Meine Länder

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Dienstag, 11. August 2009

Aserbaidschan - der Albtraum hat einen Namen

So, jetzt ist eigentlich alles wieder einigermaßen im Lot - einigermaßen! Wir sitzen hier am Kaspischen Meer in der Nähe des Strandes in Aserbaidschan und trinken ein Bier, und zwar ein Xirdalan ...

Der letzte Blogeintrag war wohl in Rize, seitdem ist Einiges (!!!) passiert, uns und dem Auto zum Glück nichts, außer dass wir im Moment getrennt sind.

Der Morgen in Rize war relativ ereignislos außer sehr starkem Regen, der aber bis zu unserer Abfahrt schon wieder halbwegs abgenommen hatte (und erst im Verlauf des Tages, dafür aber immer wieder, erneut erschien). Für die 120 km bis zur Grenze gilt das Gleiche. Danach fängt die Geschichte aber an:

Die türkische Ausreisegrenze in Sarp ist ein mittlerer Feld-, Wald- und Wiesenhinterhof, bei dem man nicht weiß, durch welche Einfahrt man als Pkw fahren soll. Nach der Auswahl einer Einfahrt ging eigentlich alles relativ glatt (Passkontrolle etc.), bis es zur Abschlusskontrolle kam. Hier stimmte offenkundig etwas nicht, was uns der mürrische Zöllner aber nur durch Handbewegungen zu verstehen geben konnte. Jedenfalls war das Auto nicht aus dem Pass ausgetragen worden, was hätte passieren müssen. Leider war an allen Grenzhäuschen, an denen wir vorbeifuhren, kein Hinweis, und insbesondere kein Verantwortlicher, der uns auf dieses Versäumnis hinwies. Also, mit einem Hilfsschaffner zu Fuß im strömenden Regen die ganze Schikanestraße zurücksprinten, wieder vor und anschließend wieder zurück, bis irgendwann aus unerfindlichen Gründen alle Türken zufrieden waren und wir die drei Meter bis zum georgischen Problemkreis in Angriff nehmen durften.

Hier musste zunächst eine Autoversicherung abgeschlossen werden, die gigantische etwa 1.500 Euro umfasst ... Bei den Grenzkontrollen im Kaukasus scheint es üblich zu sein, dass die Beifahrer durch die Fußgängerschleusen müssen, also war Marcel von mir getrennt, auch im Zoll, was übrigens mal der erste totale Quatsch ist. Der georgische Zoll erschien uns anfangs leicht paranoid, da er nicht nur der Erste war, der den Kofferraum geöffnet haben wollte, sondern auch unser Gepäck durchstöberte ... Naja, das sollte sich später als harmloses Gehabe herausstellen, jedenfalls kamen wir nach insgesamt zwei bis drei Stunden Gesamtaufenthalt an der Grenze glücklich über dieselbe.

Georgien - man soll es nicht glauben, aber die Georgier fahren noch schlimmer als die Türken: Überholt wird an Stellen, wo selbst Türken zurückzucken, praktisch überall. Zu überholen sind auf den keineswegs überall schlechten, aber genausowenig überall guten Straßen nicht nur Autos, sondern auch Kühe, Schweine, Truthähne, Pferde, Esel, Hunde und anderes Getier (und damit sind nicht die Autofahrer, sondern die Tiere gemeint), kurzum: In Georgien zu fahren erfordert in der Tat andere Kompetenzen als in Deutschland. Nach einigen Stunden Fahrt erreichten wir schließlich Gori, die Geburtsstadt Stalins. Hier fanden wir nach etwas Suchen das im Lonely Planet empfohlene Hotel Victoria in der Nähe der Stalinallee (ja, die heißt immer noch so). Leider sprach die Rezeptionistin nicht ein einziges Wort Englisch oder gar Deutsch, und da unsere Georgischkenntnisse ebenfalls nicht gerade prickelnd sind, kam erstmals ernsthaft das Ohne-Wörter-Buch zur Anwendung, was auch wesentlich den Verhandlungserfolg erleichterte. Trotz Kreditkartenhinweis galt "maschina kaputt", sodass wir Geld holen mussten, was im dritten Anlauf unter den gestrengen Augen von Väterchen Stalin auch gelang. Nach gutem und sehr günstigem Abendessen ging es schnurstracks ins Bett, da wir am nächsten Morgen pünktlich am Stalinmuseum sein wollten.

Was nützt nur alle Pünktlichkeit, wenn alle einem verschiedene Uhrzeiten nennen? Jedenfalls waren wir (wohl) eine Stunde falsch, sprich zu früh, und spazierten daher in Ruhe über die Stalinallee zum Stalinmuseum und warteten vor selbigem geduldig auf Einlass. Dieser wurde uns schließlich gewährt: Wir durften die heiligen Hallen besichtigen. Obwohl die Beschriftung nur auf Georgisch und Russisch vorliegt, gewinnt man wegen des üppigen Bild- und Ausstellungsmaterials doch einen Überblick über Stalins Leben, wenn auch die negativen Seiten höflich übergangen werden. Nach einem abschließenden Rundgang in Stalins Eisenbahnwaggon und einem letzten Blick auf sein Geburtshaus, das unser einem tempelartigen Gebäude Regenschutz findet, ging es auf gen Aserbaidschan.

Die Umgehungsstraße um Tiflis verdient zumindest auf zwei Kilometern allenfalls das Siegel der Extrem-Rüttelpiste (Steine in unregelmäßiger Weise auf getrockeneten Matsch ausgeschüttet, sodass bei Trockenheit ein Befahren der Schlaglochpiste nicht automatisch Achsbruch bedeutet), aber schließlich kamen wir zur Grenze, die auf georgische Seite extrem schnell und extrem freundlich (ohne jede Ironie!) vonstatten. Das "Good Luck" des georgischen Abschlusskontrolleurs hätte uns aber Warnung sein müssen.

Die neue aserbaidschanische Grenzstation ist in Bau. Solange fährt man über einen 200m-Feldweg in ein umzäuntes Gehege mit einigen Wellblechhütten, während der Beifahrer als Fußgänger außen herum die Grenzkontrolle über sich ergehen lässt. Ich fuhr also ohne Marcel in das Gehege hinein und sollte gleich einmal hinter dem Klo parken und dort stehen bleiben. Nach etlichen Minuten erbarmte sich einer der vielen Zöllner, Grenzer, Soldaten und Hilfsschaffner meiner und fragte auf Aserbaidschanisch oder Russisch, was ich denn hier wolle. Ich antwortete, dass wir zum Fußball nach Baku wollten, was teilweise eine sensationelle Neuigkeit war, was nicht gerade für den Informationsfluss innerhalb Aserbaidschans spricht. Schließlich geriet ich an einen wohl recht wohlgesonnenen Zöllnerhäuptling, dessen Großmutter irgendwas mit Deutschland zu tun hatte und der deshalb zwar nicht gut, aber doch halbwegs verständlich Deutsch konnte. Er erklärte mir nach kurzem Blick in die Fahrzeugpapiere mit drei anderen Zöllnern zusammen, dass wohl "gross Problem" bestünde.

Ich durfte in sein Kabuff und sollte mich dort erst einmal setzen, bevor die Kaution genannt wurde, die bei Einreise für das Auto zu hinterlegen sei und die von der Botschaft in Berlin auf ausdrückliche Anfrage als "klein" beschrieben wurde. "Klein" bedeutet in der Ansicht der aserbaidschanischen Zollbehörden für einen Kleinwagen (Ford Fiesta) 3.660 $, und das natürlich in bar. Hallo? Für vier Tage? Hakt's? Ich versuchte, ihm zu erläutern, was die Botschaft gesagt hatte, was er mit vielen Gesprächen auf dem Handy beantwortete. Auf einmal war ich nicht mehr so wichtig und mein Pass samt Fahrzeugpapieren weg.

Ich stand herum, saß herum, stand herum, wurde von einem Pause machenden anderen Zöllner gefragt, wie oft ich "make fucking" (natürlich mit entsprechender Handbewegung) und wieviel ich dafür bezahlen würde. Fußball war auf einmal ganz toll und es wurden völlig hanebüchene Ergebnistipps abgegeben, aber helfen konnte mir keiner. Zwei Stunden später eröffnete mir mein Zöllnerhäuptling in Anwesenheit es noch höheren Häuptlings und unter Hinzuziehung von Marcel durch die Einreisekontrolle zurück, dass "gross Problem" immer noch bestünde. Ich sprach zum geschätzt 219. Mal von der Botschaft und der "kleinen" Kaution und fing dann irgendwann auch an zu fragen, ob man das Problem denn nicht "irgendwie" lösen könne. Darauf reagierte er auch nicht, obwohl ich keine andere Erklärung für ein zweistündiges Weichkochen ohne Änderung der Sachlage habe als der Versuch, eine Bestechung zu erwirken, aber gut. Das Problem war zudem, dass wir zusammen vielleicht 500 € in bar hatten und auch in der nächsten Bank (die 20 Kilometer entfernt war) maximal noch einmal 500 $ pro Person bekommen hätten, die 3660 $ also keineswegs, selbst wenn wir gewollt hätten, hätten entrichten können.

Schließlich war er so "hilfsbereit", uns anzubieten, das Auto im Zollhof zu parken, wo es bewacht würde (inschallah, mal wieder), und uns auch an einen Bus nach Baku zu vermitteln. Nach abermaligen Debatten mit den Zöllnern, Grenzen, Militärs und Hilfsschaffnern konnte ich aus dem Gehege herausfahren auf den Zollplatz, sollte bei der Rückkehr ins Gehege, um meinen Autoschlüssel abzugeben (das einzig Logische an diesem Schwachsinn), meinen Pass vorzeigen, weil der Grenzer nicht wusste, was der Zöllner wollte, was sich aber dann aufklärte, und saß schließlich nach fünf Stunden erfolgreichen Grenzübertrittsversuchs mit Marcel in einem Bus nach Baku.

Dort kamen wir nach wenig Schlaf in enger und vollgestopfter Kabine gegen 7.00 Uhr morgens an und waren völlig gerädert. Das Essensangebot der wirklich durchgehend sehr freundlichen einfachen Aserbaidschaner (oder Georgier) lehnten wir dankend ab, nachdem wir gesehen hatten, wie sich sich die Speisen einverleibt hatten ...

Ein freundlicher junger Aserbaidschaner half uns mit dem Finden des richtigen Aussteigeortes und zeigte uns noch den Jungfrauenturm in Baku-Altstadt. Mit Gepäck liefern wir ein wenig herum, machten uns auf den Weg zum Bahnhof (natürlich mit Milizkontrolle unseres Gepäcks in der U-Bahn!) und kämpften uns durch zwei Horden drängelnder Aserbaidschaner bis zum Schalter vor, um unsere Rückfahrt mit dem Zug zu buchen. Danach ging es zum Stadion, es wurden im Semi-Schwarzmarkt VIP-Karten für das morgige Spiel gekauft. Anschließend ging es per Trolleybus in die Nähe unseres Hotels hier an der Nordküste der Abseron-Halbinsel, in dem offenkundig (nach leicht genervter Aussage der Rezeptionistin) ganze Scharen von deutschen Fußballtouris eingefallen sein müssen - war halt das günstigste im Internet buchbare Angebot in Baku und Umgebung ...

Das Hotel ist wirklich spitze, das müssen wir sagen, das Meer ist hier allerdings auch nicht gerade einladend, aber wir müssen das Ganze noch ein wenig genauer erkunden.

Wir bedauern es sehr, dass die aserbaidschanische Regierung es Ausländern so schwierig macht, ihr Land zu besuchen (hohe Visumgebühren, aberwitzige Kautionsforderungen für das Auto, während es Georgier und Türken auch mit einem einfachen Zusatzvermerk im Pass gebacken bekommen, den Autoimport zu kontrollieren). Nun harren wir der Dinge, die da morgen auf uns zukommen: Es wird wohl ein ausgedehntes Ausschlafen, danach ein Stadtbummel in Baku und danach ein hoffentlich erfolgreiches Auswärtsspiel der deutschen Männer-Nationalmannschaft werden. Mal sehen, wo unser Minischterpresident Oettinger so sitzt ...

Jetzt mal ein großer Batzen an Bildern des Tages:
Am 7. August ein alter Stinker auf im Neubau befindlicher zweispuriger Piste vor wunderschöner Lustschaft, am 8. August die Müllhalde am Steinstrand von Rize in der Nordosttürkei, am 9. August ein georgischer Monsterstinker vor uns auf schmaler Straße ebendort, am 10. August der Blick des heute noch über Gori wachenden Stalin und am heutigen 11. August der Blick von unserem Balkon auf den Strand mit vorgelagerter Müllhalde.

2 Kommentare:

  1. Sehr interessant für Menschen die dort nie gewesen sind. Ich bin da aufgewachsen und da gibt es weit mehr interessante Dinge. Der Zollaufbau ist, nicht besonders toll- aber wo ist er das schon? Ich sage nur: Hos gelmisiniz!

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  2. und ich hab mein geld mehrere jahre so verdient,von Karlsruhe und dann nach Baku,und das fast eder monat mitm neuen auto hin,und mit Lüfthansa Zurück!!!Problemen haben immer ab Aserbaidchanische grenze angefangen,ob voll jetzt fliege nur mitm flügzeug dahin(nur zu besuch),weil habe jetzt normale Arbeitstelle,kann man nichts machen wenn politicker da nur Idioten sind!!! Haupschtadt finde aber schön und Bilig!!! istasy@mail.ru

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