... war ich heute, dementsprechend rötlich im Gesicht bin ich, obwohl ich mich eingeschmiert hatte. Am Abend kühlte ich mich aber ganz gut ab - alles bestens hier auf Åland, alles bestens ...
Das Aufstehen war mühsam, aber die Rückfalloption Mutter musste nicht eingreifen, weil ich schon im Bad war, als sie mir - vorsichtig - per WhatsApp schrieb. Ich checkte um kurz nach halb sechs schon aus (es war bereits taghell), holte mir meine Frühstücksbox und fuhr mit dem 5.46-Uhr-Bus zum Terminal.
Freunde der Sonne von Tallink/Silja Line: Wieso in drei Teufels Namen schreibt ihr hin, dass man eine Stunde vorher da sein soll und das Boarding zwanzig Minuten vor Abfahrt schließt, wenn ihr in Wirklichkeit das Boarding erst zwanzig Minuten vor Abfahrt öffnet??? Dementsprechend also war ich eine gute Stunde zu früh da, die ich aber dadurch überbrückte, dass ich aufs Aussichtsdeck ging. Dort sah ich meine Baltic Princess gerade einparken (rückwärts - immer wieder beeindruckend, dass sowas funktioniert ...).
Die LKWs fuhren in einer engen Kurve aus dem Ding raus, und ich machte mich auch so ganz langsam zum Boardingbereich. Da aber wirklich das Boarding erst um 6.50 Uhr anfing, frühstückte ich noch in aller Seelenruhe mit frischem (!) Brötchen und Schinken und Käse (der schwedische Käse schmeckt mir sogar) und Joghurt und zwei Cocktail-Tomaten und einem Orangensaft.
Das Boarding ging problemlos und sehr schnell, kaum ein Mensch (außer der Besatzung) trug auf dem Schiff Maske, obwohl das Schiff in Mariehamn auf Åland und damit in Finnland registriert ist (es fährt allerdings unter finnischer Flagge und nicht unter der Ålands, was ich auch nicht so recht verstehe) und die Finnen da ein kleines bisschen strenger sind ...
Nun denn, ich legte mein Gepäck in eines der Gepäckfächer (unbewacht, aber nur zu bestimmten Zeiten geöffnet, wichtige Dokumente trug ich am Mann und am Ende war alles da) und fuhr hoch zum Sonnendeck.
Ich hatte vorher ein bisschen Sorge gehabt, ob ich überhaupt ins Freie komme, doch diese Sorge war komplett unbegründet, denn nicht nur das Sonnendeck auf Deck 9 war da (mit Bar), sondern es gab obendrüber - also auf Deck 10 - noch das halbe Schiff zum Spazierengehen an der frischen Luft.
Dort oben, also auf Deck, richtete ich mich häuslich ein und verließ das Deck erst vier Stunden später ...
Wir fuhren überpünktlich um 7.09 Uhr ab, und die Fährfahrt war genau so wie erhofft: unglaublich schön ... Der Stockholmer Schärengarten hat laut Wikipedia ca. 24.000 Inseln und Inselchen, und es war so toll, mit diesem Riesenkutter da teilweise eng zwischen den Inselchen durchzufahren ... Zwei, drei Mal musste - geplant - das Ruder hart herumgeworfen werden, und es war auch spannend zu beobachten, wie kleine Bötchen und Autofähren, ein paar große Gegenfähren in Richtung Stockholm links und rechts an uns vorbeifuhren.
Normalerweise sind meine Vorstellung und die Realität bei solchen Dingen, auf die ich mich freue, am Ende völlig unterschiedlich - hier passte das ziemlich gut zusammen, selbst wenn ich die schiere Zahl von Inseln total unterschätzte ... Da ein Ferienhäuschen zu haben, das wäre schon was ...
Es war unglaublich kurzweilig (wenn auch anstrengend für meine Beine, die sind jetzt richtig schön schwer), vier Stunden da oben zu stehen und zu beobachten, wie sich die Landschaft verändert, wie aus fjordähnlichen, engen Buchten zunehmend breite Wasserstraßen wurde, wie die Zahl und Größe der Inselchen mit der Zeit abnahm, wie der Wind sich verändert (meine Mutter hatte mich verdonnert, ein Jäckchen mitzunehmen, und einmal im Jahr hat sie ja recht mit einer ihrer Anordnungen ...). Meine Kappe blieb, nachdem ich sie festgeschnallt hatte (also den Umfang der Mütze scharf an den Umfang meines Kopfes angepasst hatte), trotz des zunehmenden Windes auf meinem Schädel, auch wenn sie ab und zu Anstalten machte, wegfliegen zu wollen, und als wir nach vier Stunden aufs offene Meer kamen, pustete der Wind mich so richtig durch.
Ich war die meiste Zeit auf der Steuerbordseite gewesen, musste aber nach Backbord, um zu den Fahrstühlen zu kommen. Boah, an Backbord wurde ich vom Wind fast umgeblasen, und jeder Leser weiß, dass ich kein Leichtgewicht bin. Ich musste so lachen, es war sooooooo schön, gegen den Wind anzukämpfen - soooooo toll ...
Jetzt hatte ich aber Durst und wollte mir ein Bierchen im Pub genehmigen, doch erst einmal wollte ich mir eine Flasche Wasser kaufen. Allein, ich fand keinen Laden, in dem ich ein Wasser hätte kaufen können. Also lief ich doch hoch zum Pub, fand dieses verlassen vor (Pub ist zur Zeit geschlossen), lief auf der Suche nach einem Getränk durch das insgesamt recht leer wirkende Schiff (ein paar Leute saßen an einarmigen Banditen, aber die meisten Restaurants waren - es war jetzt ca. 12 Uhr finnischer Zeit - irgendwie zu ...
Am Ende landete ich doch in der Bar auf dem Sonnendeck, bestellte ein Bier für vergleichsweise moderate 6,50 Euro, nahm die ersten Schlucke auf dem - jetzt doch recht windigen - Sonnendeck, zog dann nach drinnen um (meine Handys mussten geladen werden, da war es draußen etwas unbequem), beobachtete das junge Paar, das für einen Euro extra zum Bier noch einen Jägermeister bestellt hatte, aber angesichts der relativ frühen Stunde dann doch die beiden Shots an ein mittelaltes Ehepaar am Nebentisch abtrat (die beiden tranken den Jägermeister gerne ...), und war dann unvernünftig, weil ich noch ein zweites Bier bestellte.
Auf einmal fuhren wir nämlich schon in den Schärengarten von Åland ein, und das hätte ich schon gern an Deck geguckt, aber morgen ist ja auch noch ein Tag. So trank ich mein Bier zügig aus, guckte, dass ich meinen Koffer nicht vergesse, und fand mich dann auf Deck 6 zum Aussteigen ein.
Wir waren der dritte große Kutter, der quasi zeitgleich anlegte, und die meisten von denen, die hier ausstiegen, liefen in Richtung der Rückfähre nach Stockholm (!) - die wollten offenbar auf dem Schiff nur einkaufen und vergleichsweise günstigen Alkohol trinken ... Ich gehörte also zu den wenigen Passagieren, die auf die beiden finnischen Polizisten zuliefen, die eine Impfpasskontrolle durchführten (auch hier war mit dem EU-Zertifikat auf dem Handy alles bestens), und schon war ich in Åland eingereist. (Ich schreibe abwechselnd "in" und "auf", weil das autonome Gebiet Åland - "in" - großteils aus der Insel Åland - "auf" - besteht ...)
Åland ist das fünfte abhängige Gebiet, das ich besuche (nach Gibraltar, Jersey und den Souveränen Basen auf Zypern, die allesamt zum Vereinigten Königreich gehören, sowie Spitzbergen, das ja zu Norwegen gehört); von diesen Dingern zähle ich auf einer sekundären Liste insgesamt 50, das reicht vom Britischen Territorium im Indischen Ozean bis hin zu Neukaledonien (gehört - noch - zu Frankreich, da gibt es Ende des Jahres noch einmal ein Unabhängigkeitsreferendum) ... Graf Zahl in Aktion, würde ich sagen ...
Ich lief zu Fuß in Richtung Hauptstraße und dort ein Stück weiter, bis ich nach vielleicht zehn, fünfzehn Minuten an meinem Hotel ankam und gleich einchecken konnte. Ich wohne im Erdgeschoss mit separatem Eingang, das Zimmer ist akzeptabel, es gibt einen abnehmbaren Duschkopf, aber keine Klimaanlage, es ist okay, aber für den gebotenen Standard gerade in Anbetracht der (niedrigeren) Preise in Stockholm überteuert ... Aber Angebot und Nachfrage, so ist das eben ...
Im Zimmer hielt ich mich nicht lange auf, denn ich hatte jetzt doch ein Hüngerchen und wollte mich ein wenig in der Stadt umsehen. Zunächst lief ich in Richtung des kleinen Parks hier am östlichen Stadtrand, denn dort sollte ein kleiner Strand sein, den ich mal erkunden wollte - und ja, der Strand "Lilla Holmen" (oder heißt der Park so?) ist wirklich schick, klein, aber fein, vielleicht würde ich hier mal baden gehen, aber nicht jetzt sofort ...
Ich lief zurück, an der Marina entlang und hatte mir ein Restaurant aufgetan, das ich mir angucken wollte. Ich überlegte hin und her und hatte mir aus der Dinner-Karte schon fast etwas ausgesucht, bekam dann aber doch die Bistro-Karte und entschied mich, es vielleicht zum Mittagessen (um 15 Uhr) doch nicht zu übertreiben. Dennoch wählte ich geräucherte Shrimps und dann eine Fischsuppe aus, beides für um die 15 Euro, das konnte ja nicht viel sein, dann hätte ich noch Platz fürs Abendessen ...
Joa, und dann bekam ich - bestimmt - 30 Shrimps in einem Körbchen, kalt, geräuchert, teilweise noch mit Rogen drauf, und futterte die mit lecker Aioli und gutem Brot auf ... Eigentlich war ich da schon satt, doch ich Held hatte ja noch ein Fischsüppchen bestellt.
Nun, das Fischsüppchen kam (heute leider keine Fotos, weil direkt neben mir Leute saßen, und ich finde es ja eigentlich immer ein bisschen affig, Essen zu fotografieren), und auch wenn ich das nicht "Fischsuppe", sondern "Lachssuppe" genannt hätte, denn der einzige Fisch da drin war Lachs, war die suuuuuuuperlecker. So zarten Lachs, der dir wirklich auf der Zunge vergeht, habe ich selten gegessen, wenn überhaupt schon ...
Ich konsumierte auch hierzu unglaublich intelligenterweise zwei Bier, bezahlte am Ende 53 Euro mit Trinkgeld (ein Schnäppchen im Vergleich zu gestern, und wirklich auch sehr, sehr gut) und lief dann in Richtung Innenstadt.
Mariehamn ist ein Örtchen mit 11.000 Einwohnern, das hat nicht die Riesensehenswürdigkeiten (die Kirche muss ich mir morgen früh nochmal angucken), aber die Architektur hier ist ganz hübsch, und das Rockfestival, was gerade läuft, sorgt dann für eine - recht skandinavische - Hintergrundmusik ...
Ich lief am Landtag von Åland und am Regierungsgebäude vorbei, kaufte ein paar Souvenirs ein (die obligatorische Erinnerungskappe und erstmals seit langer Zeit wieder eine Flagge), fiel dann kurz ins Hotel ein und entschied mich dann, das kleine - kostenlose - Touristenzüglein, das hier durch die Gegend wackelt, mal auszuprobieren.
Ich vermutete, dass das alle Viertelstunde oder so führe, und war pünktlich um 18.40 Uhr am Einstiegspunkt, da fuhr das Ding gerade weg. Ich bat darum, dass man nochmal für mich stoppt, die Leute waren sehr freundlich, eine italienische Familie stieg auch noch zu, und dann ging es zum Fährhafen und dann zurück durch die Innenstadt.
Mit dem Ding fahre ich morgen vielleicht zum Hafen, dann spare ich mir die 15 Minuten Fußweg - mal gucken ...
Ich kaufte ein (Wasser und einen ziemlich teuren Softdrink) und wanderte dann noch einmal zum Lilla Holmen. Ich hatte - klug wie ich bin - meine Unterhose gegen eine Badehose gewechselt und setzte mich erstmal auf die Bank.
Das ist dort ganz schick gemacht, es gibt einen Steg, auf dem Steg gibt es windgeschützte Bänke und ein paar Haken, vom Steg geht eine Treppe ins Wasser, doch erst einmal wollte ich die Wassertemperatur abfühlen (ich sah das Schild mit der Wassertemperatur - 20 Grad - erst später). Ich ließ Steg also Steg sein und ging über den Sand mit den Füßen ins Wasser. Gleichzeitig ging am anderen Ende des Strandes (hundert Meter entfernt) ein kleines Mädchen mit Papa nochmal ins Wasser (es war schon spät und der Strand ansonsten leer). Der Papa fror, das Mädchen war glücklich, und meine Füße waren ... kühl im Wasser ...
Ich überlegte hin und her, ob ich mich ins Wasser traue oder nicht, überwand mich schließlich und stürzte mich in die kühlen Fluten. Sooooooooooooooo schön, aber doch sooooooo kühl ... Ich planschte also ein bisschen in der Ostsee herum, verließ selbige dann aber auch zügig wieder und ließ mich - windgeschützt auf einer Bank sitzend - ein wenig abtrocknen ...
Das funktionierte einigermaßen, dann lief ich in feuchter Badehose am Festivalgelände vorbei in mein Zimmer, duschte und sitze nun auf dem Bett und schreibe diese Zeilen ...
Morgen geht es nach dem Frühstück (schwimmen gehe ich morgen wahrscheinlich nicht mehr ...) dann vielleicht noch ein bisschen in die Stadt, bevor ich so gegen 12.30 Uhr zum Terminal zurückfahre (oder -laufe). Um 13.45 Uhr geht die Fähre, um 18.15 schwedischer Zeit bin ich wieder in Stockholm, dann fahre ich in die Altstadt und schaue mal, wie mein Zimmer dort so ist ...
Die beiden Tage jetzt waren anstrengend, ja, aber morgen wird erstmal ausgeschlafen, und das Schwimmen eben und vor allem das Fährefahren heute Morgen waren soooooooo schön, dieses Durchpustenlassen mag ich ja ganz besonders, das hat richtig Spaß gemacht, und die zweite Packung kommt ja schon morgen ...
Die Reihenfolge der Fotos in den Schären wird womöglich nicht ganz passen ...
Mein Kutter beim Einparken |
Unter finnischer Flagge |
Fährterminal in Stockholm |
Schären |
Kreuzende Autofähre |
Es wird rauer ... |
Insel Yxlan |
Funkturm kurz vor der offenen Ostsee - vorbildlich |
Anfahrt aufs Terminal in Mariehamn |
Links Regierungsgebäude, rechts Landtag von Åland |
Vor 100 Jahren wurde Åland autonom |
Lilla Holmen |
Brrrrr ... |
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