Meine Länder

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Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Mittwoch, 28. Juni 2017

An der Save hellem Strande

Ja, ja, ich weiß, es ist "der Saale" heller Strand, der in dem Lied besungen wird, aber am 2. März 2018, naja, wahrscheinlich eher am 3. März, werde ich den Strand der Save und den Zusammenfluss von Save und Donau in Belgrad sehen.

Ich saß heute Abend mit Christina im Sherry und nach verschiedenen eher teuren Flugsuchen nach Casablanca, Tunis, Kairo, Beirut oder Tiflis fanden wir einigermaßen bezahlbare Flüge nach Belgrad und haben prompt sowohl Flüge als auch Hotel gebucht.

Am Freitagabend, dem 2. März 2018, geht es mit Air Serbia nach Belgrad und am Sonntagabend um 17.30 Uhr zurück nach Frankfurt, fast zwei Tage in Belgrad - das wird gut ... (Und Christina kriegt zwei Stempel in den Pass - ich natürlich auch, aber ich lege da wider Erwarten gar nicht soooo viel Wert darauf ...)

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Ohne Worte ...
Als ich aus dem Irak-Istanbul-Georgien-Abchasien-Urlaub ins Büro zurückkam, hing ein Plaket "Welcome to Abkhazia" auf meinem Bildschirm - da hatte einer der Kollegen, die ausgiebig meinen Blog verfolgen, mich ärgern wollen - ich wusste aber sofort, wen ich dieser Missetat überführen konnte. Tsts ...

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Ich weiß immer noch nicht, wie ich die neun Tage Urlaub, die bisher nicht verplant sind für das Jahr 2018, noch verbrate - wir werden sehen ...

Sonntag, 18. Juni 2017

Zum Fährefahren genug

Bitte auch den Blogeintrag vom Tifliser Flughafen heute Nacht beachten.

Wir kamen in Tiflis einigermaßen pünktlich los, die Flugzeit war kürzer als veranschlagt, sodass wir ein bisschen früher als erwartet in Istanbul aufsetzten. Mit dem Bus ging es zum Terminal, Massen von georgischen Reisegruppen standen im Weg herum, weil sie sofort nach Ankunft im Terminalgebäude stehenblieben, aber ich umkurvte alles und jeden (ich ging sogar zwischen Wand und Werbetafel durch, um schneller voranzukommen), denn die türkische Einreise sah leer aus. Das war sie auch, und ich war schnell in die Türkei eingereist.

Zwanzig Minuten nach der Landung saß ich im Bus (es waren noch genau 10 Untereinheiten der türkischen Währung auf meiner Istanbulcard, das hatte ich ja genau abgepasst ...), und nach ziemlich genau einer Stunde waren wir in Kadiköy. Eine Minute vor Abfahrt der Fähre musste ich noch meine Istanbulcard aufladen, das ging schnell, ich lief ein bisschen und war auf der Fähre, die nur auf mich gewartet hatte (hähä). Auf der überdachten Freiluftterrasse saß ich ganz allein.

Ach Leute, das ist soooooo schön, wenn man da rübertuckert und die Blaue Moschee, die Hagia Sophia, den Mädchenturm, den Galataturm, die Brücke und alle anderen Sehenswürdigkeiten begucken kann. Es war kühl heute, aber das tat der Freude keinen Abbruch.

Heute war ich mal frech, weil die Fähre erst in Karaköy und dann in Eminönü anlegte: Ich konnte ja in Karaköy so tun, als ob ich erst in Eminönü aussteigen wollte, und in Eminönü so, als ob ich erst in Karaköy eingestiegen wäre - interessiert hat das eh keinen, aber ich konnte in Ruhe den Ein- und Aussteigeprozess beobachten.

Ich kam um 8 Uhr wieder in Kadiköy an, erwischte gleich einen Bus, kam schnell durch die Eingangskontrolle, die Passkontrolle war wieder sehr leer, die Sicherheitskontrolle ging auch schnell, sodass ich sogar noch in der Lounge frühstücken konnte.

In Istanbul kamen wir schließlich ein bisschen verspätet weg, waren aber - nachdem ich von den fast drei Stunden Flug gefühlt zweieinhalb gepennt hatte - überpünktlich in Frankfurt. Leider standen wir wieder am Dreier, sodass wir langwierig zur Einreise gefahren werden mussten (nachdem die Bundespolizei am Flieger schon vorkontrolliert hatte). Während die Einreise schnell ging, war das bei der Gepäckausgabe nicht der Fall, aber am Ende war ich zwei Stunden nach der Landung in meiner Bude.

Sherry ist heute irgendwie doch nicht, weil ich erstmal duschen wollte, aber gleich, zwischen den Confed-Cup-Spielen, gibt es voraussichtlich noch eine Pizza, das wird auch gut ...

Eine Kleinigkeit wollte ich die ganze Zeit noch erwähnen: In Georgien und Abchasien bekreuzigen sich die Menschen ständig, so zum Beispiel, wenn sie einer Kirche vorbeigehen oder -fahren, vor dem Abflug, aber sogar vor der Abfahrt im Bus und manche sogar beim Aufstehen nach dem Essen ... Naja, wenn's hilft ...

So, jetzt ist die Reise auch wieder um - schön war's, ein bisschen anstrengend schon auch, aber da waren wieder so viele schöne Erlebnisse darunter, dass ich auch nach dieser Reise sage: Es hat sich gelohnt. Ob das nun der Blick vom Südtor der Zitadelle in Erbil auf die Stadt, das Erlebnis des Fastenbrechens ebenda, der Südsee-Bosporus, Nowy Afon in Abchasien oder der fantastische Blick auf den Kaukasus war - überall war es schön.

Von der Entspanntheit der Leute im Nordirak war ich sehr angenehm überrascht. Klar, ich wusste vorher, dass es da relativ sicher ist, aber irgendwie wundert man sich dann doch ein bisschen, dass die Leute sich nicht ständig nach Scharfschützen umgucken, nicht ständig irgendwelche Einlasskontrollen sind, das Leben dort seinen völlig normalen Gang geht.

Die Sprachbarriere in Abchasien war definitiv vorhanden (in Georgien sprechen sehr viel mehr Leute Englisch), aber dieses Dartspielen auf der Speisekarte und schauen, was man kriegt, finde ich auch immer wieder interessant ... Dass ich totaler Exot war, ist klar, aber das wundert mich nach den Erfahrungen an der Grenze auch nicht wirklich. Mein älterer Bruder fragte mich, ob ich das entwürdigend fand - naja, eigentlich fand ich es vor allem ziemlich bescheuert ...

Irak ja, Istanbul auf alle Fälle, Georgien ist auch schön, naja, und Abchasien, vielleicht gibt es auch Leute, die mehr Glück haben ...

Nächstes Jahr ist die WM in Russland, und ich denke mal, dass ich auch bei dem fünften Fußball-Großereignis in Folge versuchen werde, an Karten zu kommen. Ein Zwischenstopp in Kasan könnte anstehen, und zwar auch, wenn Deutschland da nicht spielt, denn die Syrerin, die meine beiden Briten und ich 2009 besucht hatten, ist inzwischen mit ihrer Familie in Kasan gelandet - die würde ich schon gerne wiedersehen.

Nun, und Südossetien fehlt mir jetzt noch als das letzte der Länder, die als europäisch zähle. Vielleicht ergibt sich da ja nächstes Jahr, von Russland aus, auch etwas - wir werden sehen ...

Nochmal Fähre fahren ...

Einfach verkackt

... haben die Abchasen das am ersten Tag, um mal den Fachausdruck aus der Tourismusforschung zu verwenden, auch wenn er ein bisschen derb ist, aber so ist nun einmal die Situation ... Und wie so oft waren es die Grenzer, die den schönen Spruch meines Uni-Rektors, den ich hier auch schon öfter zum Besten gegeben haben, wieder einfach bestätigt haben: You never get a second chance to make a first impression. (Du kriegst keine zweite Chance, um einen ersten Eindruck zu machen.)

Ich bin gestern - für meine Verhältnisse in diesem Urlaub relativ spät, so gegen 20 Uhr - noch ins Apra gegangen (draußen am Steg, wo ich auch schon zu Mittag gegessen hatte). Diesmal nahm ich mir mehr Zeit, die Karte zu studieren (und ein Studium ist das Russische immer noch regelmäßig für mich, weil ich das Ganze zwar - mühsam - lesen kann, aber natürlich die meisten Worte nicht verstehe, selbst wenn ich sie entziffert habe; aber es wird, wenn ich mal ein paar Wochen im russischen Sprachraum wäre - haha -, bekäme ich das mit der Zeit hin mit dem Essenbestellen ohne zu verhungern, wobei das jetzt ja auch geklappt hat), und siehe da: Ich konnte den "Salat Waldorf" mit krevetki (Garnelen) und rukkola entziffern, prompt war die Vorspeise gebongt. Als Hauptspeise nahm ich ein stek vom Rind ("Rind" kriegte ich am zweiten Tag dann entziffert), dazu wieder eine abchasische Soße und irgendwas mit kartofel, was für einen Deutschen dann doch verständlich ist.

Am Ende bekam ich sowas wie eine Pizza mit vier Garnelen, Rucola-Salat, Apfelschnitzen und Walnüssen (nein, Mutter, wir fahren hier trotzdem nicht her, auch wenn die hier viele Sachen mit Walnüssen anrichten), das war wirklich lecker. Und mein Surf & Turf wurde von einem Steak vervollständigt, das zwar ein bisschen zu durch war, aber ansonsten, vor allem aufgrund der Gewürzmarinade, ganz hervorragend war. Da habe ich mir gestern Abend tatsächlich was gegönnt (der gekaufte Schokoladenkuchen war ganz okay, die Kugel Eis eher naja) und am Ende 28 Euro oder so gezahlt in einem der, nein im bestgelegenen Restaurant in Suchumi ... Lecker war's. Und falls es mich doch noch einmal irgendwann nach Abchasien verschlägt, werde ich dort wieder essen ...

Heute Morgen war ich um 4.30 Uhr wach, und obwohl ich nicht viel geschlafen hatte, fühlte ich mich irgendwie ausgeruht. Meine Blase am Ringzeh war auch deutlich weniger schmerzvoll geworden, sodass ich voller Elan aufstand, duschte, meine sieben Sachen packte und um 8.30 Uhr auscheckte. Die haben sich bei meinen Minibar-Entnahmen vertan, weil sie mir nur zwei statt vier Sachen abgerechnet haben, aber meine Versuche, das aufzuklären (indem ich in kyrillischen Buchstaben malte, was ich hatte ...), fruchteten nicht - na gut, dann zahlte ich eben nur zwei Entnahmen, auch gut ...

Mein Fahrer war überpünktlich um 8.45 Uhr da (nachdem ich noch ein Auto mit Dresdner Kennzeichen vor dem Hotel entdeckt hatte) und hatte sich zur Feier des Tages sogar ein frisches Hemd angezogen, sodass wir um 8.50 Uhr schon in Richtung Grenze unterwegs waren.

Die Fahrt war gemächlich (er fragte, ob es okay sei, wenn er nur 80 statt 120 führe, was ich bejahte - meinen Bus um 19 Uhr würde ich ja hoffentlich erreichen - Spannungsbogen, merkt man, gell?), und weil heute richtig gutes Wetter war, hatten wir einen fantastischen Ausblick auf den Kaukasus.

Der Fahrer fragte (und ich gebe den Originalwortlaut des längsten Gesprächs wieder, das wir in den beiden Tagen unserer Geschäftsbeziehung hatten): "Abkhazia good?" Ich antwortete: "Abkhazia da, granitsa njet." ("Abchasien gut?" "Abchasien ja, Grenze nein.") Er brummte Zustimmung und hatte verstanden ...

Liebe Abchasen, wenn die ersten Stunden an der Grenze nicht gewesen wären, würde ich euer Ländchen zwar nicht euphorisch, aber doch für einen entspannten kleinen Abenteuerurlaub wirklich empfehlen; das waren hier keine monsterschönen Strände, und natürlich ist es mühsam, dass außer der - einen - Hotelrezeptionistin wirklich kein Mensch auch nur drei Worte Englisch spricht, aber andererseits ist das irgendwie lustig ... Man verhungert nicht, jedenfalls dann, wenn man sich bemüht, sich kurzzeitig ein paar Brocken Russisch anzueignen, und man kommt dorthin, wo man hinwill (auch wenn ich sicher mehr gezahlt habe als ein Einheimischer, keine Frage), es gibt ein paar schöne Sächelchen zu sehen, und schwimmen gehen kann man auch ganz gut, auch wen die Kiesstrände nicht das Nonplusultra sind, vor allem nicht, wenn es vorher Hunde und Katzen geregnet hat. Aber mit dem Verhalten eurer Grenzer, liebe Abchasen, haben die euch so richtig schön fett ins Knie geschossen, tut mir leid.

Es kam die Stunde der Wahrheit: die Ausreise ... Ich stellte mich in der Schlange an, ging am Zoll vorbei, wurde zurückgepfiffen, tat etwas, was mir leicht fällt, und stellte mich dumm und unverständig, die Zöllner winkten mich weiter und lachten, die ganze Schlange lachte über den Witz auf meine Kosten, aber das ist mir sowas von wurscht, das könnt ihr gerne machen ...

Und dann, liebe Leute, geschah das Unfassbare: Der Typ, der einem das Kontrollhäuschen zuwies, war - man halte sich fest - freundlich und zeigte gar ein L-ä-c-h-e-l-n! Man glaubt es nicht, es ist ganz und gar unfassbar - ein abchasischer Grenzer, der dir nicht das Leben schwermacht, wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, würde ich es als Fake News bezeichnen.

Das Strohfeuer abchasischer Grenzerfreundlichkeit loderte nur kurz, denn der eigentliche Kontrolleur legte wieder die sowjetische Art der Freundlichkeit an den Tag, fragte, ob ich Russisch spräche, was ich verneinte, woraufhin er sein Kabuff verließ und wild in der Gegend herumlief, erst nach hinten, dann nach vorn, schließlich war er weg - das konnte ja heiter werden ...

Drei Minuten später war er wieder da, gab mir meinen Pass, murmelte was von "okay" und ich machte, dass ich wegkam ..

Als ich auf der Brücke und damit außerhalb des Zugriffsbereichs der Abchasen war (jedenfalls vermute ich, dass die Brücke sowas wie Niemandsland ist und die Abchasen meinetwegen keinen Krieg anfangen wollten), atmete ich erstmal auf - schade, dass es soweit kommt, aber Abchasien ist jetzt neben Aserbaidschan das zweite Land, wo ich einzig und allein aufgrund der Grenzer sage, dass ich da freiwillig nicht mehr hingehe.

Ich lief - in sommerlichen Temperaturen, d. h. ich schwitzte, und mit tollem Blick auf den Kaukasus - über die Brücke, betrat wieder unumstritten georgischen Boden, der georgische Grenzer, äh, nein, Polizist plusterte sich schon auf, um mich zu sich zu zitieren, als er sah, dass ich ja freiwillig kam, diesmal war er genauso wortkarg wie ich und bedeutete mir mit einer Handbewegung, ich solle verschwinden. Naja, besser unfreundlich als langwierig, würde ich sagen ...

Der Taxifahrer, die mich in sein Taxi verfrachtete, war insgesamt sehr übereifrig, sodass ich ihm extra nochmal mit meinen zehn Fingern (ja, auch ich habe zehn Finger ...) den Fahrtpreis signalisierte, was er zur Kenntnis nahm. Als wir zu meiner Busgesellschaft kamen, fuhr gerade der 12-Uhr-Bus raus, den ich nicht gebucht hatte, was meinen Fahrer aber nicht davon abhielt, zunächst hinter dem Bus herzufahren und diesen dann - ernsthaft! - auszubremsen, um dem Fahrer zu signalisieren, dass ich noch mitwolle (was ich ja gar nicht wollte). Der Fahrer zeigte ihm wahrscheinlich den Vogel, ich machte jetzt auch ganz besonders deutlich, dass ich nur zur Haltestelle wollte, und jetzt sah er es auch ein.

Den Fahrtpreis hatte er mit 17 Lari verabschlagt, was überhaupt nicht in die Tüte kam, und mit zehn Lari (immer noch genug) zog er auch ab, weil der Schlingel genau wusste, dass er mit mehr einfach wirklich nicht durchkam.

Nach einiger Verwirrung konnte ich mein Gepäck für den 19-Uhr-Bus (die haben einfach den Bus von 18 auf 19 Uhr umgestellt, ohne mich vorab zu informieren, was ja auch nicht die feine englische Art ist, mir aber relativ egal war) unterstellen und ich lief, befreit von allem, zu Fuß zu meiner Stammkneipe in Sugdidi. Dort landete ich gegen 12.30 Uhr, wollte kein Bier dort trinken und stattdessen Wein haben. Naja, die hatten nur Dreiviertelliterflaschen, also nahm ich eine Dreiviertelliterflasche, und dazu Wasser und Cola sowie eine mingrelische Spezialität, Huhneintopf in einer sehr würzigen (und sehr knoblauchigen) Soße. Sehr, sehr lecker, vor allem, weil ich mit viel Brot noch die Soße halb austupfte ...

Beim Bestellen des zweiten Wassers bekam ich einen freundschaftlichen Anschiss, ich solle mehr Wein und weniger Wasser trinken, dem ich aber nicht folgte, aber ob des Konsums von so viel Wein und so viel Knoblauch bekam ich gegen 15 Uhr das Gefühl, ich müsste noch ein paar Chinkali bestellen (ich hatte ja auch nicht gefrühstückt). Naja, gesagt, getan, und gegen 17.45 Uhr konnte man mich aus dem Lokal herausrollen.

Ich marschierte zur Bushaltestelle, stand dort noch eine Dreiviertelstunde im Schatten herum, und dann konnten wir einsteigen.

Ich schaute zwei Filme, die ich schon kannte, auf Russisch an (beim zweiten schenkte ich mir den Ton und hörte zum Film Musik), surfte ein bisschen im Internet und vertrieb mir so die Zeit. Unterwegs setzte sich mein Nebenmann nach hinten in den Bus, sodass wir beide mehr Platz hatten. Mit etwas Verspätung kamen wir um 0.30 Uhr am Busbahnhof in Tiflis an, ich wurde praktisch sofort von einem Taxifahrer beschlagnahmt, der mir einen sehr vernünftigen Preis zum Flughafen anbot (ich habe mich also am Mittwoch bei meiner Ankunft abzocken lassen, was für eine Überraschung ...) und los ging's; naja, fast ging's los, denn das war ein japanisches Auto, und als ich auf der rechten Seite einsteigen wollte, lachte der Fahrer, weil das bei dem Auto die Fahrerseite war. Ich lachte, bot ihm an, selbst zu fahren, worauf er nicht wirklich einging, und setzte mich auf die andere Seite.

Am Tifliser Flughafen sind sie insofern unter die Unvernünftigen gegangen, als dass sie eine Eingangskontrolle zum Gebäude aufgebaut haben (aber unter die Vernünftigen, was die echte Sicherheitskontrolle betrifft, denn die ist jetzt vor der Passkontrolle und vor allem muss man die Schuhe nicht mehr ausziehen), aber das überstand ich auch. Ich verzog mich auf die Toilette, um meine neuen Kontaktlinsen herauszunehmen (ich habe mir in Sugdidi Augentropfen als Kontaktlinsenflüssigkeit andrehen lassen, aber mein Georgisch ist halt echt nicht so der Brüller ...), wartete ein wenig und konnte dann - an chaotischen Schaltern - einchecken.

Jetzt sitze ich in der Lounge, in einer knappen Stunde wird geboardet.

In Istanbul habe ich planmäßig fünf Stunden und zwanzig Minuten Aufenthalt, das ist zum Leben (in die Stadt fahren) fast ein bissel zu wenig und zum Sterben (am Flughafen bleiben) zu viel. Mal sehen, wie wir weg- und ankommen, vielleicht werden aus den fünfeindrittel ja fünfdreiviertel Stunden und dann würde ich einmal in die Stadt fahren, Fähre hin und zurück und wieder zum Flughafen. Bescheuert? Ich? Nein! Erstens, weil ist nicht, und zweitens, weil Fährefahren in Istanbul immer geht ...

Ich werde berichten, was ich in gut zwölf Stunden bis zu meiner Ankunft in Deutschland noch so angestellt habe.

Sonnenuntergang gestern in Suchumi

Blick auf den Kaukasus heute auf der Fahrt zur Grenze

Freitag, 16. Juni 2017

Warum nicht gleich so?

Heute war ein wunderbarer Tag, und auch wenn die Abchasen heute vieles dafür getan haben, dass ich mich hier wohlfühle, sind die Aktionen von gestern damit noch nicht vergessen, damit das klar ist!

In der Nacht gab es ein Donnerwetter, das sich gewaschen hatte, wieder einmal mit Starkregen und allem Drum und Dran - die Klimaanlage hier im Zimmer funktioniert nicht, jedenfalls nicht so, wie Klimaanlagen normalerweise funktionieren (nämlich, dass sie anspringen, wenn man auf "On" drückt), also ließ ich das Fenster auf, um ein bisschen kühle Seeluft hereinzulassen - naja, und wenn es dann blitzt und donnert, dann hört man das halt.

Ich war gegen 6 Uhr war, sodass es nicht schlimm war, dass ich vergessen hatte, den Wecker auszuschalten, denn ich war halbwegs ausgeschlafen und hatte gar nicht mal sooo schlecht gepennt.

Ich machte mich in Ruhe fertig, verzichtete spontan auf das Frühstück und spazierte stattdessen an der Strandpromenade entlang in Richtung eines angeblich recht schönen Strandes.

Die Strandpromenade ist einige Kilometer lang und durchaus schön, mit vielen Bänken (auch im Schatten), Spielplätzen, kleinen Kneipchen und vielen Tourveranstaltern, die aber natürlich nur Russisch sprechen. Der Strand sieht mehr oder weniger einladend aus, für mich Westler ist halt ein Sandstrand schon deutlich attraktiver als der Kies(elstein)strand, der hier die Norm ist. Das Meer sah dort, wo die beiden Flüsse noch nicht so viel Sediment hingetragen hatten, auch ganz akzeptabel auch, selbst wenn das natürlich kein Südsee-Traumstrand hier ist.

Ich lief und lief, irgendwann war die Promenade zwischenzeitlich zu Ende, ich lief weiter neben und auf der Straße, bis irgendwann aufgrund des Starkregens die Straße dermaßen überflutet war, dass ich da trockenen Fußes nicht mehr durchgekommen wäre ...

Ich drehte also um, ging wieder zur eben begangenen Strandpromenade und guckte mir ein Plätzchen aus, an dem ich mal meinen Zeh ins Wasser strecken sollte. Es gibt hier an den Strandabschnitten viele behelfs-, aber zweckmäßige Duschkabinchen, in denen man sich auch umziehen kann - das ist immer wieder sehr praktisch.

Ich wackelte (meine Füße sind das Barfußgehen auf Kieselsteinen definitiv nicht gewohnt) in Richtung Wasser, das kalt, aber nicht zu kalt war, und das von der Sauberkeit her auch, naja, nicht zum sofortigen Hautausschlag führen sollte (das heißt nicht, dass ich mir nicht einen hübschen - leichten - Sonnenbrand abgeholt hätte ...). Joa, und dann war ich im Wasser, das Schwarze Meer war heute ganz schön wellig, das hat durchaus Spaß gemacht im kühlen Nass - scheee ..

Ich duschte mich kurz ab, ließ mich lufttrocknen und zog mich wieder an, ehe ich mich noch ein paar Minuten in Flipflops auf eine Bank setzte und den Ausblick auf die tiefgrüne Berglandschaft genoss, die sich hier zu allen Seiten hin kurz hinter dem Strand auftürmt - das kann hier ein richtig schönes Plätzchen Erde sein (die Russen, die hier in Scharen einfallen, sind ja auch nicht alle doof) ...

Ich lief zurück und entschied mich, das Restaurant Apra zu versuchen, das hier auf dem einen Steg (der nicht so baufällig ist) ganz draußen liegt. Die Inneneinrichtung ist kühl-modern, man hat einen tollen Ausblick aufs Meer (noch toller, wenn es nicht so schlammig-braun ist) und auf die Berge, es kommt westliche Musik (einschließlich eines mir völlig unbekannten deutschsprachigen Liedes), das Bier ist trinkbar, das Essen gut essbar (ich war diesmal klüger als gestern und bestellte zu meinem - teuren, aber leckeren - Fisch eine Beilage und eine Soße dazu), nur leider haben sie kein WLAN, aber das kommt auch nochmal irgendwann ...

Ich zahlte am Ende 20 Euro, was angesichts der Lage sehr vertretbar ist, und suchte mir - schwerer als gedacht - ein Taxi, denn ich wollte nach Nowy Afon, nach Neu-Athos, einem Kloster in einem gleichnamigen Ort zwanzig Minuten oder so von hier entfernt.

Mein Taxifahrer, ein etwas brummiger, älterer Herr in einem Automobil mit russischem Kennzeichen, trieb sein Autochen über die - meist wunderbare - Bergstraße (überhaupt sind die Hauptstraßen hier in aller Regel sehr gut, das gilt für Abchasien wie für Georgien, auf den Nebenstraßen wird's dann aber gelegentlich sofort kriminell), vorbei an zwei Kriegsdenkmälern und dann die - schlechte - Straße hinauf zum Kloster.

Er bot an zu warten und mich nachher zurückzufahren (den gleichen Vorschlag wollte ich ihm unterbreiten, weil das eine Win-Win-Situation war - er musste nicht leer zurück und ich musste kein neues Taxi suchen).

Das Kloster sieht von außen schonmal toll, in diesen schönen warmen Ocker- und Rottönen, und innen kommt man in einen Hof, der hauptsächlich von der Kirche des Klosters in Anspruch genommen wird.

Die Frauen trugen alle Kopftuch (manche durchaus modisch, andere naja ...) und Rock (das konnte man sich am Eingang alles ausleihen) und auch mancher Mann mit kurzen Hosen wurde zu einem Rock verdonnert, das sah gelegentlich lustig aus.

Die Kirche selbst ist der absolute Wahnsinn. Ich bin ja sowieso ein großer Freund der buntbemalten orthodoxen Kirchen, aber die hier konnte es mit allen orthodoxen Kirchen, die ich so schon gesehen habe, ohne Probleme aufnehmen. Die Fotos (am Ende des Textes - am Ende, habe ich gesagt, erst wird hier weitergelesen!) zeigen das besser als ich es beschreiben könnte - das ist einfach toll. Und wenn die Abchasen und die Georgier nicht ihren politischen Streit hätten, wäre das Teil selbstverständlichst schon lange auch offiziell Weltkulturerbe. Grandios!

Ich kam aus der Klosteranlage wieder raus, da kam auch schon mein Taxifahrer angetuckert. Seine Englischkenntnisse beschränkten sich auf "Good?", wo ich wild nickend und "da, da, da" sagend bestätigte. Wir fuhren wieder die schlechte Straße runter, und er fuhr einen anderen Weg als wir gekommen waren - den Grund sah ich auch gleich, denn er fuhr mich zu einem schönen Kirchlein und einem durchaus ansehnlichen Wasserfall, sodass ich natürlich auch gleich ausstieg und mir das aus der Nähe anschaute.

Den Schlepper, die da allerlei Nippes verkaufen wollten, konnte ich wahrheitsgemäß verklickern, dass ich sie nicht verstand, und der Wasserfall ist durchaus sehenswert, wenn auch natürlich kein Weltnaturerbe ...

Spätestens als mir mein Fahrer von seinem (unanbrochenen) Getränk anbot und bei meiner - höflichen - Ablehnung ein wenig knurrte, woraufhin ich doch zwei Schlucke nahm, reifte in mir der Plan, ihn am Ende unserer heutigen Reise (für die er, was ich normalerweise nicht mache bei vorher vereinbarten Taxipreisen, auch ein Trinkgeld bekam) zu fragen, ob er mich morgen auch zur Grenze fahren will.

Als wir in Suchumi am Hotel waren, besprachen wir mit Händen und Füßen den morgigen Schlachtplan, und so wird er mich morgen um 9 Uhr hier am Hotel abholen und mich die eineinhalb Stunden (in dem Gefährt braucht er so lange) zur Grenze am Ingur bringen. Geld habe ich jetzt ja genug, das muss ich ja irgendwie unter die Leute bringen ...

Um 18 oder 19 Uhr (das muss ich noch herausfinden, weil es da widersprüchliche Angaben gibt), fährt mein Bus in Sugdidi ab, das sollte doch reichen - hoffe ich ...

Achso, vor dem Hotel hängen die Flaggen der Länder, die Abchasien diplomatisch anerkannt haben, also Russland, Nicaragua, Venezuela und Nauru (dazu Südossetien natürlich); Vanuatu und Tuvalu haben sie hängen lassen, obwohl die ihre Anerkennung nach ein paar Jahren wieder zurückgezogen hatten - sähe sonst ja auch ein bisschen trostlos aus, wenn die Fahnenmasten leer blieben ... Und außer so Flaggenfetischisten wie mir merkt das ja vielleicht auch keiner ...

Jetzt gehe ich nochmal duschen, ehe ich mich ins Suchumer Nachtleben werfe - allzu sehr werfen werde ich mich aber nicht, denn morgen sollte ich ja dann doch fit sein, wenn es binnen 28 Stunden oder so aus Abchasien über Georgien und die Türkei wieder zurück nach Deutschland geht ...

Ich denke, ich kann morgen am Flughafen in Tiflis dann nochmal posten - wird aber 22, 23 Uhr deutscher Zeit, fürs Frühstück am Sonntag reicht's aber, denke ich ...

Fotos mit einer etwas verdrehten Reihenfolge - sorry:

Strandpromenade

Neu-Athos

Neu-Athos

Hauptkirche in Neu-Athos

Innenraum der Kirche

Das Kloster

Blick aufs Meer
Innenraum der Kirche
Detail im Innenraum

Hübsches Wasserfällele
Korrektur am 17. Juni: Dass das mit "dass" und "das" eigentlich nicht so schwer ist, heißt noch lange nicht, dass man sich im Eifer des Gefechts nicht mal  vertippt. Das habe ich korrigiert ...

Donnerstag, 15. Juni 2017

Alle in einen Sack und feste draufhauen

... triffste keinen Falschen.

Normalerweise neige ich überhaupt nicht zu Gewalt, jedenfalls nicht gegen Menschen (meine Computertastatur kann ein Lied davon singen), aber heute war wirklich alles zu spät.

Der Morgen fing schon außerordentlich bescheiden an - mit Dauerregen. Von da an ging es nur noch bergab. Ich duschte und verließ das Zimmer um 7.30 Uhr - ich ließ Schlüssel und Geld im Zimmer liegen, weil ich um die Zeit niemanden wecken wollte. Wird schon gepasst haben.

Durch Nieselregen ging ich zunächst nochmal zur Bank, um 100 Dollar abzuheben (man weiß ja nie). Danach versuchte ich, diverse Taxis anzuhalten, aber keines hielt für mich. Also ging ich runter in Richtung Fluss und krallte mir einen Taxifahrer, der mich für 10 Lari (4 Euro oder so) die Viertelstunde zur Grenze fuhr.

Während wir so unterwegs waren, fing auf einmal der Himmel an, über uns zusammenzubrechen. Beim Teutates, das regnete wie aus Kübeln. Der Taxifahrer ließ mich an der Grenze raus, wollte mir noch den Koffer aus dem Kofferraum wuchten, aber ich ließ ihn sitzen, während ich mir mein Ganzkörperkondom, das meine Mutter mir in ihrer unendlichen Weisheit ins Gepäck geschummelt hatte, überzog - das Ding tat seine Wirkung ... In der ganzen Hektik ließ ich meine Amsterdam-Kappe im Taxi liegen, naja, wird sich irgendein Georgier über eine schicke Baseball-Kappe freuen, sei's drum ...

Ich lief eilig zur georgischen Polizeistation, um mich ordnungsgemäß abzumelden. Der Polizist sprach nur Georgisch und Russisch, aber bedeutete mir .- es war 8.15 Uhr oder so -, dass die Grenze erst um 10 Uhr öffnete. Das stand zwar in allen Online-Reiseführern anders, aber wer weiß, bei dem Sauwetter und keine Ahnung.

Stutzig machte mich, als gegen 8.30 Uhr der Strom der Abchasen einsetzte, die nach Georgien kamen, um dort einzukaufen, und noch stutziger machte mich, dass diverse Fußgänger, Pferdewagen und Autos sich immer wieder in Richtung Abchasien aufmachten.

Ich stand trotzdem da in der Gegend herum - wenigstens im Trockenen, auch wenn der Busunterstand immer voller wurde. Gegen 9 Uhr kam der bewegliche Verkaufswagen von dem nahegelegenen Einkaufszentrum und um diesen drängten sich dann alle, die bisher unter dem Unterstand gestanden hatten ...

Um 9.45 Uhr ging ich wieder zur Polizeistation, weil ich ja auch ein Weilchen über die Brücke bräuchte und fragte nach meinem Pass. Der Grenzer signalisierte mir, dass irgendwer irgendwen noch anrufen müsse und ich noch warten solle. Jetzt blieb ich dort stehen und fing an, die Leute zunehmend böse anzugucken - was anderes blieb mir kaum übrig ...

Nach knapp zwei Stunden, um 10 Uhr - jetzt müsste definitiv offen sein - fragte ich nochmal nach, wieder wurde ich vertröstet. Um viertel nach zehn kam dann plötzlich ein Zivilist an, blätterte in meinem Pass herum und fing an zu telefonieren. Der Grenzer, der die ganze Zeit neben mir stand, meinte dann zu mir "maximum ten minutes", nur um mir drei Sekunden später meinen Pass in die Hand zu drücken.

Dank- und grußlos machte ich - mit dem Pass in der Hand - auf dem Absatz kehrt und marschierte in Richtung Brücke.

Liebe Georgier, wenn ihr irgendjemandem weismachen wollt, dass Abchasien noch zu Georgien gehört, dann solltet ihr die Leute, die von einem Teil Georgiens in den anderen reisen wollen, nicht so völlig unnötig schikanieren - denn so wird man nicht einmal an den anderen Landgrenzen Georgiens behandelt, und ich bin ja nun weiß Gott schon aus der Türkei, aus Aserbaidschan und aus Armenien über Land nach Georgien eingereist.

Nein, natürlich wollen die Georgier es den Touristen vermiesen, ins böse Abchasien zu reisen, das mag ja taktisch klug sein, strategisch ist es einfach wenig intelligent, denn für mich wurde dadurch völlig klar, dass die Georgier Abchasien schon längst aufgegeben haben ...

Ich zerrte also meinen Koffer über die Brücke, die übrigens nach dem Zweiten Weltkrieg von deutschen Kriegsgefangenen gebaut worden war, und versuchte dabei, möglichst vielen Hinterlassenschaften der Pferdewagen, die zwischen den beiden Grenzposten hin- und herpendeln, auszuweichen.

Um 10.30 Uhr kam ich in Abchasien an - und das ging gleich wieder gut los, wobei ich da nicht ganz unschuldig bin. Rechts der Straße standen ein paar Leute vor einem Kabuff, aber von links kamen Menschen, also ging ich dort hoch, wurde aber ziemlich schnell - weder besonders freundlich noch besonders unfreundlich - zurückgepfiffen - ich solle dort ins Kabuff kommen bzw. vor selbigem warten.

Das tat ich. Ich wartete und wartete und wartete, stand dort in meinem gelben Poncho in der Gegend herum und hatte offenbar einen ausreichend grimmigen Gesichtsausdruck, dass mir mehr als einmal ein Ausweis vor die Nase gehalten wurde, auf dass ich diesen kontrollieren möge. Da musste ich dann doch ab und zu grinsen.

Nach einer Stunde - inzwischen standen noch ein paar Georgier in der Gegend herum - wurde ich - am Fenster klopfend, dass ich doch jetzt bald mal kommen möge, durchgelassen. Was der Typ in der Stunde, die ich da herumstand, fabriziert hatte, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben.

Es regnete weiterhin in Strömen, als ich die paar Meter hoch lief und - wieder einmal - warten sollte, bis ich bei den Grenzern an der Reihe wäre. Ich sollte meinen Koffer aufmachen und der Soldat entblödete sich nicht, zu fragen, ob ich Drogen dabei hätte - ja, sicher, klar, du Intelligenzbestie, und dir binde ich das vor allem auf die Nase. Was soll der Scheiß eigentlich?

Kaum war ich dran, sollte ich wieder zurück und "five to ten minutes" warten. Leute, ihr wollt mich doch alle verarschen, oder? Ich meine, wenn ihr keine (westlichen) Touristen haben wollt, schreibt das doch einfach in eure tollen Konsularmerkbögen, die ihr im Internet verbreitet. Denn so, wie ihr hier den Leuten auf die Nerven geht, wird das nichts mit westlichen Touristen. Gut, in meinem Freundeskreis stehen wenige Menschen im Verdacht, ganz heiß darauf zu sein, mal nach Abchasien zu reisen, aber wenn sie mich eines Tages fragen, werde ich ihnen ganz entschieden davon abraten - und das war schon meine Meinung, ehe der ganze Dreck weiterging.

Ein anderer Grenzer/Soldat/Geheimdienstmensch/keine Ahnung holte mich ab und versuchte, ein Gespräch mit mir anzufangen - das Ganze scheiterte daran, dass er kaum Englisch und ich kaum Russisch sprach. Er schaffte es aber, auf irgendeine Karte mit arabischen Buchstaben zu zeigen und ein Stirnband anzudeuten - ob ich Terrorist sei. Zu der Zeit fand ich das Ganze noch lustig und verneinte lachend ...

Ein paar Minuten später kam ein anderer Typ rein, der einigermaßen Englisch sprach, und mir irgendwas vom Confederations Cup in Russland ausbreitete und dass sie nach gesuchten Personen suchen ...

Aha, jetzt war ich also wohl des Terrorismus verdächtig. Als er die Visa von Iran und Irak in meinem Pass entdeckte (und dabei Iran und Irak verwechselte, sehr professionell, keine Frage), war der Ofen endgültig aus. Was ich denn dort gemacht hätte, und im Sudan und so - meine Erläuterung, dass ich Tourist sei, die ich mit Fotos auf meinem Handy untermauerte, führte zu einem leichten Grinsen.

Auf dem Handy entdeckte er ein verdächtiges Bild - ah, you took a photograph of a checkpoint, also doch ein Spion - nein, das war nur ein Foto von einer Landebahn des Frankfurter Flughafens.

In der Folge schwankte er, ob ich nun Terrorist oder Spion sei, fragte nach meiner Arbeitsstätte, und als ich meinen Geldbeutel herausholte, sprach er triumphierend "money!". Ha, hab ich dich erwischt, du willst mich also bestechen! Nö, wollte ich nicht, ich zeigte ihm nur, wie dem Typen vorher, die Visitenkarte meiner Firma. Nix money, du Held.

Er telefonierte ("Iran", "Irak" verstand ich), wollte dann noch mein Gepäck angucken, woraufhin es mir dann doch zu bunt wurde, und ich ihm zu verstehen gab, dass das vollends bescheuert ist: Welcher Vollidiot von bösem Menschen hat denn im Gepäck irgendetwas versteckt, was ihn verdächtig macht??

Und überhaupt zeugt es von (un)gesundem Selbstvertrauen, wenn der Grenzer des weltpolitisch doch sehr bedeutungsvollen Abchasien der Ansicht ist, dass jemand extra aus dem Irak oder Iran oder Sudan oder sonstwo her nach Abchasien reist, um hier irgendetwas anzustellen. Für nicht weniger Selbstvertrauen spricht, dass der Abchasier meint, die Russen könnten jemanden, der beim Confederations Cup was anstellen will, nicht besser abfangen als er selbst. Manche Leute würden von Größenwahnsinn sprechen - das lasse ich jetzt mal so stehen ...

Nach zwei Stunden oder so wurde ich wieder in den Regen gejagt, wo ich weiterhin stehen bleiben sollte - wenigstens hinter der Passkontrolle. Eine Stunde passierte nichts, außer dass Gianluca, ein in Berlin lebender Italiener, ankam und sein Verhör hinter sich brachte. Wir hatten uns kurz ausgetauscht, weil er natürlich gut Deutsch sprach, und er hatte während seines Verhörs dann gefragt, was mit mir sei - er versicherte mir anschließend, dass ich mir keine Sorgen machen müsste und "nur irgendwelche bürokratischen Sachen" noch zu bewerkstelligen sein. Ich dankte ihm für seinen ungebetenen Einsatz und wünschte ihm viel Glück.

Unterdessen verstärkte sich der Wolkenbruch noch weiter, sodass inzwischen fast die ganze Grenzstation unter Wasser stand. Nach drei Stunden Warten (nur an der abchasischen Einreise, die georgischen zwei Stunden sind da schon rausgerechnet) kam ein neuer Geheimdienst- oder Scheiß-der-Hund-was-drauf-aus-welchem-Verein-der-kommt-Typ und lud mich ins Büro der Pflanzenschutzbehörde (kein Witz!). Die erste Frage, ob das mein erster Besuch in Abchasien sei, bejahte ich: "It's my first time in Abkhazia - and my last time." ("Es ist mein erster Besuch in Abchasien - und mein letzter."), weil mir nun vollends die Hutschnur platzte. Er fragte, ob es ein Problem gebe, und ich zog erstmal zurück, weil ich meinen Standpunkt ausreichend klar gemacht hatte und nicht sofort die Verhaftung riskieren wollte - andererseits wäre es mir zu dem Zeitpunkt nicht mal so unrecht gewesen, wenn sie mich wieder zurückgeschickt hätten - dann hätte ich diesem Land nämlich nicht mein Geld in den Hals gesteckt, das ich hier an Visumgebühr und Hotel- und Lebenshaltungskosten ausgebe.

Als er die gleiche Litanei von Fragen wieder anfangen wollte, wurde ich patzig und sagte ihm, dass ich die gleichen Fragen schon beantwortet hätte. Aus irgendeinem Grund, von Vernunft will ich nicht sprechen, ließ er erstmal von mir ab und beorderte einen Grenzer (der Typ, der mit mir sprach, war in zivil), meinen Pass zu holen. Während die Grenzer nun meinen Pass suchten (meine Einreisegenehmigung ward übrigens nie mehr gesehen, dazu später mehr), versuchten sich die umstehenden Pflanzenschutzbeauftragten in Small Talk - einer war als Sowjetsoldat in Neustrelitz, was mir unter normalen Umständen eine freundliche Erwiderung abgerungen hätte. Aber hier war nichts mehr mit mir zu machen.

Als der Typ mit meinem Pass kam und "it's okay" meinte (zum Glück sagte er nicht "welcome to Abkhazia", sonst hätte ich wirklich für nichts mehr garantieren können), nahm ich den Pass, zog mein Ganzkörperkondom - wer lacht da hinten? - wieder über (das hatte ich in der Hitze des Pflanzenschutzbüros abgelegt) und marschierte - wieder dank- und grußlos - ab.

Bevor der sintflugartige Regen nun vollends alles unter Wasser setzte (und um den Zoll, die Pflanzenschutzbehörde, die Behörde für käferartige Kleintiere und den Zentralverband der abchasischen Kleingärtner nicht noch auf Ideen zu bringen), hüpfte ich in die Überschwemmung und war auf und davon (meine Füße waren bätschnass, aber das war mir sowas von egal).

Natürlich waren um 14.30 Uhr georgischer Zeit (13.30 Uhr abchasischer Zeit) und somit sechseinhalb Stunden nach meiner Ankunft am georgischen Teil der Grenze alle Direktmarschrutkas nach Suchumi schon weg. Ich überlegte gerade - es regnete wie aus Strömen, meine Füße waren nass und es wurde nicht besser - ob ich erst nach Gal fahre und mir dort eine Weiterfahrmöglichkeit suche, als neben mir ein noch weniger für den Regen ausgestatteter Taxifahrer stand, der mir seine Dienste anbot.

Wir rannten zurück zu seinem Auto, er wuchtete mein Gepäck ins Auto und ab ging die Fahrt (dass ich ihm seinen ganzen Wochenverdienst finanzierte, war mir am Ende wurscht, die 40 Euro - oder was das waren - war mir allein die schnelle Entfernung von dem Grenzposten wert).

Er hatte eindeutig zu viel laute Musik gehört, denn wenn der Typ mit dir (oder ins Telefon sprach), brüllte er, als ob wir in einer Großraumdisko wären - dabei lief nur das Radio.

Seine unbeholfenen Versuche, mit mir ins Gespräch zu kommen (mehrfach tatschte er mich von der Seite an, um mir etwas zu zeigen), gingen ins Leere, aber da ich ja wusste, was die erste Frage normalerweise ist ("Woher kommst du?"), packte ich meine gesamten Russisch-Kenntnisse aus, zeigte auf mich und sagte "Germanija".

Er zeigte auf das Lenkrad (Opel), schwärmte von "germanski maschina" und schimpfte, wenn ich das richtig verstand, auf die russischen Fabrikate. Das war der erste freundliche Abchasier, der mir begegnete (und ich glaube, er war nicht nur deswegen so freundlich, weil ich ihn finanziell sanierte ...).

Vorbei ging es - zwischenzeitlich kam sogar die Sonne raus - an vielen Denkmälern für den abchasisch-georgischen Krieg von 1992/93 und an noch mehr Kühen und dem gelegentlichen Schwein, die allesamt in der Ruhe neben oder auf der Straße standen (und ein paar Kühe lagen sogar auf der Straße) ... Lustig ...

In Suchumi lenkte ich den Typen dann mit dem Handy zu meinem Hotel; er verabschiedete sich mit Handschlag.

Die Reservierung in meinem Hotel hatte keinen Bestand, weil ich keine Vorauszahlung geleistet hatte (auf Englisch konnte mir das keiner erklären, wohin ich die überhaupt hätte zahlen sollen, wenn das technisch gegangen wäre - die Check-in-Tante sprach recht gutes Englisch, wieso sie die nicht herangelassen haben, ist mir unklar, aber sei's drum ...), aber ich könnte noch eine Suite für meine beiden Nächte hier haben.

Nun, wo kriegt man für 50 Euro die Nacht eine Suite - also nahm ich das, denn so nah am Meer wie hier in diesem Hotel kann man in Suchumi kaum wohnen. Als ich in mein Zimmer kam, stellte ich fest, dass das wirklich eine Suite ist - Wohnzimmer, Schlafzimmer und zwei Bäder ...

Da ich - wie erwartet - nicht mit Kreditkarte zahlen konnte, vereinbarten wir ("but please today") Barzahlung, sobald ich gewechselt hätte - nun war ich froh, doch noch die 100 Dollar abgehoben zu haben, denn der Geldautomat an der Bank akzeptierte meine Karte nicht, also wechselte ich die 100 Dollar.

Zwischenzeitlich suchte ich noch das Ministerium auf, das für die Visaerteilung zuständig ist - das konnte ja was werden, nach der Erfahrung des heutigen Morgens, und vor allem ohne die ausgedruckte Einladung, weil die in der Grenzstation bestimmt untergegangen und weggeschwemmt war und inzwischen wahrscheinlich schon im Inguri-Fluss in Richtung Schwarzes Meer unterwegs war.

Ich klopfte zart an - keine Antwort, ich klopfte stärker - kein Antwort, ich schlug fast die Tür ein (Scherz!) und betrat einfach den Raum, da saß der Konsularmensch und telefonierte. Er zeigte - nicht unfreundlich - auf den Stuhl vor sich und telefonierte zu Ende. Danach wollte er meinen Pass haben, fragte wie lange ich bleibe, sackte 400 Rubel ein (6 Euro) und ich erhielt mein Visum - nix da mit 10 Dollar und vor allem nix da mit in die Bank gehen, dort Geld einzahlen und danach wieder ins Ministerium zurückgehen. Dass die Visumerteilung so unbürokratisch geht, hätte ich nicht für möglich gehalten - schon gar nicht in Abchasien ...

Mit dem Einlegevisum im Pass ging ich zurück zum Hotel, zahlte - und hatte bis auf meine Kontaktlinsenflüssigkeit, die ich heute nicht erstehen konnte - jetzt den Rücken frei.

Ich suchte nach einem Restaurant fürs Abendessen, fasste zwei ins Auge, und machte mich jetzt erstmal noch die Suche nach etwas zu trinken - ich hatte den ganzen Tag noch nichts getrunken, weil ich auf das Frühstück verzichtet hatte und davon ausgegangen war, dass ich spätestens um 11 Uhr oder so schon in Suchumi sei ... Naja, typischer Fall von "denkste". Da ich nicht so unendlich viel Bargeld dabei hatte (Held, ich) und meine Geldautomat-Möglichkeiten zunächst unerreichbar schienen, verzichtete ich darauf, etwas aus der Minibar im Hotel zu nehmen (wobei 1,50 € für die Dose Cola auch bezahlbar sind ...).

Am Ende meiner Einkaufstour versuchte ich es nochmal bei der russichen Sberbank - und siehe da, es kam Geld aus dem Automaten. Juchhe, keine Geldsorgen mehr ...

Ich schaute mir - inzwischen war es etwa 17.30 Uhr (in Abchasien gilt die gleiche Zeit wie in Istanbul, während in Tiflis die gleiche wie in Moskau gilt) - die Fischkneipe auf einem Pier an, hatte mir aber vorher schon online die (nur abchasisch-/russischsprachige) Speisekarte der anderen Kneipe angeschaut und steuerte daher diese an.

In Russland (und dementsprechend wohl auch in Abchasien) bekommt man nur, was man bestellt - das ist ja an sich ein ganz vernünftiges Konzept, nur ist es schwierig, die Beilagen qualifiziert zu wählen, wenn man kaum Russisch kann. Ich bestellte also Meeresfrüchtesalat (der okay war) und gegrilltes Rindfleisch - es kam der Salat und gegrilltes Rindfleisch, aber Letzeres eben ohne Beilage. Es war essbar und durchaus nicht unwohlschmeckend, aber öfter esse ich das, glaube ich, nicht. Danach bestellte ich - es war die erste Mahlzeit des Tages - noch so eine Art Pizzabrot mit Ei und Käse, was wohl eine abchasische Spezialität ist, war auch ganz okay. Dazu trank ich drei abchasische Biere und zahlte am Ende 12 Euro, das lässt sich angehen.

Ich wackelte ins Hotel zurück und war gerade vor dem geschätzt neunzehnten Wolkenbruch am heutigen Tage im Zimmer.

Suchumi - wie sieht das hier aus? Suchumi ist eine der (wenigen) Städte, die ungefähr so aussehen, wie ich sie mir vorstellt habe: Man kann die guten, alten Zeiten des sowjetischen Seebades noch sehr deutlich erahnen, aber alles in allem ist hier doch vieles ziemlich abgewohnt - der Steg hinaus aufs Meer ist so baufällig, dass er gesperrt ist, der zweite Steg mit einem früher mal guten Restaurant sieht ziemlich heruntergekommen aus, den dritten Steg ziert ein auch schon sehr mitgenommenes schiffartiges Gebäude, während am Ende des Stegs das Fischrestaurant relativ modern aussieht.

Hier sind oft schicke, renovierte Häuser neben vielen noch unrenovierten Gebäuden, auch das Hotel nebenan - "Abkhazia" - wird gerade renoviert, während mein Hotel schon durchaus gut aussieht.

Morgen wollte ich ja einen Strandtag (am Kiesstrand) machen, aber ich fürchte, daraus wird nichts, weil hier von dem ganzen Regen ganz schön Hochwasser ist und zu allem Überfluss auch noch ein Fluss hier in der Nähe ins Meer mündet. Durch den Starkregen wird hier ziemlich viel Erde ausgespült und dann in den Fluss sowie in der Folge ins Meer transportiert, weshalb das Schwarze Meer hier gerade nicht nur ziemlich braun aussieht, sondern auch viel Zweige, Äste, Blätter und so weiter mit sich herumträgt - und in der Brühe muss ich nicht unbedingt schwimmen.

Ich werde sehen, wie ich den morgigen Tag herumbringe - und wenn es Essen und Trinken ist, soll's mir auch recht sein. Es ist aber auch möglich, dass ich Plan B auspacke und hier in das Kloster Neu-Athos fahre, das auf Fotos ganz schön aussieht. Morgen habe ich absolut keinen Plan, und das ist auch gut so, und was ich mache, wird sicher auch davon abhängen, wie das Wetter ist (leider soll's auch morgen regnen, mal sehen).

Joa, Land Nr. 120 ist mal wieder richtig Abenteuer gewesen, und Land Nr. 120 ist sicherlich eines, für das man mindestens zwölf Pferde braucht, um mich wieder hierherzukriegen, aber wenn immer alles wunderbar und glatt laufen würde, hätte ich ja nix zu erzählen ...

Gute Nacht aus Abchasien, bis morgen ...

Überschwemmung in Abchasien

Mein Hotel

Blick von meinem Balkon

Strandpromenade von Suchumi

Hübsches Café an der Strandpromenade

Mittwoch, 14. Juni 2017

7 x 43 = 301

Keine Sorge, die Werte sind doppelt geprüft; die Aussage gilt natürlich im Raum der ganzen Zahlen, also in ℤ, aber natürlich auch in ℚ (rationale Zahlen), ℝ (reelle Zahlen), ℂ (komplexe Zahlen) und, wenn mich die Algebra des dritten Semesters nicht im Stich lässt, auch in ℍ (Quaternionen). Die Aussage gilt natürlich auch in, sagen wir, ℤ2, aber da könnte ich genausogut 1 x 1 = 1 schreiben, das würde die gleiche Aussage beeinhalten ...

So, ich begrüße die übriggebliebenen Gäste, die sich durch das kleine Proseminar Algebra gekämpft haben, ganz herzlich zum heutigen Blogeintrag. Hallo? Haaaaaallllllooooo? Keiner da? Okay, dann lasse ich es heute bleiben ... Nein? Wo kommt ihr denn jetzt alle her? Ah, okay, nun denn:

Wir fingen ein bisschen spät mit Boarden an, kamen aber halbwegs pünktlich weg und sogar ganz überpünktlich an - um 1.20 Uhr oder so waren wir gelandet. Liebe Pegasus-Flugbegleiter (auch wahrscheinlich: lieber türkischer Staat), keine Sau hält sich an eure Ansage, dass man die Handys bei Start und Landung ausschalten soll (außer natürlich mir, hust). Manche haben die sogar im normalen Modus (nicht: Flugmodus) und telefonieren in Seelenruhe, wenn wir schon am Starten sind - wieso? Na, weil inzwischen jeder weiß, dass die Handys so schlimm nicht sein können - ja, da mag es vor zwanzig Jahren in Japan mal einen Absturz gegeben haben, aber die Flugzeughersteller haben daraus natürlich Konsequenzen gezogen und die Instrumente besser geschützt. Oder meint ihr, dass die (z. B.) Boeing 737, die von der Lufthansa registriert ist (und wo man das Handy auch offiziell anlassen darf), besser geschützt ist als eure türkischen Maschinen? Tut euch und uns einen Gefallen und lasst das bleiben, es ist einfach sinnlos ...

Achso, und wenn ich schonmal beim Tippgeben bin: Stellt um Gottes Willen die Klimaanlage nicht auf Saunatemperaturen, sondern eher - gerade bei einem Nachtflug - auf Schlafzimmertemperaturen, das kann doch nicht so schwer sein! Wer friert (was ich für durchaus zulässig halte), kann sich ja was anziehen, aber ihr wollt nicht wirklich, dass ich mich so lange ausziehe, bis die Temperaturen für mich angenehm sind, sonst komme ich nämlich - und diesmal verständlicherweise - wegen unsittlichen Benehmens in den Knast.

Sorry, dass es jetzt gerade Pegasus mit den dezenten Hinweisen erwischt, das hätte auch viele andere Gesellschaften treffen können, die den gleichen Mist wieder und wieder fabrizieren. Irgendwann muss ich mal eine Liste mit Hinweisen für Fluggesellschaften aufstellen, wie sie mir eine Freude machen können ...

So, wir fuhren mit dem Bus zum Gate, die Einreisekontrolle ging sehr fix, auch wenn meine Grenzerin etwas komisch guckte, als ich zur Begrüßung an der Passkontrolle an meinem Auge herummachte - wie so oft war ich Held im Erdbeerfeld nicht fähig gewesen, mir vor dem Flug die Kontaktlinsen rauszumachen, sodass die jetzt brannten, klebten bzw. (die eine im rechten Auge) schon vom ständigen Zwinkern zusammengefaltet war. Und ehe die mir rausfällt, muss ich das halt auch in einer unpassenden Situation richten - das "welcome" danach, das ich übrigens fast nur von georgischen Grenzern, aber da dann regelmäßig höre, brachte auch sie trotz des Schrecks über die Lippen.

Mein Gepäck kam auch sehr, sehr fix und schon war ich am Zoll vorbei und nach Georgien eingereist. Ich hob Geld ab und warf mich ins Getümmel der Taximafia. Das Hotel hatte mir geschrieben, ich sollte keineswegs mehr als 30 Lari (11 Euro) für die Fahrt zum Hotel zahlen, aber erzählt das mal den Taxifahrern, die mit "minimum price 75 Lari" anfangen, Freunde. Am Ende zahlte ich 40 Lari und hatte eine Erlebnisfahrt vor mir.

Der Typ schleppte mich zu seinem "big car", einem Jeep, und auf ging die wilde Fahrt über die Flughafenautobahn - 80 Sachen schien mir gar nicht so schnell, aber die Anzeige bezog sich auf Meilen, sodass das dann doch 130 km/h waren, wobei allerdings 80 km/h erlaubt waren ...

Plötzlich war auf der anderen Straßenseite Polizei und Feuerwehr, was meinen Fahrer (wie viele andere) dazu brachte, auf der rechten Spur der zweispurigen Straße anzuhalten und - naja, was soll ich sagen - zu gaffen (dazu kletterte er sogar über den Fahrbahntrenner drüber, Held!).

Ein paar Minuten später joggte er über die Autobahn zurück, fuhr ein bisschen weiter, gaffte nochmal zum Abschied und fuhr dann - etwas gesitteter - weiter. Da war auf der Gegenfahrbahn  ein Auto mit offenbar leicht überhöhter Geschwindigkeit abgeflogen, hatte dabei einen nicht ganz kleinen Baum umgenietet und lag nun einigermaßen verdreht im Straßengraben - bei den heutigen Autos mit ihren Sicherheitsmechanismen weiß man das ja (zum Glück) nie, aber wenn da einer drin gestorben ist, würde mich das wirklich nicht wundern ...

Es ging - es war wirklich ein ganz schönes Stück bis hinter die Altstadt - durch das nächtliche Tiflis in den Norden des Stadtgebiets, wo mein Fahrer dann plötzlich durchs Wohngebiet fuhr und an einem größeren Parkplatz anhielt. Da standen einige Autos und einige Männer im Dunkeln herum, wobei ich den Männern in einer unbeleuchteten Straße auch nicht begegnen wollte; sie wiesen, als der Fahrer nach meinem Hotel fragte, auf den Hinterhof des Parkplatzes. Na, vielen Dank auch ...

Ich stieg aus und rollte meinen Koffer über den unebenen Platz an den Männern vorbei ins Dunkel ... Da hinten war wirklich ein Hotelschild, ich wuchtete mein Gepäck den Koffer hoch und kam in eine nüchterne, aber zweckmäßige Lobby. Die Rezeptionistin empfing mich (es war inzwischen 2.15 Uhr) überaus freundlich, nein, ich muss korrigieren, sehr herzlich (die war heute Morgen auch noch da und genau so lieb, das gibt eine fette positive Erwähnung in der Bewertung). Ihr war lieber, wenn ich heute Abend bar bezahlte (ich sollte 80 Lari zahlen, hatte nur 100 als Schein und sie versprach, mir die 20 Rückgeld heute Morgen zu geben, was sie natürlich tat), dann führte sie mich ins Zimmer.

Schein und Sein sind halt zwei verschiedene Dinge, denn in dieser scheinbar üblen Absteige hatte ich ein richtig hübsches Zimmer mit einem sehr akzeptablen Bad (beim Duschen heute Morgen geriet ich ob des sehr ordentlichen Wasserdrucks regelrecht ins Schwärmen ...), nur die Lampe im Schlafzimmer gab einen für meinen Geschmeck zu sehr rotlichtigen Farbton ab, aber was soll's ...

Die relativ kurzfristige (vorgestern) Entscheidung, mir in Tiflis für die paar Stunden noch ein Zimmer zu mieten, war eine sehr und für meine Verhältnisse sogar außerordentlich vernünftige Entscheidung, auch wenn ich tatsächlich nur ein paar Stündchen schlief.

Recht erholt und frisch geduscht entstieg ich um 10.45 Uhr dem Zimmer, checkte aus, die Dame erläuterte mir noch den Weg zu meinem Bus, den ich sonst nicht so leicht gefunden hätte, und ich verabschiedete mich - wenn ich nochmal von diesem Busbahnhof abfahre, übernachte ich auf alle Fälle wieder dort.

Ich war jetzt natürlich viel zu früh, weil mein Bus erst um 12 Uhr fuhr. Ich holte mir noch meine Pro-forma-Fahrkarte ab (ich hatte keine E-Mail bekommen mit einer Fahrkarte, deswegen holte ich mir den Zettel am Büro dort ab) und ging dann auf die Suche nach einem Kneipchen, um etwas zu trinken.

In einer Kneipe saßen zwei Männer mit Bier vor sich, und ich wurde schwach - schon wieder Frühschoppen - aber es ist ja Urlaub ... Die beiden Männern bekamen dann eine sehr kräftig aussehende Fleischbrühe, die ich mir ebenfalls bestellte - am Ende bezahlte ich für die Suppe und zwei Bier 9,50 Lari, das sind 3,50 € - Georgien gefällt mir ...

Im Bus, der ziemlich pünktlich abfuhr, gab es - tadellos funktionierendes - WLAN und ein Entertainmentsystem mit - auch - deutscher (!) Menüführung, so stelle ich mir das für 5 € pro fünfstündiger Fahrt vor, das war richtig gut.

Der Fahrer fuhr zügig und gut, nur erschreckte ich mich einmal auf der Autobahn, als auf einmal auf der Überholspur Gegenverkehr kam - die Gegenfahrbahn war offenbar gesperrt, aber da gab es keine Absperrungen oder andere Streckenführung oder andere Sicherheitsmaßnahmen, einfach nur eine Fahrspur hin und eine her - Wahnsinn ...  Aber überhaupt fährt man halt hier im Kaukasus ein bisschen anders, das habe ich ja schon 2009 feststellen dürfen.

Bis hinter Gori gab es die Autobahn, danach wurde es Landstraße, aber durch die Beschäftigungsprogramme und den schönen Ausblick auf die georgische Landschaft vergingen die am Ende fünfeinhalb Stunden Reisezeit wie im Flug - das kann man öfter machen ...

In Sugdidi wusste ich nicht ganz genau, wo ich aussteigen sollte, entschied mich dann aber, bis zur Endhaltestelle mitzufahren (sobald man in Richtung des Zieles kommt, halten die Busse auf Verlangen an, damit die Fahrgäste dann nicht noch jemanden abstellen müssen, der sie zurück zu ihrem Endziel abholt), damit ich für Samstag Abend weiß, wo ich den Taxifahrer von der Grenze hindelegieren muss.

Von dort ging ich zu Fuß im leichten Nieselregen durch das dezidiert untouristische Sugdidi, über eine alte Fußgängerbrücke über den Fluss und dann durch ein Wohngebiet, ehe ich vor meinem Hotel stand - oder vielmehr dem, was ich dafür hielt ... Die Tür war zu, der Geschäftsraum sah verlassen aus, ich schaute mich um, bis eine Frau von gegenüber mir bedeutete, ich solle am Nachbarhaus klingeln. Das tat ich dann, wurde begrüßt und in mein Zimmer geführt, das vom Schlafzimmer her nach Homestay aussieht (sauber, aber einfach), dessen Bad aber ziemlich neu ist, sodass ich rundum zufrieden bin.

Ich hielt mich nicht lange im Zimmer auf, sondern wollte mir zumindest den Stadtpark mit dem Dadiani-Palast, der Residenz der früheren Fürsten dieses Landstrichs, angucken. Nun, der Stadtpark wird es in seiner Größe, Schönheit und Bedeutung ebensowenig mit dem Central Park in New York aufnehmen könnte wie der Dadiani-Palast mit dem Buckingham Palace in London, aber insgesamt ist das eine interessante und gepflegte Anlage mit einem Kirchlein daneben und dem Botanischen Garten (den ich nicht besuchte), doch ganz okay ...

Beim Weg aus dem Park rasselte ich fast mit einer jungen Frau aus einer Hochzeitsgesellschaft zusammen, weil ich ein wenig knapp an ihr vorbeilief (da ich schnell aus dem Bild herauswollte ...) und sie sich überraschend in meinen Weg warf - ist aber alles gutgegangen ...

Ich hob georgisches Geld ab (ich fürche, schon wieder zu viel) und wechselte einen Teil in russische Rubel um. Ich wollte 300 Lari (etwa 110 Euro) in Rubel umwechseln und stellte fest, dass ich bei einem Kurs von 0,043 Rubel für einen Lari dann fast, aber nicht ganz 7.000 Rubel bekommen müsste. Ich spielte mit dem Taschenrechner herum und fand zu meiner großen Überraschung heraus, dass ich, wenn ich einen Lari drauflege (also 301 wechsle), genau 7.000 Rubel bekäme.

Diese unglaubliche Berechnung stellte ich dann den beiden Herren (einer alt, einer jung) in der Wechselstube vor, die davon mindestens so begeistert waren wie ich. Ich überlegte auf dem Weg zu meiner Abendessengaststätte hin und her, wie dieses mathematische Wunder zustandekommen konnte, dass das genau aufgeht, weil 301 und 0,0043 ja doch ziemlich ungerade Zahlen sind und 7.000 so schön rund, bis ich Steinzeituniversalgelehrter darauf kam, dass eben 7 x 43 bzw. 7 x 1.000 x 43 / 1000 = 301 ist ... Das darf man keinem von meiner Prüfungskommission erzählen, die erkennen mir nachträglich den Doktorgrad ab ...

Nun hatte ich also sechs Währungen (Euro, irakische Dinar als Restgeld, US-Dollar aus der Hotel-Bezahl-Aktion in Erbil, türkische Lira, georgische Lari und jetzt russische Rubel für Abchasien) im Geldbeutel (und dazu noch eine slowenische Sonderprägung, die ich mir in Istanbul statt einer Lira hatte andrehen lassen ...), als ich in die bei Google hochempfohlene Kneipe einfiel. Dort wurde mit Livemusik ein Geburtstag gefeiert, aber ich durfte mich an einen Tisch setzen.

Leider gab es kein georgisches Bier dort (!), nur tschechisches und mexikanisches, das verstehe wer will, also trank ich nur ein Glas tschechisches Bier (weil das auch übel war), aß dazu einen Rinderzungensalat (sehr lecker, aber eine viel zu große Portion) und danach zwölf Chinkali, diese Teigtaschen mit Hackfleisch-Suppe-Füllung, bei denen man ein bisschen Übung braucht, um sich nicht den Teller vollzukleckern ... Ich schaffte es, neun der zwölf Dinger unfallfrei zu essen, bei den übrigen drei kleckerte ich ein bisschen, aber das ist für einen Ausländer ein guter Schnitt, denke ich.

Danach ging ich durch das dämmernde Sugdidi in mein Hotel zurück - das Gartentor ist ebenso offen wie die Haustüre, nur für mein Zimmer habe ich einen Schlüssel und gehe jetzt gleich um 22 Uhr Ortszeit ins Bett.

Morgen verzichte ich aufs Frühstück und werde mich so gegen 7.30 Uhr aus dem Staub machen (ich muss noch zahlen!), um ein Taxi zu suchen und pünktlich um 8 Uhr an der Grenze zu sein. Ich bin gespannt, wie das mit dem Grenzübertritt (sowohl auf georgischer Seite durch die normale Polizei - Abchasien ist ja für die Georgier Bestandteil ihres Landes - als auch auf abchasischer durch die dortige Grenzpolizei), mit dem Transport nach Suchumi und mit meiner Hotelbuchung klappt - in Suchumi muss ich dann möglichst morgen, sonst am Freitag (aber ich will morgen, damit ich am Freitag den Rücken frei habe für den Strand, auch wenn es regnen sollte, wonach es mehr oder weniger aussieht) mein offizielles Visum holen (und bezahlen; bisher habe ich nur die Einreisegenehmigung per E-Mail) und unbedingt Kontaktlinsenflüssigkeit kaufen, denn meine Flasche war wieder undicht - oder irgend so'n Idiot hat die nicht richtig zugeschraubt, nein, das kann offensichtlich nicht sein, also war sie undicht ...

Ich bin gespannt und werde berichten ... Gute Nacht!
Dadiani-Palast in Sugdidi

Dienstag, 13. Juni 2017

Südsee in Istanbul

Jetzt hätte ich fast eine Umdichtung des Bonndorfer Pflumeschluckerliedes hier online gestellt, die sich auf das Fährefahren in Istanbul bezieht, aber das hätte mir in meiner Heimat Hohn und Spott eingebracht, und außerhalb hätte es kein Mensch verstanden - deswegen lasse ich es bleiben ...

Ich hatte schon einen richtigen Mist geträumt, als ich aus dem Schlaf hochschreckte - aber es war erst 20.30 Uhr gestern Abend, ich war erst eine Stunde zuvor ins Bett gegangen. Nix da mit fast das Taxi verpasst, ich legte mich in Ruhe noch einmal schlafen.

Um 23.30 Uhr klingelte der Wecker, und das hieß jetzt wirklich Aufstehen. Bääh, furchtbar ...

Ich machte mich fertig, vergaß, glaube ich nichts, checkte aus (ich zahlte in irakischen Dinar, weil ich zu viel abgehoben hatte, und in Euro und bekam Wechselgeld in Dollar, ob das Hotel mich oder sich selbst beschissen hat, weiß ich nicht genau, ist aber auch egal, es geht um ein paar Euro, passt schon).

Das Hoteltaxi zum Flughafen kam etwas verspätet, aber das war kein Problem, weil ich genug Zeit hatte. Die Anfahrt zum Flughafen war problemlos, an der Einfahrt zum Flughafen gab es dann einen vermeintlich scharfen Checkpoint (mit Aussteigen und Pro-forma-Abtastung, die aber eben wirklich nur pro forma ist) - sowas können sie dann auch sein lassen, entweder richtig oder gar nicht.

Ähnlich ging es im Flughafengebäude weiter, nach dem Zufallsprinzip wurden Leute durch die Vorkontrolle geschickt oder nicht, mein Handgepäck wollten sie durchsuchen, weil ich so etwas Verbotenes wie einen Kugelschreiber im Gepäck hatte - liebe Kurden, wenn ihr die Leute richtig kontrolliert, einverstanden, aber so einen Mist zu veranstalten, das ist einfach schwachsinnig und sorgt dafür, dass mancher Reiseblogger, der sonst wenig an eurem Autonomiegebiet auszusetzen hatte, jetzt zum Schluss nochmal was Unschönes schreiben muss. Schade.

Der Check-in selbst ging dann ohne Probleme, auch wenn sie mein Gepäck gleich bis Tiflis durchchecken, was mich kurzzeitig in Betriebsamkeit verfallen ließ, damit ich meine Kontaktlinsenflüssigkeit und -behälter raushole. Dem Check-in-Typen nickte ich zu, als er fragte, ob das "medicine" (Medizin) wäre, sonst hätte es hier womöglich wieder völlig unnötig Scherereien gegeben ...

Die grob geschätzt fünfzehnköpfige Familie vor mich konnte sich an der Passkontrolle nun überhaupt nicht auskäsen, sodass, als sie dann alle im Weg rumstanden, der Grenzer und ich uns anguckten und ich zu ihm vorging - schnell war ich ausgereist aus dem Irak.

Die eigentliche Handgepäckkontrolle kam danch, und ceterum censeo: Es sind schon mehr Menschen an den Bakterien gestorben, die sie sich einfangen, wenn sie barfuß oder in Socken über alte Teppiche laufen müssen (weil die Schuhe ausgezogen werden sollen), als durch irgendwelche Schuhbomber. Diesen Schwachsinn, liebe Kurden, müsst ihr den Amis wirklich nicht nachmachen.

Nun saß ich im Abflugbereich und hatte seit dem Frühstück am Vortag nichts gegessen, da sprang mir ein Angebot ins Auge: eine große "kurdische Pizza" mit einem Softdrink und Wasser für 13 Euro - das lasse ich mir am Flughafen gefallen ... Naja, jedenfalls grundsätzlich - die Pizza kam aus dem Vor-Sicherheitsbereich eingeflogen, ich habe schon bessere gegessen in meinem Leben, ziemlich viele sogar, aber ich war wenigstens satt (und hatte eine Flasche Wasser abgestaubt ...).

Weil die Sitzplätze am Gate begrenzt waren, setzte ich mich ans Nebengate, vergaß dort fast mein Handy in der Steckdose, eilte nochmal zurück und ging dann als einer der Letzten an Bord - die Maschine war voll, und obwohl sie mit Verspätung gelandet war, kamen wir fast pünktlich weg.

Nach eindreiviertel Stunden Flug landeten wir schon im Hellen in Ankara, der Flieger wurde schlagartig leer und nach kurzem Aufenthalt flogen wir mit einem Fünftel der Passagiere weiter nach Istanbul. Hier kamen wir deutlich vor Plan an und ich eilte zur Passkontrolle. Leider war kurz vorher eine Maschine aus Teheran angekommen, und das Ganze zog sich - natürlich stand ich in der Schlange, in der eine irakische oder syrische Familie Scherereien mit dem Grenzer hatte, sodass ich nach ziemlicher Verzögerung erst eingereist war ...

Ich gab mein Handgepäck in die Gepäckaufbewahrung (diese 3,75 € waren eine seeeehr lohnende Investition), verließ das Flughafengebäude und setzte mich in den ersten Bus (naja, eigentlich in den zweiten, aber der erste Bus war mir schon viel zu voll). Auf ging es durch den Berufsverkehr vom Flughafen in Richtung Kadiköy, wo wir nach gut eineinhalb Stunden Fahrt ankamen.

Ich marschierte auf die Fähre nach Eminönü und fuhr also von Asien nach Europa. Das Wasser heute war so wunderbar türkis, wie ich es mir in der Südsee vorstelle, fantastisch schön - abgesehen davon, dass ich die ganze Zeit aus dem Grinsen nicht herauskam, weil ich halt wieder in Istanbul war ...

Ich stieg in die Straßenbahn, fuhr hoch nach Sultanahmet, machte bei traumhaftem Wetter ein paar Fotos von Hagia Sophia und Blauer Moschee, gönnte mir einen Frühschoppen und fuhr danach die paar Stationen in Richtung Großen Basar. Ich machte einen kurzen Abstecher hinein, ging zur Süleymaniye und genoss den Blick auf Bosporus und Bosporus-Brücke (nicht zu lange, denn meine Sonnencreme war ja im Koffer - mehr als 100 ml -, sodass ich aufpassen musste).

Die Metro fand ich, fuhr über das Goldene Horn bis zum Taksimplatz, herunter mit dem Füniküler nach Kabataș - dort fand ich die Fähranlagestelle nicht, lief eine Straßenbahnstation weiter und fuhr nach Karaköy; dann stieg ich halt hier auf die Fähre.

Ich guckte im Hamsi Pub, ob die offen haben (hatten sie), und setzte mich hin - vom Ramadan merkt man hier wirklich nicht sehr viel. Eine ausreichend große Anzahl von Einheimischen rennt mit Wasserflaschen und Kleinigkeiten zum Essen in der Gegend herum, dass ich da kein schlechtes Gewissen hatte. Ich aß einen Oktopus-Salat (war okay) und einen gegrillten Fisch, der - wie immer beim Hamsi - sehr, sehr lecker war und mit 6,50 € auch preislich durchaus in sehr akzeptablem Rahmen lag ...

Ich fuhr nochmal rüber nach Europa, guckte mich nochmal im Ägyptischen Basar um (kaufte aber nix), fuhr wieder nach Asien, dichtete dabei mein Lied, und um das zu vervollständigen, fuhr ich nochmal nach Europa und zurück nach Asien. Ich stieg immer ordnungsgemäß aus und wieder ein, weil man sich die Fahrt für so circa 40 Cent ja durchaus leisten kann, auch wenn ich immer noch nicht sicher bin, ob das irgendjemand kontrolliert, ob da alle aussteigen oder nicht.

Ach Leute, sooooooo schön, da über den Bospurus zu fahren, mit Blick auf Blaue Moschee, Hagia Sophia, Topkapı, Galata-Turm, Goldenes Horn - und dann noch mit dem türkisen Wasser, das war nochmal schöner als ohnehin schon, unglaublich, dass das noch geht ... Achso, Möwen füttern wollte ich eigentlich mit einem Simit (diesem runden Teigteilchen), aber die Möwen wollten bei der Hitze wohl nicht fliegen - naja, haben sie Pech gehabt ...

Meine Rübe wurde jetzt zunehmend rot, sodass ich mich entschied, zum Flughafen zurückzufahren. Ich hatte bei der letzten Fährfahrt den Fehler gemacht, nicht die Toilette aufzusuchen (um die ganze Flüssigkeit loszuwerden), und in Kadiköy gab es keine öffentliche Toilette. Den Bus fand ich gerade nicht, also fuhr ich mit der Metro, in der Hoffnung, dass es dort Toiletten gab - gab es aber in Kadiköy nicht. Ich stieg trotzdem ein (die Metro in Asien ist relativ neu und soll in absehbarer Zeit dann wohl auch hier zum asiatischen Flughafen fahren) und fuhr bis Pendik, wo ich erstens eine Toilette fand (selten war ich bereiter, 25 Cent Toiletteneintritt zu zahlen) und dann in den Bus zum Flughafen umstieg.

So, nun sitze ich hier in der Lounge, in eineinhalb Stunden geht mein Flieger, aber das Gate werden sie erst in diesen Minuten anschreiben ...

Istanbul, es war wie immer toll, und in fünf Tagen bin ich wieder hier - zwar nur für sechs Stunden, aber das reicht hoffentlich für einmal Fähre fahren ...

Blaue Moschee

Blick von der Süleymaniye

Istanbul-Panorama hinter türkischem Wasser

Montag, 12. Juni 2017

Spielzeug-Kalaschnikows

... werden hier im Basar angeboten, und das ist kein großes Wunder, denn selbst gestern zum Fastenbrechen kamen ein paar der Peschmerga mit ihren Gewehren ...

Ich habe mir heute einen ganz geruhsamen Tag gemacht, ich habe trotz des relativ frühen Zubettgehens gestern Abend ausgeschlafen, dann in Ruhe gefrühstück und noch eine Stunde im Zimmer herumgegammelt.

Danach bin ich aus dem Hotel und hielt mir auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Taxi an. Dieses fuhr mich - ich navigierte den Fahrer wieder mit Handy, weil wir uns nicht verstanden hatten, wo ich hinwollte - nach Ankawa, das Christenviertel (ja, genau, da, wo ich gestern schon im Deutschen Hof war).

Heute wollte ich aber einen Kirchentag machen und ließ mich also zur chaldäisch-katholischen Kirche fahren, die ich auf Google entdeckt hatte. Den vier Soldaten, die das Teil bewachten, machte ich verständlich, dass ich die Kirche gerne besichtigen würde, was mir - nachdem ich bestätigt hatte, dass ich Christ bin, und nachdem ich angegeben hatte, dass ich Deutscher sei - genehmigt wurde. Joa, ein hübsches Kirchlein ist, aber jetzt auch keine riesige Kathedrale - ganz hübsch, aber das war's dann auch schon ...

Ich lief durch die Straßen von Ankawa, vorbei an etlichen Spirituosengeschäften (die aber alle zu waren, ich vermute jetzt mal ganz spekulativ, dass die im Ramadan am Tag geschlossen sein müssen, aber das ist wirklich nur geraten), zur St.-Josephs-Kathedrale. Mir ist nicht ganz klar geworden, welcher Glaubensrichtung diese Kirche zugehört, aber auch hier durfte ich an den vier Zivilisten-Bewachern vorbei, nachdem ich wieder mein Sprüchlein aufgesagt hatte, dass ich Christ aus Deutschland sei. "Willkommen", sagte der ältere Herr ... Leider sagte er auch, dass das Innere der Kirche geschlossen sei, und nachdem ich die vielen Baumaterialien sah, vermute ich - jetzt wieder ganz spekulativ -, dass die da gerade das Innere der Kirche renovieren. Die Muttergottes durfte ich mir aber - außerhalb des Kirchenbaus - angucken, und dann ging es weiter.

Vom untauglichen Versuch, im Ramadan eine Hotelbar aufzusuchen, ließ ich, als ich vor verschlossener Tür stand und meiner Unfähigkeit bewusst wurde, ab und suchte mir wieder ein Taxi in die Innenstadt.

Ich geriet an einen Taxifahrer, der zwar fragte, ob ich Englisch spräche, aber danach kaum Englisch mit mir sprach. Offenbar sind hier öfter Franzosen, denn die erste "Auswahlmöglichkeit" ist immer "Fransa", aber wenn ich dann mit meinem "Almanya" komme, ist's auch gut. Es ist immer wieder faszinierend, wieviele Leute in aller Herren Länder unser Land toll finden ...

Dieser besondere Leut war, wie er mir mit Händen und Füßen (und später unter Vorlage eines Militärausweises, auf dem ich natürlich - die Kurden hier im Irak nutzen ein dem arabischen Alphabet ähnliches Alphabet - nichts lesen konnte), ein Peschmerga, also ein Angehöriger der kurdischen Streitkräfte. Aus seinen Handbewegungen und Lauten deutete ich, dass deutsche Waffen den Peschmarga beim Kampf gegen "Daesh", also den "Islamischen Staat", ziemlich geholfen hätten (wenn man ihn beobachtete, könnte man meinen, die deutschen Waffen wären in irgendwelchen Flächenbombardements eingesetzt worden, denn es machte "bumm" und dann war der Feind - mit beiden Händen - dem Erdboben gleichgemacht ...).

(Da fällt mir ein, dass mich gestern die Anzahl der Geschäfte, die Rollstühle im Angebot hat, ziemlich überrascht hat ...)

Der Taxifahrer ließ mich wie gewünscht am Q(u)aysari-Basar raus und ich nahm selbigen nochmals in Augenschein - wieder fielen mir, neben den Plastik-Kalaschnikows - viele Sachen auf, die ich gestern noch nicht gesehen hatte, doch das ist ein hübsches Märktelein ...

Ich hatte irgendwo eine Statue von Ibn al-Mustawfi, einem kurdischen Gelehrten des 13. Jahrhunderts, gesehen, und sie sollte in der Nähe des Südtores der Zitadelle sein - das Südtor ist von fast überall in Süd-Erbil her zu sehen, aber diese Statue konnte ich nirgends entdecken. Ich wollte also auf die Zitadelle gehen und dort suchen. Als ich Anlauf nahm und den Zugang, den ich gestern heruntergekommen war, hochgehen wollte, wurde ich recht rüde (wenn auch per "Hello") zurückgepfiffen - der Zugang sei geschlossen. Habt ihr sie noch alle? Dass ihr den Zugang für Autos sperrt, gerne, aber wenn da Leute runter gehen dürfen, dann gibt es nun wirklich keinen Grund, da nicht hochgehen zu dürfen.

Da das deutsche Generalkonsulat in Erbil aber nur auf Vereinbarung zu erreichen ist und mein Flieger schon heute Nacht geht, ließ ich die Konfrontation mit diesem behämmerten Wachmann sein (haste noch mal Glück gehabt, Jüngelchen!) und lief die zehn Minuten zum anderen Tor - wutentbrannt natürlich, wutentbrannt!

Ich wuchtete mein Körperchen die Rampe hoch, lief durch die - heute noch verlassener als gestern wirkende - Zitadelle durch und kam nach diesem Umweg am Südtor wieder raus. Ich hatte rechte Lust, zu dem Typ nach unten zu gehen und ihn genauso mit "Hello" zu grüßen, aber dann hätte ich wahrscheinlich wieder hochgehen müssen, denn unten war ja geschlossen ... Haha.

Das größere Problem war, dass ich diese Statue nicht fand, ich suchte und suchte, ging alle öffentlichen zugänglichen Wege in der Nähe des Tors ab, wagte mich auch in die nicht abgesperrten Bereiche der Zitadelle hinein, aber ich fand die Statue einfach nicht ... Ein wenig frustriert zog ich ab (als ich eben im Hotel meinen Flughafentransfer bestellt habe, sah ich da ein Bild von der Zitadelle, wo der Typ direkt neben dem Südtor saß - dort war ich gewesen, dort war jetzt keine Statue mehr, ich gehe jetzt mal davon aus, dass die gerade - wie so vieles in der Zitadelle - renoviert wird).

Ich lief wieder die gleiche Straße, die ich gestern Morgen (war das erst gestern?!) auf meiner Ersterkundung gewählt hatte und war gegen 15 Uhr im Zimmer - es ist heiß hier, und besonders, welche Überraschung, mittags. Nachdem ich mir quasi-intravenös einen Liter Orangensaft und einen Liter Fanta eingeflößt hatte, war ich wieder einigermaßen hydriert.

Eigentlich wollte ich jetzt um 17 Uhr im Hotelrestaurant was essen gehen, weil heute Nacht um 0.30 Uhr mein Flughafentransfer geht und ich noch ein paar Stunden schlafen wollte (wenn ich um 19.30 Uhr wieder zum Fastenbrechen bin, komme ich vor 21 Uhr auch nicht heim, und dann kann ich das Schlafen auch gleich sein lassen). Aber irgendwie habe ich keinen Hunger.

Ich denke, ich gehe jetzt das Risiko ein, heute Nacht einen Mordskohldampf am Flughafen stillen zu müssen, und gehe jetzt gleich kurz duschen und dann sofort ins Bett.

Für ein, zwei Tage ist Erbil an sich ein wunderbares Touristenziel (achso, ja, ich habe heute Mittag in der Zitadelle doch tatsächlich eine aus drei Personen bestehende Touristengruppe gesehen - was machen die denn hier??), das halt (noch) keine Sau kennt (mehr als zwei Tage gibt die Stadt aber vielleicht dann doch nicht her, aber die Museen habe ich ja vernachlässigt, vielleicht können die was).  Aber in den zwei Tagen hat man mit der atemberaubenden Zitadelle, dem schönen Basar (wo dich kaum jemand anlabert), den vielen schönen, kleinen urbanen Plätzen (manchmal sind die Springbrunnen sogar an), dem Minarett-Park ausreichend viel zu sehen - nur sollte man nicht im Sommer und nicht unbedingt im Ramadan kommen, denn wenn es heiß ist und man nicht so ohne Weiteres mal schnell auf der Straße was trinken will, dann wird das schnell anstrengend.

Aus Erbil heraus habe ich mich nicht getraut, obwohl das auf den Straßen in Richtung Osten gut möglich gewesen wäre. Natürlich habe ich mal einen oder zwei Gedanken daran verschwendet, ob es so klug ist, in das christliche Viertel oder dort gar in eine definitive Ausländerkneipe wie diesen Deutschen Hof zu gehen, aber angeblich ist seit 2003 hier in Kurdistan kein einziger Ausländer durch Krieg oder Terrorismus zu Schaden gekommen - wahrscheinlich war ich auch hier einfach noch ein bisschen zu sehr Schisshas.

Einen hab ich noch: Im Deutschen Hof gibt's Cauliflower-broccoli cretin, also Blumenkohl-Broccoli-Idioten, zu essen. Dass sie gratin gemeint haben, ist mir klar, aber das sieht schon süß aus ...

Chaldäisch-katholische Kirche

St.-Josephs-Kathedrale

Pfad in der Zitadelle