Jo, die hatte ich heute, weil ich irgendwie beim Gedanken an Andalusien, an Südspanien beim besten Willen nicht an Regenwetter gedacht habe. Fahrlässig? Ja, klar! Dementsprechend verzichtete ich auch dann auf den Kauf eines Regencapes, als ich die Möglichkeit dazu hatte, denn: Ein bisschen Strafe muss sein. Außerdem war ich zu dem Zeitpunkt eh schon nass, also war es grad egal, ob ich meine Nässe jetzt noch bedecke oder nicht mehr. Am Ende des Tages wechselte ich in Ardales Hemd und Unterhemd komplett, dann war mir schlagartig wieder warm ...
Der Wecker heute Morgen hätte nicht runtergehen müssen, denn ich war schon kurz vor 5 Uhr wach. Ich duschte, ging runter, holte den Schlüssel zum Hinterhof, wendete in ungefähr 28 Zügen mein Auto, fuhr dann aus dem Tor raus, stellte mein Haus ab, gab Hinterhof- und Zimmerschlüssel ab und fuhr zu.
Wahrscheinlich kommt man selten im Leben so unproblematisch aus Sevilla auf die Autobahn, und auf selbiger blieb ich eine Dreiviertelstunde. Die Straße chargierte zwischen perfekt und ... bäng! Schlaglöcher gab es gerade auf der rechten Spur etliche.
Es war noch dunkel, als ich auf kleine Sträßchen in Richtung Caminito del Rey abbog; auf diesen verbrachte ich noch einmal eine gute Stunde. Mein Auto meckerte zunehmend, dass ich zu wenig Sprit hätte, aber es kam keine geöffnete Tankstelle ...
Erst in Ardales, kurz vor dem Caminito del Rey, war etwas geöffnet; dementsprechend tankte ich dort (meine Mutter hätte mich längst erwürgt gehabt), danach ging es - im leichten Regen - zum Besucherzentrum des Königswegleins ...
Der Regen wurde nicht weniger, als ich dort ankam, aber wenigstens bekam ich sofort meinen Parkplatz; auch der Bus fuhr zeitnah, ich kam sogar noch in der ersten Charge mit. Unterwegs fing es stärker an zu regnen, mein Sakko war schon feucht, aber mir war alles egal.
Als einer der wenigen (Vernünftigen) nahm ich den empfohlenen Weg durch einen Tunnel, aber trotzdem musste ich bis zum offiziellen Eingang noch ein ganzes Stückchen wandern, und es regnete weiterhin.
Am tatsächlichen Einlass war noch alles zu, die Menschen verzogen sich unter die wenigen Dächer, die es da gab, ich am Ende auch, aber mein Sakko war jetzt schon ziemlich durchnässt. Irgendwas war komisch, denn es wurde keiner reingelassen, ich hoffe/denke, dass sie Sorge vor einem Gewitter hatten, aber die Informationspolitik war ziemlich unterirdisch, denn kein Mensch wusste, was los war ...
Meine Eintrittszeit war schon fast vorbei, als irgendwelche Schlangen eingerichtet wurden, die aber dann doch maximal semi eingehalten wurden, aber irgendwann - kurz nach meiner Eintrittszeit - wurde ich vorgelassen. Ich bekam meinen Helm (das Foto von mir mit Helm sorgt auf WhatsApp für größere Heiterkeit ...) und durfte endlich den Camino betreten.
Es war relativ voll, weil zwei oder drei Ladungen Menschen kaum verzögert losliefen, aber als wir auf den eigentlichen Pfad kamen, war alles Chaos, aller Ärger komplett vergessen: wow, einfach nur wow!
Du läufst da über (wunderbar gesicherte und konditionell nun wirklich nicht anstrengende) Holzbohlen, unter dir geht es zig Meter runter, die Schlucht ist atemberaubend - und wie üblich kann ich das gar nicht so richtig beschreiben. Mehr als einmal machte ich ein vertikales Panoramabild (was Jessi mir beigebracht hat), weil man diese atemberaubende Schlucht selbst mit Weitwinkelkamera nicht vollständig darstellen kann, unglaublich, wirklich unglaublich.
Nach zwanzig Minuten ist man - vorbei an der königlichen Brücke, über die einst - hoch, hoch, hoch oben - der König marschiert sein soll; heute ist diese Brücke längst gesperrt - durch den ersten Abschnitt durch, und wenn man nicht so gut informiert ist - wie ich heute - und denkt, dass es das war, dann wäre es den Eintrittspreis immer noch massiv wert gewesen ...
Es ging nun einen weniger spektakulären Weg entlang (mit immer noch fantastischen Ausblicken auf die grandiose Landschaft), bis ich zum zweiten Schluchtabschnitt kam, und der hatte es ganz brutal in sich ...
Auch hier läuft man hundert, hundertzwanzig Meter über dem Fluss auf Holzbohlen entlang, an etlichen Stellen kann man den alten Camino sehen, auf dem die Verrückten bis 2010 noch gelaufen sind, gefühlt ohne Sicherung, und das Schluchtpanorama war noch beeindruckender als vorher, unglaublich - das muss man wirklich gesehen haben, selbst bei Nieselregen und kaltem Wind, es war unfassbar schön ...
Ganz am Schluss, wenn man meint, es schon geschafft zu haben, kommt noch eine Brücke über die Schlucht, in schwindelerregender Höhe, mit Gitter unter den Füßen - da muss man entweder sehr schwindelfrei oder sehr besoffen sein, um da sorglos drüberzumarschieren ...
Also, Leute, wenn ihr halbwegs schwindelfrei seid, kommt zum Camino del Rey, möglichst an einem schönen Tag, notfalls auch an einem Schietwettertag wie heute, es lohnt sich, definitiv!
Nach dem Ausstieg aus dem Schluchtpfad marschierte ich schnellen Schrittes voran, denn ich wollte möglichst noch den 11.30-Uhr-Bus kriegen, denn um 13 Uhr sollte ich ja schon beim Bier-Tasting sein, und ganz idealerweise wollte ich da schon mein Auto bei meiner Unterkunft geparkt haben.
Die Strecke wurde immer, auch die Haltestelle war verlegt worden, sodass ich gegen 11.31 Uhr am Bus eintrudelte, schwitzend, klar - da stand aber noch ein zu drei Vierteln gefüllter Bus, in den ich einsteigen durfte, und so kam ich sehr pünktlich wieder am Parkplatz an. Jetzt kam natürlich blauer Himmel raus - Petrus, du wirst demnächst verprügelt!
Ich fuhr nach Ardales und in Richtung meiner Unterkunft. Liebe Leserin, lieber Leser, Ardales ist ein wunderschönes Örtchen, aber a) eng und b) steil. Von Parkplätzen konnte keine Rede sein, ich würgte beim Berganfahren mehrfach mein Auto ab (dass es nicht nach unten gerutscht ist, war alles!), sehr schnell entschied ich mich, irgendwo im Tal zu parken und das Auto dort stehen zu lassen, boah, ey!
Als das Auto stand, wechselte ich erstmal Unterhemd und Hemd, weil es jetzt doch recht kühl wurde, packte um, damit ich später nur meinen Rucksack würde mitnehmen müssen, und spazierte dann zur Brauerei. Ich war jetzt natürlich eine geschlagene Viertelstunde zu früh da, die spätere Englisch-Führerin kam auch gerade und meinte, sie wären in fünf Minuten so weit, kurz darauf kamen zwei Leutchen, mit denen ich mit unterhielt, bis wir merkten, dass er Deutscher und sie Niederländerin war, die völlig (völlig!) akzentfrei Deutsch sprach.
Am Ende landeten wir mit einem kanadischen Pärchen am Ausländertisch, María erklärte uns in ihrem sehr spanisch gefärbten Englisch den Brauprozess, und dann bekamen wir endlich die Biere. Es wurden ein Weizenbier, ein Irish Ale, ein American Ale und ein Stout (Letzteres wurde mir zugeschustert, weil ich das als Einziger mochte) konsumiert, wir diskutierten über Gott und die Welt (und über die politische Weltlage) und am Ende verabschiedeten wir uns mit Umarmung - es war richtig schön!
Ziemlich bedüdelt lief ich zum Auto zurück, holte meinen Rucksack und begab mich zu Fuß, den steilen Berg hoch, in die (wunderschöne) Innenstadt. In der einen Kneipe trank ich ein Bier aus der Brauerei von eben und aß Schweinebäckchen, dann wurde ich dort rausgeschmissen und zog zwanzig Meter weiter ins Pub. Dort ließ ich es mir weiter gutgehen, bis ich schließlich auch dort auszog und weitere zwanzig Meter in meine - wunderbare, geräumige, großartige - Ferienwohnung ging.
Jetzt bin ich kurz davor, ins Bett zu gehen, denn der Wecker klingelt um 2.45 Uhr. Brrrr ... Aus diesem Grund: gute Nacht und bis morgen!
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Schweinebäckchen |
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Bierausbeute heute |
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Da geht's runter |
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... da drüber |
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Blick von der Brücke |
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Alter Caminito |
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Weitwinkelkamera |
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War leider ... |
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... gesperrt |
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Der Caminito |
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... mit Schlucht |
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Blick auf die Landschaft |
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Königliche Brücke von hinten ... |
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... und von vorn |
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Eng war's manchmal |
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... aber sehr schön |
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