Meine Länder

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Mittwoch, 14. Juni 2017

7 x 43 = 301

Keine Sorge, die Werte sind doppelt geprüft; die Aussage gilt natürlich im Raum der ganzen Zahlen, also in ℤ, aber natürlich auch in ℚ (rationale Zahlen), ℝ (reelle Zahlen), ℂ (komplexe Zahlen) und, wenn mich die Algebra des dritten Semesters nicht im Stich lässt, auch in ℍ (Quaternionen). Die Aussage gilt natürlich auch in, sagen wir, ℤ2, aber da könnte ich genausogut 1 x 1 = 1 schreiben, das würde die gleiche Aussage beeinhalten ...

So, ich begrüße die übriggebliebenen Gäste, die sich durch das kleine Proseminar Algebra gekämpft haben, ganz herzlich zum heutigen Blogeintrag. Hallo? Haaaaaallllllooooo? Keiner da? Okay, dann lasse ich es heute bleiben ... Nein? Wo kommt ihr denn jetzt alle her? Ah, okay, nun denn:

Wir fingen ein bisschen spät mit Boarden an, kamen aber halbwegs pünktlich weg und sogar ganz überpünktlich an - um 1.20 Uhr oder so waren wir gelandet. Liebe Pegasus-Flugbegleiter (auch wahrscheinlich: lieber türkischer Staat), keine Sau hält sich an eure Ansage, dass man die Handys bei Start und Landung ausschalten soll (außer natürlich mir, hust). Manche haben die sogar im normalen Modus (nicht: Flugmodus) und telefonieren in Seelenruhe, wenn wir schon am Starten sind - wieso? Na, weil inzwischen jeder weiß, dass die Handys so schlimm nicht sein können - ja, da mag es vor zwanzig Jahren in Japan mal einen Absturz gegeben haben, aber die Flugzeughersteller haben daraus natürlich Konsequenzen gezogen und die Instrumente besser geschützt. Oder meint ihr, dass die (z. B.) Boeing 737, die von der Lufthansa registriert ist (und wo man das Handy auch offiziell anlassen darf), besser geschützt ist als eure türkischen Maschinen? Tut euch und uns einen Gefallen und lasst das bleiben, es ist einfach sinnlos ...

Achso, und wenn ich schonmal beim Tippgeben bin: Stellt um Gottes Willen die Klimaanlage nicht auf Saunatemperaturen, sondern eher - gerade bei einem Nachtflug - auf Schlafzimmertemperaturen, das kann doch nicht so schwer sein! Wer friert (was ich für durchaus zulässig halte), kann sich ja was anziehen, aber ihr wollt nicht wirklich, dass ich mich so lange ausziehe, bis die Temperaturen für mich angenehm sind, sonst komme ich nämlich - und diesmal verständlicherweise - wegen unsittlichen Benehmens in den Knast.

Sorry, dass es jetzt gerade Pegasus mit den dezenten Hinweisen erwischt, das hätte auch viele andere Gesellschaften treffen können, die den gleichen Mist wieder und wieder fabrizieren. Irgendwann muss ich mal eine Liste mit Hinweisen für Fluggesellschaften aufstellen, wie sie mir eine Freude machen können ...

So, wir fuhren mit dem Bus zum Gate, die Einreisekontrolle ging sehr fix, auch wenn meine Grenzerin etwas komisch guckte, als ich zur Begrüßung an der Passkontrolle an meinem Auge herummachte - wie so oft war ich Held im Erdbeerfeld nicht fähig gewesen, mir vor dem Flug die Kontaktlinsen rauszumachen, sodass die jetzt brannten, klebten bzw. (die eine im rechten Auge) schon vom ständigen Zwinkern zusammengefaltet war. Und ehe die mir rausfällt, muss ich das halt auch in einer unpassenden Situation richten - das "welcome" danach, das ich übrigens fast nur von georgischen Grenzern, aber da dann regelmäßig höre, brachte auch sie trotz des Schrecks über die Lippen.

Mein Gepäck kam auch sehr, sehr fix und schon war ich am Zoll vorbei und nach Georgien eingereist. Ich hob Geld ab und warf mich ins Getümmel der Taximafia. Das Hotel hatte mir geschrieben, ich sollte keineswegs mehr als 30 Lari (11 Euro) für die Fahrt zum Hotel zahlen, aber erzählt das mal den Taxifahrern, die mit "minimum price 75 Lari" anfangen, Freunde. Am Ende zahlte ich 40 Lari und hatte eine Erlebnisfahrt vor mir.

Der Typ schleppte mich zu seinem "big car", einem Jeep, und auf ging die wilde Fahrt über die Flughafenautobahn - 80 Sachen schien mir gar nicht so schnell, aber die Anzeige bezog sich auf Meilen, sodass das dann doch 130 km/h waren, wobei allerdings 80 km/h erlaubt waren ...

Plötzlich war auf der anderen Straßenseite Polizei und Feuerwehr, was meinen Fahrer (wie viele andere) dazu brachte, auf der rechten Spur der zweispurigen Straße anzuhalten und - naja, was soll ich sagen - zu gaffen (dazu kletterte er sogar über den Fahrbahntrenner drüber, Held!).

Ein paar Minuten später joggte er über die Autobahn zurück, fuhr ein bisschen weiter, gaffte nochmal zum Abschied und fuhr dann - etwas gesitteter - weiter. Da war auf der Gegenfahrbahn  ein Auto mit offenbar leicht überhöhter Geschwindigkeit abgeflogen, hatte dabei einen nicht ganz kleinen Baum umgenietet und lag nun einigermaßen verdreht im Straßengraben - bei den heutigen Autos mit ihren Sicherheitsmechanismen weiß man das ja (zum Glück) nie, aber wenn da einer drin gestorben ist, würde mich das wirklich nicht wundern ...

Es ging - es war wirklich ein ganz schönes Stück bis hinter die Altstadt - durch das nächtliche Tiflis in den Norden des Stadtgebiets, wo mein Fahrer dann plötzlich durchs Wohngebiet fuhr und an einem größeren Parkplatz anhielt. Da standen einige Autos und einige Männer im Dunkeln herum, wobei ich den Männern in einer unbeleuchteten Straße auch nicht begegnen wollte; sie wiesen, als der Fahrer nach meinem Hotel fragte, auf den Hinterhof des Parkplatzes. Na, vielen Dank auch ...

Ich stieg aus und rollte meinen Koffer über den unebenen Platz an den Männern vorbei ins Dunkel ... Da hinten war wirklich ein Hotelschild, ich wuchtete mein Gepäck den Koffer hoch und kam in eine nüchterne, aber zweckmäßige Lobby. Die Rezeptionistin empfing mich (es war inzwischen 2.15 Uhr) überaus freundlich, nein, ich muss korrigieren, sehr herzlich (die war heute Morgen auch noch da und genau so lieb, das gibt eine fette positive Erwähnung in der Bewertung). Ihr war lieber, wenn ich heute Abend bar bezahlte (ich sollte 80 Lari zahlen, hatte nur 100 als Schein und sie versprach, mir die 20 Rückgeld heute Morgen zu geben, was sie natürlich tat), dann führte sie mich ins Zimmer.

Schein und Sein sind halt zwei verschiedene Dinge, denn in dieser scheinbar üblen Absteige hatte ich ein richtig hübsches Zimmer mit einem sehr akzeptablen Bad (beim Duschen heute Morgen geriet ich ob des sehr ordentlichen Wasserdrucks regelrecht ins Schwärmen ...), nur die Lampe im Schlafzimmer gab einen für meinen Geschmeck zu sehr rotlichtigen Farbton ab, aber was soll's ...

Die relativ kurzfristige (vorgestern) Entscheidung, mir in Tiflis für die paar Stunden noch ein Zimmer zu mieten, war eine sehr und für meine Verhältnisse sogar außerordentlich vernünftige Entscheidung, auch wenn ich tatsächlich nur ein paar Stündchen schlief.

Recht erholt und frisch geduscht entstieg ich um 10.45 Uhr dem Zimmer, checkte aus, die Dame erläuterte mir noch den Weg zu meinem Bus, den ich sonst nicht so leicht gefunden hätte, und ich verabschiedete mich - wenn ich nochmal von diesem Busbahnhof abfahre, übernachte ich auf alle Fälle wieder dort.

Ich war jetzt natürlich viel zu früh, weil mein Bus erst um 12 Uhr fuhr. Ich holte mir noch meine Pro-forma-Fahrkarte ab (ich hatte keine E-Mail bekommen mit einer Fahrkarte, deswegen holte ich mir den Zettel am Büro dort ab) und ging dann auf die Suche nach einem Kneipchen, um etwas zu trinken.

In einer Kneipe saßen zwei Männer mit Bier vor sich, und ich wurde schwach - schon wieder Frühschoppen - aber es ist ja Urlaub ... Die beiden Männern bekamen dann eine sehr kräftig aussehende Fleischbrühe, die ich mir ebenfalls bestellte - am Ende bezahlte ich für die Suppe und zwei Bier 9,50 Lari, das sind 3,50 € - Georgien gefällt mir ...

Im Bus, der ziemlich pünktlich abfuhr, gab es - tadellos funktionierendes - WLAN und ein Entertainmentsystem mit - auch - deutscher (!) Menüführung, so stelle ich mir das für 5 € pro fünfstündiger Fahrt vor, das war richtig gut.

Der Fahrer fuhr zügig und gut, nur erschreckte ich mich einmal auf der Autobahn, als auf einmal auf der Überholspur Gegenverkehr kam - die Gegenfahrbahn war offenbar gesperrt, aber da gab es keine Absperrungen oder andere Streckenführung oder andere Sicherheitsmaßnahmen, einfach nur eine Fahrspur hin und eine her - Wahnsinn ...  Aber überhaupt fährt man halt hier im Kaukasus ein bisschen anders, das habe ich ja schon 2009 feststellen dürfen.

Bis hinter Gori gab es die Autobahn, danach wurde es Landstraße, aber durch die Beschäftigungsprogramme und den schönen Ausblick auf die georgische Landschaft vergingen die am Ende fünfeinhalb Stunden Reisezeit wie im Flug - das kann man öfter machen ...

In Sugdidi wusste ich nicht ganz genau, wo ich aussteigen sollte, entschied mich dann aber, bis zur Endhaltestelle mitzufahren (sobald man in Richtung des Zieles kommt, halten die Busse auf Verlangen an, damit die Fahrgäste dann nicht noch jemanden abstellen müssen, der sie zurück zu ihrem Endziel abholt), damit ich für Samstag Abend weiß, wo ich den Taxifahrer von der Grenze hindelegieren muss.

Von dort ging ich zu Fuß im leichten Nieselregen durch das dezidiert untouristische Sugdidi, über eine alte Fußgängerbrücke über den Fluss und dann durch ein Wohngebiet, ehe ich vor meinem Hotel stand - oder vielmehr dem, was ich dafür hielt ... Die Tür war zu, der Geschäftsraum sah verlassen aus, ich schaute mich um, bis eine Frau von gegenüber mir bedeutete, ich solle am Nachbarhaus klingeln. Das tat ich dann, wurde begrüßt und in mein Zimmer geführt, das vom Schlafzimmer her nach Homestay aussieht (sauber, aber einfach), dessen Bad aber ziemlich neu ist, sodass ich rundum zufrieden bin.

Ich hielt mich nicht lange im Zimmer auf, sondern wollte mir zumindest den Stadtpark mit dem Dadiani-Palast, der Residenz der früheren Fürsten dieses Landstrichs, angucken. Nun, der Stadtpark wird es in seiner Größe, Schönheit und Bedeutung ebensowenig mit dem Central Park in New York aufnehmen könnte wie der Dadiani-Palast mit dem Buckingham Palace in London, aber insgesamt ist das eine interessante und gepflegte Anlage mit einem Kirchlein daneben und dem Botanischen Garten (den ich nicht besuchte), doch ganz okay ...

Beim Weg aus dem Park rasselte ich fast mit einer jungen Frau aus einer Hochzeitsgesellschaft zusammen, weil ich ein wenig knapp an ihr vorbeilief (da ich schnell aus dem Bild herauswollte ...) und sie sich überraschend in meinen Weg warf - ist aber alles gutgegangen ...

Ich hob georgisches Geld ab (ich fürche, schon wieder zu viel) und wechselte einen Teil in russische Rubel um. Ich wollte 300 Lari (etwa 110 Euro) in Rubel umwechseln und stellte fest, dass ich bei einem Kurs von 0,043 Rubel für einen Lari dann fast, aber nicht ganz 7.000 Rubel bekommen müsste. Ich spielte mit dem Taschenrechner herum und fand zu meiner großen Überraschung heraus, dass ich, wenn ich einen Lari drauflege (also 301 wechsle), genau 7.000 Rubel bekäme.

Diese unglaubliche Berechnung stellte ich dann den beiden Herren (einer alt, einer jung) in der Wechselstube vor, die davon mindestens so begeistert waren wie ich. Ich überlegte auf dem Weg zu meiner Abendessengaststätte hin und her, wie dieses mathematische Wunder zustandekommen konnte, dass das genau aufgeht, weil 301 und 0,0043 ja doch ziemlich ungerade Zahlen sind und 7.000 so schön rund, bis ich Steinzeituniversalgelehrter darauf kam, dass eben 7 x 43 bzw. 7 x 1.000 x 43 / 1000 = 301 ist ... Das darf man keinem von meiner Prüfungskommission erzählen, die erkennen mir nachträglich den Doktorgrad ab ...

Nun hatte ich also sechs Währungen (Euro, irakische Dinar als Restgeld, US-Dollar aus der Hotel-Bezahl-Aktion in Erbil, türkische Lira, georgische Lari und jetzt russische Rubel für Abchasien) im Geldbeutel (und dazu noch eine slowenische Sonderprägung, die ich mir in Istanbul statt einer Lira hatte andrehen lassen ...), als ich in die bei Google hochempfohlene Kneipe einfiel. Dort wurde mit Livemusik ein Geburtstag gefeiert, aber ich durfte mich an einen Tisch setzen.

Leider gab es kein georgisches Bier dort (!), nur tschechisches und mexikanisches, das verstehe wer will, also trank ich nur ein Glas tschechisches Bier (weil das auch übel war), aß dazu einen Rinderzungensalat (sehr lecker, aber eine viel zu große Portion) und danach zwölf Chinkali, diese Teigtaschen mit Hackfleisch-Suppe-Füllung, bei denen man ein bisschen Übung braucht, um sich nicht den Teller vollzukleckern ... Ich schaffte es, neun der zwölf Dinger unfallfrei zu essen, bei den übrigen drei kleckerte ich ein bisschen, aber das ist für einen Ausländer ein guter Schnitt, denke ich.

Danach ging ich durch das dämmernde Sugdidi in mein Hotel zurück - das Gartentor ist ebenso offen wie die Haustüre, nur für mein Zimmer habe ich einen Schlüssel und gehe jetzt gleich um 22 Uhr Ortszeit ins Bett.

Morgen verzichte ich aufs Frühstück und werde mich so gegen 7.30 Uhr aus dem Staub machen (ich muss noch zahlen!), um ein Taxi zu suchen und pünktlich um 8 Uhr an der Grenze zu sein. Ich bin gespannt, wie das mit dem Grenzübertritt (sowohl auf georgischer Seite durch die normale Polizei - Abchasien ist ja für die Georgier Bestandteil ihres Landes - als auch auf abchasischer durch die dortige Grenzpolizei), mit dem Transport nach Suchumi und mit meiner Hotelbuchung klappt - in Suchumi muss ich dann möglichst morgen, sonst am Freitag (aber ich will morgen, damit ich am Freitag den Rücken frei habe für den Strand, auch wenn es regnen sollte, wonach es mehr oder weniger aussieht) mein offizielles Visum holen (und bezahlen; bisher habe ich nur die Einreisegenehmigung per E-Mail) und unbedingt Kontaktlinsenflüssigkeit kaufen, denn meine Flasche war wieder undicht - oder irgend so'n Idiot hat die nicht richtig zugeschraubt, nein, das kann offensichtlich nicht sein, also war sie undicht ...

Ich bin gespannt und werde berichten ... Gute Nacht!
Dadiani-Palast in Sugdidi

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