... reden die Politiker gerne, wenn es darum geht, dass Polizisten und Zöllner mehr oder weniger willkürlich Entscheidungen treffen. Ich war da schon immer skeptisch, weil ich gerade bei Fußballspielen ab und zu mal mit Polizisten zu tun hatte, bei denen man sehr großzügig sein musste, um ihnen einen gesunden Menschenverstand (oder auch nur Menschenverstand) zuzusprechen.
So ein besonderes Prachtexemplar eines kriminalistisch hochbegabten Zöllners erwischte ich bei meiner heutigen Wanderung, die - wen überrascht das noch? - an etlichen Grenzsteinen vorbeiführte.
Ich hatte vor, dem Grenzverlauf durch die relativ große Grenzübergangsstelle in Gottmadingen zu folgen (was vielleicht keine so clevere Idee war), aber da ist ziemlich viel eingezäunt und auch da, wo die Grenze verläuft, sah ich auf Anhieb keine Grenzsteine. Nun stand ich dabei allerdings ein oder zwei Minuten in der Gegend herum und versuchte zu eruieren, ob irgendwo im Boden noch Grenzmarkierungen oder so etwas wären. Diese Zeit, die ich herumstand, machte mich in den Augen des hochbegabten Kriminalisten verdächtig ...
Er hielt mich - stets korrekt im Ton und keineswegs unfreundlich - an, fragte, wo ich herkomme und hinwolle, was ich gemacht hätte (Grenzsteine gucken, sehr verdächtig!), und meinte feststellen zu müssen, dass ich mich ja hier gar nicht auskenne. Jetzt antwortete ich doch einigermaßen entgeistert, dass ich halt Karten dabeihätte. Natürlich ging die ganze Filzerei zu Ende, ohne dass der Zöllner Schmuggelgut fand, aber ein bisschen frage ich mich halt schon, wie bescheuert ich hätte sein müssen, um - wenn ich tatsächlich etwas hätte schmuggeln wollen - anstelle der gefühlt 137 unüberwachten Wanderwege ausgerechnet den Straßenübergang zu wählen und mich dann auch noch so "verdächtig" zu verhalten ...
Heute Morgen schlief ich erst einmal aus (ich war ja gestern gemütlich in den Schwarzwald gefahren und dann waren wir sehr gemütlich im "Kranz" versackt) und verpasste dazu den Bus um 10.40 Uhr, mit dem ich sonstwohin hätte fahren können (naja, nein, eigentlich nur bis Neustadt, aber von dort halt quasi in die weite Welt ...). Jedenfalls entschied ich mich dann unter der Dusche, in Richtung Schweiz zu fahren. Ich holte das Auto meiner Mutter und fuhr nach Rötenbach, wo ich den Zug erwischte, in den ich in Neustadt hätte steigen können.
Über Donaueschingen und Singen fuhr ich in die Schweiz hinein und stieg - als einziger Fahrgast - in Herblingen aus. Von dort lief ich Richtung der nordwestlichen Ecke der Enklave Büsingen. An der Straße entlang (die Straße liegt geradeso auf Schweizer Gebiet) marschierte ich die Grenzsteine ab, bis ich zu einer Abzweigung kam, wo die Straße links schweizerisch ist und die abbiegende Straße deutsch ... Ich finde sowas ja immer wieder lustig ...
Weiter ging es, einmal hätte ich durch den Wald und durchs Gebüsch gemusst, da lief ich dann zurück zur Straße, von der ich nach einiger Zeit abbog und dann um ein Feld herum lief. Das Feld war schweizerisch, das Gebiet bis zum Wald auch, aber ich lief die Abkürzung und nicht direkt an den Grenzsteinen entlang.
Wege direkt an den Grenzsteinen entlang wechselten sich mit Situationen ab, in denen ich nicht quer durchs (noch nicht abgeerntete) Feld latschten wollte ... Irgendwann verließ ich dann aber die Enklavengrenze und wanderte in Richtung der Grenze zwischen der Schweiz und dem deutschen Mutterland.
Dabei kam ich durch den Regionalen Naturpark Schaffhausen, erreichte dann aber wieder eine Straße, an der ich einige hundert Meter entlanglief, bis die Straße einen Schlenker von der Grenze wegmachte, während ich über den Feldweg weiterlief.
Den steilen Weg durch den Wald hinunter direkt zur Grenze wollte ich nicht gehen, also lief ich außenherum, geriet in die Zollkontrolle und traute mich dann nicht mehr so richtig, im Bereich des Grenzübergangs durch die Gegend zu latschen, sodass ich durch den westlichen Teil von Bietingen lief, die Bundesstraße unterquerte und zu dem Punkt lief, an dem der Grenzstein zwischen den beiden Gleissträngen der Eisenbahnlinie zu liegen scheint.
Ich verließ kurzzeitig Deutschland, erreichte ganz kurzzeitig wieder deutsches Gebiet, ehe ich die Gleise unterquerte, aber dann beim besten Willen keinen Grenzstein entdeckte. Nun hatte ich genug und lief auf dem mehr oder weniger schnellsten Weg (und unter Mitnahme eines weiteren aus der Nähe betrachteten Grenzsteines) zum Bahnhof in Bietingen.
Als ich da ankam, fuhr gerade ein Zug ein, den ich gar nicht auf der Rechnung hatte, ich sprang in diesen, aber das brachte mir nicht viel, weil ich in Singen bzw. in Engen dann doch auf den Zug warten musste, den ich von vorneherein angepeilt hatte. Ein letztes Mal stieg ich in Donaueschingen, bevor wir pünktlich - mit einer Gruppe sehr pubertierender Mädchen und Jungs im Zug - in Rötenbach ankamen und ich mit dem Auto heimfahren konnte.
Jetzt gucke ich Football und freue mich darüber, dass ich die 1.500 Kilometer seit dem 5. April 2020 nach etwas mehr als eineinhalb Jahren geknackt habe, genauer gesagt sind es 1.511,29 Kilometer, von denen 1.437,19 km im Schwarzwald erreicht wurden ... Ob die 1.500 Schwarzwald-Kilometer bis Jahresende noch schaffe, muss ich mal gucken ...
Alter Grenzstein von 1839 |
Links: Schweizer Straße mit Schweizer Schildern, rechts: deutsche Straße mit deutschen Schildern |
Schöne Grenzsteinkette |
Definitiv ein Kandidat für eine Grenzbereinigung |
Blick auf die Eisenbahnlinie Singen-Schaffhausen |
Ganz einfach: Wald deutsch, Feld schweizerisch |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen