Meine Länder

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Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Sonntag, 31. Dezember 2017

Ein letztes Mal

... im Jahr 2017 habe ich gestern die deutsche Grenze passiert, auf dem Weg aus Venlo, nachdem wir ein paar Stunden zuvor zum Einkaufen in die Niederlande gefahren waren. Ich habe es schon mehrfach hier erwähnt, aber am Ende dieses politischen Jahres habe ich das Bedürfnis, es noch einmal zu sagen: Es ist großartig, die Staatsgrenze zu einem anderen europäischen Land ohne jede Kontrolle überqueren zu können. Es ist großartig, dass ich jederzeit in den Niederlanden anfangen könnte zu arbeiten. Es ist großartig, dass Niederländer ohne Probleme nach Deutschland und Deutsche ohne Probleme in die Niederlande kommen können und dass sich die Rivalitäten zwischen unseren Ländern auf den Fußball (dort aber dann mit vollem Kawumm ...) beschränken. Und ja, es ist großartig, dass es völlig undenkbar erscheint, dass wir Krieg gegeneinander führen. Das ist bei aller berechtigten Kritik, die man sicherlich an der Europäischen Union üben kann, doch eine wahnsinnige Errungenschaft der europäischen Einigung, die - gerade in meiner Generation - manchmal vor lauter Gemeckere über Kleinigkeiten hintenrunterfällt.

Ich habe die Grenzübertritte dieses Jahr nicht gezählt, aber wenn man jede Überschreitung einer Staatsgrenze einzeln zählt, wird das dieses Jahr mal wieder eine dreistellige Zahl gewesen sein. Nicht jeder ging so reibungslos ab wie zu den Niederlanden, zu Belgien, zu Luxemburg, zu Frankreich, selbst zur Schweiz: Manchmal war es einfach unzulängliche Infrastruktur verbunden mit schlechtem Wetter, dass ich mich an der Grenze zwischen Togo und Benin über die Pfützen hangeln musste, manchmal idiotische Boshaftigkeit wie der georgisch-abchasischen "Grenze". In der Regel war der Grenzübertritt dann aber im Rahmen der lokalen Gesetze, außer in Ghana, als ich einen Einreisestempel ohne Visum bekam, was aber wirklich überhaupt niemanden interessiert hat.

Visa gab es in der Elfenbeinküste (fieses Foto), in Ägypten (zum Selbsteinkleben), für den Sudan (ohjeohje), in Kambodscha (schnell und effizient), in Abchasien (als Einlegeblatt), für Usbekistan (passt scho), in Laos (weniger schnell und weniger effizient), in Mauretanien (und stand vor lauter Warten vor verschlossener Grenzkontrolltüre), für Togo und für Benin (da hat mein Pass Meilen gesammelt auf dem Weg nach und aus Berlin ...) - ups, das sind ja eine ganze Menge ...

Keinen neuen Rekord hinsichtlich besuchter Länder habe ich dieses Jahr erreicht, denn ich war dieses Jahr in 26 Staaten dieses Planeten (2009 und 2010 waren es jeweils 27 Länder); wohl aber waren 13 dieser Staaten für mich neu, und das ist in der Tat neuer Rekord (hier war 2010 mit elf neuen Ländern der bisherige Rekord).

Nun soll es Leute geben, die behaupten, ich hätte es dieses Jahr ein bissel übertrieben. Ich? Übertreiben? I wo!

Es ist einfach schön, etwas von der Welt sehen zu können, seien es nun europäische Großstädte, in denen ich noch nie war (Lissabon und Paris Anfang des Jahres, wenn man mag, Las Palmas de Gran Canaria im September, Sajaravo zu Weihnachten) oder in denen ich schon war (Istanbul, Brüssel), seien es angesagte Touristenziele (die Pyramiden zu Gizeh, Angkor Wat). Aber mindestens genauso interessant, mindestens genauso spannend, definitiv herausfordernder, unfassbar belohnend ist es, abseits der ausgetretenen Touristenpfade sich Sehenswürdigkeiten zu erobern, die eben nicht in jedem Reiseführer (oder jedenfalls nicht in den Reiseführern stehen, die "normale Menschen" angucken): Meroe im Sudan ist das perfekte Beispiel hierfür. Nicht jeder sagt "Du spinnst", wenn ich vom Sudan erzähle, aber jeder denkt es, und wenn ich dann mit großer Begeisterung von Meroe und von der Herzlichkeit der Menschen dort erzähle, spielen etliche Gesprächspartner - deutlich an ihrer Mimik ablesbar - mit dem Gedanken, mich aus dem einen (Schwachsinn) oder anderen (Lebensmüdigkeit) Grund endgültig einweisen zu lassen.

Natürlich braucht man eine gewisse (Reise-)Erfahrung, um sich nicht nur von den besorgten Rückfragen von Freunden und Bekannten vor der Reise nicht einschüchtern zu lassen, sondern auch, um tatsächlich das Ziel zu erreichen, wenn einen nicht der Reiseleiter am Flughafen empfängt und zum Hotel bringt, sondern man im unbekannten Ausland vielleicht das Taxi (oder das Tuktuk ...) bemühen muss - aber dann kommt man eben nach Meroe und hat dieses Weltkulturerbe so gut wie für sich allein, dann kommt man Erbil im Nordirak und wandelt als einer von wenigen Touristen durch diese fantastische Zitadelle, dann kommt man nach Abchasien in dieses tolle Kloster Neu-Athos, dann kommt man - und dabei ist Usbekistan ja inzwischen gefühlt fast schon Mainstream - nach Buchara und Samarkand und bestaunt die unfassbaren Portale der Medressen und Moscheen. Dann kommt man nach Luang Prabang mit seinen kaum besuchten buddhistischen Tempeln (und der sehr leckeren Fressgasse), und dann kommt man an einen so unglaublich beeindruckenden Ort wie Ouidah in Benin mit seiner reichen, tragischen Geschichte.

Langer Rede kurzer Sinn: 2017 war toll, und 2018 darf es durchaus so weitergehen.

Mittwoch, 27. Dezember 2017

Un café au lait, s'il vous plaît

Der Kellner in Sarajevo hat ein bisschen komisch geguckt, als meine Mutter auf Französisch bestellte, aber bei der Sprachverwirrung in Sarajevo mit zwei Schriften (wobei man das Kyrillische nur in Ost-Sarajevo, also in den bosnisch-serbisch bewohnten Gebieten sieht) und der Tatsache, dass manche Bosnier besser Deutsch als Englisch sprechen, ist das vielleicht auch kein großes Wunder.

Ich habe gestern unterschlagen, dass wir vorgestern ein wunderbares (riesiges) Mittagessen in einer schönen Gaststätte direkt an der Miljacka und gegenüber des Rathauses hatten. Das "Inat kuća" stand früher an der Stelle, an der heute das Rathaus steht - als die österreichisch-ungarischen Behörden dort bauen wollten, verhandelte er sich einen Sack Goldmünzen heraus und das Versprechen, auf der gegenüberliegenden Flussseite das Haus originalgetreu wieder aufgebaut zu bekommen. Dementsprechend heißt "Inat kuća" auch "Haus des Trotzes". Wir bestellten eine gemischte Vorspeisenplatte und bekamen - für 11 Euro - vier Ćevapi, zwei Steaks, einen Laib tolles Brot und eine ganze Käse- und Wurstplatte (Wurst brauche ich die nächsten Tage keine mehr, so viel wie wir in Sarajevon gegessen haben ...).

Gestern Mittag checkten wir dann aus, machten noch einen kurzen Abstecher zur deutschen Botschaft, wo wir uns einen Gedenkstein für im Bosnien-Einsatz gefallene deutsche Soldaten anschauten (nachdem der Wachmann uns erst zurückpfeifen wollte), und liefen dann mit kurzem Abstecher ins Einkaufszentrum zum Süßigkeitenkauf zurück zum Hotel. Unterwegs hatten wir uns mal wieder optimal abgestimmt, sodass meine Ma wieder mal dachte, ich wäre entführt worden, weil ich mal auf die Toilette musste und sie das nicht mitbekommen hatte und mich suchte ...

Wir waren - nach entspannter Taxifahrt - viel zu früh am Flughafen, tranken noch etwas (unter anderem einen Milchkaffee, siehe oben) und reisten dann (wieder mit Stempel, juchhe) aus Bosnien-Herzegowina aus. Überpünktlich kamen wir in Sarajevo weg und entsprechend pünktlich in Wien an. Wir absolvierten das prächtige Erlebnislabyrinth durch den Wiener Flughafen (wer über Frankfurt klagt, der muss mal nach Österreich, Frankfurt ist ein Wunder an kurzen Wegen dagegen, naja, okay wenn du von A ganz außen zu E willst, vielleicht nicht ...), nachdem der Grenzer mich gefragt hatte, ob die Einreisende vor mir die "Frau Mama" war (ja, war sie ...).

Auf dem Flug von Wien nach Frankfurt fragte der Austrian-Airlines-Steward hartnäckig "'Clementinen' oder Schokolade?", was die deutschen Reisenden, die keine Schokolade wollten, ebenso hartnäckig mit "Eine Mandarine, bitte" beantworteten. Seid's deppert?

Wir kamen in Frankfurt an, fuhren mit der S-Bahn (welche Überraschung) und dem Bus zurück in meine Bude, es gab noch ein Süppsche und dann ging's in Bett ...

Joa, das war's noch nicht ganz für 2017, denn zwei Grenzübertritte wird es noch geben, einen von Deutschland in die Niederlande und einen zurück. Am Samstag fahren meine Mutter und ich noch zum Einkaufen nach Venlo und zum Treffen mit den Cousinen meiner Mutter ins Rheinland. An Silvester geht es zurück nach Wiesbaden; erstmals, seit ich in Wiesbaden wohne, wird Silvester in meinem Wohnzimmer beendet, es geht ins Sherry & Port.

Wenn an Silvester noch Zeit ist zwischen Heimkunft und Abmarsch zum Silvesteressen, gibt es ein Fazit für 2017, sonst halt irgendwann Anfang 2018 ... Oder morgen. Oder übermorgen. Emol luege, sagt man im Schwarzwald, mal schauen ...

Dienstag, 26. Dezember 2017

Auf zum Tunnel

... hieß es gestern Morgen, denn ich wollte mir gerne den Tunnel unter der Flughafenlandebahn ansehen, der während der Belagerung Sarajevos die eingeschlossene Stadt versorgte. Das Ganze musste unterirdisch erfolgen, weil die bosnischen Serben die Leute, die über die Landebahn rannten, beschoss und sich die UNO, die den Flughafne kontrollierte, auch nicht immer als wirklich hilfreich erwies ...

Man hätte das ganz entspannt mit dem Tourbus machen können, aber mein sportlicher Ehrgeiz hatte mich wieder gepackt, dass wir in die Straßenbahn Nr. 3 ein- und an der Endhaltestelle in den Bus Nr. 32a umstiegen. Ich wusste, wo wir aussteigen sollten, der Bus fuhr erst nicht so wie er sollte, bis sich herausstellte, dass er nur eine Schleife fährt; schließlich kamen wir am anvisierten Ort an und mussten noch ein paar Minuten durch die nebligen Vororte Sarajevos und parallel zur Landebahn des Flughafens entlanglatschen.

Weihnachten war den Inhabern des Tunnelmuseums ziemlich egal, denn es war geöffnet. Nach dem Entrichten von 10 Mark (ca. 5 Euro) Eintritt durften wir eintreten. Doch, ich muss sagen, dieses kleie, aber feine Museum ist einen Besuch wert. Es ist schon spannend, in dem verbliebenen 25-Meter-Stück des ca. 1.000 Meter langen Tunnels unterwegs zu sein, immer darauf bedacht, sich nicht die Rübe anzustoßen.

Sehr spannend ist auch die Karte der eingeschlossenen Stadt, wo man so einen leichten Eindruck der Idee einer Ahnung bekommt, wie es in der über mehr als drei Jahre belagerten Stadt zugegangen sein muss, zumal es auch noch einen viertelstündigen Videofilm hierüber gibt.

Danach fuhren wir - als der Bus endlich gekommen war - zurück zur Straßenbahnhaltestelle und in die Altstadt, wo wir noch nach Souvenirs schauten, das Souvernir, das wir am Samstag gesehen hatten, nicht mehr fanden, und daher unverrichteter Dinge abzogen.

Es folgte eine kurze Stippvisite im Museum, das an das Attentat von 1914 erinnert, ehe wir uns zu unserer üblichen Nachmittagsunterhaltung in unsere inzwischen zum Stammlokal gewordenen Brauereigaststätte zurückzogen.

Joa, heute Morgen fiel das Frühstück ein wenig dürftiger aus.

Gleich machen wir noch einen kurzen Ausflug zur deutschen Botschaft, ehe es dann schon wieder zum Flughafen und nach Wien und Frankfurt geht. Mal sehen, ob wir unseren gebuchten Flug erwischen, wir haben ja nur 45 Minuten Umsteigezeit in Wien, aber das wird schon schiefgehen ...

Ob ich die Aussage der jungen Frau, die im Flieger neben uns saß, dass Sarajevo die schönste Stadt der Welt sei, unterschreiben würde, weiß ich nicht - aber eine schöne Stadt ist es schon. Das war schon interessant hier ...

Ewige Flamme im Stadtzentrum für die Opfer des Zweiten Weltkrieges

Treppe zum Tunnel

Im Tunnel

Hoffentlich ist das nur Illustration ...
 Umsteigen ist natürlich in Wien und nicht in Frankfurt; das habe ich korrigiert.

Sonntag, 24. Dezember 2017

Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier

,,, dann steht der Mann mit Hammer vor der Tür. Was willst du mit dem Hammer, sprich! Kartoffelschälen, verstehste mich?

Nach diesem stilechten Ausflug in deutsches Kulturgut kommen wir zum heutigen Bericht aus Sarajevo:

Ich habe gestern Abend noch ein bisschen Football im bosnischen Fernsehen geschaut, aber nach der ersten Halbzeit aufgegeben - entsprechend lang schlief ich heute aus, und meine Ma schmiss mich überraschenderweise erst gegen 8.30 Uhr aus dem Bett. Ich duschte, und wir gingen in den sehr schönen Frühstücksraum im Keller, um unser Morgenmahl einzunehmen. Dort gab es - in einem einem Birkenwald nachempfundenden Ambiente - schon zum Frühstück Knoblauchwurst mit Gemüse, aber natürlich auch "normalere" Frühstückszutaten wie Unmengne von Salami und Käse, Obst (incl. einem frischen pressendem Orangensaftautomaten) - doch, das Frühstück bestätigt die gute Reputation des Hotels.

Ziemlich spät, so gegen 10.30 Uhr, ging es raus und wir liefen wieder in Richtung Innenstadt. Es ging kurz in die Markthalle (die hieß wirklich so, bis die Bosnier das auf "Markale" verkürzten; hier war der Schauplatz eines Mörserangriffs auf Sarajevo, der schließlich zum Eingreifen der NATO führte). Wir standen vor der Heilig-Herz-Kathedrale, als uns ein Hinweisschild auf eine Galerie auffiel, die eine Ausstellung zum Srebenica-Massaker vorhält.

Durch den in ermutigendem Grau gehaltenen Gang ging es zum in ermutigendem Grau gehaltenen Fahrstuhl, ehe wir in die Ausstellung eintreten konnten - die sechs Euro Eintritt lohnen sich, auch wenn das weniger ein Dokumentationszentrum ist als eine durchaus emotionalisierende Ausstellung. Das Video mit den Berichten vom Juli 1995 ist jedenfalls nichts für schwache Nerven, und entsprechend brauchte ich nach dem Besuch dort erstmal ein Bier.

Bei ungewöhnlich schönem Wetter (nichts da mit grau in grau) ging es wieder durch die Altstadt in Richtung des Rathauses, dann über die Brücke und wieder hoch zu unserer Brauereikneipe von gestern.

Ein Bier wurde getrunken, wir unterhielten uns sehr gut, ein zweites folgte, danach kam ein Vorspeisenteller, und zum Rest des Nachmittags verweigere ich die Aussage.

Danach ging es über die Brücke zurück in die Altstadt, und weil wir noch ein Hüngerchen hatten, versuchten wir, eine Ćevapi-Kneipe zu finden. Das war schwieriger als gedacht, und am Ende landeten wir im Foodcourt eines Einkaufszentrums, wo wir Ćevapi mit (viel) Zwiebeln bekamen.

Ein etwas anderer Heiligabend, aber alles in allem ein sehr, sehr interessanter mit einem Wechselbad an Gefühlen - vom Grau der Srebrenica-Ausstellung über den strahlenden Sonnenschein bis hin zum sehr entspannten Gespräch mit meiner Ma. Irgendwie schön heute, trotz allem ...

Danach gingen wir bald nach Hause und sind schon wieder in sämtlichen Betten - das ist ein entspannter Weihnachtsurlaub ohne Riesenprogramm, so ist es schön, so ist es richtig ...

Markthalle, später "Markale" genannt

Heilig-Herz-Kathedrale

Moschee

Sebilj-Brunnen, Wahrzeichen Sarajevos

Rathaus

Samstag, 23. Dezember 2017

Entscheidungsfreudig

... waren wir heute aber sowas von gar nicht.

Obwohl wir gestern um 20 Uhr, spätestens 20.30 Uhr, im Bett waren (hatte ich erwähnt, dass ich völlig fertig war?), war der Wecker um 4 Uhr grausam, und das, obschon meine Mutter schon seit halb drei gelesen hatte, weil sie wegen der Musik in der Kneipe untendrunter nicht mehr schlafen konnte.

Naja, meine Mutter hüpfte um 4.30 Uhr wie ein junges Reh durch meine Wohnung, während ich mich wie ein waidwund geschossener alter Hirsch aus meinem Bett erhob und ins Bad wankte. Die Dusche erweckte die im Koma liegenden Lebensgeister jedenfalls zu einem Drittel, sodass ich gegen 5.30 Uhr aus dem Bad wankte (weniger als zuvor) und wir uns mit Sack und Pack in Richtung Bus machten.

Meine Ma hat einen Rollkoffer dabei, ich eine Tragetasche (wir flogen nur mit Handgepäck), und weil ich nicht nur ein fantastischer Sohn, sondern auch stinkfaul bin, stellte ich meine Tasche auf Mutters Rollkoffer und zog diesen dann durch die Gegend - win-win-Situation heißt das auf Neudeutsch, glaube ich ...

Wir erwischten trotz Busverspätung gerade noch so die S-Bahn zum Flughafen, die Fahrt war ereignisarm, am Flughafen ging es durch die gähnend leere Sicherheitskontrolle und danach in Gefilde von Terminal 1A, die ich noch nie gesehen hatte ... Dass es sowas noch gibt in Frankfurt, tsts ...

Nun saßen wir - wie immer, wenn ich viel Puffer einplane - viel zu früh am Gate, unser Flieger kam, fuhr vor unseren Augen noch einen Viertelkreis, wir beobachteten die (vielen) Menschen (wo kamen die denn alle her?!), die aus dem Flieger ausstiegen und stiegen dann unsererseits ein.

Die Stewardess hatte, weil wir am Notausgang saßen, extra für uns ein Gepäckfach freigehalten, und weil diese "Anja von der Zwei", wie sie sich am internen Telefon meldete, sehr freundlich war, kamen wir ins Gespräch, während wir auf dem Weg zur Startbahn West waren. Wenn alle Stewardessen so freundlich und liebenswürdig wären, wäre das Fliegen eine noch schönere Erfahrung ...

Nach nur 35 Minuten Flug kamen wir in München an, gingen an der Schlange vorbei durch die elektronische Ausreisekontrolle und nahmen dann ein stilechtes bayerisches Frühstück ein: Bier und Weißwurst - morgens, halb zehn, in Bayern ...

Um 10.40 Uhr waren wir an unserem Gate, bekamen eine Abschiebung ziemlich hautnah mit und durften dann einsteigen. Dieser Flug, diesmal nicht am Notausgang und ohne intensives Gespräch mit der Stewardess, wurde auch in eineinhalb Stunden umgebracht, sodass wir trotz anfänglicher Verspätung praktisch pünktlich in Sarajevo waren.

Wir stiegen hinten aus, liefen über das Vorfeld (auch bei der Lufthansa, mit einem schönen Gruß in die Matthias-Claudius-Straße) und zur Einreisekontrolle, die schnell ging und mit einem weiteren Stempel in meinem Pass endete.

Der Zoll wollte nichts von uns, ich holte kurz Geld und schon waren wir im Freien (der Flughafen Sarajevo ist übrigens von der Größe her ziemlich, äh, süß - mit zwei Fluggastbrücken und zwei Gepäckausgabebändern). Es war 13.10 Uhr, der Bus sollte um 13.15 Uhr fahren, sodass wir warteten. Und warteten. Und warteten. Es wurde 13.30 Uhr, es wurde 13.45 Uhr, wir überlegten hin und her, ob wir warten oder doch ein Taxi nehmen oder zum nächsten Einkaufszentrum laufen und von dort mit dem Bus fahren. Wir waren gerade im Begriff, ein Taxi zu nehmen, da kam - um 13.50 Uhr - der vermaledeite Bus.

Wir wollten gerade einsteigen, da eröffnete der Fahrer uns in akzeptablem Englisch, dass er erst um 15 Uhr - zur nächsten Abfahrtszeit - führe. Als er hörte, dass wir Deutsch sprachen, sagte er uns in fast perfektem Deutsch, dass wir doch ein Taxi nehmen sollten - das nenne ich mal Wettbewerbsverzerrung.

Wir hatten lange gesessen, also entschieden wir uns - endlich - zur nächsten (Option 4!) Straßenbahnhaltestelle zu gehen und dort in die Straßenbahn einzusteigen. Gesagt, getan. Der Mut verließ uns, als wir feststellten, dass es keinen Bürgersteig gab. Von drüben brüllte ein Mann auf uns ein, dass er uns fahren würde, den ignorierten wir gekonnt.

Nun standen wir wieder in der Nähe des Flughafens und konnten uns - der Schlafmangel war schuld, ganz eindeutig - wieder nicht entscheiden, als ein Mann auf uns zugeschossen kam, in gutem Englisch für 10 Euro die Fahrt anbot und wir dann froh waren, dass uns endlich jemand die Entscheidung abgenommen hatte.

Er holte sein Auto, in dem noch seine Frau saß (die sprach nur Russisch, während er noch Arabisch konnte ...), und wir fuhren los. Erst fuhr er mit uns ein Stück in die unmittelbar an Sarajevo angrenzende Republik Srpska, die zweite Teilrepublik Bosnien-Herzegowina, und dann durch ländlich anmutende Vororte von Sarajevo, weil auf der Hauptstraße die Hölle los sei. Es ging vorbei an einem riesigen Friedhof, ehe er uns bei der Einfahrt nach Sarajevo seine Dienste als Fahrer anbot - mal sehen, ob wir sie wahrnehmen ...

Er brachte uns sicher zu unserem Hotel, verabschiedete sich artig und wir konnten einchecken. Unser Hotel ist ein hübsches Boutique-Hotel mit vielen Fototapeten, die Stadtansichten von Sarajevo zeigen, unser Zimmer und unser Bad sind sehr hübsch und ziemlich groß - das Hotel gefiel uns auf Anhieb.

Wir machten uns kurz frisch, versuchten dann im "dm" direkt neben dem Hoteleingang, Kontaktlinsenflüssigkeit zu erstehen, weil ich zwar nicht die Flüssigkeit, aber die Behälter vergessen habe, machten dabei die Erfahrung, dass dieser "dm" alle Waren hat, die ein deutscher "dm" hat (einschließlich deutschsprachiger Beschriftung), nur eben keine Kontaktlinsenflüssigkeit. Wir wurden an eine Apotheke verwiesen, aber ich habe mir jetzt anders beholfen - wird schon passen.

Wir machten einen kurzen Stadtspaziergang, gingen in die (orthodoxe) Frauenkirche und dann in Richtung Baščaršija, dem Altstadtviertel von Sarajevo. Ich muss sagen, ich bin von Sarajevo ziemlich begeistert, denn dieses Gemisch aus westlichen (österreich-ungarischen) und islamischen (osmanischen) Einflüssen gefällt imr sehr, sehr gut. Dieses Altstadtviertel ist voller hübscher Gässchen mit Pflastersteine, in denen kleine Snacks und Souvenirs verkauft werden, ohne dass man ständig angelabert wird (außer von einigen Bettlern) - das Stadtbild hat mit seiner sichtbaren Grandezza und den nicht mehr ganz nach Neubau aussehenden Häusern einen ziemlichen Charme, jedenfalls bin ich sehr gespannt darauf, dieses Städtchen (von einer halben Million Einwohner!) in den nächsten Tagen noch einmal ausgiebiger zu erkunden.

Wir überquerten schließlich eine der vielen Brücken über das Fluss und gingen dann eine Gasse hoch, weil sich an deren Ende eine hübsche (und etwas teurere) Brauereigaststätte befinden sollte. Meine Ma weigerte sich fast, mir auf die dunkle Straße zu folgen, aber als wir dann am Ende in der Brauerei ankamen, war sie froh, dass sie sich nicht aus dem Staub gemacht hatte.

Wir tranken (für sündhaft teure 1,75 Euro für den halben Liter) lecker Schwarzbier, aßen sehr akzeptable bosnische Spezialitäten und tranken als Absacker bosnische Brandys, einmal von der Aprikose, einmal von der Quitte. Sehr lecker, das Ganze.

Gefühlt um 23 Uhr, tatsächlich war es 19.30 Uhr, verließen wir das Lokal, das uns an unser englisches Pub in Folkestone erinnerte, und liefen - am Fluss entlang und über die Lateinerbrücke in Richtung unseres Hotels.

Hier haben wir jetzt einen letzten Schluck kalte Cola genommen, um 22.30 Uhr kommt Football, mal sehen, ob ich das gucke oder vernünftig bin.

Sarajevo hat uns - nach den Wirren der Anreise vom Flughafen zum Hotel - sehr gut gefallen. Am Flughafen hatten zwei Deutschsprachigen zugehört, die meinten, dass sie gar nicht verstünden, wieso neuerdings so viele Touristen nach Sarajevo kämen - die Antwort ist einfach: Es ist hübsch hier, die Mischung aus ganz alt, ziemlich alt und massiv modern ist spannend, das Leben ist günstig, das Bier und das Essen (jedenfalls am ersten Abend) ist gut. Joa, schick hier ...

Allen Lesern, die morgen um 20 Uhr oder so Besseres zu tun haben als den Blog zu lesen, wünsche ich schon einmal - soweit sie Weihnachten feiern - ein frohes Fest! Aber wer nach dem Heiligabendessen und der Bescherung noch was lesen möchte von unserer Tour, der kann natürlich gerne morgen wieder reinschauen, ich hoffe, dass ich wieder etwas zu Papier - höhö - kriege ...

Frauenkirche

Baščaršija

Lateinerbrücke bei Nacht

Freitag, 22. Dezember 2017

Fertig

... sind wir mit dem Kofferpacken, völlig fertig bin ich. Es ist noch nicht mal 19 Uhr und ich bin auf dem Sprung ins Bett. Der letzte Arbeitstag vor Weihnachten war heute sehr, sehr zäh, und umso mehr freue ich mich, vier Tage am Stück rauszukommen. Das wird schön ...

Morgen muss ich mich früh aus dem Bett quälen, der Wecker geht um 4 Uhr, ich werde um 4.30 Uhr aufstehen, denn um 5.40 Uhr oder so geht der Bus zum Bahnhof und die S-Bahn zum Flughafen, sodass wir um halb sieben oder so am Flughafen sind. Das müsste - selbst wenn wieder die ganze Sicherheitskontrolle aus Anfängern besteht - reichen, um um 7.45 Uhr am Gate zu sein ...

Um 8.15 Uhr geht es nach München, dort werden wir ausreisen und dann um 11.20 Uhr in Richtung Sarajevo starten. Gegen 12.45 Uhr oder sind wir in Bosnien-Herzegowina, ich bin gespannt, ob wir einen Stempel in den Pass kriegen, und dann fahren wir wahrscheinlich mit dem Taxi ins Hotel.

Ich habe in den letzten Tagen schon ein paar Kneipen ausgesucht, in eine von welchen wir wahrscheinlich einfallen werden, um den hoffentlich erfolgreichen Abschluss der morgigen Reiseetappe zu begießen. Und dann haben wir zwei Tage Zeit, um uns in Sarajevo umzugucken.

Ich bin gespannt ...

Sonntag, 3. Dezember 2017

Es ist schon lustig

..., da war ich bis zum Januar dieses Jahr noch nicht einmal in Lissabon, und jetzt werde ich innerhalb von gut 14 Monaten auf vier Reisen (zumindest) den Lissaboner Flughafen sehen.

Ich saß am Donnerstag Abend nach einem langen Arbeitstag im Sherry, und ich weiß gar nicht, was mich geritten hat, einfach mal nach Flügen nach Lissabon zu gucken. Ich traute meinen Augen kaum, als da 31,34 Euro pro Person für den Hin- und Rückflug (mit Ryanair) aufschienen. Ich buchte stehenden Fußes für meine Mutter und mich und informierte meine Mutter (erst) hinterher, dass wir am Freitag, dem 26. Januar am frühen Nachmittag nach Lissabon und am Sonntagmorgen (das ist ein kleiner Wermutstropfen) nach zwei Abenden in Lissabon wieder zurückfliegen.

Damit habe ich dann auch mein Geburtstagsgeschenk zu ihrem 70. eingelöst, bevor sie den nächsten Geburtstag hat - auch gut. Ein Hotel werde ich vermutlich noch heute buchen und dann kann Lissabon kommen.

Damit wird es nach dem Januar-Wochenende 2017 und dem Umsteigen auf dem Weg nach und aus Togo im September/Oktober dann 2018 wieder ein Januar-Wochenende und ein Umsteigen geben, diesmal auf dem Weg nach und aus Guinea-Bissau.

Ich habe jedenfalls am Freitag dem Barchef im Sherry gesagt, dass ich mal versuche, ausnahmsweise keinen Flug zu buchen, während ich an der Theke sitze - hat geklappt ...

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Wir werden sehen, was das Jahr 2018 in, sagen wir, nicht-reisetechnischer Hinsicht bringt, aber sei es wie sei, nach der WM-Auslosung und der Erkenntnis, dass Deutschland am 27. Juni in Kasan spielt, werde ich in den nächsten Wochen schauen, dass ich eine Karte für das Spiel kriege. In Kasan lebt ja meine syrische Bekannte, die ich Ende 2009 - Wahnsinn, das ist schon acht Jahre her ... - mit meinen beiden Briten in Syrien besucht habe. Über Facebook haben wir schon geschrieben, mal sehen, ob das funktioniert.

Ich habe ja 2010, 2012 und 2014 Glück mit dem Kartenbestellen gehabt und 2016 auch Glück in der Kurzfristbestellung, jetzt hoffe ich halt, dass ich beim fünften Großturnier in Folge (Confederations Cup zählt nicht!) eine Karte für ein Deutschland-Spiel ergattere.

Wenn das alles zeitlich passt, könnte man ja auch mal gucken, ob man nach Südossetien kommt.

Die Kartenverkaufsphase endet jedenfalls am 31. Januar 2018, und ein paar Tage danach werde ich wahrscheinlich wissen, was kommt.

2018 wird interessant.