Meine Länder

Meine Länder
Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Sonntag, 30. April 2017

Heute Morgen

... hätte ich mir durchaus vorstellen, dass ich heute Nachmittag mal wieder eine Reise buche, nach Kolumbien und Mittelamerika vielleicht oder auch nach Südostasien zum Beispiel. In den letzten Tagen war Dubai und Dschibuti in die Verlosung mitgekommen, mit einem leichten Hauch einer Chance, vielleicht noch Somaliland mitzunehmen.

Weil die Flüge von Frankfurt nach Dubai und von Dubai nach Dschibuti getrennt günstiger waren, hatte ich eben getrennt gesucht - und plötzlich hatte ich statt Dschibuti als Ziel Duschanbe in Taschkent eingegeben. Dorthin waren die Verbindungen auch bezahlbar, und zwei, drei Iterationen später hätte ich fast - für 606 € - einen Hinflug nach Taschkent in Usbekistan und den Rückflug ab Duschanbe mit Umstieg in Istanbul gebucht.

Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine Viertelstunde mit meiner Mutter telefoniert, und bevor ich auf "Buchen" klickte, schaute ich noch einmal, was ein Hin- und Rückflug nach Taschkent kostet. Voilà, 484 € - nun ist der Flug mit Uzbekistan Airways anstatt mit Turkish Airlines, aber dafür ist es ein Direktflug, und da werde ich schon sechs oder sieben Stunden mit Jerry Cottons oder anderer Schundliteratur überleben ... So schnell kann es gehen.

Jetzt geht es also am Samstag, dem 19. August zu einer sehr angenehmen Zeit (13.45 Uhr) vom Frankfurter Terminal 2 nach Taschkent, wo wir am späten Abend ankommen werden. Den Transfer ins Hotel muss ich noch organisieren, aber das Hotel ist schon gebucht - in Taschkent gönnen wir uns ein sehr schickes Hotel und bezahlen dafür auch einen westlichen Preis. Das Gute ist, dass wir uns in der ersten Nacht in Usbekistan das Hotel mal angucken können, und falls das Hotel gar nicht gehen sollte, können wir für die letzten beiden Nächte in Usbekistan immer noch stornieren und uns etwas anderes suchen.

Am Sonntag, dem 20. August soll es dann mit dem Zug auf die 600 Kilometer lange Strecke von Taschkent über Samarkand nach Buchara gehen, wo wir am Nachmittag ankommen sollten (falls die Fahrpläne von Wikivoyage noch halbwegs stimmen - die Züge muss ich noch buchen ...). Am Montag gucken wir uns dann ein bisschen in Buchara um, während es am Dienstag dann wieder zurück nach Samarkand geht.

Dort kommen wir gegen Mittag des 22. August an und wollen uns schonmal ein wenig in der dortigen Altstadt umschauen. Am 23. August, dem Mittwoch, wollten wir eigentlich einen Ausflug herüber nach Tadschikistan machen - die Ruinenstadt von Pandschakent ist eine von zwei Weltkulturerbestätten in Tadschikistan. Leider sieht es so aus, als ob die Grenze zwischen Samarkand und Pandschakent geschlossen sei, und zwar schon seit 2012 - schade ... Falls das also nicht funktioniert, haben wir eben mehr Zeit in Samarkand (aber ich komme dann nicht nach Tadschikistan ...) oder vielleicht im Hotelpool (denn auch diese Woche ist zunächst mal Urlaub ...).

Am 24. August soll es dann zurück nach Taschkent gehen, vielleicht machen wir an dem Tag einen kleinen Abstecher nach Tadschikistan, mal gucken, wie sich das die nächsten Tage noch ausgeht ... Am 25. August erkunden wir Taschkent und dann fliegen wir am 26. August morgens (um 5.45 Uhr, grässlich) schon wieder zurück nach Frankfurt.

Ich habe aus dem sudanesischen Visumdesaster nichts gelernt und reise also wieder in ein Land, für das ich ein vorab beantragtes Visum benötige. Diese Mal werde ich das Visum für meine Ma und mich aber noch früher beantragen und hoffen, dass das dieses Mal mit weniger Verlust an Nerven funktioniert. Falls wir uns entscheiden, einen Tagesausflug nach Tadschikistan zu machen, bekommt man das Visum elektronisch - was ganz praktisch ist, weil der Pass nicht irgendwo auf dem Postweg ist. Das usbekische Visum kostet für sieben Tage 60 €, für 15 Tage 70 € und pro weiterer Einreise jeweils 10 € mehr. Da ich nicht weiß, ob Ein- und Ausreise mitzählen, werde ich wahrscheinlich zur Vermeidung von Ärger das fünfzehntägige Visum beantragen und halt am Ende eine zweite Einreise mitbeantragen. Das tadschikische Visum würde 50 Dollar kosten, auch alles in allem erträglich ...

Usbekistan ist auch so ein langjähriges Wunschziel von mir - und jetzt klappt das, das wird toll. Usbekistan ist im August zwar auch gut warm, aber nicht so heiß, wie es in Dubai und Dschibuti gewesen wäre, das passt dann also auch. Und vielleicht findet man den einen oder anderen See (oder Hotelpool), in dem ich meinen Adoniskörper samt Badehose versenken kann ... Ich bin sehr gespannt.

Die Woche danach habe ich auch noch Urlaub, da schaue ich mal, ob ich den verschiebe und dann im Juli oder im September nochmal eine Woche ganz woanders hinfahre ... Aber auch hierüber werde ich berichten.

Montag, 17. April 2017

Das Sherry & Port

... ist in Gefahr, die Endhaltestelle von meinen Reisen zu werden, jedenfalls bin ich da heute Abend mal wieder richtig schön mit Christina versackt.

Ich war kurz vor meinem Wecker um 1 Uhr sudanesischer Ortszeit wach, duschte, zog mich an und packte meine sieben Sachen. Als ich unten ankam, fragte der Nachtwächter, ob ich bereit zum Aufbruch sei, und das war ich.

Der Fahrer fuhr mich die paar Minuten zum Flughafen, dort gab es eine außerordentlich unkoordinierte Schlange zum Einlass, an der ich - nach zwei Minuten Bedenkzeit - einfach vorbeiging. Entsprechend schnell konnte ich einchecken.

Am Flughafen Khartum gibt es noch eine Sonderkontrolle, die, wenn ich es richtig verstanden habe, einfach nur das korrekte Gate auf die Bordkarte stempelt. Das wäre jetzt nicht unbedingt nötig gewesen, aber da die wenigsten, die ab Khartum fliegen, Vielflieger sein dürften, standen da halt alle an ...

Danach folgte die problemlose Ausreisekontrolle. Ich setzte mich vor der Sicherheitskontrolle hin, weil ich mein Gate noch nicht sicher wusste (das mit dem Gate-Stempel sah ich erst später). Als das Gate dann aufgerufen wurde, wurde ich von der einen Schlange verjagt, weil dort nur Frauen durchgingen ... Naja ...

Ich setzte mich nochmal ein bisschen, wartete ab, bis die Männer-Schlange etwas kleiner wurde, und ging dann durch die Sicherheitskontrolle. Ich kam am Gate an und wartete dort aufs Boarding. Ich fuhr im zweiten Bus mit, nachdem ein Grenzer nochmal kontrolliert hatte, ob ich auch einen ordnungsgemäßen Ausreisestempel habe. Im Bus kam es dann fast zu Tumulten, weil ein paar Leute zu spät kamen - aber die Diskussionen auf Arabisch verstand ich natürlich nicht.

Wir kamen mit deutlicher Verspätung in Khartum weg, aber mir war's wurscht, weil ich zum Umsteigen völlig ausreichend Zeit hatte. Dementsprechend stieg ich als einer der Letzten aus, ging zum Transitschalter, wurde durchgelassen, musste durch die (komplett schwachsinnige) Vor-Sicherheitskontrolle und durfte dann in den Abflugbereich hochfahren.

Nach ein paar Stunden wurde der Flug nach Frankfurt aufgerufen, der Flieger war diesmal ganz neu (und mit Entertainment-System im Sitz, sodass ich zwei Filme guckte), und wir kamen sogar überpünktlich in Frankfurt an.

Passkontrolle und Gepäckausgabe wurden überstanden, dann saß ich in der S-Bahn und bald darauf im Sherry. Über den Rest des Nachmittags verweigere ich die Aussage.

--

Bilder von gestern


















Sonntag, 16. April 2017

(Fast) keiner da

Nachklapp zu gestern: Ich bin dann in dieses gut bewertete Restaurant rein und war, ähm, überrascht. Wenn normale sudanesische Gaststätten vielleicht ein bisschen versifft sind, dann war das Teil das komplette Gegenteil ... Ich glaube, hier hätte man vom Fußboden essen können, so oft, wie der gewischt wurde. Dieses Restaurant mit dem Charme einer Krankenhaus-Kantine bot aber ganz gut aussehende Gerichte an (die Karte hatte Bilder drauf) und ich machte - wie so oft im Ausland - den Fehler, mal wieder Lamm zu probieren. Ich weiß, dass kein Lamm dieser Welt an das Lamm meiner Ersatzoma rankommt, aber immer wieder fühle ich mich bereit, es mir mal wieder bestätigen lassen. Nun denn, das Lamm war ungefähr vier Mal tot, denn es war nicht nur durch, es war mehr als durch, und aufgegessen habe ich auch nicht, weil die Portion riesig war. Lichtblicke waren der (fantastische!) Mango-Shake und das leckere Brot mit einer scharfen Soße. Die scharfe Soße war auch dazu da, eventuelle Keime vom Salat fernzuhalten, sodass ich trotz Genusses von Salat wunderbar lebe ... Und bezahlbar was das alles sowieso (9 Euro).

Achso, und kaum hatte ich von dem "sehr seltenen" Ereignis jeanstragender Frauen berichtet, da kam gestern ein schon älterer Papa mit seinen drei Töchtern rein - alle drei trugen Jeans. Ich korrigiere auf "selten" ...

Einen hab ich noch von gestern: Ich war mal wieder mit dem Amjad unterwegs, als der Fahrer plötzlich an der Flughafenstraße anhielt, in Seelenruhe den Kofferraum öffnete (vierspurige Straße ohne Standstreifen!), den Benzinkanister holte, mich vom Beifahrersitz verjagte, diesen hochklappte, Benzin einfüllte, wieder einstieg und weiterfuhr ... Tja, Sudan halt ...

--

Heute Morgen wurde ich um 7 Uhr abgeholt. Mein Fahrer sprach nicht wirklich gut Englisch und war auch nur wirklich der Fahrer und kein Guide, aber für diesen Fall hatte ich ausnahmsweise vorgesorgt und mir die Wikipedia-Einträge zu den drei Zielen des heutigen Tages heruntergeladen.

Wir fuhren durch Khartum-Nord und hielten erstmal stadtauswärts an einem der vielen Stände an. Mein Fahrer kaufte sich ein paar Fladenbrote, ich tat es ihm nach, er ging weiter, während ich wartete - vielleicht wartete ich darauf, dass er sich die georderten Falafel abholt, vielleicht wartete ich auf den Osterhasen, ich weiß es nicht, jedenfalls kam er zurück und hatte sich woanders sein restliches Frühstück geholt, sodass ich jetzt "nur" mein Brot hatte - vorweg: trocken Brot war lecker, aber ich hatte heute den Tag über sowieso keinen Hunger, nur Durst ...

Während ich da so wartete, fragte mich der Brotverkäufer, wo ich herkäme. "Almanya", sagte ich. "Ah," erwiderte er, "Bayern Munich!" So schnell wie ich "La, la, la, la, la!" (übersetzt: "Nein, nein, nein, nein, nein") sagte, konnte man gar nicht gucken - alle Umstehenden lachten ...

Mein Triumph der Rache sollte bald kommen, denn während wir so durch die sudanesische Pampa fuhren (die Landschaft wechselt recht häufig zwischen ziemlich Wüste und, dort, wo ein Wadi in der Nähe fließen könnte, durchaus sichtbar grünerer Vegetation), erblickten meine müden Augen einen Jungen in einem BVB-Trikot - in einem Dorf, eine halbe Stunde, Stunde nördlich von Khartum. Und das war übrigens nicht der erste Junge oder junge Erwachsene, der ein BVB-Trikot hier herumtrug. Okay, von dem Schicki-Micki-Verein aus München laufen auch ein paar rum, sogar ein HSV-Trikot habe ich gesehen (!!!), aber meist sind es die englischen (etwa Manchester United noch mit dem Sponsor vor Chevrolet ...) und auch spanischen Clubs, deren Farben hier getragen werden.

Nach dreieinhalb Stunden Fahrt auf ziemlich guter Straße mit gelegentlichen Schlaglöchern, der der Jeep aber allesamt gut abfangen konnte (mein Fahrer überholte natürlich wie ein Weltmeister, weil es nicht nur langsame Lkws und Busse, sondern auch etliche Amjads und das eine oder andere Tuktuk auf der Fernstraße gab ...), sah ich rechts einen Hügel mit komischen Bauwerken drauf. Kaum hatte ich sie erblickt, bog der Fahrer auch schon rechts ab - aber da war keine Straße, da war nur trockenes Sand-Stein-Gemisch mit dem einen oder anderen Baum dazwischen. Ab ging's, offroad, einfach nur auf einer Sandpiste (oder auch gelegentlich komplett ohne Piste) über die Steppe.

An den Pyramiden von Meroe, einem Weltkulturerbe, stand genau ein anderer Jeep, sonst nüscht. Ich zahlte an einem komischen Eintrittshäuschen 150 sudanesische Pfund (7,50 Euro), wobei ich keinen offiziellen Beleg erhielt und vermute, dass der Eintrittspreis dort tagesformabhängig ist, und Meroe war meine Auster ...

Ähm, ja, erstmal lief ich eine mittelprächtige Düne hoch, um dann von hinten durch die Brust ins Auge, äh, die Pyramiden von hinten aufzurollen. Ich lief also, keine Absperrungen, kein gar nichts, zwischen zwei Pyramiden hindurch - und konnte mein Glück kaum fassen. Links und rechts drei Dutzend Pyramiden unterschiedlicher Größe, manchmal mit "Kapellen" vornedran, manche ohne, vor mir ein wunderschönes Tal, hinten rechts nochmal ein paar Pyramiden, und nur in der Ferne links konnte ich zwei Touristen und ihren Guide ausmachen, sonst war hier niemand - kein anderer Mensch, nicht einer! Unfassbar. Unfassbar schön.

Ich guckte mir die Kapellen an (die haben Holztüren, die man bitte auf und zu machen möge, damit der Sand - und ja, der Sand wehte ganz schön arg, ich war überall sandig, bis hinters Ohrläppchen ... - die Reliefe nicht abschmirgele) und war von ebendiesen Reliefen sehr angetan. Klar, der Zahn der Zeit hat an vielen der Pyramiden genagt, einige sind zusammengebrochen oder - wie so oft - als Steinbruch genutzt worden, andere waren mit Beton wiederaufgebaut worden, aber das Panorama, das ich dann, als ich in das Tal ging in Richtung der anderen Pyramidengruppe, voll wahrnehmen konnte, das ist fantastisch. Traumhaft schön (jaja, Fotos kommen gleich).

Die südliche, kleinere Pyramidengruppe war ebenfalls schick, wenn auch nicht so gut hergerichtet wie die nördliche, aber beim Blick auf die nördliche Pyramidengruppe von dort aus musste ich den Hut ziehen, naja, okay, der Wind fegte ihn mir vom Schädel, aber trotzdem ...

Während ich da oben stand, kam der (eine) Kameltreiber von Meroe und wollte mich überzeugen, meinen Astralkörper auf das arme Vieh zu wuchten. Mit der gleichen Begründung wie in Ägypten (Tierquälerei) lehnte ich ab, was den Kameltreiber ernsthaft traurig zu machen schien. Kaum war er weg, hatte ich wieder das Panorama für mich.

Ich lief zu den zwei etwas abseits stehenden Pyramiden, die ich noch nicht begutachtet hatte, machte dort ein - wie ich finde - richtig schönes Foto mit Pyramide und Düne davor, kraxelte danach die Düne hoch und hatte diesmal einen Panoramablick auf beide Pyramidengruppen - toll, toll, toll ...

Als ich im Gehen begriffen war und eine Schlussrunde drehte, begegneten mir zwei Sudanesen und, unabhängig von ihnen, eine Mutter mit ihren Kindern - okay, das sind dann zwei mehr als eine Handvoll, aber trotzdem war das Ding soooooo leer - es ist eine Schande, dass nicht mehr Menschen kommen, um diese tollen Schätze der Menschheit anzugucken.

Nachdem ich - mehrfach zurückgehend und noch ein Abschiedsfoto schießend - mich nach eineinhalb Stunden zum Ausgang begeben hatte, fielen auf einmal alle fünf Händler (zwei Männer, drei Kinder) über mich her, um mir ihren Nippes zu verkaufen. In Anbetracht der Tatsache, dass sie extra für mich ihren Schattenplatz aufgegeben hatten, kaufte ich einem von ihnen (keinem der Kinder!) so eine Sandsteinnachbildung einer Pyramide ab - 50 Cent, der hat das Geschäft seines Lebens gemacht und ich habe eine Erinnerung an Meroe.

Ich schreckte meinen Fahrer auf, der gerade ein Schläfchen hielt, und schon ging es wieder zurück. Ich mampfte eines der Brote (das war meine einzige Mahlzeit bis heute Abend), trank dazu inzwischen warmes Wasser, aber mir war's wurscht.

Nach einer Stunde Fahrt bog mein Fahrer wieder ab, wieder ins sudanesische Outback, aber diesmal fuhren wir sicherlich 20, 30 Minuten, bis wir in - die Buchstabenkombination kann ich mir nie merken - Murawassat, ach, Mann, Musawwarat ankamen. Mein Fahrer (der übrigens gefühlt von Khartum bis Port Sudan jeden Polizisten, jeden Antiquitätenaufseher, ach, was sag ich, jeden einzelnen Busch namentlich grüßen könnte) hupte irgendwohin (machte er übrigens gerne, vor allem, wenn irgendein Hirsch von links oder rechts in unsere Überholspur zu fahren drohte) und zeigte auf ein Gebäude weiter hinten.

Dort kamen wir zeitlich mit einem Professor und vier seiner Studenten an, und wenn ich es richtig verstanden hatte, nahm der Professor mich kurzzeitig als seinen Studenten unter seine Fittiche, damit ich keinen Eintrag zahlen musste. Oder so ...

Dieser Tempel des Apedemak ist ebenfalls reich mit Reliefen geschmückt und zwar sowohl innen wie auch außen - und das guckt sich kein Mensch an, es ist soooo traurig. Jahrtausendealtes Kulturgut und keiner kennt es, geschweige denn, fährt dorthin. Sehr schade, aber so musste ich diese ganzen Weltkulturerbestätten nur mit ganz wenigen Leuten teilen (der Gegensatz zu Gizeh ist halt zu offensichtlich - ja, die Pyramiden in Gizeh sind deutlich größer, aber es sind halt nur eine Handvoll, während es in Meroe ein paar Dutzend sind, und die Reliefe an diesem Tempel in Musawwarat sind wirklich toll), auch gut ...

Wir fuhren danach ein paar Meter weiter zur "Großen Anlage", einem alten Tempelkomplex, der maßgeblich von deutschen Archäologen erforscht wurde und wird - ein riesiges Areal mit alten Tempeln und Höfen, leider nicht so wirklich beschrieben, leider alles so ein bisschen unorganisiert (man klettert halt über die uralten Steine hinweg, weil es sonst keine richtigen Wege gibt) - aber allen die schiere Größe der Anlage ist beeindruckend, und mit ein bisschen Vorstellungskraft kann man sich ausmalen, was hier vor zweieinhalb Jahrtausenden gewesen sein könnte.

Weiter ging die Fahrt durch das Outback (mein Fahrer wusste zum Glück, was er tat, als er mit 70, 80 Sachen über die Piste rödelte), bis wir nach einer halben Stunde in Naqa ankamen. Diese Anlage besteht aus zwei Teilen: auf der einen Seite ein Tempel, auf der anderen ebenfalls ein Tempel und ein römischer "Kiosk". Nein, da gab es keine Cola und Kippen zu kaufen, sondern das scheint die Fachbezeichnung für einen kleinen Tempel zu sein - wusste ich bis dahin auch nicht (und sorry für die hochkompetente Erläuterung; heute gar nirgendwo dagegengerannt zu sein, scheint auch nicht hilfreich zu sein ...).

Der Aufseher da (oder was sich dafür ausgab) lobte die deutschen Archäologen in höchsten Tönen und bekam auf seine zweimalige Bitte hin ein Papier mit zwei Ziffern drauf (erst gab ich ihm eine der vielen Kopien meines Travel Permit, das ich genau einmal heute abgeben musste; das machte ihn nicht so glücklich wie der Geldschein ...). Ansonsten habe ich nämlich weder in Musawwarat noch in Naqa Eintritt bezahlt; Vitamin B des Fahrers half wohl ...

Nun war es 15 Uhr, und wir fuhren zurück. Ich hatte inzwischen völlig die Orientierung verloren, und wir fuhren sicherlich eine halbe Stunde auf der Piste (Sandpad, sagt man in Namibia, glaube ich), ehe wir wieder festen Asphalt unter den Rädern spürten. Es ging gehobenen Tempos zurück nach Khartum, unterwegs sah ich den einen Touristen wieder, den ich bei der Sufi-Zeremonie gesehen hatte - die Welt ist klein -, ehe wir in Khartum ein bisschen in den Stau kamen (achja, in dem einen Kreisverkehr war ein Auto mit Wiesbadener Ausfuhrkennzeichen unterwegs, ich schwöre).

Ziemlich genau um 18 Uhr war ich im Hotel, ging kurz hoch, aß heute Abend im Hotel Fischfilet (ich hoffe mal, das ist Nilbarsch, dann ist es nämlich doch noch ein sudanesisches Essen gewesen), zahlte (ich erinnerte den Chef daran, dass ich die Registrierung noch zahlen müsste, das hatte er vergessen, im Gegenzug erließ er mir einen Teil des Preises der heutigen Nacht, weil ich morgen schon um 2 Uhr zum Flughafen muss, im Gegengegenzug bekam er 20 Euro für seine Mannschaft in die Hand gedrückt, passt dann schon irgendwie ...) und werde jetzt noch ein paar Stündchen schlafen, ehe um 1 Uhr mein Wecker geht.

Irgendwo habe ich gelesen, dass der Sudan ein Land sei, in das man beim ersten Mal mit ein wenig Bauchgrimmen fahre und bei dem man dann Wehmut verspüre, wenn man es wieder verlässt. Die Aussage kann ich nachvollziehen. Die Freundlichkeit, die echte Neugier der Menschen auf einen Ausländer (nicht das Blinken der Dollarzeichen in den Augen wie in Ägypten bei vielen Tourismusbeschäftigten), das werde ich nicht so schnell vergessen. Khartum ist ganz okay, den Zusammenfluss des Nils zu sehen ist schon ein erhebender Moment, aber sonst ist Khartum keine Stadt mit den gaaaanz großen Attraktionen. Nicht nach Meroe zu fahren (und auch nach Naqa und Musawwarat), wäre eine riesige Eselei gewesen - ich bin froh, dass ich das gemacht habe (und das Herumgefahre im echten Busch war auch wirklich ein Erlebnis).

Lieber Sudan, wenn du die Visumpflicht, die Registrierungspflicht, die Travel-Permit-Pflicht irgendwann mal abschaffst, dann wirst du immer noch nicht so bald von Touristen überrollt werden (zumindest, solange noch kriegerische Auseinandersetzungen im Westen, Süden und Osten stattfinden), aber es werden mehr Leute kommen, denn es gibt wirklich was zu sehen.

So, Fotos wollen heute nicht. Spannungsbogen hochhalten und so, sorry, bis morgen ...

Samstag, 15. April 2017

A 38

Heute bin ich früh aus dem - jetzt wollte ich gerade "Büro" schreiben, aus, aus, weg, schnell weg mit dem Gedanken! So, nochmal: Heute bin ich früh aus dem Hotel raus, nicht ohne meinen Pass für die Registrierung abzugeben, die hier im Sudan zusätzlich zu Visum und Einreisestempel (und Reisegenehmigung, wenn man aus der Hauptstadt rauswill) noch einmal nötig ist. Theoretisch muss man das selbst machen, aber die allermeisten Hotels scheinen die Vornahme der Registrierung als Service anzubieten, und das erscheint auch sinnvoll, wenn man bedenkt, was so manche Reiseführer über das bürokratische Feuerwerk berichten, das die Registrierungsbehörden da für den Registrierungswilligen so abbrennen. Wer den Asterix-Film gesehen hat, mit dem "Haus, das Verrückte macht" auf der Suche nach dem Passierschein A 38, der weiß, wieso ich die Überschrift gewählt habe, zumal ich die Wirren des Visumerhalts noch nicht komplett verdrängt habe.

So, nach diesem Sermon muss ich erst einmal - wieder einmal - um Entschuldigung bitten: Der gestrige Eintrag strotzte nicht nur so vor fehlenden und fehlplatzierten Wörtern, sondern zog allen Ernstes Parallelen zwischen einem Sufi-Ritual und der Bonndorfer Fasnacht. Zum Glück bin ich heute nur beim Aussteigen gegen die Tür des Anjads gerannt, da gibt es vielleicht diesmal nicht so viele Auswüchse dieser Größenordnung ...

Um 9 Uhr war ich also aus dem Hotel draußen, stellte mich an die Straße und erwischte einen ziemlich ehrlichen Amjad-Fahrer ("Amjad", nicht "Anjad", wie ich bisher schrieb), sodass ich mit seinem ersten Preisvorschlag von fünf Euro für die Fahrt von hier, Khartum-südlich des Flughafens, zum Souk Omdurman in, wer hätte das gedacht, Omdurman einverstanden war - der Typ gestern Abend wollte für die kürzere Strecke anfangs zehn Euro haben, sodass ich da Notwendigkeit sah, ihn herunterzuhandeln, aber bei dem alten Mann war das heute nicht nötig.

Unterwegs saß noch ein Bettler am Straßenrand, und weil man hier im Sudan beim besten Willen nicht mehr mit dem (sonst von mir bevorzugten) Argument kommen kann, man müsse nicht betteln, weil es einen Sozialstaat gebe, gab ich dem Taxifahrer einen Schein und bat ihn, dem Bettler diesen zu geben. Kinder werden weiterhin nix von mir kriegen (versucht wird es trotzdem), aber mit 2,50 € kommt der Typ über die nächsten zwei Tage.

Der Souk Omdurman ist von all den Souks, die ich bisher gesehen habe, einer von denen, die der Otto-Normal-Westler-Vorstellung eines arabischen Souks am nächsten kommen (nur die aufdringlichen Händler fehlen, denn die Händler hier sind sehr zurückhaltend und grüßen allenfalls schüchtern mit einem "welcome"). Die Häuser sind braun vom Staub, die Straßen sind staubig, überall fahren komische Gefährte (vom Tuktuk bis zum uralten Mercedes) durch die Gegend, Männer in Kaftanen, verschleierte Frauen (die allermeisten übrigens nur mit Kopftuch, nur gelegentlich sieht man einen Nikab, wo nur der Augenschlitz freibleibt, und sehr selten sieht man eine unverschleierte Frau oder gar eine in Jeans), Kinder jagen durch die Gegend (oder laufen, Tassen klappernd und Tee von A nach B tragend, durch den Souk), es wird alles verkauft von vermeintlichem Goldschmuck über halbe Rinderhälften (bei der Metzgereiabteilung sollte man das Einatmen unterlassen, jedenfalls durch die Nase) und Autozubehör bis hin zu Obst und Büchern über englische Grammatik. Bei einem der Buchhändler erstand ich ein (ins Englische übersetztes) Buch eines sudanesischen Autors, das ich irgendwann in den nächsten Tagen (und im Zweifel auf dem Heimflug) lesen werde ...

Ich lief einmal um den Block, aß dann am einen Stand ein Falafel (25 Cent) und am anderen ein Schawarma (75 Cent), auch wenn ich nicht sicher war, ob mir das gut bekommt (nach mehreren Stunden jetzt geht es mir immer noch gut, obwohl ich bei den Soßen mutig war), und hielt mich ansonsten mit Wasser, Cola und Gummibärensaft hydriert ...

Nach zwei, drei Stunden hochinteressanten Bummels (ich sitze gerade hier am Pool und muss alle paar Minuten die Tastatur von dem ganz, ganz feinen Sand befreien, der hier überall herumfliegt ...) ließ ich mich zum Khartumer Souk Arabi fahren, der mich aber deutlich weniger beeindruckt hat.

Nunja, der sehr anstrengende (und zu wenig wasserreiche) Tag gestern forderte seinen Tribut, und ich entschied mich, dass ein paar Stunden hier am Hotelpool auch schön wären, zumal morgen sicherlich noch einmal ein anstrengender Tag kommen wird ... Also nahm ich wieder ein Amjad und war um 13 Uhr im Hotel. Das Ganze nennt man ja schließlich "Urlaub"!

Meinen Füßen tat es außerordentlich gut, aus den Socken und den Schuhen zu kommen und in Flipflops durch die Gegend zu latschen, und in der Badehose am Pool zu sitzen ist bei diesen Temperaturen (39° C heute) deutlich weniger schweißtreibend als mit der langen Jeans (außerhalb des Hotels trage ich natürlich, wie jeder hier, lange Hosen, weil kurze Hosen als Unterhosen wahrgenommen werden).

Zwischendurch war ich kurz im sehr angenehm temperierten Pool, aber gleich werde ich mich nochmal anziehen und mein Abendessen in einem angeblich ziemlich guten Lokal in der Nähe des Flughafens einnehmen (und dann was Orientalisches essen).

Als ich da so im Pool lag, kam der Verwalter kurz runter und legte mir meinen Pass mitsamt Registrierung (die Sudanesen brauchen fast eine komplette Doppelseite für ihre Dokumente im Pass - und dass der Einreisestempel deutlich "A 38" anzeigt, spricht eine klare Sprache ...). Ebenfalls gab er mir mein Travel & Photo Permit, das ich für die Ausfahrt morgen benötige (in Khartum und den beiden angrenzenden Städten nicht, aber überall außerhalb schon) und zu der ich um 7 Uhr abgeholt werde. (Das ganze Herumgepermitte habe ich gleich noch ein paar Mal kopiert, weil man die ab und zu abgeben muss unterwegs ... Überhaupt ist hier im Guesthouse irgendwie alles Selbstbedienung, vom Trinken und Essen im Kühlschrank angefangen - scheint zu klappen ...)

Das Travel & Photo Permit sieht vor, dass ich militärische Anlagen und Brücken, aber auch Gaswerke nicht fotografieren darf. So weit, so nachvollziehbar. Ebenfalls nicht fotografieren soll ich Slums, Bettler und andere "defaming subjects", also Objekte, die dem Ruf des Landes schaden könnten. Naja, das ist natürlich alles eine Definitionsfrage, aber ich werde versuchen (und habe versucht), dem Geist der Anordnung Folge zu leisten ...

--

So, eben war ich nochmal kurz duschen (ich gehe hier mindestens zweimal am Tag kurz duschen) - Hemden habe ich genügend dabei, Unterhemden viel zu viele (weil die hier sogar mir zu heiß sind), Unterhosen langen auch, Socken muss ich ein bisschen sparen - heute Abend gehe ich mit frischem Hemd und frischer Jeans (die ich dann auch auf dem Rückflug anziehe) zum Abendessen ...

Im Souk Omdurman (sorry, unscharf)

Souk Omdurman

Moschee in der Innenstadt von Khartum

Freitag, 14. April 2017

Germany is our paradise

... ("Deutschland ist unser Paradies") sagte der Sudanese beim Tanz der Derwische zu mir.

Entwarnung vorneweg: Dem Schweizer Hund geht es wieder gut, so gut, dass er heute Morgen nur knapp eine Katze verfehlt hat, die er erjagen wollte - das gab großes Miau ...

Mit seinem Herrchen war ich beim Frühstück ins Gespräch gekommen, und der Mann erzählte, wie er vom Nordkapp erst einmal in die Schweiz und von dort in die Türkei fuhr mit seinem Fahrrad. Dort kam er aber nicht weiter, wollte nicht von Athen aus fliegen und fuhr also wieder mit dem Rad zurück in die Schweiz. Von dort flog er dann vor zwei Monaten oder so nach Ägypten und radelt seitdem durch Nordostafrika, übernachtet regelmäßig unter freiem Himmel und will mal gucken, wie und wann er weiter in Richtung Kapstadt kommt. Beeindruckend ...

Ich wartete auf den Verwalter, wechselte bei ihm 100 Euro in fast 2.000 sudanesische Pfund (mit dem offiziellen Kurs wären es nur 700 oder so geworden!) und verließ dann das Hotel.

Wie vom Verwalter empfohlen, stellte ich mich an die nahegelegene Hauptstraße und hielt mir einen solchen Mini-Minibus an. Diese Anjads funktionieren wie klassische Taxis, scheinen aber günstiger zu sein - "günstiger" ist relativ, der Sudan ist wie erwähnt nicht ganz billig, aber andererseits zahlte ich für eine halbstündige Taxifahrt (oder so) dann am Ende vier Euro, das ist dann auch wieder okay. Beim Einstiegen legte sich mit Schädel aber mit der Türverkleidung an, verlor und bereut das Ganze jetzt mit einem hübschen Bluterguss unter meinem üppigen Haupthaar. Wenn das eine Gehirnerschütterung ist, dann eine leichte, aber auch das werde ich hoffentlich überleben ...

Es ging also zum Hotel Corinthia bringen, einem Fünf-Sterne-Hotel in libyschem Besitz und baulich die kleine, fette Schwester des Burj al-Arab in Dubai (die Übernachtung ab 240 Dollar, ein Schnäppchen ...). Dort ging ich - wie immer - stolzen Schrittes rein und fuhr in den 18. Stock, um von dort einen Überblick über Khartum, Omdurman und Khartum-Nord zu gewinnen, wie es mein Verwalter empfohlen hatte - der hatte die Rechnung allerdings ohne den aufziehenden Sandsturm gemacht (keine Sorge, der kommt wahrscheinlich erst heute Nacht und dauert wohl auch nicht ewig), denn der Ausblick war eher diesig ...

Ich fuhr also wieder runter und stellte die Empfehlung des Verwalter, mir unter der Nil-Brücke gegenüber gleich mal ein Boot zu mieten und zum Nilzusammenfluss zu fahren, hintan. Vielmehr lief ich bis zu der Brücke über den Weißen Nil, von wo aus man den Zusammenfluss gut sehen können sollte. Das war insofern ein Fehler, als dass ich a) die Strecke - mal wieder - unterschätzt hatte, denn es war a1) heiß und a2) bürgersteigtechnisch nicht ganz hasenrein, was da an der Nile Road entlangführt, und b) darf man - das wusste ich zwar theoretisch schon vorher, aber ja, gut, äh ... - an der Brücke wohl nicht fotografieren. Das Schild, das da stehen sollte, sah ich zwar nicht, und sehen konnte man mich eigentlich auch nicht von dem Polizeiposten an der Brücke aus, aber ein Risiko will ich hier im Sudan erstmal nicht eingehen (das Photo Permit braucht mal in Khartum selbst angeblich nicht ...).

Den Weg zurück zur Brücke nahm ich - für einen Euro - wieder so einen Anjad, der Fahrer sprach ganz gut Englisch, wollte mir auch keinen Preis am Anfang nennen, da er - richtig - vermutete, dass ich auch von mir aus einen angemessenen Touristenpreis zahlen würde ...

Die Bootsleute wollten erst 400 Pfund haben (20 Euro), aber ich handelte sich auf 100 herunter und stieg in das Gefährt ein. Jetzt wurde es lustig: Zunächst sprach der Motor nicht an. Mit viel gutem Zureden und beim zwölften Versuch klappte es doch, wir fuhren aber erstmal nur auf die andere Nilseite, damit der "Maat" Sprit einkaufen konnte. Zwischendurch wurde mein "Kapitän" angerufen und fuhr wieder zurück auf die Ausgangsnilseite, um dort - mit Hilfe eines anderen Kapitäns - den Motor zu reparieren. Finalmente ging es wieder auf die andere Nilseite, den Maat wieder einsammeln. Jetzt aber ging es tatsächlich in Richtung Nilzusammenfluss, der Wind stand für diese Strecke ungünstig, sodass ich mehr als eine Ladung Spritzwasser abbekam (woooohooo ...) - die Jungs (die waren kaum älter als 20, 25) gaben mir eine Schwimmweste, die aber im Falle des Falles sowieso sofort von meinem Körper weggespült worden wäre, weil schon der Wind sie fast von mir wegfegte - und außerdem bin ich fast sicher, dass ich besser schwimmen kann als die beiden ...

Wir fuhren bis zum Nilzusammenfluss, ich machte ein paar Fotos und dann ging's zurück. Der Maat machte den kläglichen Versuch, nochmal 50 Pfund aus mir herauszupressen - mit dem Hinweis, dass das ja fast eine einstündige Fahrt gewesen wäre. Ja, klar, Kollegen, weil ihr erst euren Kutter flusstauglich basteln musstet! Folgerichtig lautete mein Ansage "Nix gibt's", was dann (natürlich) auch in Ordnung war ...

Beim Aussteigen hielt ich mich nicht an den Rat des Maates und wäre fast vom Boot gepurzelt, konnte mich aber gerade noch abfangen und machte dann im zweiten Versuch, was der Typ sagte ... Juchhe, wieder festen Boden unter den Füßen.

Diesmal ging es - nachdem endlich ein Anjad gekommen war, es war schließlich Freitag - nach Omdurman zu einem Friedhof. Was macht der Typ jetzt schon wieder auf einem Friedhof? Nunja, auf diesem Friedhof gibt es jeden Freitag (außer im Ramadan) eine, naja, Zeremonie der Sufis, die im Deutschen oft auch "Derwische" genannt werden. Und die empfahl mein Verwalter, die empfahl mein Reiseführer, also fuhr ich dahin.

Nun war ich viiiiel zu früh da (gegen 13.30 Uhr, und losgehen sollte das Ganze zwischen 16 und 17 Uhr), also lief ich einmal um den Friedhof herum (auf der Suche nach einer Essgelegenheit), fand nix, nur ein paar Kioske, kaufte dort einen Kuchen, einen sudanesischen Softdrink (Gummibärensaft, igitt, igitt, lecker ...) und Wasser (achso, das Ganze für 13 Pfund, also 65 Cent ...).

Ich lief weiter und weiter und weiter, stand am Rande des Friedhofs und entschied mich dann, so gegen 15 Uhr oder so, einfach mal den Friedhof in Augenschein zu nehmen.

Islamische Gräber sind - jedenfalls auf diesem Friedhof - relativ schmucklos, in der Regel ist da nur ein Erdhaufen und es steht ein Schild daran, auf dem - mit den für uns fremden arabischen Zahlen, aber in der Regel in unserer Zeitrechnung (muslimische Zeitrechnung gelegentlich darunter) - das Todesdatum geschrieben ist und - wahrscheinlich, es ist ja auf Arabisch - der Name des Verstorbenen.

In der Mitte des sicherlich einige Hektar großen Friedhofs stehen aber ein paar große Grabstellen, die eine gewisse Ähnlichkeit von der Größe her mit unseren Friedhofskapellen haben, vielleicht ein bisschen größer. Und als ich über die Piste (man darf hier mit dem Auto auf den Friedhof fahren) in Richtung dieser Gebäude ging, schallte aus einem schon Getrommle. Weil das Gebäude aber viel zu klein war, ging ich dort nicht hinein, sondern setzte mich auf einen der großen Reifen, die hier als Begrenzung der Piste fungieren (damit man nicht versehentlich auf den Gräbern parkt, vermute ich - ernsthaft!), und beobachtete das wuselige Treiben auf diesem Friedhof (da werden religiöse Schriften feilgeboten, Tee und andere Getränke sowieso, viele sitzen einfach nur auf ihren Plastikstühlchen).

Nach einigen Minuten war ich von einigen Kindern umgeben, die mir - die Mädels in der Regel durchaus forscher als die Jungs - ihre englischen Sprachkünste vorführten (wir kamen nicht sehr weit mit der Konversation, leider), aber andererseits erkennbar nicht so richtig nachvollziehen konnten, dass ich sie schlicht nicht verstand, wenn sie auf Arabisch (und noch dazu wahrscheinlich im sudanesischen Dialekt - nicht dass das bezüglich meines Verständnisses einen Unterschied gemacht hätte ...) auf mich einredeten ...

Nach einigen Minuten waren sie weg und so langsam ging ich die paar Meter zurück in Richtung des größeren Platzes, von dem ich - zutreffend - vermutete, dass hier demnächst etwas stattfinden würde. Vor mir wurde ein gerolltes, menschenlanges Paket vom Pick-up gewuchtet, sodass ich mich angesichts der offenbar unmittelbar bevorstehenden Bestattungsfeierlichkeiten schnell verzog ...

Ich stand nun da also ein wenig abseits in der Gegend herum wie bestellt und nicht abgeholt, als ein vielleicht 50, 55 Jahre alter Herr auf mich zukam und - in ziemlich gutem Englisch - ein Gespräch mit mir anfing. Woher ich denn komme (klar), wie ich den Sudan fände (toll, abgesehen davon, dass man das in so einer Situation immer sagt, ist es nicht einmal unbedingt gelogen) und wo ich denn von dieser Zeremonie gelesen hätte (in Anbetracht der Tatsache, dass, wie sich später herausstellte, sämtliche 20 Touristen, die derzeit in Khartum sind, anwesend waren, eine berechtigte Frage ...). Er fragte, wo ich Geld getauscht hätte, und weil ich aufgrund der immer wieder vorgebrachten schreckhaften Fragen von Familie und Kollegen inzwischen selbst ein bisschen paranoid geworden war und hinter seiner Frage einen geheimpolizeilichen Ausforschungsversuch vermutete, verweigerte ich die Aussage ... Wir sprachen danach über Gott und die Welt (naja, vor allem die Welt, und zwar die politische Situation im Sudan, wobei der Kollege nicht mit Kritik an der Regierung sparte, aber ich mich zurückhielt), er erläuterte mir, dass die Sufis so ein bisschen einen liederlichen Lebensstil hätten (die Sunniten - wie er - und - wie er nachschob - die Christen wären natürlich alle ganz ordentlich), er wurde von vielen Umstehenden begrüßt (auch von einigen der Sufis, die dann auch mich mit Handschlag begrüßten - "how are you?" konnte man fast jeder) und irgendwie hatten wir uns jetzt so die Zeit vertrieben, dass die Zeremonie losging.

Es ist immer schwer, eine religiöse Zeremonie zu beschreiben, wenn man nicht so richtig versteht, worum es geht, dennoch versuche ich es mal: Am Anfang laufen da fünf Männer (die sich abwechseln und auch durchaus mal einen Touristen in ihre Reihen "beordern") in einem Kreis von einem Durchmesser von etwa zehn Metern herum und singen, tanzen, "schauspielern" (plötzlich rennt einer der Umstehenden in den Kreis und "erschreckt" die anderen) - es ist eine ganz eigentümliche Prozession, die da vor sich geht.

Nach einer Stunde, als mir schon vom langen Laufen und noch mehr jetzt vom Stehen die Füße wehtaten, wurde der Kreis auf einmal wesentlich vergrößert - und ab hier kann ich mir, sorry, Gehirnerschütterung, nicht den Verweis zur Bonndofer Fasnet verkneifen: Es gibt eine "Guggenmusik", die trommelt und singt, während es - in dem nun vielleicht dreißig Meter im Durchmesser betragenden - Kreis jetzt im wahrsten Sinne des Wortes rundgeht. Da gibt es ein Fotzli-Hansili (einen Mann, der mit einem Gewand aus kleinen Fetzen bekleidet ist) und es gibt einen Narrenpolizisten (mit Pickelhaube, naja, Pickelmütze, ohne Scheiß!) - okay, jetzt hören die Gemeinsamkeiten auf, denn Masken oder so etwas werden nicht getragen, damit hier kein falscher Eindruck entsteht.

Die Männer laufen da in der Gegend herum (abseits stand eine in bunten Kleidern vollverschleierte Frau, die aber zu dem Trommeln abtanzte, als gäbe es kein Morgen - Sachen gibt's), singen, tanzen und machen halt das, was Derwische machen: sich im Kreis drehen. Das sieht nicht so kunstfertig aus wie bei den türkischen oder ägyptischen Derwischen, aber das ist hier halt nicht für Touristen gemacht, sondern echt (die meisten Touristen machten aus allen möglichen und - vor allem - unmöglichen Punkten heraus Fotos, die standen oft einfach im Weg herum, "schossen" die Leute in der Zeremonie einfach so fotografisch ab - ohne zu fragen, natürlich -, da kam ich mir richtig vernünftig vor, weil ich in der dritten Reihe stand und das ganze Geschehen nur von oben fotografierte).

Währenddessen kam ich immer wieder mit älteren und jüngeren Männern ins Gespräch, die allesamt fragten, wo ich herkäme (ich glänzte mit meinen Arabisch-Kenntnissen und antwortete mit dem arabischen Wort für "Deutschland"), wie ich den Sudan fände, wie ich hierherkäme. Naja, und als der eine Typ mich halt fragte, wo ich herkomme, und ich Antwort gegeben hatte, gab der Typ so einen Seufzer von sich und sagte, Deutschland sei das Paradies für alle Afrikaner, das Ziel ihrer Sehnsüchte, dass ich ganz plötzlich hier in einer hochpolitischen Situation war - sehr krass. Dass die Sudanesen alle außerordentlich freundlich sind, den Ausländer auch einfach mal so grüßen, man viele Hände schütteln darf, das ist wirklich beeindruckend. Der Sudan wird sicherlich kein Land sein, in das jedes Jahr wiederkomme (dafür ist es mir allein schon zu heiß), aber die Freundlichkeit der Menschen hier werde ich nicht so schnell vergessen ...

Nach gut zwei Stunden war ich heilfroh, dass die Zeremonie vorbei war, nicht, weil es nicht interessant gewesen wäre (auch wenn ich nach der ersten Stunde, die sich ein bisschen zog, fast gegangen wäre ...), sondern mir die Beine so dermaßen wehtaten, dass ich kaum mehr stehen und kaum mehr laufen konnte - oooooooh ...

Nun denn, zurück Marsch Marsch an den Friedhofsrand, dort stand schon ein Anjad, mit dessen Fahrer ich mich auf sieben Euro für die dreiviertelstündige Rückfahrt zum Hotel einigte, im Hotel erstmal viiiiiel Cola getrunken und das typisch sudanesische Gericht "Spaghetti Bolognese" gegessen (sehr lecker, vor allem, weil ich richtig Kohldampf hatte, aber morgen Abend esse ich auswärts) und danach ins Zimmer, kurz geduscht, daheim angerufen und jetzt Blog geschrieben.

Das war ein anstrengender, aber auch an Eindrücken sehr reicher Tag. Morgen geht's wahrscheinlich nach Omdurman auf den Markt - ohne Pass, denn der muss in die Registrierung, das macht das Hotel. Durch den Schwarzmarktkurs ist der Preis der Registrierung (600 Pfund) natürlich bei weitem nicht mehr so happig wie gedacht - aus fast 90 Euro werden jetzt noch verkraftbare 30 Euro - eine schöne Überraschung, zumal der Reiseführer von Schwarzmarktkurs überhaupt nichts gesagt hat. Da waren wohl schon länger keine Touristen mehr hier unterwegs ...
Burj al-Arab nach dem übermäßigen Konsum von Burgern und Cola

Irgendwo dahinten fließen Blauer und Weißer Nil zusammen

Friedhof in Khartoum

Zeremonie I

Da dreht er sich ...

Links Fotzli-Hansili, rechts (in bunt) der Narrenpolizist

Im Zentrum der Narrenpolizist

Donnerstag, 13. April 2017

Affenheiß

... ist es hier, affenheiß ... Selbst eben um 23 Uhr waren es noch 38 Grad, das ist sehr heiß, vor allem im Vergleich zu Kairo bzw. Gizeh heute Morgen, wo mir im kurzärmligen Hemd fast ein klitzekleines bisschen kühl war am frühen Morgen.

Apropos früher Morgen: Um 5.30 Uhr war ich wach, ohne dass ein Wecker geklingelt hätte - mein Gehirn hatte wohl registriert, dass es hell wurde und hat sofort geschlussfolgert, dass man jetzt die Pyramiden sehen müsste.

Und, halleluja, man konnte die Pyramiden sehen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man die Gardine wegzieht und hat den Blick auf die Cheops-Pyramide, die Chephren-Pyramide und die Mykerinos-Pyramide (von rechts nach links und von groß nach klein). Wie? Eine Katze? Achso, ja, die Sphinx liegt auch davor. Unfassbar, wirklich unfassbar. (Ein Ire erzählte mir nachher, dass Gizeh den Hotels, die Blick auf die Anlage haben, offenbar zur Auflage macht, baulich an den Gebäuden nichts zu verändern, anders ist es nicht zu erklären, dass die nur drei Stöcke hier haben - in anderen Ländern würden hier 20-Etagen-Wolkenkratzer stehen, die alle zu Höchstpreisen Zimmer mit Pyramidenblick anbieten würden - und die meisten Menschen würden willig bezahlen, denn der Ausblick vom Balkon und noch ein bisschen mehr von der Dachterrasse ist wirklich unbezahlbar.) Halt, hier geblieben, Fotos werden erst am Ende des Blogs geguckt! "Warten!" hab ich gesagt!

Ich duschte und ging zum Frühstück auf die Dachterrasse. Ich hatte gedacht, das srilankische Frühstück am Strand sei unschlagbar - qualitativ war es das vielleicht auch (obwohl das hier mit sehr leckerem, aber auch sehr knoblauchigem Falafel, einer Banane, Käse, Joghurt, Brot, Marmelade, Orangensaft und Tee auch nicht zu verachten war), aber der Ausblick auf die Pyramiden von Gizeh toppt alles - unglaublich schön.

Nach dem Frühstück ging ich um Punkt 7.55 Uhr (an der Rezeption war keiner, also legte ich den Schlüssel auf den Tresen und stellte meine Tasche neben die anderen Koffer) aus dem Haus, ging erst in die falsche Richtung, wurde in die richtige Richtung geschickt und stand dann am Tor zu den Pyramiden. Auch von dort ist der Blick toll. Ich zahlte 80 ägyptische Pfund (4 Euro) - ja, gerade einmal vier Euro Eintritt für einen der fantastischsten Orte der Erde - vielen Dank, liebe Ägypter! Danach kam eine oberflächliche Sicherheitskontrolle und ich war als einer der Ersten des heutigen Tages durch den weniger frequentierten Eingang unterhalb der Sphinx auf dem Gelände unterwegs. Die Sphinx (die ich als Kind immer "Spirntix" nannte, wohl zuviel Asterix gelesen ... Und nein, die Nase haben wohl die Osmanen abgeschossen, das war nicht wirklich Obelix!) hatte ich praktisch für mich allein, ehe ich in Richtung der Cheops-Pyramide lief.

Auch wenn ich mich wiederhole: Unglaublich. Unfassbar. Toll. Ich wusste nicht, ob ich mir vor Glück auf die Schenkel klopfen (zuletzt in Istanbul geschehen) oder ein Tränchen aus dem Augenwinkel wischen sollte (zuletzt in Botswana), also machte ich wahrscheinlich beides. So, so, toll.

Nicht so toll sind die ganzen Verkäufer des Ramsch(es) - sorry für das oberbillige und zudem schlechte Wortspiel ... Also, nicht so toll sind die ganzen Ramsch-Verkäufer, von einem von welchen (was ist das denn für eine Grammatik?!) ich mich sogar für zwei Euro bequatschen ließ - da war ich noch nicht auf Auslandsmodus eingestellt ... Die nächsten, durchaus aufdringlichen Möchtegern-Fremdenführer und Anbieter von qualitativ hochwertiger, original altägyptischer Einzelstücken ließ ich besser stehen ...

In die Cheops-Pyramide ging ich nicht rein, nicht, weil mir die 10 Euro Eintritt zu viel gewesen wären, sondern weil ich dazu durch das Gewühl von Menschen (die mit ihren Touristenbussen durch den Haupteingang gefahren) zu selbigem Haupteingang hätte hinlaufen müssen - wenn man den Fotos (und dem Kameltreiber hinterher) glauben darf, lohnt das sowieso nicht so richtig, weil alles Sehenswerte im ägyptischen Museum steht ... Naja, vielleicht später mal ...

Ich lief zur Chephren-Pyramide (die ich in Zukunft "Matterhorn-Pyramide" nennen werde, weil die oben - wie das Matterhorn halt - so eine etwas weißlichere Spitze hat), überstand das Bequatschen von zwei Kameltreibern, die ihr Viech zwingen wollten, meinen Adoniskörper zu tragen - Tierquäler! - und genoss (zwischendurch, wenn gerade kein Kameltreiber in der Nähe war) einfach den Blick auf die Pyramiden ...

Von der Chephren-Pyramide lief ich über mehr oder weniger freies Feld (daneben übrigens ein Stück "echte" Sahara, durchaus beeindruckend ...) hinunter zum Tempel, der deswegen so gut besucht ist, weil man von dort einen tollen Blick auf die Sphinx hat.

Ich guckte den ganzen Chinesen (und dem einen Amerikaner) zu, die dort allerlei Faxen machten ("Sphinx-Knutschen", "der Sphinx eine Sonnenbrille aufsetzen"etc.) und dabei die Schönheit der Komposition von Sphinx und Cheops-Pyramide völlig übersahen.

Auf dem Weg hinaus erstand ich noch ein einzelnes Souvenir und setzte mich dann auf die Dachterrasse meines Hotels und genoss einfach nur den - garantiert kameltreiberfreien - Ausblick auf das Plateau.

Heute Morgen beim Frühstück war ich schon mit Art aus Ohio ins Gespräch gekommen, jetzt unterhielt ich mich mit Jeff aus Limerick und alle beide waren ebenso wie ich völlig geflasht von diesem tollen Blick. Wahnsinn!

Um 12.45 Uhr kam (leider?) schon mein Taxi und ich musste Abschied nehmen von den Pyramiden und der Sphinx (Letzere hat übrigens einen ziemlich ausladenden Popo, das muss man schon sagen ...).

Die Fahrt zum Flughafen war zunächst rasant, dann entschleunigt (Stau) und dann wieder rasant (achso, hier fahren viele Autos mit ägyptischem Kennzeichen herum, unter dem noch das alte, meist deutsche Kennzeichen hervorlugt, lustig ...) - ziemlich genau um 14 Uhr kam ich am Flughafen an, ging durch die schlampige Erstsicherheitskontrolle, musste noch so einen Ausreisezettel ausfüllen und war dann schon wieder aus Ägypten ausgereist. Die Sicherheitskontrolle am Gate war dagegen sehr genau, da musste so ein armer Raucher sogar sein Feuerzeug abgeben ...

Joa, und dann ging es ans Boarden für den Flug nach Khartoum. Die hinteren Reihen waren spärlich belegt und weil ich ausnahmsweise mal nicht völlig bekloppt war, saß ich hinten und hatte die Dreierreihe für mich allein - sehr entspannt ...

Mit ein wenig Verspätung kamen wir in Khartoum an, ich wurde beim Aussteigen von der Wand aus heißer Luft fast ausgeknockt, die Einreise an sich ging überraschend fix, nur gab es danach gleich eine Sicherheits-(?!)/Zoll(!)kontrolle, bei der es bei allen piepte, was aber allen Beteiligten vollkommen wurscht war.

Es dauerte lange, bis das Gepäck kam, zwischendurch lachte ich ein älteres Ehepaar aus, das sich einfach vor mich ans Gepäckband gestellt hatte (es hat schon einen Grund, wieso es sinnvoll ist, wenn man ein bisschen vom Band wegsteht, dann können nämlich alle besser sein und - wenn das Gepäck kommt - besser hantieren, aber das kriegt ja auch weltweit kaum einer hin - Saftladen!). Mein Gepäckstück war aber glücklichweise mitgekommen, sodass ich durch den menschenleeren Zoll ging und am Ausgang sofort vom (deutschen) Verwalter meines Guesthouse hier in Khartum in Empfang genommen wurde.

Die Fahrt durch das sehr ordentlich wirkende (kein Gehupe!) nächtliche Khartum war sehr entspannt und das Guesthouse ist ein kleiner Traum, der allerdings schon ein bisschen in die Jahre gekommen ist. Der Pool sieht sehr einladend aus, das Zimmer ist sehr groß und durchaus komfortabel, nur ist alles halt ein bisschen abgewohnt. Aber das passt schon.

Ich ging nach kurzem Stopp im Zimmer hinunter, heute gab es (leckeres) Barbecue mit Chicken Wings, Rindfleischspieß und Köfte (das Essen ist im Unterkunftspreis ebenso enthalten wie Softdrinks und Wasser). Ich kam mit dem Verwalter ins Gespräch, er erläuterte mir einige Besonderheiten des Sudan (unter anderem, dass es hier doch einen Schwarztausch gibt, weil der offizielle Kurs mit 7:1 deutlich unter dem Schwarzmarktkurs von 19:1 liegt - zum Glück hatte ich am Flughafen noch nicht getauscht ...) und gab mir sehr hilfreiche Tipps für morgen und übermorgen. (Er erzählte auch, dass es so zwei Touristen pro Monat gebe, der Rest seien Leute, die hier arbeiten würden; aber die Touristen sind so Bekloppte wie ich - die einen reisen für obskure Fußballspiele an - wirklich obskure, der Schweizer nebenan ist mit dem Fahrrad und seinem Hund [!!!!!! Das arme Viech, bei der Hitze ...] vom Nordkapp bis nach Kapstadt unterwegs ...)

Am Sonntag werde ich voraussichtlich einen (teuren) Ausflug nach Meroe (Weltkulturerbe!) machen und unterwegs noch Musawarat und Naqa mitnehmen - ich bin sehr gespannt, ob sich die 180 Dollar (der Sudan ist nach Auskunft des Verwalters durch die Politik der UN, auch Mondpreise zu bezahlen, relativ teuer geworden in den letzten Jahren) dann auch lohnen - ich werde berichten.

Jetzt ist es kurz nach Mitternacht hier und ich werde mit auf Hochtouren laufender Klimaanlage hoffentlich gut schlafen können - morgen wird "ausgeschlafen", weil es am Ende egal ist, ob ich um 8 Uhr bei 35 Grad oder um 10 Uhr bei 40 Grad in die Stadt fahre, schwitzen werde ich sowieso.

Also, gute Nacht!

Achso, sorry, Fotos:

Im Morgengrauen

Frühstücksaussicht

Sphinx und Chephren

Sphinx

Cheops

Chephren

Cheops

Mykerinos und Chephren

Sphinx und Cheops

Abschiedsfoto

Mittwoch, 12. April 2017

Regen in Kairo

Ich hätte mit vielem gerechnet, aber nicht, dass mich Kairo (und danach noch einmal Gizeh) mit Regen empfängt ...

Heute Morgen war ich sehr früh wach, packte, warf den ganzen Packplan über den Haufen und fuhr schließlich doch mit Koffer (fürs Aufgabegepäck) und einer Sporttasche (für das Handgepäck für heute Abend) ins Büro. Sehr früh war ich im Büro, sehr früh verließ ich es - gegen 11.30 Uhr packte ich meine sieben Sachen, fuhr mit dem Bus zum Hauptbahnhof, kaufte noch Sonnencreme und was zu essen (und zu trinken) und setzte mich dann in die S-Bahn.

Um 12.45 Uhr war ich am Flughafen, gab am Automaten mein Gepäck auf (immer wieder cool ...) und begab mich in die Sicherheitskontrolle, an der heute ein besonders intelligenter Platzanweiser Dienst tat - er schickte uns ins eine Schlange, während an anderen Kontrollstellen die Kontrolleure händeringend auf Kundschaft warteten. Vollidiot, sorry ...

Natürlich ging die Schlange dann sehr schleppend voran, mein Gepäck wurde zur Nachkontrolle rausgezogen, weil mein Beutel mit Flüssigkeiten aufgegangen war und sich die Hälfte der Sachen noch in der Tasche befand, das war aber auch zu überleben. Die automatische Grenzkontrolle wurde leidlich schnell überstanden, weil die Leute vor mir einfach nicht aufs Display guckten. Fürs letzte Bier in Europa langte es trotzdem, zumal die erst viel zu spät mit dem Boarden anfingen.

Mit einer halben Stunde Verspätung ging es los, mit einer ganzen Stunde Verspätung kamen wir wegen des Drehens einer Warteschleife in Kairo an - der Flug dazwischen war ereignislos, leider ohne eigenes Entertainment-Programm, aber dafür mit einem üblen Bollywood-Film auf den Gemeinschaftsbildschirmen.

Ich hatte einen Kuli vergessen und lieh mir einen vom Steward, um meine Einreisekarte auszufüllen; auch dank seines schnellen Wiedereinforderns des Stifts gab ich ihn ausnahmsweise sogar zurück.

Nach der Ankunft in Kairo ging's in den Bus, hoch zu den Bankschaltern: An einem war eine lange Schlange, an dem daneben war keine Schlange, also ging ich zu dem daneben, und bekam dort nach einem kräftigen "Salam aleikum" dann auch meinen Visumaufkleber für 25 Dollar gekauft. Mit dem marschierte ich in die gähnend leere Einreisekontrolle, gab dem Grenzer Pass, Einreisekarte und Visumaufkleber (ich klebe doch nix selber in meinen Pass ein, das soll der schön selbst machen). Er musste mal kurz weg, machte dann aber brav seine Aufgabe - und so war ich sehr fix nach Ägypten eingereist. Schick ...

Nach dem Zoll (kurz und schmerzlos) stand ich in der Ankunftshalle und wurde von Taxi-Schleppern angequatscht. Ich guckte nochmal in meine E-Mails, dort stand, dass mein Fahrer mich außerhalb der Ankunftshalle erwartete. Also ging ich raus, traf sofort Ibrahim und los ging die wilde Fahrt durch downtown Kairo abends um 21 Uhr.

Joa, die Kairoer fahren so, wie ich es von Arabern erwarte: Fünf Autos auf drei Spuren, es wird rechts überholt, weil links die Kriechspur zu sein scheint, es wird gehupt, was das Zeug hält - lustig. Allerdings gab es nicht mal einen Beinaheunfall - boring!

Die Innenstadt von Kairo sieht im Dunkeln ganz okay aus, ich habe nicht ständig Wunderarchitektur gesehen, aber schon das eine oder andere Mal, und spätestens, wenn man dann so einen unbedeutenden Fluss ("Nil" oder so ...) überquert, dann sieht das schon durchaus hübsch aus ...

Mein Fahrer warf mich (in Gizeh war nochmal Rumpelpiste angesagt, nachdem der Weg durch Kairo hindurch auf der Stadtautobahn ziemlich fix ging) an meinem Bed & Breakfast raus, das jetzt ausstattungstechnisch nichts Besonderes ist (Badezimmer auf dem Gang, auch wenn es mein privates ist), aber eben mit einem Balkonblick aufwarten kann, den man auf der Welt lange suchen kann.

Die Pyramiden werden hier nachts leider nicht angestrahlt, sodass man nur so zwei, naja, pyramidenförmige Schatten in der Nacht sieht, aber ich bin hundertprozentig überzeugt, dass ich morgen nach dem Aufstehen und dem Gang auf den Balkon den Mund nicht mehr zukriege ...

Morgen um 6 Uhr geht mein Wecker, um 7 Uhr gibt's Frühstück auf der Dachterrasse, um 8 Uhr geht es in die Anlage mit Sphinxgucken und Cheops-Pyramide (ich denke, ich werde die paar Euro investieren und auch in die Pyramide reingehen), um 13 Uhr geht mein Taxi zurück zum Flughafen ...

Wird lustig und, ich hoffe, sehr beeindruckend ...

Dienstag, 11. April 2017

Boah, ey

Achterbahn ist gar nichts dagegen ...

Heute Morgen im Büro, gegen 8.30 Uhr - Post war schon da, aber kein Einschreiben für mich. Rumms, abwärts in die Tiefe ...

Post angerufen (dort einen freundlichen und kompetenten Menschen erwischt, es gibt noch Zeichen und Wunder), der sagt mir ("Gute Nachrichten für Sie"), dass das Einschreiben gestern ins Büro-Postfach zugestellt wurde. Leichte Aufwärtsfahrt.

Runter ins Sekretariat, nachgeforscht - nein, Postfach wurde geleert ("Kannst du bitte die Post für die anderen mit hochnehmen?"), bei den zwei anderen Teams nachgefragt, kein Briefumschlag, nirgends (die hätten mir den schon gebracht, inzwischen wusste, glaube ich, das ganze Büro, dass ich sehnsüchtig auf meinen Pass warte ...). Zweite steile Abfahrt in die Tiefe.

Nochmal im Sekretariat nachgefragt, die bei der Post nachgefragt - keine Antwort vom Sekretariat.

Um 10.11 Uhr die Nachricht: "POST!!!" So schnell war ich noch nie im Erdgeschoss, ganzes Sekretariat umarmt (ernsthaft!), weil das Scheißding endlich wieder in meinen Händen war. Undefinierte Anzahl von Loopings.

Boah, Leute, sowas könnt ihr mit mir doch nicht machen. Mein Herz!

--

Jetzt, aber wirklich erst jetzt, kann ich mich so richtig auf die Reise freuen - morgen geht's los. Halleluja ...

Montag, 10. April 2017

Pustekuchen

Eigentlich ist die Story des Tages schnell erzählt: Pass nicht da! Noch nicht?

Gestern war ich kurz in Frankreich, weil ich einen Stau auf der A5 umfahren wollte - hat auch geklappt, auf der französischen Autobahn war kaum ein Auto unterwegs. So ersparte ich mir eine Stunde Stillstand vor Karlsruhe und war um 22 Uhr im Bett.

Wirklich spannend fand ich, dass es tatsächlich schwierig war, zu erkennen, wo denn Deutschland aufhört und Frankreich anfängt. Auch mein Handy wusste nicht so recht, ob es sich schon in Frankreich anmelden oder noch in Deutschland verbleiben soll, was dazu führte, dass meine Ma mich unterwegs ganz schlecht verstand - kein Wunder, ich war halt doch nur ein paar Kilometer linksrheinisch und damit entfernt von Deutschland unterwegs. Lustig ...

Heute Morgen kam ich frohgemut ins Büro und hoffte, dass ich in wenigen Stunden ein Einschreiben samt Pässlein und Visumlein in Empfang nehmen konnte. Über das Wochenende war ich ein wenig unglücklich, weil in der Online-Sendungsverfolgung immer nur stand, dass das Schreiben am Freitag eingeliefert worden war - von einer Weiterverarbeitung war nie die Rede ... Um 8.30 Uhr kam die Post - kein Einschreiben für mich da. Mist! Um 9.30 Uhr wurde der Online-Status meines Einschreibens verändert und es wurde angezeigt, dass die Sendung sich "in der Zustellung" befinde ... Naja, ich hoffe, morgen ist es da (und dass der Lkw mit dem Einschreiben einfach ein bisschen zu spät ankam und daher die Fuhre zum Büro knapp verpasst wurde ...).

So knapp war es mit einem Visum noch nie und das Ganze bestärkt mich ganz einfach darin, wirklich erstmal die Länder zu besuchen, wo ich kein Visum brauche ... Aber wahrscheinlich/hoffentlich/bittebitte wird am Ende doch alles gut ...

Ich kam heute dann mal wieder ins Gespräch mit einer Kollegin, die mit ihrer Tochter auch nicht ganz wenig in der Weltgeschichte herumreist: Sie war neulich in Istanbul und erzählte Geschichten von der Belästigung zweier junger Frauen, die ich so als Mann halt überhaupt nicht nachvollziehen kann - es ist wirklich furchtbar, so etwas zu hören, wie irgendwelche Vollidioten ein 13-jähriges Mädchen antatschen, nur weil es ein bisschen älter aussieht und mit seiner Mutter unterwegs ist. Unfassbar ...

Während des Gesprächs - die Kollegin ist Muslima - wurde mir plötzlich klar, dass ich im Juni, wenn ich in Erbil in Irakisch-Kurdistan und in Istanbul bin, erstmals während des Ramadan in muslimischen Ländern unterwegs bin ... Das könnte das leckere Abendessen in Kadiköy ein bisschen verkomplizieren - in Erbil hingegen gibt es wahrscheinlich genug Christen, dass man da auch tagsüber was Vernünftiges zu essen bekommt. Allerdings werde ich mich bemühen, nicht in der Öffentlichkeit zu essen oder zu trinken. Dooferweise geht mein Flieger nach Tiflis dann doch schon wieder um 22 Uhr, sodass ich auch nicht das Fastenbrechen in Istanbul begucken kann - schade ...

Nun, die Kollegin und ich unterhielten uns dann noch über Algerien (wo ihre Familie herstammt), über Marokko (wo sie mal eine Städtetour nach Marrakesch und Casablanca unternehmen will) und, nachdem ich von Tel Aviv geschwärmt hatte, von Israel - es würde mich nicht wundern, wenn sie und ihre Tochter im Oktober Israel unsicher machen ...

Unsicher machen werde ich hoffentlich morgen das Büro, denn ich habe meiner Chefin schon versprochen, dass ich singend und tanzend durch die Etage hüpfen werde, wenn endlich mein Pass und mein Visum da sind. Videos gibt es nicht davon, keinesfalls!

Gute Nacht, und auf dass der morgige Tag gute Nachrichten bringe ...

Freitag, 7. April 2017

Nervenkitzel

Sehr spannend machen es die Sudanesen mit meinem Visum, sehr, sehr spannend, um nicht zu sagen: nervenaufreibend spannend.

Ich wurde in den letzten Tagen zunehmend nervöser, wo denn mein Visum bleibt, weil ich mein Visum ungern am letzten Tag erst wieder in Händen halte. Ich weiß, welche Nummer der Einschreibebrief mit meinem Pass (in dem dann hoffentlich mein Visum klebt ...) haben müsste, aber wenn ich nach der Nummer in den letzten Tagen suchte, bekam ich immer nur die Meldung, dass es keine Informationen zu dem Einschreiben gäbe ...

Ich stelle ja gerne meine Mutter an, den Konsulaten und Botschaften hinterherzutelefonieren (das hat schon mit dem Iran so gut geklappt), weil sie halt als Rentnerin (boah, das klingt komisch ...) doch ein bisschen zeitlich flexibler ist - und ich glaube, im Büro käme es nicht so gut an, wenn ich die ganze Zeit für Privatsachen am Telefon hängen würde ...

Mir wäre es halt am liebsten, wenn mein Pass spätestens Ende der Woche (sprich: heute) in der Post wäre, sodass meine Ma gestern und heute in der sudanesischen Botschaft und auch in der Konsularabteilung angerufen hat.


Gestern erwischte sie in der Konsularabteilung gar niemanden, in der Botschaft beim x-ten Versuch endlich einen Herrn, der ihr aber auch sagte, dass er da nichts machen könne. Zur Erläuterung: Eine Botschaft ist grundsätzlich für die politische Kontaktpflege zum Gastgeberland verantwortlich, während ein Konsulat für die Staatsbürger des eigenen wie des Gastlandes Dienstleistungen anbietet - für die Staatsbürger des eigenen Landes etwa die Ausstellung eines Reisepasses, für die Staatsbürger des Gastlandes eben etwa die Ausstellung von Visa. Häufig ist bei einer Botschaft auch eine Konsularabteilung angeschlossen, die dann eben die Aufgaben eines Konsulats erfüllt.

Mein Visumantrag war an die Konsularabteilung der sudanesischen Botschaft in Berlin gestellt.

Heute Morgen, um 11.56 Uhr, wie sie mir in einer WhatsApp schrieb, erwischte meine Ma also endlich jemanden in der Konsularabteilung - und der sagte ihr zu, dass mein Pass heute noch in die Post geht ...

Das glaube ich zwar erst, wenn ich mein Pässlein mitsamt Visumlein am Montag in der Hand halte, aber das ist jetzt das erste Lebenszeichen der Sudanesen überhaupt, also glaube ich ab jetzt wieder an das Gute im Menschen.

Ich verstehe zwar nicht wirklich, wieso die das so spannend machen müssen, aber andererseits kenne ich das ja von mir selbst, dass ich erst die dringendsten Sachen mache und die undringlichen nach hinten schiebe - und am Ende reicht es ja völlig, wenn der Pass zwei Tage vor Abreise ankommt.

Ich werde berichten, wenn mein Pässelchen dann da ist und auch, ob das Visum wirklich drin ist ... Denn dann kann ich mich endlich richtig auf Kairo und Khartum freuen.

Zwischenzeitlich hatte ich mir nämlich schon Gedanken gemacht, was mein Plan B wäre - einfach "nur" nach Kairo fliegen und da Ostern zu verbringen, wäre natürlich eine Möglichkeit gewesen. Allerdings hätte ich dafür mit ziemlicher Sicherheit trotzdem umbuchen müssen, weil die mich a) womöglich gar nicht hätten einchecken lassen ohne Visum für meinen Zielort und b) weil ich durch den Verfall der Strecke Kairo-Khartum dann mit großer Wahrscheinlichkeit für den ganzen Rückweg storniert worden wäre. Das wäre auch doof gewesen.

Alternativ hätte ich einfach die maximale Bestrafung für den Sudan wählen und nach Israel fliegen können - das Geld für den Flug wäre dann zwar weg gewesen (so oder so), aber ich hätte es den Sudanesen mal so richtig gezeigt (höhö). Naja, besser, wenn mein Visum kommt ...

Samstag, 1. April 2017

Dokuz

Bir, iki, üç, dört, beş, altı, yedi, sekiz, und jetzt halt dokuz - das heißt "eins" bis "neun" auf Türkisch.

Ich weiß nicht, ob es eine Tradition wird, dass ich jedes Mal, wenn ich eine Reise in diese eine meiner drei Lieblingsstädte (ja, die Rede ist von Istanbul) buche, mit meinen neu gewonnenen Türkisch-Kenntnissen angebe, aber bis zur "zehn", nämlich "on", komme ich hoffentlich noch ...


Am 13. Juni werde ich jedenfalls wieder einmal eine meiner berüchtigten Stippvisiten in Istanbul einlegen, denn um 6.45 Uhr komme ich - von Erbil im Nordirak einfliegend - an und um ... Moment, bitte was?! Erbil, Nordirak?! ISIS, Terroristen! Jetzt spinnt er endgültig!

Naja, es gibt keine explizite Reisewarnung für Irakisch-Kurdistan, und alle einschlägigen von mir konsultierten Internetseiten besagen, dass die Situation in Erbil (und ich werde in Erbil bleiben) sicher ist. Natürlich werde ich nicht ohne Ortskenntnis ein paar zig Kilometer in Richtung Westen ins Gebiet des Islamischen Staates fahren, sondern mir schön in Erbil die Zeit vertreiben, zum Beispiel in der Zitadelle, dem Ort auf diesem Planeten, der am längsten ununterbrochen besiedelt wurde.

Jetzt habe ich genug Leute erschreckt, also fange ich mal dort an, wo man eine Reise normalerweise beginnen sollte, nämlich am Anfang.

Am Samstag, dem 10. Juni, fliege ich mit Pegasus Airlines gemütlich nachmittags von Frankfurt ab und habe einen kurzen dreistündigen Zwischenaufenthalt in Istanbul (Sabiha Gökçen), den ich aller Voraussicht nach nicht zur Einreise nutzen werde und kann. Am Abend geht es dann weiter, mit kurzem Zwischenstopp in Ankara (ohne Aussteigen, wenn ich das richtig verstehe) in Richtung Erbil, wo ich am frühen Morgen des 11. Juni ankomme. Ich denke mal, dass ich in den sauren Apfel beißen und mir für die kurze Nacht ein Zimmer nehmen werde, denn man muss seinen Urlaub ja nicht gleich völlig erschöpft beginnen.

Ich habe dann also den Sonntag und den ganzen Montag in Erbil, ehe ich am frühen Dienstagmorgen (so gegen 3 Uhr) wieder über Ankara zurück nach Istanbul fliege und dort also gegen 6.45 Uhr ankomme. Jetzt habe ich aber fast 16 Stunden Aufenthalt in Istanbul und die werde ich definitiv zu einem Ausflug in die Stadt nutzen - vielleicht esse ich in Kadiköy zu Mittag, aber ganz bestimmt werde ich Fähre fahren, hin und zurück zwischen Asien und Europa. Allein deswegen lohnt sich die ganze Reise ...

Am Dienstag Abend fliege ich dann weiter in Richtung Tiflis, wo ich am frühen Mittwoch Morgen ankommen werde. Mal gucken, ob ich da auch wieder ein Zimmer nehme, es kann auch sein, dass ich mir eine Marschrutka (einen diesen Minibusse) suche und mit dem schon in Richtung Kutaisi/Sugdidi aufbreche. Es ist auch möglich, dass ich mit dem Nachtzug von Tiflis nach Sugdidi fahre.

Ganz egal, wie ich nach Sugdidi komme, am Donnerstag Morgen möchte ich um 8 Uhr am Grenzübergang zu Abchasien auf der Matte stehen. Abchasien, was zum Henker ist denn das schon wieder? Ich glaube, ich habe das schon in ein paar Blogeinträgen beschrieben, das ist eine der beiden (neben Südossetien) von Georgien abtrünnigen und von Russland kontrollierten Republiken, die Russland im Krieg 2008 besetzt (georgische Sicht) bzw. befreit (russische Sicht) hat.

Auch hier gibt es keine explizite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, aber auch hier werde ich auf meinen Pass besonders gut aufpassen, denn wenn der Weg ist, habe ich ein Problem, weil mir kein konsularischer Dienst dann helfen kann.

Um 8 Uhr am Donnerstagmorgen möchte ich also am Grenzübergang stehen, möglichst schnell rüber nach Abchasien und in der Marschrutka nach Suchumi, wo ich jetzt für zwei Nächte ein Zimmer im besten Hotel am Ort gebucht habe. Irgendwann am Donnerstag oder Freitag (ich hoffe, das klappt schon am Donnerstag, dann habe ich am Freitag "frei") muss ich dann zum abchasischen Außenministerium und meine Visumgebühr bezahlen (man bekommt online eine Anreiseerlaubnis und muss dann in Suchumi diese mit Bezahlung in ein echtes Visum umtauschen, das die Abchasier aber auch nur lose in den Pass legen, schade ...).

Joa, und dann gedenke ich am Freitag zumindest mal einen richtigen Urlaubstag am Schwarzen Meer zu machen. Ich stelle mir das gerade richtig herrlich vor, Wasser, Planschen ...

Am Samstag sollte es dann zeitig wieder zurück zur Grenze gehen, damit ich möglichst den Bus um 12 Uhr zurück nach Tiflis wieder erwische. Wenn nicht, muss ich den um 17 Uhr nehmen, der planmäßig um 22 Uhr in der Hauptstadt ist - aber das könnte dann schon wieder ein wenig eng werden, weil ich um 4.35 Uhr am Sonntag Morgen schon wieder - richtig, über Istanbul, aber mit nur relativ kurzem Aufenthalt - zurückfliege.

Außer dem Tag am Strand in Suchumi wird dieser Urlaub wahrscheinlich eher unter der Rubrik "Abenteuer" als unter der Rubrik "Erholung" stehen, aber dafür wird Abchasien, wenn alles gut geht, mein 120. Land - auch schön ...

Zu buchen sind jetzt noch Zimmer in Erbil, Zug-/Bustickets in Georgien und die abchasische Anreisegenehmigung, denn ansonsten brauche ich weder für den Nordirak noch für Georgien oder die Türkei etwas anderes als meinen Pass.

Das wird spannend ...