Nachklapp zu gestern: Ich bin dann in dieses gut bewertete Restaurant rein und war, ähm, überrascht. Wenn normale sudanesische Gaststätten vielleicht ein bisschen versifft sind, dann war das Teil das komplette Gegenteil ... Ich glaube, hier hätte man vom Fußboden essen können, so oft, wie der gewischt wurde. Dieses Restaurant mit dem Charme einer Krankenhaus-Kantine bot aber ganz gut aussehende Gerichte an (die Karte hatte Bilder drauf) und ich machte - wie so oft im Ausland - den Fehler, mal wieder Lamm zu probieren. Ich weiß, dass kein Lamm dieser Welt an das Lamm meiner Ersatzoma rankommt, aber immer wieder fühle ich mich bereit, es mir mal wieder bestätigen lassen. Nun denn, das Lamm war ungefähr vier Mal tot, denn es war nicht nur durch, es war mehr als durch, und aufgegessen habe ich auch nicht, weil die Portion riesig war. Lichtblicke waren der (fantastische!) Mango-Shake und das leckere Brot mit einer scharfen Soße. Die scharfe Soße war auch dazu da, eventuelle Keime vom Salat fernzuhalten, sodass ich trotz Genusses von Salat wunderbar lebe ... Und bezahlbar was das alles sowieso (9 Euro).
Achso, und kaum hatte ich von dem "sehr seltenen" Ereignis jeanstragender Frauen berichtet, da kam gestern ein schon älterer Papa mit seinen drei Töchtern rein - alle drei trugen Jeans. Ich korrigiere auf "selten" ...
Einen hab ich noch von gestern: Ich war mal wieder mit dem Amjad unterwegs, als der Fahrer plötzlich an der Flughafenstraße anhielt, in Seelenruhe den Kofferraum öffnete (vierspurige Straße ohne Standstreifen!), den Benzinkanister holte, mich vom Beifahrersitz verjagte, diesen hochklappte, Benzin einfüllte, wieder einstieg und weiterfuhr ... Tja, Sudan halt ...
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Heute Morgen wurde ich um 7 Uhr abgeholt. Mein Fahrer sprach nicht wirklich gut Englisch und war auch nur wirklich der Fahrer und kein Guide, aber für diesen Fall hatte ich ausnahmsweise vorgesorgt und mir die Wikipedia-Einträge zu den drei Zielen des heutigen Tages heruntergeladen.
Wir fuhren durch Khartum-Nord und hielten erstmal stadtauswärts an einem der vielen Stände an. Mein Fahrer kaufte sich ein paar Fladenbrote, ich tat es ihm nach, er ging weiter, während ich wartete - vielleicht wartete ich darauf, dass er sich die georderten Falafel abholt, vielleicht wartete ich auf den Osterhasen, ich weiß es nicht, jedenfalls kam er zurück und hatte sich woanders sein restliches Frühstück geholt, sodass ich jetzt "nur" mein Brot hatte - vorweg: trocken Brot war lecker, aber ich hatte heute den Tag über sowieso keinen Hunger, nur Durst ...
Während ich da so wartete, fragte mich der Brotverkäufer, wo ich herkäme. "Almanya", sagte ich. "Ah," erwiderte er, "Bayern Munich!" So schnell wie ich "La, la, la, la, la!" (übersetzt: "Nein, nein, nein, nein, nein") sagte, konnte man gar nicht gucken - alle Umstehenden lachten ...
Mein Triumph der Rache sollte bald kommen, denn während wir so durch die sudanesische Pampa fuhren (die Landschaft wechselt recht häufig zwischen ziemlich Wüste und, dort, wo ein Wadi in der Nähe fließen könnte, durchaus sichtbar grünerer Vegetation), erblickten meine müden Augen einen Jungen in einem BVB-Trikot - in einem Dorf, eine halbe Stunde, Stunde nördlich von Khartum. Und das war übrigens nicht der erste Junge oder junge Erwachsene, der ein BVB-Trikot hier herumtrug. Okay, von dem Schicki-Micki-Verein aus München laufen auch ein paar rum, sogar ein HSV-Trikot habe ich gesehen (!!!), aber meist sind es die englischen (etwa Manchester United noch mit dem Sponsor vor Chevrolet ...) und auch spanischen Clubs, deren Farben hier getragen werden.
Nach dreieinhalb Stunden Fahrt auf ziemlich guter Straße mit gelegentlichen Schlaglöchern, der der Jeep aber allesamt gut abfangen konnte (mein Fahrer überholte natürlich wie ein Weltmeister, weil es nicht nur langsame Lkws und Busse, sondern auch etliche Amjads und das eine oder andere Tuktuk auf der Fernstraße gab ...), sah ich rechts einen Hügel mit komischen Bauwerken drauf. Kaum hatte ich sie erblickt, bog der Fahrer auch schon rechts ab - aber da war keine Straße, da war nur trockenes Sand-Stein-Gemisch mit dem einen oder anderen Baum dazwischen. Ab ging's, offroad, einfach nur auf einer Sandpiste (oder auch gelegentlich komplett ohne Piste) über die Steppe.
An den Pyramiden von Meroe, einem Weltkulturerbe, stand genau ein anderer Jeep, sonst nüscht. Ich zahlte an einem komischen Eintrittshäuschen 150 sudanesische Pfund (7,50 Euro), wobei ich keinen offiziellen Beleg erhielt und vermute, dass der Eintrittspreis dort tagesformabhängig ist, und Meroe war meine Auster ...
Ähm, ja, erstmal lief ich eine mittelprächtige Düne hoch, um dann von hinten durch die Brust ins Auge, äh, die Pyramiden von hinten aufzurollen. Ich lief also, keine Absperrungen, kein gar nichts, zwischen zwei Pyramiden hindurch - und konnte mein Glück kaum fassen. Links und rechts drei Dutzend Pyramiden unterschiedlicher Größe, manchmal mit "Kapellen" vornedran, manche ohne, vor mir ein wunderschönes Tal, hinten rechts nochmal ein paar Pyramiden, und nur in der Ferne links konnte ich zwei Touristen und ihren Guide ausmachen, sonst war hier niemand - kein anderer Mensch, nicht einer! Unfassbar. Unfassbar schön.
Ich guckte mir die Kapellen an (die haben Holztüren, die man bitte auf und zu machen möge, damit der Sand - und ja, der Sand wehte ganz schön arg, ich war überall sandig, bis hinters Ohrläppchen ... - die Reliefe nicht abschmirgele) und war von ebendiesen Reliefen sehr angetan. Klar, der Zahn der Zeit hat an vielen der Pyramiden genagt, einige sind zusammengebrochen oder - wie so oft - als Steinbruch genutzt worden, andere waren mit Beton wiederaufgebaut worden, aber das Panorama, das ich dann, als ich in das Tal ging in Richtung der anderen Pyramidengruppe, voll wahrnehmen konnte, das ist fantastisch. Traumhaft schön (jaja, Fotos kommen gleich).
Die südliche, kleinere Pyramidengruppe war ebenfalls schick, wenn auch nicht so gut hergerichtet wie die nördliche, aber beim Blick auf die nördliche Pyramidengruppe von dort aus musste ich den Hut ziehen, naja, okay, der Wind fegte ihn mir vom Schädel, aber trotzdem ...
Während ich da oben stand, kam der (eine) Kameltreiber von Meroe und wollte mich überzeugen, meinen Astralkörper auf das arme Vieh zu wuchten. Mit der gleichen Begründung wie in Ägypten (Tierquälerei) lehnte ich ab, was den Kameltreiber ernsthaft traurig zu machen schien. Kaum war er weg, hatte ich wieder das Panorama für mich.
Ich lief zu den zwei etwas abseits stehenden Pyramiden, die ich noch nicht begutachtet hatte, machte dort ein - wie ich finde - richtig schönes Foto mit Pyramide und Düne davor, kraxelte danach die Düne hoch und hatte diesmal einen Panoramablick auf beide Pyramidengruppen - toll, toll, toll ...
Als ich im Gehen begriffen war und eine Schlussrunde drehte, begegneten mir zwei Sudanesen und, unabhängig von ihnen, eine Mutter mit ihren Kindern - okay, das sind dann zwei mehr als eine Handvoll, aber trotzdem war das Ding soooooo leer - es ist eine Schande, dass nicht mehr Menschen kommen, um diese tollen Schätze der Menschheit anzugucken.
Nachdem ich - mehrfach zurückgehend und noch ein Abschiedsfoto schießend - mich nach eineinhalb Stunden zum Ausgang begeben hatte, fielen auf einmal alle fünf Händler (zwei Männer, drei Kinder) über mich her, um mir ihren Nippes zu verkaufen. In Anbetracht der Tatsache, dass sie extra für mich ihren Schattenplatz aufgegeben hatten, kaufte ich einem von ihnen (keinem der Kinder!) so eine Sandsteinnachbildung einer Pyramide ab - 50 Cent, der hat das Geschäft seines Lebens gemacht und ich habe eine Erinnerung an Meroe.
Ich schreckte meinen Fahrer auf, der gerade ein Schläfchen hielt, und schon ging es wieder zurück. Ich mampfte eines der Brote (das war meine einzige Mahlzeit bis heute Abend), trank dazu inzwischen warmes Wasser, aber mir war's wurscht.
Nach einer Stunde Fahrt bog mein Fahrer wieder ab, wieder ins sudanesische Outback, aber diesmal fuhren wir sicherlich 20, 30 Minuten, bis wir in - die Buchstabenkombination kann ich mir nie merken -Murawassat, ach, Mann, Musawwarat ankamen. Mein Fahrer (der übrigens gefühlt von Khartum bis Port Sudan jeden Polizisten, jeden Antiquitätenaufseher, ach, was sag ich, jeden einzelnen Busch namentlich grüßen könnte) hupte irgendwohin (machte er übrigens gerne, vor allem, wenn irgendein Hirsch von links oder rechts in unsere Überholspur zu fahren drohte) und zeigte auf ein Gebäude weiter hinten.
Dort kamen wir zeitlich mit einem Professor und vier seiner Studenten an, und wenn ich es richtig verstanden hatte, nahm der Professor mich kurzzeitig als seinen Studenten unter seine Fittiche, damit ich keinen Eintrag zahlen musste. Oder so ...
Dieser Tempel des Apedemak ist ebenfalls reich mit Reliefen geschmückt und zwar sowohl innen wie auch außen - und das guckt sich kein Mensch an, es ist soooo traurig. Jahrtausendealtes Kulturgut und keiner kennt es, geschweige denn, fährt dorthin. Sehr schade, aber so musste ich diese ganzen Weltkulturerbestätten nur mit ganz wenigen Leuten teilen (der Gegensatz zu Gizeh ist halt zu offensichtlich - ja, die Pyramiden in Gizeh sind deutlich größer, aber es sind halt nur eine Handvoll, während es in Meroe ein paar Dutzend sind, und die Reliefe an diesem Tempel in Musawwarat sind wirklich toll), auch gut ...
Wir fuhren danach ein paar Meter weiter zur "Großen Anlage", einem alten Tempelkomplex, der maßgeblich von deutschen Archäologen erforscht wurde und wird - ein riesiges Areal mit alten Tempeln und Höfen, leider nicht so wirklich beschrieben, leider alles so ein bisschen unorganisiert (man klettert halt über die uralten Steine hinweg, weil es sonst keine richtigen Wege gibt) - aber allen die schiere Größe der Anlage ist beeindruckend, und mit ein bisschen Vorstellungskraft kann man sich ausmalen, was hier vor zweieinhalb Jahrtausenden gewesen sein könnte.
Weiter ging die Fahrt durch das Outback (mein Fahrer wusste zum Glück, was er tat, als er mit 70, 80 Sachen über die Piste rödelte), bis wir nach einer halben Stunde in Naqa ankamen. Diese Anlage besteht aus zwei Teilen: auf der einen Seite ein Tempel, auf der anderen ebenfalls ein Tempel und ein römischer "Kiosk". Nein, da gab es keine Cola und Kippen zu kaufen, sondern das scheint die Fachbezeichnung für einen kleinen Tempel zu sein - wusste ich bis dahin auch nicht (und sorry für die hochkompetente Erläuterung; heute gar nirgendwo dagegengerannt zu sein, scheint auch nicht hilfreich zu sein ...).
Der Aufseher da (oder was sich dafür ausgab) lobte die deutschen Archäologen in höchsten Tönen und bekam auf seine zweimalige Bitte hin ein Papier mit zwei Ziffern drauf (erst gab ich ihm eine der vielen Kopien meines Travel Permit, das ich genau einmal heute abgeben musste; das machte ihn nicht so glücklich wie der Geldschein ...). Ansonsten habe ich nämlich weder in Musawwarat noch in Naqa Eintritt bezahlt; Vitamin B des Fahrers half wohl ...
Nun war es 15 Uhr, und wir fuhren zurück. Ich hatte inzwischen völlig die Orientierung verloren, und wir fuhren sicherlich eine halbe Stunde auf der Piste (Sandpad, sagt man in Namibia, glaube ich), ehe wir wieder festen Asphalt unter den Rädern spürten. Es ging gehobenen Tempos zurück nach Khartum, unterwegs sah ich den einen Touristen wieder, den ich bei der Sufi-Zeremonie gesehen hatte - die Welt ist klein -, ehe wir in Khartum ein bisschen in den Stau kamen (achja, in dem einen Kreisverkehr war ein Auto mit Wiesbadener Ausfuhrkennzeichen unterwegs, ich schwöre).
Ziemlich genau um 18 Uhr war ich im Hotel, ging kurz hoch, aß heute Abend im Hotel Fischfilet (ich hoffe mal, das ist Nilbarsch, dann ist es nämlich doch noch ein sudanesisches Essen gewesen), zahlte (ich erinnerte den Chef daran, dass ich die Registrierung noch zahlen müsste, das hatte er vergessen, im Gegenzug erließ er mir einen Teil des Preises der heutigen Nacht, weil ich morgen schon um 2 Uhr zum Flughafen muss, im Gegengegenzug bekam er 20 Euro für seine Mannschaft in die Hand gedrückt, passt dann schon irgendwie ...) und werde jetzt noch ein paar Stündchen schlafen, ehe um 1 Uhr mein Wecker geht.
Irgendwo habe ich gelesen, dass der Sudan ein Land sei, in das man beim ersten Mal mit ein wenig Bauchgrimmen fahre und bei dem man dann Wehmut verspüre, wenn man es wieder verlässt. Die Aussage kann ich nachvollziehen. Die Freundlichkeit, die echte Neugier der Menschen auf einen Ausländer (nicht das Blinken der Dollarzeichen in den Augen wie in Ägypten bei vielen Tourismusbeschäftigten), das werde ich nicht so schnell vergessen. Khartum ist ganz okay, den Zusammenfluss des Nils zu sehen ist schon ein erhebender Moment, aber sonst ist Khartum keine Stadt mit den gaaaanz großen Attraktionen. Nicht nach Meroe zu fahren (und auch nach Naqa und Musawwarat), wäre eine riesige Eselei gewesen - ich bin froh, dass ich das gemacht habe (und das Herumgefahre im echten Busch war auch wirklich ein Erlebnis).
Lieber Sudan, wenn du die Visumpflicht, die Registrierungspflicht, die Travel-Permit-Pflicht irgendwann mal abschaffst, dann wirst du immer noch nicht so bald von Touristen überrollt werden (zumindest, solange noch kriegerische Auseinandersetzungen im Westen, Süden und Osten stattfinden), aber es werden mehr Leute kommen, denn es gibt wirklich was zu sehen.
So, Fotos wollen heute nicht. Spannungsbogen hochhalten und so, sorry, bis morgen ...
Achso, und kaum hatte ich von dem "sehr seltenen" Ereignis jeanstragender Frauen berichtet, da kam gestern ein schon älterer Papa mit seinen drei Töchtern rein - alle drei trugen Jeans. Ich korrigiere auf "selten" ...
Einen hab ich noch von gestern: Ich war mal wieder mit dem Amjad unterwegs, als der Fahrer plötzlich an der Flughafenstraße anhielt, in Seelenruhe den Kofferraum öffnete (vierspurige Straße ohne Standstreifen!), den Benzinkanister holte, mich vom Beifahrersitz verjagte, diesen hochklappte, Benzin einfüllte, wieder einstieg und weiterfuhr ... Tja, Sudan halt ...
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Heute Morgen wurde ich um 7 Uhr abgeholt. Mein Fahrer sprach nicht wirklich gut Englisch und war auch nur wirklich der Fahrer und kein Guide, aber für diesen Fall hatte ich ausnahmsweise vorgesorgt und mir die Wikipedia-Einträge zu den drei Zielen des heutigen Tages heruntergeladen.
Wir fuhren durch Khartum-Nord und hielten erstmal stadtauswärts an einem der vielen Stände an. Mein Fahrer kaufte sich ein paar Fladenbrote, ich tat es ihm nach, er ging weiter, während ich wartete - vielleicht wartete ich darauf, dass er sich die georderten Falafel abholt, vielleicht wartete ich auf den Osterhasen, ich weiß es nicht, jedenfalls kam er zurück und hatte sich woanders sein restliches Frühstück geholt, sodass ich jetzt "nur" mein Brot hatte - vorweg: trocken Brot war lecker, aber ich hatte heute den Tag über sowieso keinen Hunger, nur Durst ...
Während ich da so wartete, fragte mich der Brotverkäufer, wo ich herkäme. "Almanya", sagte ich. "Ah," erwiderte er, "Bayern Munich!" So schnell wie ich "La, la, la, la, la!" (übersetzt: "Nein, nein, nein, nein, nein") sagte, konnte man gar nicht gucken - alle Umstehenden lachten ...
Mein Triumph der Rache sollte bald kommen, denn während wir so durch die sudanesische Pampa fuhren (die Landschaft wechselt recht häufig zwischen ziemlich Wüste und, dort, wo ein Wadi in der Nähe fließen könnte, durchaus sichtbar grünerer Vegetation), erblickten meine müden Augen einen Jungen in einem BVB-Trikot - in einem Dorf, eine halbe Stunde, Stunde nördlich von Khartum. Und das war übrigens nicht der erste Junge oder junge Erwachsene, der ein BVB-Trikot hier herumtrug. Okay, von dem Schicki-Micki-Verein aus München laufen auch ein paar rum, sogar ein HSV-Trikot habe ich gesehen (!!!), aber meist sind es die englischen (etwa Manchester United noch mit dem Sponsor vor Chevrolet ...) und auch spanischen Clubs, deren Farben hier getragen werden.
Nach dreieinhalb Stunden Fahrt auf ziemlich guter Straße mit gelegentlichen Schlaglöchern, der der Jeep aber allesamt gut abfangen konnte (mein Fahrer überholte natürlich wie ein Weltmeister, weil es nicht nur langsame Lkws und Busse, sondern auch etliche Amjads und das eine oder andere Tuktuk auf der Fernstraße gab ...), sah ich rechts einen Hügel mit komischen Bauwerken drauf. Kaum hatte ich sie erblickt, bog der Fahrer auch schon rechts ab - aber da war keine Straße, da war nur trockenes Sand-Stein-Gemisch mit dem einen oder anderen Baum dazwischen. Ab ging's, offroad, einfach nur auf einer Sandpiste (oder auch gelegentlich komplett ohne Piste) über die Steppe.
An den Pyramiden von Meroe, einem Weltkulturerbe, stand genau ein anderer Jeep, sonst nüscht. Ich zahlte an einem komischen Eintrittshäuschen 150 sudanesische Pfund (7,50 Euro), wobei ich keinen offiziellen Beleg erhielt und vermute, dass der Eintrittspreis dort tagesformabhängig ist, und Meroe war meine Auster ...
Ähm, ja, erstmal lief ich eine mittelprächtige Düne hoch, um dann von hinten durch die Brust ins Auge, äh, die Pyramiden von hinten aufzurollen. Ich lief also, keine Absperrungen, kein gar nichts, zwischen zwei Pyramiden hindurch - und konnte mein Glück kaum fassen. Links und rechts drei Dutzend Pyramiden unterschiedlicher Größe, manchmal mit "Kapellen" vornedran, manche ohne, vor mir ein wunderschönes Tal, hinten rechts nochmal ein paar Pyramiden, und nur in der Ferne links konnte ich zwei Touristen und ihren Guide ausmachen, sonst war hier niemand - kein anderer Mensch, nicht einer! Unfassbar. Unfassbar schön.
Ich guckte mir die Kapellen an (die haben Holztüren, die man bitte auf und zu machen möge, damit der Sand - und ja, der Sand wehte ganz schön arg, ich war überall sandig, bis hinters Ohrläppchen ... - die Reliefe nicht abschmirgele) und war von ebendiesen Reliefen sehr angetan. Klar, der Zahn der Zeit hat an vielen der Pyramiden genagt, einige sind zusammengebrochen oder - wie so oft - als Steinbruch genutzt worden, andere waren mit Beton wiederaufgebaut worden, aber das Panorama, das ich dann, als ich in das Tal ging in Richtung der anderen Pyramidengruppe, voll wahrnehmen konnte, das ist fantastisch. Traumhaft schön (jaja, Fotos kommen gleich).
Die südliche, kleinere Pyramidengruppe war ebenfalls schick, wenn auch nicht so gut hergerichtet wie die nördliche, aber beim Blick auf die nördliche Pyramidengruppe von dort aus musste ich den Hut ziehen, naja, okay, der Wind fegte ihn mir vom Schädel, aber trotzdem ...
Während ich da oben stand, kam der (eine) Kameltreiber von Meroe und wollte mich überzeugen, meinen Astralkörper auf das arme Vieh zu wuchten. Mit der gleichen Begründung wie in Ägypten (Tierquälerei) lehnte ich ab, was den Kameltreiber ernsthaft traurig zu machen schien. Kaum war er weg, hatte ich wieder das Panorama für mich.
Ich lief zu den zwei etwas abseits stehenden Pyramiden, die ich noch nicht begutachtet hatte, machte dort ein - wie ich finde - richtig schönes Foto mit Pyramide und Düne davor, kraxelte danach die Düne hoch und hatte diesmal einen Panoramablick auf beide Pyramidengruppen - toll, toll, toll ...
Als ich im Gehen begriffen war und eine Schlussrunde drehte, begegneten mir zwei Sudanesen und, unabhängig von ihnen, eine Mutter mit ihren Kindern - okay, das sind dann zwei mehr als eine Handvoll, aber trotzdem war das Ding soooooo leer - es ist eine Schande, dass nicht mehr Menschen kommen, um diese tollen Schätze der Menschheit anzugucken.
Nachdem ich - mehrfach zurückgehend und noch ein Abschiedsfoto schießend - mich nach eineinhalb Stunden zum Ausgang begeben hatte, fielen auf einmal alle fünf Händler (zwei Männer, drei Kinder) über mich her, um mir ihren Nippes zu verkaufen. In Anbetracht der Tatsache, dass sie extra für mich ihren Schattenplatz aufgegeben hatten, kaufte ich einem von ihnen (keinem der Kinder!) so eine Sandsteinnachbildung einer Pyramide ab - 50 Cent, der hat das Geschäft seines Lebens gemacht und ich habe eine Erinnerung an Meroe.
Ich schreckte meinen Fahrer auf, der gerade ein Schläfchen hielt, und schon ging es wieder zurück. Ich mampfte eines der Brote (das war meine einzige Mahlzeit bis heute Abend), trank dazu inzwischen warmes Wasser, aber mir war's wurscht.
Nach einer Stunde Fahrt bog mein Fahrer wieder ab, wieder ins sudanesische Outback, aber diesmal fuhren wir sicherlich 20, 30 Minuten, bis wir in - die Buchstabenkombination kann ich mir nie merken -
Dort kamen wir zeitlich mit einem Professor und vier seiner Studenten an, und wenn ich es richtig verstanden hatte, nahm der Professor mich kurzzeitig als seinen Studenten unter seine Fittiche, damit ich keinen Eintrag zahlen musste. Oder so ...
Dieser Tempel des Apedemak ist ebenfalls reich mit Reliefen geschmückt und zwar sowohl innen wie auch außen - und das guckt sich kein Mensch an, es ist soooo traurig. Jahrtausendealtes Kulturgut und keiner kennt es, geschweige denn, fährt dorthin. Sehr schade, aber so musste ich diese ganzen Weltkulturerbestätten nur mit ganz wenigen Leuten teilen (der Gegensatz zu Gizeh ist halt zu offensichtlich - ja, die Pyramiden in Gizeh sind deutlich größer, aber es sind halt nur eine Handvoll, während es in Meroe ein paar Dutzend sind, und die Reliefe an diesem Tempel in Musawwarat sind wirklich toll), auch gut ...
Wir fuhren danach ein paar Meter weiter zur "Großen Anlage", einem alten Tempelkomplex, der maßgeblich von deutschen Archäologen erforscht wurde und wird - ein riesiges Areal mit alten Tempeln und Höfen, leider nicht so wirklich beschrieben, leider alles so ein bisschen unorganisiert (man klettert halt über die uralten Steine hinweg, weil es sonst keine richtigen Wege gibt) - aber allen die schiere Größe der Anlage ist beeindruckend, und mit ein bisschen Vorstellungskraft kann man sich ausmalen, was hier vor zweieinhalb Jahrtausenden gewesen sein könnte.
Weiter ging die Fahrt durch das Outback (mein Fahrer wusste zum Glück, was er tat, als er mit 70, 80 Sachen über die Piste rödelte), bis wir nach einer halben Stunde in Naqa ankamen. Diese Anlage besteht aus zwei Teilen: auf der einen Seite ein Tempel, auf der anderen ebenfalls ein Tempel und ein römischer "Kiosk". Nein, da gab es keine Cola und Kippen zu kaufen, sondern das scheint die Fachbezeichnung für einen kleinen Tempel zu sein - wusste ich bis dahin auch nicht (und sorry für die hochkompetente Erläuterung; heute gar nirgendwo dagegengerannt zu sein, scheint auch nicht hilfreich zu sein ...).
Der Aufseher da (oder was sich dafür ausgab) lobte die deutschen Archäologen in höchsten Tönen und bekam auf seine zweimalige Bitte hin ein Papier mit zwei Ziffern drauf (erst gab ich ihm eine der vielen Kopien meines Travel Permit, das ich genau einmal heute abgeben musste; das machte ihn nicht so glücklich wie der Geldschein ...). Ansonsten habe ich nämlich weder in Musawwarat noch in Naqa Eintritt bezahlt; Vitamin B des Fahrers half wohl ...
Nun war es 15 Uhr, und wir fuhren zurück. Ich hatte inzwischen völlig die Orientierung verloren, und wir fuhren sicherlich eine halbe Stunde auf der Piste (Sandpad, sagt man in Namibia, glaube ich), ehe wir wieder festen Asphalt unter den Rädern spürten. Es ging gehobenen Tempos zurück nach Khartum, unterwegs sah ich den einen Touristen wieder, den ich bei der Sufi-Zeremonie gesehen hatte - die Welt ist klein -, ehe wir in Khartum ein bisschen in den Stau kamen (achja, in dem einen Kreisverkehr war ein Auto mit Wiesbadener Ausfuhrkennzeichen unterwegs, ich schwöre).
Ziemlich genau um 18 Uhr war ich im Hotel, ging kurz hoch, aß heute Abend im Hotel Fischfilet (ich hoffe mal, das ist Nilbarsch, dann ist es nämlich doch noch ein sudanesisches Essen gewesen), zahlte (ich erinnerte den Chef daran, dass ich die Registrierung noch zahlen müsste, das hatte er vergessen, im Gegenzug erließ er mir einen Teil des Preises der heutigen Nacht, weil ich morgen schon um 2 Uhr zum Flughafen muss, im Gegengegenzug bekam er 20 Euro für seine Mannschaft in die Hand gedrückt, passt dann schon irgendwie ...) und werde jetzt noch ein paar Stündchen schlafen, ehe um 1 Uhr mein Wecker geht.
Irgendwo habe ich gelesen, dass der Sudan ein Land sei, in das man beim ersten Mal mit ein wenig Bauchgrimmen fahre und bei dem man dann Wehmut verspüre, wenn man es wieder verlässt. Die Aussage kann ich nachvollziehen. Die Freundlichkeit, die echte Neugier der Menschen auf einen Ausländer (nicht das Blinken der Dollarzeichen in den Augen wie in Ägypten bei vielen Tourismusbeschäftigten), das werde ich nicht so schnell vergessen. Khartum ist ganz okay, den Zusammenfluss des Nils zu sehen ist schon ein erhebender Moment, aber sonst ist Khartum keine Stadt mit den gaaaanz großen Attraktionen. Nicht nach Meroe zu fahren (und auch nach Naqa und Musawwarat), wäre eine riesige Eselei gewesen - ich bin froh, dass ich das gemacht habe (und das Herumgefahre im echten Busch war auch wirklich ein Erlebnis).
Lieber Sudan, wenn du die Visumpflicht, die Registrierungspflicht, die Travel-Permit-Pflicht irgendwann mal abschaffst, dann wirst du immer noch nicht so bald von Touristen überrollt werden (zumindest, solange noch kriegerische Auseinandersetzungen im Westen, Süden und Osten stattfinden), aber es werden mehr Leute kommen, denn es gibt wirklich was zu sehen.
So, Fotos wollen heute nicht. Spannungsbogen hochhalten und so, sorry, bis morgen ...
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