Meine Länder

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Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
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Samstag, 31. Dezember 2022

Auf der Verrücktheitsskala

... war diese Aktion von gestern und heute vielleicht nicht ganz in der Klasse "Spontan für 22 Stunden nach Israel fliegen", aber auch nicht wahnsinnig weit darunter.

Kein regelmäßiger oder auch unregelmäßiger Leser dieses Blogs wird sich wundern, dass ich gestern sogar schon um kurz vor 17 Uhr im IC nach Dresden saß. Dieser IC hatte den Vorteil, dass ich nicht - wie bei den späteren Verbindungen - in Leipzig umsteigen musste, sondern auch, dass er einer der wenigen Züge war, die nicht schon als komplett ausgebucht angezeigt wurden.

Nun tuckerte ich also gemütlich vier Stunden nach Dresden, kam gegen halb neun in Dresden-Neustadt an, stellte mein Gepäck ins Schließfach (und veräppelte auf dem Heimweg meine Mutter, dass ich das dort vergessen hätte ...) und machte einen gemütlichen Spaziergang durch Dresden, vorbei am Goldenen Reiter, über die Augustusbrücke, am Fürstenzug vorbei - leider werden die Kirchen im Moment nicht beleuchtet, sonst wäre das ein noch schöneres Panorama gewesen.

Am Altmarkt war mir dann irgendwie kühl, sodass ich dann doch mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof fuhr, mir dort zweimal eine Vita-Cola kaufte (die ostdeutsche Cola) und dann um kurz nach zehn in den Zug in Richtung Zittau stieg.

Unterwegs durchquerten wir auf einem Kilometer im Fugauer Zipfel tschechisches Gebiet, und in Ebersbach (Sachsen) stieg ich aus. Ich lief den halben Kilometer bis zur Grenze und bewunderte die drei, vier Grenzsteine, die ich da ohne größere Matschtouren erreichen konnte. Ich drückte mich bis Mitternacht größtenteils auf tschechischer Seite herum, bis ich schließlich um 0 Uhr den Tag mit dem linken Bein in Tschechien und dem rechten Bein in Deutschland begann. Juchhe - das sollen zwei Tage in Folge werden, an denen ich Mitternacht jeweils in zwei Ländern bin ...

Nach diesem erfolgreichen Start in den Silvestertag lief ich gemütlich wieder zurück zum zugigen Bahnhof in Ebersbach, aß noch ein Sandwich, das ich in Dresden gekauft hatte, und stieg um kurz vor 1 Uhr als einziger (neuer) Fahrgast in den Zug nach Zittau ein.

Dort kam ich ziemlich pünktlich um 1.12 Uhr an und marschierte gleich los in Richtung Altstadt. Auch hier wird wenig bis nichts beleuchtet in diesen Zeiten, aber nach Zittau komme ich mal im Hellen (oder im Dunkeln, wenn die Kirchen und das Rathaus beleuchtet sind) - da machte einen richtig schönen Eindruck!

Ich lief an der Friedensstraße entlang und über die Neiße (die Grenze als solche war nicht markiert, sowas hasse ich wie die Pest!), ehe ich auf einen Feldweg abbog, der mich zum Dreiländereck bringen sollte. Dieser Pfad in Polen war nicht unbedingt sehr matschig, aber er war ziemlich nass, sodass ich bald ein bisschen nasse Füße hatte.

Davon ließ ich mich aber nicht abhalten und lief - mit Handy-Taschenlampe im Anschlag - immer weiter, bis ich schließlich an dem Grenzbrückchen über den polnisch-tschechischen Grenzbach ankam, an dem ich mit Jessi und Christian auch schon unterwegs gewesen war. Die polnisch-tschechische Grenze wurde ebenfalls überquert, und der tschechische Weg war deutlich besser, insbesondere asphaltiert.

Ich hatte einen wunderbaren Sternenhimmel (da war auch kaum Lichtverschmutzung) und verlief mich nicht einmal. Ich überquerte auf tschechischem Gebiet die Neiße und reiste um kurz vor 3 Uhr wieder - unbehelligt - nach Deutschland ein.

Meine Mutter durfte als Telefonjoker entscheiden, ob ich mehr durch bebautes Gebiet zurücklaufe oder an der Neiße entlang, sie entschied sich spontan für "rechts", also an der Neiße entlang, und wenn Mutter was ansagt, sollte man das tunlichst tun ... naja, wenn nichts Gewichtiges dagegenspricht. Auch der Weg in Deutschland war sehr vernünftig asphaltiert, aber so langsam taten mir die Füße weh, und als ich wieder auf der Friedensstraße ankam, wurde ich von zwei Jugendlichen verfolgt, die aus Polen zurück nach Deutschland liefen. Irgendwann waren die dann aber verschwunden und ich lief die Strecke durch das nächtliche Zittau zurück.

Ich kam eine Dreiviertelstunde vor Abfahrt des Zuges nach Dresden an, der Zug selbst kam eine halbe Stunde vor Abfahrt, und ich durfte schon einsteigen, weil dem Zugführer die "Fachkräfte" nicht "gefielen", die auch am Bahnhof standen ... Ich dankte trotz des fremdenfeindlichen Zungenschlages, denn im Zug war es ein bisschen wärmer und - noch wichtiger - ich konnte mein Handy aufladen, das inzwischen vor lauter Fußgängernavigation ausgefallen war.

Im Zug nickte ich ein bisschen ein, verpasste dabei auch die Durchfahrung des Fugauer Zipfels, stieg aber erfolgreich in Dresden-Neustadt aus, holte mein Gepäck aus dem Schließfach, kaufte mir ein Frühstück und stieg dann doch in die S-Bahn zum Dresdner Hauptbahnhof, weil mein Zug von dort kam und ich mir einen guten Platz sichern wollte.

Den sicherte ich mir auch, der Schaffner kam durch, ich zeigte meine Bahncard, doch der Mann gegenüber sprach Englisch mit dem Schaffner. Einige Minuten später kam der - wie sich herausstellte - Afghane auf mich zu und bat mich, dass er mit meinem Handy seine Familie in Mannheim anrufen könnte. Einen Anruf per WhatsApp konnte er gerne machen, und so langsam kam heraus, dass er gerade über Weißrussland, das Baltikum und Polen nach Deutschland gekommen sei. Ihm seien aber Handy und das meiste Bargeld unterwegs abgenommen worden, sodass er keine Fahrkarte habe kaufen können.

Er musste - wie ich - in Leipzig umsteigen, und der Schaffner hatte seinen Ausweisersatz mitgenommen, so langsam hätte er den wieder herausrücken müssen. Am Bahnhof in Leipzig wartete allerdings schon die Bundespolizei, und ich stand da dann auch in der Gegend herum, als der Afghane mit dem Bundespolizisten sprach. Wenn es nur um das Buchen der Fahrkarte gegangen wäre, hätte ich ja - gegen sofortigen bzw. vorherigen Auslagenersatz - gerne geholfen, aber der Schaffner klärte mich auf, dass der Afghane seine Residenzpflicht in Chemnitz, wo er registriert worden war, missachtet hätte und also sowieso nicht unterwegs sein dürfte.

Hm, es ist natürlich jetzt auch nicht so wahnsinnig clever, dann schwarzzufahren, wenn man Polizeikontakt tunlichst vermeiden sollte, aber am Ende des Tages glaube ich, dass der Mensch bald zu seiner Familie in Mannheim kommen wird, denn weder Schaffner noch Bundespolizei sahen so aus, als ob sie den Mann foltern wollten.

Ich verabschiedete mich und setzte mich in den ICE in Richtung Frankfurt, in dem ich nun diese Zeilen schreibe.

Tschechien und Polen waren mein 21. bzw. 22. Land dieses Jahr, das zweite Kalenderjahr in Folge (und überhaupt) habe ich den Fuß in alle deutschen Nachbarländer gesetzt, die letzte Wanderung des Jahres waren dann auch nochmal 13 Kilometer, entsprechend tun mir jetzt schon die Gräten weh, und das wird im Tagesverlauf wahrscheinlich nicht besser werden ...

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Am 31. Dezember wird traditionell Bilanz über die Reisen des Jahres gezogen, und das soll auch dieses Jahr so sein, auch wenn das Jahresende wieder so plötzlich kommt und ich also mir keine tiefergreifenden Gedanken gemacht habe.

2022 wurden vier neue Länder besucht (Dominikanische Republik, Seychellen, Jamaika, Mongolei), das waren jeweils vier mehr als in den Corona-Jahren 2020 und 2021. Mit Europa, Nordamerika, Afrika und Asien habe ich auch wieder vier Kontinente besucht, das hatte es seit 2019 nicht mehr gegeben.

Dieses Jahr war reich an Besuchen in nicht-unabhängigen, aber (mehr oder weniger) selbstverwalteten Gebieten, denn ich war auf der Insel of Man, auf den Färöern sowie auf den Inseln Guernsey und Sark der Vogtei Guernsey.

2022 hatte so gut angefangen, mit zwei Ländern in der ersten Sekunde des Jahres, auf dem Wiizemersteg, aber zwei Wochen später schon habe ich mir in Budapest (grundsätzlich toll!) Corona eingefangen und musste daher Lissabon sausen lassen. Jessi und Christian wollten aber mit mir nach Portugal, und so wurde Porto ein wenig später gebucht und meine Mutter gleich miteingepackt.

Porto war mit dem Só Tapas und der Hängebrücke und dem Douro gleich mal ein richtiges Highlight des Jahres. Auch 2023 soll es ja mit der Irland-Truppe nach Porto und Lissabon gehen, dann wird wieder eine Francesinha verdrückt.

Zwischen Lissabon und Porto war aber erstmal die Isle of Man, und die Robben da oben am Kieselstrand waren sooooooo toll, das war so fantastisch, zumal sowohl die Viecher als auch ich mich wahnsinnig erschreckten, als wir einander gewahr wurden.

Über Mutters Geburtstag ging es in die Dominikanische Republik, und das war ein wunderbarer Faulenzerurlaub, auch wenn ich die Chance auf Haiti verstreichen ließ. Die Walbeobachtung war hier auch soooo toll, auch wenn - oder gerade weil - wir so lange auf Suchfahrt fahren, und die Cola mit Vitaminen auf dem Bötchen war auch toll, boah, war ich bedient ...

Irland war ebenfalls fantastisch schön, gerade dieser Cliff Walk, aber auch Galway und natürlich die Klippen von Moher - Irland wird in Etappen erkundet, und das war dieses Jahr nicht die letzte Etappe, da bin ich einigermaßen sicher.

Die Färöer haben mir - irgendwie hat mich so vieles beeindruckt dieses Jahr - unfassbar gut gefallen, diese ganzen Wasserfälle, die Tunnel, das saftige Grün (kein Wunder bei dem ganzen Nebel), das war ein richtig schöner Osterausflug auf eine teure, aber wunderschöne Insel.

In die paar Tage auf Guernsey und Sark habe ich wirklich wahnsinnig viel reingesteckt, und Sark war ein echtes Erlebnis, mit der Bootsfahrt, der Autofreiheit der Insel und den unglaublich freundlichen Menschen - Alderney fehlt mir in der Vogtei Guernsey noch, das war dieses Jahr nicht zu schaffen, wird aber bestimmt bald nachgeholt.

Zwei Wochen sptäer kam die Schnapsidee der neun Länder an einem Tag, und ich bin meiner Ma so dankbar, dass sie die Autofahrt hoch - und vor allem, im Dunkeln - runter auf den und vom Splügenpass mitgemacht hat, dass sie mit mir durch Liechtenstein und Österreich gedüst ist und mich dann am frühesten Morgen nach Neustadt gebracht hat, damit ich es auf den frühen Zug schaffe. Neun Länder an einem Tag, das war schon ein Brett, aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht schon eine Idee hätte, das zu toppen, aber da müssen Christian und ich (Jessi hat schon den Streik angekündigt) noch einmal in uns gehen. Die eine Voraussetzung, der Beitritts Kroatiens zum Schengen-Raum, passt ja ab morgen ...

Wiederum eine Woche später ging es auf die Seychellen, und vielleicht habe ich mich da ein bisschen verbucht. Ja, das Hotel war schön, aber der Strand war mit dem ganzen Seegras halt nicht sooooo toll. Andererseits war der Blick auf die Hauptinsel und die Paddelboottour zur Schildkröteninsel dann schon schön, und der Ausflug nach Praslin und La Digue sowieso. Die Paddelboottour um die Insel, wo ich ziemlich waghalsig war und am Ende dankenswerterweise von Einheimischen abgeschleppt wurde, hätte aber nicht unbedingt sein müssen.

Die nachfolgende Reise nach Jamaika war bei Hin- (Bahnchaos) und Rückreise (Gichtanfall) nicht vergnügungssteuerpflichtig, alles zwischendrin war aber toll: Das Jerk Chicken im Amerikaner-Hotel war überraschend lecker und fühlte sich authentisch an, der Abend im Dub Club in Kingston war eine ganz besondere Erfahrung und die Abschlusstage in Negril waren auch ganz wunderbar (bis auf den Abreisetag - aber so habe ich auch mal erlebt, wie es ist, im Rollstuhl durch den Flughafen gefahren zu werden ...).

Im Juli ging es dann noch - kurz - zur Fußball-WM der Frauen nach Milton Keynes. Das war auch eine kleine Schnapsidee, gerade weil ich da auch keine 24 Stunden in England war. Das 3:0 gegen Finnland war großartig und hat Lust auf mehr gemacht (siehe: Australien, Brisbane, gegen Südkorea).

Ein weiteres absolutes Highlight dieses Jahres war die Mongolei, weil es mir dort fast von Anfang bis Ende gefallen hat: freundliche Menschen, unglaubliche Landschaften, fremdes, aber sehr leckeres Essen und trotzdem die Annehmlichkeiten des westlichen Lebens, wenn man nicht gerade in der Jurte übernachtet - ein unglaublich faszinierendes Land, da in der Hitliste der faszinierenden Länder mit ganz oben bei Israel und dem Sudan steht.

Die nächste Auslands-Übernachtungsreise war dann erst wieder Mallorca, und auch das war eine wunderbare Tour, wenn wir auch vielleicht ein bisschen viel gefahren sind, aber es gibt eben auch sooooo viel zu sehen auf dieser Insel.

2022 war gefühlt - fast - schon wieder ein normales Reisejahr, hoffen wir, dass 2023 wieder ein ganz normales Reisejahr wird, Ziele genug gibt es, Pläne auch, jetzt müssen die nur noch in die Tat umgesetzt werden ... 

Over and out (jaha, ich weiß, das sagt man nicht) für 2022 - allen Leserinnen und Lesern einen guten Rutsch und einen guten Start ins Jahr 2023!

Fotos von heute Nacht:

In Leipzig ...

Goldener Reiter

Fürstenzug

Unbeleuchtete Frauenkirche

Willkommen in Tschechien - Videoüberwachung

0 Uhr in zwei Ländern

Europadenkmal zum Beitritt Polens zur EU (2004)

Polnisch-tschechische Grenzbrücke

Spooky Dreiländereck

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