Meine Länder

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Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Samstag, 31. August 2024

Experiment Live-Blog - 10 (oder 11) Länder an einem Tag

Dieses Wochenende versuche ich einmal, (mehr oder weniger) live zu bloggen - mal gucken, ob das was wird ... Ausnahmsweise verändert sich der Blogeintrag also im Laufe des Wochenendes, ohne dass ich das explizit erwähne.

30. August, 23.41 Uhr
So, jetzt stehen wir auf der italienischen Seite des Splügenpasses, nachdem wir um genau 16.16 Uhr aufgebrochen waren. Um 16.49 Uhr waren wir - nachdem wir uns in Bonndorf (!) vor lauter gegenseitiger Verwirrung noch verfahren hatten - schließlich in die Schweiz eingereist, dann ging es über den Zürcher Autobahnring, der noch recht voll war, am Südufer des Zürichsees und später am Südufer des Walensees entlang in Richtung Chur. Von dort wurde der San Bernadino angepeilt, und weil ich vor lauter Arroganz das Navi abstellen ließ, um Akku zu sparen, war ich kurzzeitig nicht ganz sicher, ob wir überhaupt wie geplant in Splügen landen würden. Kurz vor der Zeit, zu der ich geparkt und das Navi wieder angeworfen hätte, erschien aber Splügen auf den Wegweisern - puh ...

In Splügen fuhren wir ab und den inzwischen fast bekannten Weg zum Splügenpass hinauf. Heute war viel los, ständig hatte ich jemanden vor oder hinter mir, aber irgendwann hatte ich mich eingegroovt, sodass wir problemlos zum Pass selbst kamen. Dort wurde der Grenzstein noch im Hellen fotografiert, danach ging es zehn Kehren oder so herunter nach Montespluga. Der Versuch einer Tischreservierung war fehlgeschlagen, aber im dritten von drei Restaurants bekamen wir noch etwas zu essen, und das war gar nicht schlecht. Meine Ma aß eine Forelle zu ihrem Bier, ich hatte Hirschgulasch zu meinem Chinotto, denn ich musste ja noch fahren.

Wir tranken noch je einen Espresso, danach ging es gegen 21.30 Uhr wieder die paar Kehren hinauf zum Splügenpass, wo wir die Neuverfilmung von "Susi und Strolch" anschauten. Jetzt haben wir noch ein bisschen Sternbilder geguckt (hier oben ist keine Lichtverschmutzung, wenn ich nicht gerade meinen Laptop aufgeklappt habe und Blog schreibe), und in kaum zwanzig Minuten werde ich den Kalendertag 31. August 2024 - wie einst den 14. Mai 2022 - am Grenzstein einläuten ...

31. August, 4.44 Uhr
Der Zug hat soeben die Türen geöffnet - um 4.47 Uhr soll es losgehen. Ich Held hatte mir die Abfahrtszeit falsch eingeprägt (4.52 Uhr oder gar 4.57 Uhr), aber zum Glück waren wir recht früh in Bonndorf und dann auch zügig in Neustadt, nachdem ich geduscht hatte.

Um genau 0 Uhr stand ich am italienisch-schweizerischen Grenzstein und begann den Tag der Tage mit einem Fuß in Italien (Land Nr. 1 heute) und einem in der Schweiz (Land Nr. 2 heute). Danach ging es, hopp, hopp, zurück ans Auto (in Italien), und um 0.01 Uhr überquerten wir die Grenze in die Schweiz. Auf angemessen ruhigen Straßen ging es über Chur nach Bendern in Liechtenstein (Einreise um 1.16 Uhr in Land Nr. 3 des heutigen Tages). Dort verfuhren wir uns beim Versuch, eine angeblich gesperrte Straße zu umfahren, aber zum Glück nur ganz leicht, und um 1.29 Uhr waren wir in Österreich (Land Nr. 4 heute) gelandet.

Wie üblich, höhö, fuhren wir in Nofels durchs Wohngebiet und dann wieder in die Schweiz, in der wir um 1.35 Uhr ankamen (den Fuß hatte bis dahin aber in allen fünf Ländern auf dem Boden gehabt, am italienisch-schweizerischen Grenzstein sowie an der liechtensteinisch-österreichischen Grenzplakette). Jetzt ging es über die ziemlich leere Autobahn mit konstant 120 km/h nach Schaffhausen und um 3.08 Uhr in Stühlingen über die Grenze nach Deutschland (Land Nr. 5 heute).

Um 3.22 Uhr waren wir daheim, ich ging duschen, putzte die Zähne und wechselte die Klamotten - und um 3.57 Uhr ging es in Richtung Neustadt. Dort stand ich um 4.32 Uhr am Bahnsteig, die Putzleute waren noch unterwegs, aber dann ging es pünktlich los - wäre beim ersten Zug des Tages auch ein bisschen peinlich gewesen ...

31. August, 6.17 Uhr
Ich will es ja nicht beschreien, aber im Moment sieht es so aus, als ob mein ICE pünktlich oder minimal verspätet in Karlsruhe ankommen sollte, sodass ich den Anschluss nach Kaiserslautern erreichen müsste. Kann das etwa wahr sein - eine pünktliche Bahn, wenn man sie gerade braucht? Würde das womöglich auch für die zweite Bahn-Etappe (von Aachen nach, öhm, Ostdeutschland) gelten? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Eine gute Freundin und eifrige Leserin fragte, ob ich die Tour nicht anstatt an einem Kalendertag in 24 Stunden machen könnte. Abgesehen davon, dass ich gar nicht sicher bin, dass das etwas bringen würde, wäre das eine andere Disziplin. Wieso ich bei den unabhängigen Staaten auf den Kalendertag gegangen bin und bei den Bundesländern damals vor zwei Jahren auf 24 Stunden, weiß ich gar nicht so genau (wahrscheinlich wäre es da mit dem Zug wirklich nicht an einem Kalendertag gegangen, oder es lag an der damaligen Spontaneität), vielleicht liegt es daran, dass das in meiner Länderliste einfach "schöner" aussieht, wenn alle Länder am gleichen Tag besucht worden sind ...

Apropos Disziplinen: Ich habe eine neue Disziplinenklasse erfunden - x Länder in möglichst kurzer Zeit. Den Rekord für fünf Länder habe ich heute wohl unterboten - bisher müsste er (von 2022) bei 3 Stunden, 16 Minuten gestanden haben - seit heute liegt er bei 3 Stunden, 8 Minuten und umfasst damals wie heute Italien, die Schweiz, Liechtenstein, Österreich und Deutschland. Das könnte man sicher noch optimieren, indem man von Liechtenstein aus durch Österreich direkt nach Lindau fährt, aber die Story schreiben wir an einem anderen Tag ...

31. August, 7.52 Uhr
Es könnte sein, dass ich - man halte sich fest - nach drei Zugrelationen praktisch pünktlich (!) an meinem Ziel ankomme. Wir fahren gerade in Neustadt an der Weinstraße weg, eben habe ich das Hambacher Schloss zum ersten Mal mit Verstand gesehen, in einer guten halben Stunde bin ich planmäßig in Kaiserslautern.

Madame Oberstreberin ist, ausweislich ihres Live-Standorts, natürlich schon in Kaiserslautern, ich hoffe nur, die bekommt auf dem Kurzfristparkplatz am Bahnhof keinen Strafzettel, wenn sie da so ewig steht ...

Gleich geht's lohos - mal gucken, ob ich im Auto mal kurz ein Fragment von mir gebe oder ob es erst in Aachen wieder so weit ist, aber im Moment sind wir auf Kurs, Madame, der Zug und ich ...

31. August, 12.49 Uhr
Juchhe - nach einem ziemlichen Schweinsgalopp sitze ich jetzt im (frühen) Zug, der mir die Option lässt, Polen und Tschechien zu besuchen ... Ich müsste zwar vier- oder fünfmal umsteigen, aber dann hätte ich wenigstens den Rekord auf elf geschraubt - und in Hannover komme ich ohnehin erst am Sonntag Vormittag an, egal, was ich fabriziere ... Entschieden ist noch nichts, aber die Option besteht - ich bin selbst gespannt, wie das ausgeht ...

Ich war vorfristig in Kaiserslautern - zum zweiten Mal in wenigen Tagen, unglaublich! Ich traf meine liebenswerte Chauffeurin auf Anhieb, und danach wir das Kofferraumschloss besiegt und getankt hatten, ging es auf große Tour.

Irgendjemand (womöglich eine bestimmte Frau Mutt..., äh, eine unbekannte Person) hatte in ihrer unnachahmlichen Art während des Fallenlassens des Handys heute Morgen die Funktion eingestellt, die Autobahnen vermeiden sollte. Nachdem ich das gemerkt und behoben hatte, passte die angezeigte Fahrtzeit bis Frankreich dann auch.

Um 9.36 Uhr überfuhren wir auf hoher Brücke die Mosel, waren kurz im deutsch-luxemburgischen Kondominium, aber dann auf eindeutig luxemburgischem Gebiet - Land Nr. 6 am heutigen Tag war erreicht.

Wenige Minuten später fuhren wir von der Autobahn, bogen nach Frankreich ab, drehten vor der (französischen) Kirche und parkten kurz in Frankreich, um den Grenzstein zu beglotzen. Nach getaner Arbeit - Aufenthalt in Frankreich, Land Nr. 7, von 9.46 Uhr bis 9.49 Uhr, ging es zurück auf die luxemburgische Autobahn. Wir fuhren - Google sei Dank - ein bisschen Zickzack, kamen aber um 10.13 Uhr in Belgien an. Land Nr. 8 heute war damit auch gebongt.

Zeitweise war die belgische Autobahn gähnend leer, aber kurz vor dem Zwischenziel Niederlande verschworen sich alle Belgier gegen uns: Gefühlt alle Autobahnen wurden einspurig mit entsprechender Staubildung und die Landstraße in Richtung Vaals war auch gesperrt.

Also fuhren wir durch das sehr schöne Städtchen Theux durch und erwischten auf Schleichwegen wieder den Anschluss an unser Ziel.

Nina verpasste die belgisch-niederländische Grenze, sodass wir schon in den Niederlanden drehen mussten und kurz einen Feldweg okkupierten. Ich machte ein Foto vom Grenzstein, dann ging es - nach abermaligem Drehen aufgrund Drehwurms - endgültig in die Niederlande hinein (12.27 Uhr).

Mit dem Land Nr. 9 ist der Rekord von 2022 schon einmal eingestellt - juchhe!

Um 12.34 Uhr waren wir in Aachen und mithin in Deutschland - um 12.44 Uhr warf Nina mich am Hauptbahnhof raus und machte sich auf die Heimfahrt nach Wiesbaden. Vielen, vielen, vielen Dank für die wunderbare Fahrt, liebe Nina! Am Ende wurde es aufgrund der Sperrung ein wenig hektisch, aber das hat angesichts der Umstände perfekt geklappt!

Jetzt im Moment ist der Plan der folgende: Umsteigen in Köln Hbf, Frankfurt (Main) Hbf, Dresden Hbf und Görlitz, Heraushüpfen aus dem Zug in Krzewina Zgorzelecka (Polen) um 22.37 Uhr, Ankunft in Zittau um 22.55 Uhr und dann entweder Taxi oder Wandersprint nach Tschechien, um definitiv vor Mitternacht in Tschechien zu landen ...

Mal gucken, wann der Mann mit dem Hammer kommt, im Moment fühle ich mich ziemlich fit, aber das wird sich voraussichtlich noch ändern. Und außerdem muss alles passen - im Moment habe ich aufgrund Verspätung in Frankfurt neun Minuten zum Umsteigen, das würde noch fast sicher reichen, aber das Verspätungsmanagement der Deutschen Bahn erweist sich ja regelmäßig als hochagil ...

Ich werde berichten - und irgendwann auch mal Fotos einbauen ...

31. August, 15.35 Uhr
Den ursprünglichen Anschluss in Frankfurt (Main) habe ich natürlich nicht geschafft, weil wir zur schon bestehenden Verspätung noch eifrig zusätzliche aufgebaut haben - und zu allem Überfluss der Anschlusszug in Frankfurt eingesetzt wurde, also pünktlich losfuhr.

Ich habe jetzt aber einen um mehr als eine Stunde verspäteten ICE erwischt, bei dem ich in Leipzig und Cottbus nach Zittau umsteigen könnte. Allerdings hätte ich in Cottbus nur acht Minuten zum Umsteigen - und ich muss eine Entscheidung hinsichtlich des Umsteigens ja schon in Leipzig treffen (wo ich mehr als genug Zeit zum Umsteigen habe) ... (Denn von Cottbus käme ich dann heute nicht mehr nach Frankfurt/Oder - Mist isses!)

Naja, notfalls nehme ich den letzten Zug von Cottbus nach Görlitz und wandere vom dortigen Bahnhof nach Polen hinüber ... Das wäre dann die zeitlich knappste Variante und ergäbe auch nur zehn Länder, aber wenigstens würde ich nicht wie der Esel enden, der sich nicht zwischen den beiden gleich schönen Heuhaufen entscheiden kann und am Ende verhungert.

Im Moment tendiere ich also dazu, in Leipzig umzusteigen und in Cottbus zu hoffen, den Anschluss zu erwischen - dann hätte ich noch eine reelle Chance auf die elf Länder, aber es müsste dann schon mit dem Teufel zugehen, wenn ich nicht zumindest die Zehn-Länder-Marke erwischen würde. Aber der Teufel fährt bekanntlich mit der Deutschen Bahn - noch habe ich drei Stunden Zeit zum Abwägen (oder zum Schlafen ...).

31. August, 19.08 Uhr
So, jetzt gehe ich ins Risiko - ich sitze im Regionalexpress nach Cottbus und hoffe, dass der pünktlich abfährt und - vor allem - pünktlich ankommt, damit ich meinen Anschluss nach Zittau erwische. In dem Falle würde ich unterwegs in Krzewina Zgorzelecka in Polen kurz aus- und wieder einsteigen und idealerweise in Zittau dann in die Bahn nach Ebersbach/Sachsen einsteigen.

In Ebersbach - so der Plan - ginge es dann nach Tschechien. Nach einer kurzen Jubelfeier würde dann eine kleine Wanderung durch Tschechien nach Neugersdorf folgen, weil es in der Nähe des dortigen Bahnhofs gleich zwei Spreequellen gibt. Irgendwie so würde ich die gut fünf Stunden verbringen, bis um 5.18 Uhr dann die erste Bahn führe, die mich dann mit Umsteigen in - ich glaube, Dresden und Berlin - zurück nach Hannover bringen würde.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, und jetzt sollten wir so langsam losfahren. Klappt das? Na gut, etwas weniger als 30 Sekunden lasse ich gelten. Ándale!

31. August, 20.46 Uhr
Hochspannung, meine Damen und Herren, Hochspannung! Der Anschluss in Cottbus wird eng - die Hoffnung stirbt, wie man weiß, zuletzt, und noch bin ich zuversichtlich - Daumen drücken!

31. August, 21.07 Uhr
Polsko, nadchodzę - das heißt, auf Polnisch, "Polen, ich komme" ... Ich sitze im Zug nach Zittau, der Regionalexpress hat zwischen Finsterwalde und Cottbus noch ein paar Minuten aufgeholt, sodass der Anschluss dann doch recht unproblematisch zu erreichen war.

Zwischendurch war aus heiterem Himmel eine zehnminütige Verspätung angezeigt gewesen, die hatte sich dann genauso schnell wieder in Luft aufgelöst, aber die Zugteilung klappte nicht ganz so wie gewünscht, sodass ich zeitweise nur eine Minute zum Umsteigen gehabt hätte ...

Jetzt ist aber alles gut - wir halten jetzt an jeder Milchkanne und dann in Görlitz, und danach geht es über die Neiße nach Polen.

Ich will ja jedes Land zumindest mal betreten, also werde ich in Polen in bekannter Manier aus dem Zug hüpfen und schnell wieder reinhüpfen (und dieses Mal hoffentlich nicht dabei stolpern!).

Ich fühle mich mindestens angetrunken, dabei bin ich stocknüchtern, ich habe nicht einmal ein Feierbier eingekauft, wenn es tatsächlich mit den elf Ländern klappt, aber irgendwo wird mir bei der geplanten Wanderung vielleicht eine geöffnete Tankstelle begegnen ...

31. August, 23.01 Uhr
Alles, was jetzt kommt, ist Kür!

Um 22.35 Uhr war der Zug auf polnischem Territorium, um 22.38 Uhr hatte ich meine Gräten auf polnischem Boden (und eine Sekunde später wieder im Zug, fettes Grinsen, einerseits vor Glück, andererseits vor lauter Peinlichkeit ob dieser besonders verrückten Aktion) - Land Nr. 10 und damit die neue persönliche Bestleistung ist gefallen, und ich habe noch 59 Minuten!

Ich sitze jetzt im (leicht) verspäteten Zug in Richtung Dresden-Neustadt, werde aber in Ebersbach/Sachsen aussteigen und etwa zehn Minuten bis zur tschechischen Grenze gehen - und dann, liebe Leserinnen und Leser, werde ich bei ungefähr zwanzig verbleibenden Minuten an diesem wunderbaren Tag elf verschiedene Staaten an einem einzigen Kalendertag besucht haben!

31. August, 23.43 Uhr
Es ist vollbracht!

Vor sieben Minuten habe ich die deutsch-tschechische Grenze überquert, nachdem ich in Ebersbach ausgestiegen und die paar Schritte zur Grenze gelaufen war, unter dem Gebell eines Hundes, der mich schon im Juli, als ich zuletzt hier in Ebersbach war, angebellt hatte ...

Elf Länder - Italien, die Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Deutschland, Luxemburg, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Polen und Tschechien - an einem einzigen Kalendertag - halten Sie mich für verrückt, halten Sie mich für übergeschnappt, aber das hat mir heute richtig, richtig, richtig Spaß gemacht ...

Die Fahrt mit meiner Ma hoch über den Splügenpass, das leckere Abendessen, die unglaublicherweise praktisch komplett pünktliche Zugfahrt nach Kaiserslautern, die Stunden mit Nina im Auto, die an längst vergangene Tage im Sherry erinnert haben, das war wunderbar! Die weniger pünktlichen und deutlich nervenaufreibenderen Zugfahrten der vierten Etappe heute Nachmittag, die sind jetzt vergessen, denn ich habe mein Ziel erreicht - alles ist gut, alles ist bestens.

Halleluja!

Jetzt erhole ich mich erstmal hier auf einem Bänkchen in Ebersbach und dann spaziere ich ein bisschen in Richtung der Spreequellen, damit ich morgen früh dann ganz gemütlich um 5.18 Uhr (oder so) die Bahn nach Dresden nehmen kann ...

Donnerstag, 29. August 2024

33 Minuten zu früh

... war ich am vergangenen Samstagabend am Stuttgarter Hauptbahnhof, der Schaffner der Deutschen Bahn war selbst völlig ungläubig.

Die Anreise nach Hannover am Vorabend (Freitag) war einigermaßen glimpflich verlaufen, auch wenn ich meine Ma bitten musste, mich nach Rottweil zu bringen, weil die Baustelle zwischen Rastatt und Baden-Baden für mindestens eineinhalb Stunden Verzögerung gesorgt hätte. In Stuttgart hatte ich dadurch ewig Zeit zum Umsteigen, die ich nutzte, um in einem Biergarten im Schlossgarten ein Bier zu trinken.

Das Pfandsystem dort ist katastrophal - normalerweise kannst du, wenn du ein zweites Bier bestellst, das Glas an der Ausgabestelle abgeben. Das ging dort nicht, sondern ich musste gefühlt 150 Meter laufen, um das Ding abzugeben. Danach musste ich mich neu anstellen, wurde wieder weggeschickt und machte dann meinen Unmut mehr als deutlich - so ein Saftladen, unfassbar.

Nun denn, ich fuhr dann von Stuttgart nach Hannover durch und war nach Mitternacht in meiner Bude. Das Aufstehen am nächsten Morgen war entsprechend schwierig, aber ich erwischte die Stadtbahn und auch den ICE, auch wenn ich mich besser in den leereren Zugteil gesetzt hätte, weil ich mich sowieso entschied, schon in Hamm in die Regionalbahn umzusteigen. Das war eine meiner klügeren Ideen, denn so hatte ich in der Bahn, die auf Düsseldorf und dann auch noch einmal auf Venlo zu voller wurde, immer meinen wunderbaren Sitzplatz ...

In Venlo kam ich pünktlich an, traf meinen Kumpel aus Budapester Zeiten, wir landeten wieder im De Klep, tranken lecker Bierchen, und um 17 Uhr ging ich zur Bahn, um über Düsseldorf in Richtung Schwarzwald zu fahren. Ich nahm einen früheren Zug, der eine Minute früher als mein ursprünglich angepeilter Zug in Stuttgart hätte ankommen sollen, zwischendurch sah das eher weniger gut aus, aber am Ende kamen wir wohl deutlich schneller als gedacht durch eine Baustelle und waren also viel zu früh in Stuttgart.

Die Anschlüsse nach Rottweil und Villingen klappten auch, und so war ich um halb eins im Auto meiner Ma und um halb zwei im Bett, sodass ich am Sonntag ganz gemütlich ausschlafen konnte.

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Am 15. August, ja, ich weiß, ist schon ein bisschen her, war ich in Hamburg zum Fischbrötchenessen und kam da mit einem französischen Pärchen ins, naja, "Gespräch" ist zu viel gesagt, weil deren Deutsch nicht wesentlich besser als mein Französisch war, aber fast hätte ich den beiden ein Bier spendiert (ja, jeweils eins!), als Dankeschön für die wunderbare Stimmung bei den Olympischen Spielen in Paris ... Die beiden waren aber im Aufbruch, sodass ich mich dann auch schnell zum Aufbruch entschied und noch den früheren Zug nach Hannover erwischte - war eine kurze Stippvisite in Hamburg ...

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Am Montag der vergangenen Woche war ich mit meiner Ma noch kurz am Wiizemersteg, weil a) ich der Deutschen Bahn nicht traute, dass ich wirklich am Samstag in die Niederlande käme und b) sie zum Penny wollte. Das machten wir, und so hatte ich auf alle Fälle genug Puffer, um die Zwei-Wochen-Serie in jedem Fall am Laufen zu halten, selbst wenn ich die Reise in die Niederlande wieder hätte abbrechen müssen ...

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So, und morgen geht es dann am frühen Abend in Richtung Splügenpass. Ich wollte in Montespluga einen Tisch reservieren, das scheint nicht geklappt zu haben, gucken wir mal, ob wir da irgendwo etwas zu essen bekommen ...

Um Mitternacht jedenfalls es über die italienisch-schweizerische Grenze, dann durch die Schweiz mit kurzem Abstecher nach Liechtenstein und Österreich in den Schwarzwald gehen. Wenn ich genug Zeit habe, dusche ich noch, bevor ich mit dem Zug nach Kaiserslautern aufbreche.

Dort sammelt mich eine Ex-Kollegin ein, die ihre erste große Ausfahrt mit ihrem neuen Autochen nach Luxemburg, Frankreich, Belgien und die Niederlande macht, bevor sie mich in Aachen aus dem Auto wirft.

Je nach Zeit und Lust und Laune entscheide ich mich, ob ich direkt nach Berlin und von da nach Frankfurt/Oder fahre, um in Słubice mit Polen als zehntem Land an dem Kalendertag einen neuen Rekord einzustellen - oder ob ich gleich versuche, elf Länder zu besuchen, aber das würde zugtechnisch eng werden, und außerdem müsste ich dann in Zittau oder Ebersbach fünf bis sechs Stunden herumbringen - da weiß ich nicht, ob ich das dann noch will ...

Ich werde jedenfalls berichten, auch hier im Blog, spätestens, wenn ich dann am Sonntag wieder in Hannover eingetrudelt bin, denn dort verbringe ich die nächste Woche, ehe es zum Fußball in Düsseldorf geht und danach wieder in den Schwarzwald.

Mittwoch, 14. August 2024

Angefixt vom Handball

... bin ich offenbar ein bisschen, denn ich habe gestern eine Karte für die zweite Handball-WM in Folge gebucht. Die WM der Männer findet 2025 in Norwegen, Dänemark und Kroatien statt, und da praktischerweise schon ausgelost ist, wer wo spielt, muss ich nur nach Dänemark fahren, um (hoffentlich) ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft zu sehen.

Der Spielplan ist - das Turnier ist in der zweiten Januarhälfte - ein wenig unpraktisch für mich, weil ich da noch besonders intensiv arbeiten muss und nicht einfach mal so einen Tag freinehmen kann. Ich riskiere daher jetzt ein bisschen was, um am einzigen Samstag, an dem ein Deutschland-Spiel stattfinden müsste, zu erwischen, denn ich habe ein Hauptrundenspiel gebucht.

Nun gibt es vor der Hauptrunde eine Vorrunde, aber aus der kommen drei von vier Mannschaften weiter, und ich bin einigermaßen zuversichtlich, dass die Silbermedaillengewinner von Olympia nicht gegen Tschechien, Polen und die Schweiz verlieren. Die drei Mannschaften aus der Gruppe A landen dann - zusammen mit den drei besten Teams der dänischen Gruppe - in der Hauptrundengruppe I, und die spielt am 25. Januar ihren letzten Spieltag aus, bevor es dann in die K.o.-Runde geht.

Die Chance besteht also, dass es an dem Tag noch um etwas geht, und das ist ja dann doch immer recht spannend ...

Am Freitag Abend fahre ich von Hannover nach Flensburg, dann ist schon einmal ungefähr der halbe Weg geschafft, dort übernachte ich und fahre dann am Samstagmorgen - voraussichtlich mit dem Zug - nach Herning. Eine Unterkunft dort habe ich auch schon gebucht, mit einer sehr freundlichen (und wahnsinnig schnell auf meine Anfrage antwortenden) Vermieterin. Vom Bahnhof zur Unterkunft und von der Unterkunft zur Halle kann ich zu Fuß laufen (und das am Tag, jedenfalls hin!), das hört sich auch gut an.

Noch nicht ganz sicher bin ich, dass es sich um Tageskarten handelt, aber es kann eigentlich gar nicht anders sein (sonst hätte das besser beschrieben sein müssen), und die Tatsache, dass ich den letzten freien Sitzplatz (!) bekommen habe, spricht auch eher dafür, dass Dänemark an dem Tag spielt - für knapp 110 Euro würde ich dann drei Spiele sehen, das finde ich - gerade nach den 243 Euro für ein Olympia-Halbfinale - dann fast angenehm ...

Ob ich dann am 26. Januar, dem Sonntag, in den Schwarzwald durchstarte, entscheide ich möglicherweise sogar spontan, da gucken wir mal, und zwar auch abhängig davon, wie das Wetter ist, weil ich doch erst nachts im Schwarzwald ankäme.

Nach der WM 2023 in Kattowitz (Vorrunde) wird das also meine zweite WM in Folge und überhaupt, da freue ich mich jetzt schon drauf, zumal das die erste fest gebuchte Auslandsreise für 2025 ist. Ist ja schließlich schon August, da wird es so langsam Zeit ...

Samstag, 10. August 2024

Ein Wolff und (womöglich) ein Wildschwein

... sind mir in den letzten 24 Stunden begegnet, und bei Andreas (Andy) Wolff ist das zweite "f" kein Tippfehler, sondern der Hexer heißt halt so. Das Wildschwein, das mich angegrunzt hat (jedenfalls klang es so), begegnete mir bei meiner Wanderung durch die belgische Nacht zwischen Welkenraedt (Welkenrath) und Kelmis, aber dazu gleich mehr ...

Die Zugfahrten auf dieser Olympia-Reise standen unter keinem guten Stern; es hätte alles so einfach sein können, bis Mannheim war es das auch (abgesehen davon, dass ich das Hockey-Finale aufgrund des absolut beschissenen WLANs der Deutschen Bahn und der absolut beschissenen Netzqualität in Deutschland nur mit einem Stream schauen konnte, der nach drei Sekunden für dreißig Sekunden oder mehr neu bufferte), ach, was sag ich, bis kurz vor Bonn klappte alles recht gut. Ja, der Zug hatte schon ein bisschen Verspätung aufgeladen, aber das ist ja Standard für die Bahn.

Kurz vor Bonn verbesserte (?!) die Bahn aber erneut ihren haushohen Rekord im Vogelabschießen. Erst sagte die Zugchefin, die sich wahnsinnig lustig vorkam, durch, dass die Baustelle am Bonner Hauptbahnhof "überraschend" gekommen sei und man daher in Bonn-Beuel halten würde. Soweit, so schlecht, aber machbar ... Das viel größere Problem war, dass wir kurz vor der nordrhein-westfälischen Grenze stehenbleiben mussten, weil der sog. Fahrplan fehlte, also die Genehmigung für den Zug, über Bonn-Beuel anstatt über den Hauptbahnhof zu fahren. Wir standen geschlagene eineinhalb Stunden auf dem Fleck, bis dieses bekloppte Dokument vorlag und wird weiterfahren konnten. Unfassbar, selbst für einen leidgeprüften Bahnfahrer, unfassbar ... Am Ende kam ich statt gegen Mitternacht um 2.30 Uhr in Duisburg an. Die Kappe Schlaf, die ich mir holen wollte, würde kleiner ausfallen, ich dachte noch, dass ich da ja fast nach Hannover hätte fahren können, da hätte ich nicht viel weniger geschlafen. Nun denn, ich checkte einigermaßen zügig beim Nachtportier ein, verrichtete die notwendigsten Dinge im Bad und versuchte dann weniger erfolgreich, schnell einzuschlafen.

Der Wecker rappelte um 7 Uhr, ich kam von ganz weit her, war aber wach, ging mich in der sehr akzeptablen Dusche in einem sehr akzeptablen Zimmer frischmachen und checkte aus, nicht ohne den Großteil meines Gepäcks im Hotel abzugeben, nachdem ich ausdrücklich gesagt hatte, dass ich die Sachen erst heute Morgen abholen würde. Das war alles kein Problem, also machte ich mich auf nach Köln, um dort meinen ICE International nach Brüssel zu erwischen.

Das klappte pünktlich (!), war aber kein großes Wunder, denn mein Beförderer hieß nicht Deutsche Bahn, sondern National Express, großes Lob!

Es stellte sich heraus, dass ich alles richtig gemacht hatte, denn mein Zug, den ich in Hannover nehmen wollte (und der innerhalb von drei Stunden einzige) hatte dermaßen Verspätung, dass ich meinen Anschluss in Köln verpasst hätte. So wanderte ich gemütlich von meinem National Express zum ICE, bestieg denselben - und wir fuhren pünktlich ab!!!

Ich wollte der Bahn schon fast zu dieser Meisterleistung gratulieren, als wir geschätzt 300 Meter hinter dem Kölner Hauptbahnhof erstmal zehn Minuten standen - die Verspätung wurde bis Brüssel noch ausgebaut, Bahn eben ...

Der Zug war nicht so gerammelt voll, sodass ich nach zweimaligem Umziehen wieder auf meinem Platz, aber diesmal ohne Nebenfrau, zum Sitzen kam. Die Fahrt war ganz entspannt, und in Brüssel fand ich das TGV-Gleis problemlos. Dort ging die Chose aber los, denn die falschen Wagenstandsanzeigen hat die Deutsche Bahn durchaus nicht exklusiv. Der TGV fuhr in umgekehrter Wagenreihenfolge, was zu ziemlichem Kuddelmuddel am Bahnsteig führte.

Am Ende hatte ich meinen Sitz, gab den bis Lille nicht wieder her, in Lille stieg der halbe Zug aus (mindestens), und ich entschied mich, vom Bahnhof Lille Europe zum Bahnhof Lille Flanders zu wandern. Von dort fuhr ich mit der Metro (ich hatte eine Chipkarte mit zwei Fahrkarten erworben) in Richtung Stadion.

Den fünfzehnminütigen Fußweg überstand ich gut, es gab Essen und Trinken und Straßenkünstler und Fanbemalungen, und direkt am Stadion gab es eine ganze Fress- und Saufgass mit ganz unterschiedlichem Bier- und Snackangebot. Ja, das Bier kostete 8 Euro (der halbe Liter), aber es gab nicht nur laffes französisches "Pils", sondern auch durchaus etliche Craft Beers, mein zweites Bier war ein Kirschbier, das sehr lecker, aber mit 7,5 % auch sehr alkoholhaltig war, sodass ich nach dem Genuss (wirklich!) einer riesigen (wirklich!) und leckeren (!) Portion Pommes für gerade einmal fünf Euro dann in Richtung Stadion ging.

An der Sicherheitskontrolle wurde mir mein Deo abgenommen, weil ja alle Woche mindestens zwei Vorfälle in den Medien sind, dass böse Attentäter mit Deo und Feuerzeug ganze Stadionblocks abfackeln. Die Franzosen waren bisher so entspannt bei Olympia, das war jetzt sehr schade, dass dieser sehr positive Eindruck ein bisschen geschmälert wurde - und für meine Reisegenossen versprach das auch unangenehm zu werden (Spoiler: Ich kaufte mir dann nach dem Spiel in Lille noch ein Deo, alles bestens ...).

Ein bisschen geladen ging ich ins Stadion (das ist ja wirklich das Fußballstadion in Lille, sodass ich nicht von "Halle" schreiben will), aber als ich meinen Platz sah, war ich fast noch angespannter: Ich saß dem Zeitnehmer fast auf dem Schoß und direkt hinter dem Technischen Kommissar (oder wie der heißt, der stand mir bei manchem Anwurf in der Sicht) - ein grandioser Platz, ein Sprung, und ich wäre auf der Platte gewesen (und dann von den Ordner umgetacklet worden ...), obwohl ich mit einem Platz etwas höher gerechnet hatte ...

Vor dem Spiel kam der offizielle Zeugwart und jemand fragte ihn, ob er ein Foto mit dem Spielball machen dürfte. Durfte er, und die Gelegenheit ließ selbst ich mir nicht entgehen - da gibt es nun also Bildmaterial eines Honigkuchenpferdes mit offiziellem Halbfinal-Ball - juchhe!

Als die deutschen Spieler ins Stadion kamen, wurden sie erst einmal ausgepfiffen (wegen des deutschen Sieges gegen Frankreich im Viertelfinale), und ich dachte, das könne ja heiter werden (ich fand das aber auch total geil, und die Spieler vermutlich auch, mit der Aussicht, gegen die ganze Halle zu spielen). Am Ende waren die Franzosen aber vor allem an einem guten Spiel interessiert, und das lieferten die beiden Mannschaften.

Ich saß in einem kleinen deutschen Block, zwischen einem Franzosen mit Gesamtgesichtsbemalung in deutschen Farben (sein Vater war entsprechend Spanien zugetan) und einem Deutschen, der die letzten zwei Wochen in Paris verbracht und sich angeguckt hat, was ging ...

Ja, Freunde, es war grandios, es wurde geklatscht, es wurde gejubelt, es wurde gepfiffen und gebuht (ich buhte gerade einen spanischen Angriff aus, als sich eine Französin schräg vor mich umdrehte, mich angrinste, ich grinste zurück, und danach guckten wir uns immer wieder mal belustigt an ...) - und beim dem Wembley-Tor in Lille wurde meinerseits dem Schiedsrichterpaar vor uns (keine fünf Meter entfernt) mit fester Stimme zugerufen, dass das ein "obvious goal", ein offensichtliches Tor war. Konnte ich natürlich überhaupt nicht sehen, aber versuchen kann man es ja mal ... (Und "Je ne regrette rien" wurde natürlich auch wieder gesungen - nach dem zwei Bier sang ich sogar die französischen Untertitel mit - ich glaube, zur Belustigung der Franzosen um mich herum ...) 

Leute, so'n Handballspiel, gerade eines, das knapp ist und in dem es um was geht, das ist nix für mich alten Mann. Ich war nach dem Sieg, der irgendwie ein bisschen antiklimaktisch kam (es wurde nicht einmal "Finale, oho" angestimmt, weil es zunächst zu knapp war und danach alle fertig waren ...), weil die Spanier den Ball nicht ins Spiel kriegten in den letzten Sekunden, völlig ausgelaugt - Andreas Wolff wurde natürlich lautstark bejubelt (mehrere Kollegen schrieben mir "Jawolff" ...), und dann wurden wir relativ zügig aus der Halle gekehrt, klar, das zweite Halbfinale stand an ... 

Völlig erschöpft lief ich zurück zur U-Bahn-Station, meine zweite Fahrt wurde aus unerfindlichen Gründen nicht erkannt, aber da das Englisch des Kontrolleurs nicht so gut war, sagte er zügig, "c'est bon", und ich durfte durch - keine Ahnung, was da los war, denn ich hatte tatsächlich zwei Karten gekauft und war nur einmal durch die Kontrolle durchgelaufen ...

Es ging zurück nach Lille Flandres, von dort lief ich wieder zum Bahnhof Lille Europe, kaufte noch Cola und Deo ein und setzte mich dann in den Wartebereich (mit Strom, denn das war gestern meine Hauptsorge, dass mir irgendwann der Strom ausgeht für mein Handy, auf dem alle Fahrkarten draufwaren).

Der Zug aus Straßburg kam pünktlich, wir stiegen alle ein (Wagenstandsanzeige wieder Mist), aber dann ging eine geschlagene Stunde ... nix voran. Auf Französisch wurde ein Grund erläutert (wahrscheinlich fehlte auch hier der Fahrplan ...), aber das verstand ich nicht wirklich, und mit einer Dreiviertelstunde Verspätung fuhr der TGV los.

Mein Umstieg in Brüssel würde jetzt seeehr knapp werden, also rannte ich denen nach Amsterdam hinterher, spurtete die Rolltreppe hoch ... und sah meinen Zug nach Lüttich noch abfahren - der hatte nämlich nicht gewartet, im Gegensatz zum (früheren) Zug nach Amsterdam. So ein Mist!

Das Problem war nicht, nach Lüttich zu kommen, das Problem war, von dort nach Herzogenrath in Deutschland zu kommen, um von da über Duisburg in Richtung Hannover aufzubrechen.

Der Typ von der belgischen Eisenbahngesellschaft war maximal unhilfreich, meinte, dass die Verspätung des TGV nicht ihr Problem sein (war es natürlich doch, weil ich die Fahrkarte durchgehend bei der SNCB gebucht hatte) und dass ich mich an die Kollegen in Lüttich wenden solle, wenn ich dort mit dem Zug eine Stunde später ankäme.

Ich fluchte hörbar, weil ich schon - richtig - vermutete, dass ich in Lüttich niemanden mehr antreffen würde, aber ich überlegte mir auf der Fahrt (natürlich kommt genau dann kein Schaffner, wenn man einen braucht) einen Plan A und dann einen Plan B: Plan A war, bis Welkenraedt, der Endstation des Zuges nach Lüttich, durchzufahren und dann ein Taxi nach Aachen zu nehmen. Plan B war so ähnlich, nur fiel mir ein, dass es im Aachener Verkehrsverbund ja Nachtbusse nach Kelmis, keine zehn Kilometer von Welkenraedt entfernt, gab, die ich mit dem Deutschlandticket bzw. der Bahncard 100 nutzen konnte.

In Lüttich kaufte ich mir noch ein Ticket bis nach Welkenraedt (normalerweise wäre ich von Lüttich über Maastricht nach Herzogenrath gefahren, andere Strecke also) und versuchte dann, dort ein Taxi zu kriegen. Das erste Unternehmen ging ran und legte gleich wieder auf, das zweite hatte eine Tonbandansage, ich versuchte Geld abzuheben, aber die Geldautomaten sind in nachts verschlossenen Vorräumen (völlig beknackt, aber wahrscheinlich haben die niederländischen Geldautomatensprenger in Belgien auch ihr Unwesen betrieben), der erste Taxifahrer, der nochmal dran ging, wollte Bargeld und 20 Euro würden nicht reichen, aber ich vermute, dass er auch dann eine Ausrede gefunden hätte, wenn ich 50 Euro dabeigehabt hätte ...

Nun stand ich da in Welkenraedt, sieben Kilometer von der rettenden Nachtbushaltestelle entfernt - den Nachtbus um 2.03 Uhr würde ich nicht kriegen, aber wenn ich zügig wandern würde, bekäme ich den um 3.03 Uhr womöglich noch. Also, auf, auf, Kameraden, ich lief des Nachts durch (kleine) Wälder und an Feldern vorbei, Taschenlampe am Handy im Anschlag, Google Maps auf dem anderen Handy (das Datennetz in Belgien ist übrigens noch beschissener als in Deutschland, furchtbar - und sorry für das sehr deutliche Deutsch heute ...). Unterwegs grunzte und quietschte es im Busch, ich habe eben mit meiner Ma eruiert, dass das eine Bache (eine Wildsau, Biologie 1, weißte Bescheid!) mit Frischlingen gewesen sein könnte, da hatte ich womöglich Glück, dass das Vieh nicht auf mich losging - ich nahm Reißaus und lief noch ein bisschen schneller. Ich rechnete hoch, meinte, es müsse reichen, und als ich um zwölf vor drei auf die Hauptstraße einbog, wurde ich sicherer, dass ich den Bus erwische. Tatsächlich stand ich fast zehn Minuten vor Abfahrt an der Bushaltestelle, der Bus kam pünktlich, wir überfuhren die belgisch-deutsche Grenze und ich sah, dass es, wenn ich am Alten Posthof ausstiege und sehr zügig zum Hauptbahnhof laufen würde, vielleicht noch die S-Bahn erwische würde, mit deren Hilfe ich insgesamt eine knappe Stunde früher in Hannover sein würde.

Es war ein wahrer Hindernisparcours, eine steile Treppe hoch, aber ich war eine Minute vor Abfahrt der S-Bahn (geschwitzt hatte ich auf der Wanderung schon, da war das zusätzliche Schwitzen vom schnellen Aachener Stadtlauf auch wurscht) und glücklich. Ein ziemlich zerstörter Betrunkener, der sein Handy verloren hatte, wurde von den Ticketkontrolleuren aufgeschrieben, direkt mir gegenüber, ich stieg in Köln-Deutz um (unglaublich, was da um halb fünf am Samstag schon los ist!) und landete ziemlich pünktlich in Duisburg.

Beim Nachtportier, bei dem ich am frühen Freitagmorgen eingecheckt hatte, holte ich mein Gepäck ab, begab mich wieder zum Hauptbahnhof und stieg in den leeren ICE nach Berlin ein. Ich pennte unterwegs mal ein, wurde vom Schaffner zwecks Fahrkartenkontrolle geweckt, blieb dann wach, fuhr mit der Stadtbahn in meine Bude und ging nach Zähneputzen (es war so eklig) ungeduscht (auch eklig, aber wurscht) ins Bett.

Ich schlief eineinhalb Stunden, dann ging ich duschen und bin jetzt auf dem Weg nach Wiesbaden, um mich mit zwei Ex-Kolleginnen beim Weinfest zu treffen - da freue ich mich schon richtig drauf.

Das war ein chaotisches Wochenende, aber ein sportlich sehr erfolgreiches (sowohl für die deutsche Handballnationalmannschaft als auch für mich, mit acht Kilometern Speed-Wandern), es hat ganz großen Spaß gemacht in Lille, die Deutsche Bahn ist Mist, aber die anderen Eisenbahnen sind es auch, ich habe es überlebt, und heute Abend komme ich hoffentlich noch gut nach Hannover, auch wenn die vorläufige Reiseplanung schon wieder verspricht, interessant zu werden (mit Aussteigen an der Messe und Straßenbahnfahrt in die Stadt ...).

Ich freue mich sehr auf einen Gammelsonntag morgen, ich werde mir den Wecker auf 13 Uhr für das Handballfinale stellen und den Sonntag im Schlafanzug bleiben, glaube ich ... 

Fotos so durcheinander wie ich:

Zeitnehmertisch (davor potenzieller Tackle-Ordner)

Alfreð nervös

Finale, oho!

Umsteigen in Köln bei der Anreise

Hymnen

Game on

Donnerstag, 8. August 2024

Urlaub beantragt

... habe ich dann heute tatsächlich. Beim Basketball ist es bei den Frauen bekanntlich leider nichts geworden, aber dafür haben die deutschen Handball-Männer gestern in einem völlig entspannten und überhaupt nicht aufregenden Spiel den Gastgeber besiegt, und morgen ist das olympische Halbfinale.

Ich hatte meinen Chef gestern schon vorgewarnt, dass ich, wenn Handball oder Basketball gut ausgehen und falls ich noch Karten kriege, möglicherweise am Freitag Urlaub nehmen und nach Lille (bzw. Paris) reisen wollte. Gestern saß ich dann im Kranz, mit meiner Ma und ihren Stammtisch-Damen, und die IHF bequemte sich endlich, die Zuordnung der Anwurfzeiten bekanntzugeben. (Wäre ja furchtbar gewesen, wenn ich die fast 250 Euro für die Karte für das falsche Spiel ausgegeben hätte!)

Ich wurde von den Damen, sagen wir, bestärkt, dass ich das machen könne/solle/müsse (ich würde so grinsen, hieß es), also buchte ich die Eintrittskarte für Lille und nach der Heimkehr aus der Gaststätte in vollkommen nüchternem Zustand dann auch die Zugfahrkarten.

Heute Morgen musste ich den Plan dann noch einmal umwerfen, weil ich bis in den Nachmittag hinein Termine hatte. Jetzt aber sitze ich im Zug nach ... Duisburg ...

Was macht der denn jetzt schon wieder in Duisburg? Nun, die erste Antwort lautet: schlafen. Es wären nämlich zwei kurze Nächte geworden, von heute auf morgen und von morgen auf übermorgen, weil ich ursprünglich geplant hatte, heute Abend nach Hannover und morgen sehr früh in Richtung Brüssel/Lille zu fahren, um dann die Nacht auf Samstag mehr oder weniger durchzumachen.

Nun investiere ich in die Duisburger Hotelindustrie und übernachte dort. Ich hoffe, dass ich mein ganzes Gepäck in Duisburg im Hotel zurücklassen kann und es dann in der Nacht von Freitag auf Samstag abholen kann.

Zunächst aber fahre ich - nur mit Ladekabel fürs Handy, Schal, Kappe und Deo (!) - von Duisburg nach Köln, von dort nach Brüssel und schließlich von Brüssel nach Lille. Dort sollte ich um 13.51 Uhr am Bahnhof Lille Europe ankommen. Von da geht es mit der bekannten führerlosen Metro in Richtung Stadion (wie damals zur EM 2016) und danach in selbiges (vielleicht trinke ich auch unvernünftigerweise noch ein Bier in der Stadt, mal sehen ...).

Anwurf ist um 16.30 Uhr, sodass das Spiel selbst nach zwei Verlängerungen und Siebenmeterwerfen gegen 18.30 Uhr vorbei sein sollte. Das wäre praktisch, denn um 20.36 Uhr geht mein Zug von Lille Europe nach Brüssel-Süd und von dort nach Herzogenrath in Deutschland. Dort steige ich planmäßig in die Bahn nach Duisburg um und habe in Duisburg zweieinhalb Stunden Aufenthalt mitten in der Nacht (daher auch die Übernachtung heute dort, da kann ich das Gepäck sehr bequem lagern und schlage bei der Abholung morgen Nacht noch ein paar Minuten tot).

Der Plan ist es, am frühen Samstagmorgen mein Gepäck wieder im Hotel abzuholen und um 5.07 Uhr in den ICE nach Hannover einzusteigen. Dort käme ich um halb acht an, wäre um acht Uhr in meiner Bude und würde noch ein paar Stunden schlafen, bevor ich dann wieder - das ist schon seit Wochen verabredet - in den Zug nach Wiesbaden steige, um mich dort mit zwei Ex-Kolleginnen zu treffen.

Am Samstag Abend gedenke ich, sofort zurück nach Hannover zu fahren und am späten Samstagabend oder sehr frühen Sonntagmorgen in meiner Bude zu sein, um wenigstens am Sonntag ausschlafen und mich von dem Olympia-Urlaub erholen zu können ...

Während der gleichen Olympischen Spiele drei verschiedene Reisen ins Gastgeberland (nach Saint-Étienne, nach Paris und jetzt nach Lille) zu machen, ist wahrscheinlich ein bisschen (oder ziemlich? Ruhe dahinten!) bekloppt, aber ich hätte auf eine liebe Studienfreundin hören sollen, die mir von Athen 2004 vorgeschwärmt hat. Das nächste Mal, wenn Olympia in der "Nähe" stattfindet (2040 in Berlin?) nehme ich gleich zwei Wochen Urlaub und hänge da in der Gegend herum ... Aber dann bin ich ja schon ein alter Sack! (Nein, noch bin ich kein alter Sack! Sagemal!?)

Nach dem Finale der Hockey-WM 2010 wird das jetzt das höchstrangige Turnierspiel meiner Zuschauerkarriere und das zweite deutsche Männer-Handball-Pflichtspiel nach dem WM-Gruppenspiel gegen Katar Anfang 2023. Ich hoffe, dass ich den deutschen Männern mehr Glück bringe als den deutschen Frauen, aber gegen Katar klappte das damals in Kattowitz ja schon ganz gut ... 

Mein Zug heute hat natürlich eine gute Stunde Verspätung, sodass ich erst gegen 1 Uhr in Duisburg ankomme. Naja, dann muss ich halt eine Runde schneller schlafen ...

Nächster Bericht wahrscheinlich am frühen Samstag Morgen aus Duisburg oder aus dem Zug von dort nach Hannover ...

Dienstag, 6. August 2024

Beinahe Urlaub beantragt

... hätte ich heute Morgen, weil es noch vergleichsweise günstige Karten für den Halbfinale der deutschen Fußball-Frauen heute Abend in Lyon gab. Anscheinend haben die die Karten wirklich nicht losbekommen und dann für 24 Euro verscherbelt. Meine Ma streikte, einen Zug zurück hätte ich nicht mehr gut gekriegt, also ließ ich es gut sein ... Vielleicht, vielleicht, wenn es beim Basketball noch was würde, aber das gucken wir mal in Ruhe in den nächsten Tagen ...

2026 sind Olympische Winterspiele in Mailand und Cortina, kann schon sein, dass ich so angefixt bin, dass ich da auch mal wieder hin will. Und 2025 und 2026 gibt es so viele Welt- und Europameisterschaften, im Fußball, im Handball, im Basketball, im Hockey - da wird sicherlich in den nächsten zwei Jahren auch noch was laufen.

So, mit den Fotos erweist sich das irgendwie als etwas kompliziert, mal gucken, ob das was wird. Ja, wird was, aber wild durcheinander - sorry ...


La tour Eiffel

Hymnen, und so'n Maskottchen photobombt

Da kommen die Spielerinnen

Dort - gegenüber meiner Bude - trank ich ...

... ein leckeres, kaltes Bier

... nachdem ich hier angekommen war
Stimmung


Siebenmeter

Kunstinstallation bei Tag ...

... und bei Nacht

Auf dem Expo-Gelände

Sonntag, 4. August 2024

"Champs-, Champs-Élysées"

Gestern, meine Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, war richtig Stimmung in der Bude. Die Sprachbarriere war definitiv vorhanden, denn während die Franzosen in den Halbzeiten aus voller Kehle "Non, je ne regrette rien" und eben "Champs-Élysées" mitsangen, beschränkte sich das bei mir auf "Non, je ne regrette rien, baaa, bababababababaaaaa, bababaaa, bababaaa, bababaaa, je ne regrette rieeeeeeeeeen" und "Champs-, Champs-Élysées, badabadabadaaaa, Champs-, Champs-Élysées, badabadabadaaaa, bada, badaba, bada, badaba, babada, badababa, Champs-Élysées!" ... Dafür war ich bei "Sweet Caroline" und "Country Roads" deutlich textsicherer, ich denke, insgesamt haben wir uns ganz gut ergänzt ...

Das Aufstehen gestern Morgen war erwartbar grausam, aber wir waren so viel zu früh in Neustadt, dass wir noch tanken fahren konnten. Danach legte die Deutsche Bahn ein ganz besonderes Meisterwerk vor: Der erste Zug des Tages wurde nicht rechtzeitig bereitgestellt. Ich dachte erst, der Schaffner will uns veräppeln, als er behauptete, die beiden Zugteile hätten nicht kuppeln wollen, weil ich die Zugführerin sah, wie sie (erst) sehr spät in den einen Zugteil stieg und den rangierte. Ich hatte sie schon im Verdacht, verpennt zu haben, aber es kann schon sein, dass sie die manuell die Wagenreihenfolge tauschen mussten.

Das Ergebnis davon war, dass wir 17 Minuten zu spät losfuhren (und der Schaffner uns um 8.20 Uhr allen Ernstes mitteilte, dass wir um 8.17 Uhr Titisee erreichen würden - Saftladen!!!) und Freiburg elf Minuten verspätet erreichten.

Glücklicherweise war auf die Infrastruktur der Deutschen Bahn Verlass, denn hinter Denzlingen war ein Oberleitungsschaden, sodass der ICE in Freiburg noch ewig stehenbleiben musste und ich ihn also doch erwischte.

Ebenfalls glücklicherweise baue ich als leidgeprüfter Bahnfahrer immer wieder Puffer ein, sodass ich in Karlsruhe dann doch viel Zeit hatte. Dort frühstückte ich erst einmal (ich hatte Mutters Gemüsesnacks wirklich - wirklich! - vergessen) und stieg dann in den ICE nach Paris ein, der natürlich ordentlich Verspätung hatte.

Hinter Straßburg wechselte ich auf einen freien Doppelplatz, dann blieben wir nochmal kurz stehen, aber danach ging es zügig (und mit halbwegs akzeptablem WLAN) über die französischen Hochgeschwindigkeitsstrecken. Mit zwanzig, fünfundzwanzig Minuten Verspätung kamen wir in Paris-Est an, die Metro fand ich sehr schnell - und mein vor Wochen ausgeheckter Plan, schon vor Wochen eine Zehnerkarte zu kaufen, um den Halsabschneidern bei der Pariser ÖPNV-Gesellschaft nicht noch mehr Geld in den Hals zu werfen, ging voll auf: So hatte ich für 17,85 Euro oder so zehn Einzelfahrkarten und konnte die beliebig nutzen - für die zwei Tage hätte ich sonst 30 Euro zahlen müssen, zwar inklusive Flughafenzug, aber da ich ausnahmsweise nicht geflogen bin, brauchte ich das nicht (und die Einzelfahrkarte kostet während Olympia 4 Euro statt normalerweise 2,15 Euro oder so ...). Zwar habe ich jetzt noch vier oder fünf Fahrkarten übrig, aber vielleicht komme ich ja nochmal nach Paris, und dann werden die halt verfahren ...

Mit einmaligem Umsteigen ging es zu meiner Unterkunft, und der Vermieter hatte kurzfristig darum gebeten, ihm eine halbe Stunde Vorwarnung zu geben. So viel konnte ich ihm nicht geben, weil erst ich seine Nachricht zu spät sah und dann er meine, aber ich fand ein hübsches Kneiplein gegenüber des Hauses, und dort genehmigte ich mir erst einmal zwei (kleine) herrlich eiskalte Biere und dann für die Dressurreiter noch ein Siegbier, als der Vermieter kam und mich hieß, erst einmal in Ruhe auszutrinken.

Nachdem das geschehen war, zeigte er mir die Wohnung, nichts Großartiges, aber völlig akzeptabel für eine Nacht, sogar mit (französischem) Balkon, Küche, Bad, alles okay, aber - wie üblich - hielt ich mich nicht lange auf, denn sooooo viel Zeit hatte ich nicht mehr bis zu Spiel ...

Ich lief also zur Straßenbahn, die fuhr auch, aber nur die halbe Strecke bis zum Ziel, und es gab auch keinen Ersatzverkehr, sodass ich dann eine Station lief und mich dann doch in die U-Bahn setzte. Dort stieg ich einmal um und kam dann direkt an der Arena raus.

Ich hatte jetzt doch ein bisschen Zeit, guckte aufs Handy, wo ich jetzt hier was zu essen kriege, da baute sich schon ein Volunteer vor mir auf und fragte, ob er mir helfen könnte. Konnte er leider nicht, denn eine Essensempfehlung konnte er auch nicht abgeben, also lief ich ein bisschen weiter.

Hier war jetzt einigermaßen viel Polizei und Militär, auch mit großen Knarren, das war am Ostbahnhof nicht so zu sehen gewesen (heute Morgen dafür dann schon), aber insgesamt machen die Franzosen das ziemlich gut - das sieht zwar ein bisschen martialisch aus (soll es wahrscheinlich auch), aber es wirkt - jedenfalls gegenüber dem harmlosen Besucher wie mir (nicht lachen da hinten!) - nicht so aggressiv wie es anderswo wäre (ja, USA, ich gucke zu euch!).

Ich lief dann doch in Richtung meines ursprünglich angepeilten Straßenbahnhaltes, denn dort waren ein paar Peruaner, die auch die Mittagszeit über offen haben sollten (eine Seltenheit in Paris). In einen fiel ich ein, störte die Familie beim Essen, wurde trotzdem bedient, kommunizierte dort auf Spanisch, bekam eine sehr genießbare Platte mit frittiertem Fisch und frittierten Meeresfrüchte, nicht das Beste, was ich je gegessen habe im Leben, aber alles andere als verkehrt.

Dazu trank ich ein schwarzes peruanisches Bier - das hätte kühler sein können -, schließlich zahlte ich und lief zur Halle. Der Einlass war völligst entspannt, die Ordner hielten mich (mich!) für so harmlos, dass ich selbst ohne Taschenkontrolle durch durfte und schon war auf dem Gelände der Arena Paris-Süd 6. Halleluja!

Die Halle war sehr angenehm gekühlt, ich kaufte mir jetzt doch eine sündhaft teure Paris-2024-Kappe und ging an meinen Platz. Ich saß in der zweiten Reihe, direkt hinter den Arena-Einheizern, auf Höhe der Siebenmetermarkierung für den Torwart, ich persönlich mag es etwas höher und übersichtlicher, aber dafür war ich seeeehr nah dran am Geschehen.

Ich möchte wissen, was der eine Einheizer genommen hat, und davon möchte ich eine Menge, denn der strahlte die ganze Zeit eine derartige Glückseligkeit aus, dass es fast eine Freude war, ihn zu beobachten.

Die 5.700 Zuschauer aus aller Herren Länder machten ganz gut Stimmung, die deutschen Fans waren ein bisschen leise (nachdem ich bei der Hymne mitgesungen hatte, traute sich wahrscheinlich im weiteren Umkreis keiner mehr, sich als Deutscher zu erkennen zu geben ...), die deutschen Frauen führten schnell 3:0, hatten danach aber fast keine Chance mehr. Mitte der zweiten Halbzeit keimte noch einmal ein bisschen Hoffnung, aber dann setzten sich die brutal stark verteidigenden Norwegerinnen dann doch mit 30:18 durch.

Also hieß es jetzt "Dänemark anfeuern", das machte ich, das war hilfreicher, und Dänemark gewann 28:20, sodass die deutschen Frauen trotz eines einzigen (hohen) Sieges in fünf Spielen ins Viertelfinale einzogen - dort kriegen sie von Frankreich fast sicher auf die Mütze, aber jetzt heißt es erst einmal Viertelfinale olé, Viertelfinale olé, Viertelfinale oléééééééééé ...

Ich will aber gar nicht so viel vom Sportlichen schreiben, das hat jeder gesehen, der es sehen wollte (angeblich war ich so weit vorne recht gut zu erkennen im Fernsehbild ...), sondern von der Stimmung, und die war gerade in den Halbzeitpausen wirklich ganz, ganz großartig ...

Die Franzosen wissen schon, wie sie ihre Leute zum Feiern kriegen (und die Mehrheit der Zuschauer waren Franzosen), aber die Balance zwischen französischer und englischer Ansprache war praktisch perfekt, sodass auch die ganzen Ausländer immer gerne mitgemacht haben - mitgrölen können die/wir bei den bekanntesten französischen Liedern auch, und die englischen Texte kriegen die Dänen und Niederländer und Norweger und Deutschen auch meist hin, es war herrlich - und bei der Slow-Motion-La Ola habe ich am Anfang nicht kapiert, was die Einheizer da von uns wollten, aber das sah völlig surreal aus, weil alle bei der langsamen La Ola mitgemacht haben und dann auch - auf Ansage - schneller geworden sind. Das sah richtig, richtig toll aus!

Nach dem Spiel ging es - wenig überraschend - aus der Halle raus, und da war eine Engstelle auf dem Weg zur U-Bahn, die ich persönlich ziemlich gefährlich fand (zumal Volunteers auch völlig entspannt gegen den Strom liefen ...), sodass ich erst einmal eine Weile wartete und mich dann auf den längeren Weg zur U-Bahn machte. Auch auf dem Weg war die Stimmung noch sehr gut, viele Lokale waren noch auf, es war jetzt auch viel Polizei unterwegs, aber nie so, dass man vor lauter Polizei Sorge bekommen hätte.

Ich hätte in der U-Bahn bis "nach Hause" sitzen bleiben können, stieg aber an der École Militaire aus, denn ich wollte noch einen Blick vom beleuchteten Eiffelturm erhaschen. Es war wirklich nur ein Erhaschen, denn die Arena am Marsfeld blockierte den schönen Blick auf den Eiffelturm, aber auch da im Dunkeln fühlte ich mich sehr wohl (nur einmal drehte ich mich um, weil jemand schnellen Schrittes hinter mir herkam, da war das ein Security-Mensch ...).

Jetzt aber war ich müde, stieg wieder in die Metro, fuhr heim und ging ins Bett, schwitzend, erschöpft, aber glücklich vom Viertelfinaleinzug der deutschen Handballerinnen und von der tollen Stimmung in der Arena.

Ich schlief einigermaßen zügig ein und war beim Klingeln des Weckers nicht überglücklich, aber ein paar Stunden hatte ich durchaus geschlafen ...

Ich duschte (mit katastrophal schlechtem Wasserdruck), packte meine sieben Sachen und begab mich mit der Metro unfallfrei zum Pariser Ostbahnhof. Dort überbrückte ich die Wartezeit bis zur Bekanntgabe des Abfahrtsgleises mit dem Genuss (wirklich!) eines Salamibaguettes, boardete dann (in Paris legt man seine Fahrkarte wie am Flughafen auf einen Scanner und darf dann durch), wollte einsteigen, blieb aber dann doch lieber noch ein bisschen draußen.

Ich verstehe nicht, wieso so viele Menschen vom TGV so schwärmen - das Ding ist eng, die Wendeltreppe hoch in den zweiten Stock ist steil und eng, alles ist beengt, warm ist auch noch, ganz ehrlich, da lobe ich mir den deutschen ICE, da kommt man zwar eine halbe Stunde später an, aber man sitzt meist einigermaßen bequem.

So, ich schreibe diese Zeilen noch in Frankreich, gleich sind wir in Forbach, ich fahre bis Mannheim, steige dort in den Zug nach Freiburg um und gucke, dass ich dann einigermaßen bequem in den Schwarzwald hochkomme.

So im Nachhinein ärgere ich mich ein bisschen, dass ich nicht noch mehr Olympia gemacht habe, denn die Stimmung war gestern - falls das nicht schon klargeworden sein sollte - echt cool. Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass (Sommer-)Olympia in einem Nachbarland stattfindet, eine gute Freundin hat immer von Athen 2004 geschwärmt, und jetzt werde ich zukünftig halt (auch) von Paris 2024 schwärmen. Zu den Basketballerinnen heute Abend wäre ich schon noch gerne, aber von Lille wäre ich nicht mehr gut nach Hause gekommen ...

Naja, hoffen wir auf 2040, aber dann bin ich auch schon ein alter Sack, andererseits ist Brisbane 2032 ja auch nicht so weit, und vielleicht gibt es dann da auch ein paar Länder im Umkreis, die ich bis dahin noch nicht alle besucht habe ...

Also, Paris, c'était super, auf die Übersetzung von "es war toll" muss man erstmal kommen ...

Fotos wollen im Moment nicht (wir sind wieder in Deutschland, kein Wunder), die kommen heute Abend oder morgen in einem Nachklapp

Donnerstag, 1. August 2024

Die Scheibe geplatzt

..., also die kleine Scheibe hinten links am Auto, ist uns irgendwann heute Nacht, und wir wissen nicht ganz genau, ob da jemand mit Stein oder Hammer nachgeholfen hat (was besonders deswegen ärgerlich wäre, weil wir das Auto ja am Straßenrand haben stehen lassen, anstatt es auf einen privaten Parkplatz zu stellen), aber es hilft ja alles nix. Geklaut worden ist uns von den Vandalen jedenfalls nichts, zur Polizei sind wir auch nicht (was sollten die noch tun?), also fuhren wir zu ...

Von dem so oder so unschönen Ereignis ließen wir uns weder die Laune heute noch den Kurzurlaub insgesamt kaputtmachen, sondern fuhren vergnügt über Lyon, Genf, Lausanne, Bern und Waldshut-Tiengen zurück nach Hause.

Da war nicht viel Problematisches dabei, der Schweizer Zoll wollte von uns nix, der deutsche Zoll war gar nicht vorhanden, nur wäre mir auf der Schweizer Autobahn so ein blöder Aargauer fast ins Auto gefahren, wenn ich nicht - wiewohl vorfahrtsberechtigt - gebremst hätte ...

Jetzt sind wir jedenfalls gut im Schwarzwald angekommen und werden gleich die gesunde Heimkehr in der heimischen Gastronomie gebührend feiern ...

Saint-Étienne war kurz, aber sehr, sehr schön - war bei unserer Ankunft in der Mittagshitze die Stadt noch fast ausgestorben, war es dann am Abend nach dem Spiel ganz gut gefüllt in der Außengastronomie. Die wenigen Eindrücke, die wir von der Stadt architektonisch mitbekommen haben, waren schön, die Organisation klappte wunderbar, nur dass wir gestern Abend von einer Einwohnerin der Stadt gefragt wurden, in welchem Stadion das Spiel stattgefunden hätte, bestätigt unseren Eindruck, dass die Leute in Saint-Étienne nicht so richtig viel mit den Olympischen Spielen in ihrer Stadt am Hut hatten ...

Achso, und zum Biertrinken muss man in Frankreich halt ins Irish Pub gehen, da war nämlich sowohl das Bier als auch die Umgebungstemperatur angenehm kühl ...

Noch einmal steht die Arbeit an, dann geht es am Samstag Morgen von Neustadt über Freiburg und Karlsruhe nach Paris. Viel werde ich nicht mitnehmen, einen DHB-Schal, ein Ladekabel und natürlich Geldbeutel und Handy mit Ticket, auf dass ich auch alles mit in die Halle nehmen darf ...

Ergebnis von datt Janze