Ich war irgendwie sehr früh wach heute Morgen, obwohl die letzten Abende und auch der gestrige in Restaurants und Gaststätten verbracht wurden; aber gestern Abend kam ich gar nicht so spät ins Bett, nachdem ich durch einen veritablen Schneesturm aus dem Rix nach Hause gegangen war. Das befreundete Pärchen, mit dem ich unterwegs war, musste gar ein Taxi nehmen, weil die Busse aufgrund des Wetters ausfielen ... (Und, ja, diesmal waren es mehr als die fünf Millimeter Schnee, die normalerweise nördlich des Mains verlässlich zu Verkehrschaos führen.)
Die Stadtbahn um 7.20 Uhr verpasste ich trotzdem knapp, sodass ich unter Verwendung der nächstfolgenden Bahn noch einige Zeit am Hauptbahnhof hatte, die ich zum Frühstücken nutzte. Dann setzte ich mich in den ICE nach Köln, fuhr zunächst durch verschneite norddeutsche Landschaften, dann durch grünere westdeutsche, und in Köln erwischte ich noch unerwartet den früheren Regionalexpress, sodass ich den ausgebuchten ICE ICE sein lassen konnte.
In Aachen nahm ich den Bus zur Grenze, wäre klüger eine Station früher ausgestiegen, denn den Anstieg musste ich sowieso wieder hochstiefeln, aber das fiel mir zu spät auf. Ich überquerte zunächst die deutsch-niederländische Grenze, lief dann den Anstieg hoch, wobei ich an der schönen (und großen) Vaalser Kirche vorbeikam, lief wieder auf deutsches Gebiet und wanderte dann einen veritablen Berg (den Vaalserberg) hinauf, was durch matschige Wege und ungeeignetes Schuhwerk noch verkompliziert wurde.
Teilweise war das ein wirklich verflucht steiler (und schweißtreibender!) Weg, der zunächst vollständig auf deutschem Gebiet verlief, ab und zu ging es durchs Gebüsch, aber am Ende landete ich auf dem Bergkamm und sah nicht nur den modernen, sondern auch den alten Aachener Reichs-Grenzstein ...
Gerade so auf niederländischem Gebiet lief ich auf einem matschigen Weg zum nächsten Grenzstein, machte dann kehrt, denn der Weg wurde noch matschiger und außerdem ging es noch einmal bergab, das wollte ich möglichst vermeiden. Also lief ich auf der Straße bzw. dem angrenzenden Fahrradweg, bis ich nach einem Panoramarestaurant wieder auf den Grenzsteinweg kam.
Direkt gegenüber eines Grenzsteins hatte jemand (auf niederländischem Gebiet) eine Schnitzeljagdanweisung hinterlegt (mit deutschsprachigem Hinweis, den bitte liegen zu lassen), dabei ist doch das Grenzsteinhechten schon Schnitzeljagd genug, Mann!
Der Weg endete am höchsten Punkt der europäischen Niederlande auf 322,5 Metern, und der Aufstieg hatte sich damit und dem wenige Meter weiter befindlichen Dreiländereck (Belgien-Deutschland-Niederlande) schon gelohnt. Ich machte, nachdem ich an der Reihe war (vor mir wurden Stofftiergeschwister in verschiedenen Ländern fotografiert, herzig ...), ein Bild von meiner Hand in drei Ländern gleichzeitig, dann gönnte ich mir - wie damals mit Nina - am belgischen Kiosk ein belgisches Menü: Bier, Fritten und eine Fleischkrokette. An der Krokette verbrannte ich mir - wie zu erwarten war - den Gaumen, aber lecker war das Zeug irgendwie schon ...
Weiter ging die Wanderung entlang der deutsch-belgischen Grenze, auch hier ging es durch den Wald, aber einigermaßen ebenerdig. Die einzige Ausnahme war der Abstieg (auf belgischer Seite) hin zu einer (deutschen) Wiese, die nach Belgien hineinragt. Auf der Wiese rutschte ich zwei-, dreimal fast aus, ehe - nun wieder an der Grenzsteinlinie, aber auf deutschem Gebiet wandernd - den Berg wieder hinaufmusste.
Ich wurde ständig überholt, weil ich immer wieder anhielt, ... (Wie? Um zu verschnaufen?! Na warte! Nein, vielmehr:) um die Grenzsteine fotografisch zu dokumentieren. Irgendwann bog die Grenze rechts ins Gebüsch ab, ich also hinterher. Zunächst verlief ich mich ein bisschen, kam dann aber (wieder) auf den rechten (Grenz-)Weg, auch wenn der nun wieder richtig durchs Gebüsch führte.
Einer der letzten Grenzsteine, die ich heute besuchte, hatte Nachwuchs bekommen, denn da stand ein kleiner (Grenz-?)Stein direkt daneben ...
Ich sinnierte wahrscheinlich noch über die Fortpflanzung von Grenzsteinen nach, denn kurz vor dem finalen Grenzübertritt des heutigen Tages bog ich - plangemäß - vom Waldweg ab - und lag plötzlich schildkrötenartig auf dem Rücken ...
Einen Teil des Aufpralls fing mein Rucksack ab, und schnell war ich wieder aufgestanden. Alle Knochen und alle Gerätschaften waren heile (müsste mein vierter Wandersturz gewesen sein, der erste im Ausland ...), aber mein Anorak war beidseitig ein bisschen mit Matsch beschmiert, meine Jeans und mein Hemd, da musste ich erstmal schauen ...
Ich lief - frei von weiteren Unfällen - nach Deutschland und hinunter zur Bushaltestelle in der Siedlung Preuswald. Ein Bus fuhr mir direkt vor der Nase weg, aber den wollte ich gar nicht erwischen, sodass ich mir im Wartehäuschen erst einmal das Hemd auszog (keine Sorge, ich trage ja immer ein Unterhemd drunter ...), feststellte, dass das unrettbar schmutzig war, es auszog und nutzte, meinen Anorak und meine Hose ein bisschen vom gröbsten Schmutz zu beseitigen.
Eine junge Frau kam an die Bushaltestelle und wurde erstmal angequatscht, dass sie mal bitte an meiner Hinterseite herunterschauen solle, ob ich so in einen Bus einsteigen könne. Sie bejahte das (sonst hätte ich echt ein Problem gehabt ...) und wunderte sich bestimmt auch gar nicht über den komischen Typ, der sie bittet, ihm auf das Hinterteil zu gucken (sie fragte sehr freundlich, ob ich mir wehgetan hätte - hatte ich nicht ...).
Ich stieg in den Bus ein, stieg an der Haltestelle Misereor um und hatte am Aachener Hauptbahnhof noch gut Zeit, um in den - nicht leeren - Regionalexpress nach Köln einzusteigen. Dort hatte ich mehr als eine halbe Stunde zum Umsteigen, sodass ich den Kölner Dom aufsuchte, nachdem ich die Menschenmassen auf der Domplatte umkurvt hatte und am liebsten wieder unzählige Menschen verprügeln wollte, weil die mitten im Weg stehen bleiben oder so aufreizend langsam laufen oder mit drei Mann nebeneinander und am besten alles gleichzeitig, aber ich konnte mich zurückhalten und seufzte hörbar, als ich endlich in einer Bank im Kölner Dom saß.
Die Akustik, fiel mir auf, ist insofern hervorragend, als dass sich der Kölner Dom gerade nicht wie eine Bahnhofshalle anhört, obwohl da viele Menschen drin waren und auch nicht gerade leise sprachen. Nach zehn, fünfzehn Minuten Verschnaufen lief ich wieder zurück zum Kölner Hauptbahnhof und wartete auf den ICE, der natürlich nicht - wie im Wagenreihungsplan vorgesehen - im Abschnitt E zum Halten kam, sodass 20, 30 Menschen dem Zug hinterherwetzen mussten ... Bahn!
Ich sitze jetzt - im Anorak, weil ich meinem Mitmenschen mich nur im T-Shirt nicht zumuten kann - gemütlich im ICE nach Hannover und werde so gegen 20.30 Uhr am Hauptbahnhof ankommen. So gegen 21 Uhr müsste ich zuhause sein und werde mich dann erst einmal von Schweiß und Tränen (zum Glück kein Blut) befreien - und Tränen auch nur deswegen, weil ich heute meinen Griffel mal wieder gleichzeitig in drei Ländern hatte, Tränen des Glücks, verstehste?
Morgen geht es in den Schwarzwald, aber nächste Woche reise ich auch eine ganze Menge, diesmal sogar beruflich, bevor es schließlich am Freitag nach Bristol und dann nach Edinburgh geht - für die Flüge habe ich gestern eingecheckt.
Fotos von heute gibt es auch:
Kirche in Vaals |
Erster Grenzstein des Tages |
Rechts der moderne, links der frühneuzeitliche Grenzstein |
Jaha, hab ich gelassen |
Höchster Punkt der europäischen Niederlande |
Dreiländereck |
Drei-Länder-Griffel |
Belgisches Menü |
Grenzstein mit Nachwuchs |
Kölner Dom von innen ... |
... und von außen |
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