war ganz gut auszuhalten, und verbrachte dann eine Weile im Wellnessbereich.
Am besten gefiel mir aber - natürlich - das alte Bad, das so gegen Mitternacht noch einmal voller wurde, weil eine Gruppe von Chinesen reinkam, aber ab 1 Uhr oder so (nachdem ich oben auf der Dachterrasse war) wurde es merklich leerer. Ich erkundete dann auch das Dampfbad und die Luftsauna, verbrannte mir die Füße auf dem heißen Steinboden (aber man sollte die Schlappen draußen lassen; andererseits soll man sich auch aufs Handtuch setzen, das macht nur auch keiner ...), kühlte mich im 18-Grad-Becken ab und machte mehrere Male die Runde vom 28- über das 30-, das 33- und das großen 36-Grad-Becken mit dem Abschluss im 42-Grad-Becken. Das war richtig toll und war mit großer Sicherheit nicht das letzte Mal, dass ich dort war.
Ich fuhr um kurz vor drei mit dem Nachtbus heim, war um halb vier zuhause und um vier Uhr im Bett, und heute Morgen schlief ich natürlich ein bisschen aus.
Heute schmierte ich mich ein, fuhr kurz in die Stadt, aß den Gulaschpfannkuchen und trank ein Bier am Freiheitsplatz (szabadság tér), auf dem die Budapester ein Fanfest aufgebaut haben. Aber irgendwie wollte ich nicht so richtig bleiben, fuhr schnell wieder mit dem Bus heim und guckte das Finale dann in der Wohnung.
Bis auf die Fußballergebnisse war das ein ganz großartiges Wochenende. Nächstes Wochenende bin ich in Deutschland, aber dann in zwei Wochen werde ich bestimmt wieder (mindestens) ein Bad erkunden. Wieso nicht am Freitag Abend ins Rudas und am Samstag Abend dann zur Party ins Széchenyi-Bad? Auf alle Fälle werde ich mir Badehandtücher aus Deutschland mitbringen, damit ich keine mehr ausleihen muss.
So, das war jetzt ein längerer Blogeintrag, vielleicht muss ich doch wieder dazu übergehen, öfter zu berichten als einmal wöchentlich, mal sehen ...
Fotos:
Parlament von der Fähre aus |
Pörkölt im Teigmantel |
Die überbelichtete Kettenbrücke |
Panorama von der Kettenbrücke |
Die Kettenbrücke zur blauen Stunde |
Die Burg zur blauen Stunde |
Burg und Donau zur tiefblauen Stunde ... |
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