Die Nacht war gut, die Stunde länger Schlaf war wunderbar, der Wecker um 8 Uhr tat gar nicht so weh, mir ging es wunderbar. Ich sprang unter die Dusche (abnehmbarer Duschkopf, wunderbarer Wasserdruck, herrlich), packte meine sieben Sachen, gab die in die Gepäckaufbewahrung im Hotel - und weg war ich.
Die Busanbindung meines Hotels ist nicht ganz so grandios, daher lief ich - wie gestern Abend - ein ganzes Stück, diesmal in Richtung der Viale Roma. Ich lief über die Ampel, erhaschte einen wunderbaren Blick von der Oberstadt (nicht "Hochstadt", wie ich in einem Anflug von Beklopptheit an die Heimat schrieb), entschied mich, dass ich in einen der Busse einsteigen könnte, die zum Funikular, zur Standseilbahn hoch in die Oberstadt, fuhren, und stieg an der entsprechenden Bushaltestelle aus.
Die Schlange war groß, aber ich war zuversichtlich, dass ich unter den ersten 50 wäre, die laut Anzeige Platz hatten. Ich lief durch das Drehkreuz, das nicht wirklich gesperrt ist (man muss schon selbst die Fahrkarte entwerten, wenn man denn - anders als ich - eine zu entwertende Fahrkarte hat; na warte - also, ich hatte schon eine Fahrkarte, aber die musste ich nicht entwerten), während der Fahrer/Schaffner was von "grupo" murmelte ...
Am Ende war ich wohl irrtümlich mit einer (riesigen) Gruppe durchgerauscht, aber das hatte ich wirklich nicht verstanden, ehe es zu spät war und ich schon praktisch im Funikular. Die Fahrt hatte - jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt - spektakuläre Ausblicke auf die Unterstadt, und in der Oberstadt lief ich querstadtein in Richtung Piazza Vecchia, und schon auf dem Weg kam ich durch wunderschöne Altstadtgässchen und an einem alten Waschbrunnen vorbei - schick ...
Der Palazzo Nuovo ist ebenso schön anzugucken wie der hier Campanone genannte Stadtturm; in die Kathedrale ging ich nicht hinein, zum einen, weil Sonntag ist, und zum anderen, weil ich sehr ungern Eintritt für Gotteshäuser zahle, achso, und zudem war ich in der Kapelle nebenan drin gewesen, in der der einzige Jammer ist, dass man nicht fotografieren darf, denn die ist schon spektakulär ...
Ich lief durch eine enge Gasse (die aber etliche Autos nicht davon abhielt, da auch durchzufahren) in Richtung Piazza della Cittadella, kam an etlichen schönen Lokalen vorbei (aber es war erst 10 Uhr oder so, da konnte und wollte ich noch nicht einfallen), lief über die etwas schmucklose Piazza und landete schließlich beim zweiten Funikular der Stadt, hoch zum San Vigilio.
Da war deutlich weniger Andrang, aber meine Tageskarte galt auch hier, und als wir oben ankamen, war der Ausblick auf die nun unter uns liegende Oberstadt wunderbar. Das Wetter spielte nur so semi mit, es war meist trocken, aber eben auch bewölkt, aber Ende Oktober kann man halt nicht strahlenden Sonnenschein erwarten ...
Am Castello di San Vigilio kann man in einem Turm eine Treppe hochsteigen (das ist nicht beschildert, ich sah zum Glück eine Gruppe vor mir im Turm verschwinden), und wenn man dort oben ankommt, hat man einen wunderschönen Rundumblick auf die Stadt und die Berge - ebenfalls, mir gehen die Adjektive aus, großartig ...
Wer es bis jetzt nicht verstanden hat, dem sei gesagt: Bergamo ist richtig, richtig schön, und auch wenn ich nur auf einer Stippvisite unterwegs war, kann ich sagen, dass Brescia (wo ich ja vor 14 Jahren schon begeistert war) und Bergamo zurecht zusammen italienische Kulturhauptstadt sind ...
Ich lief nun den steilen Hang hinunter in die Oberstadt, lief wieder durch die enge Gasse, die sich nun noch weiter gefüllt hatte (viele Menschen und auch sehr, sehr viele Hunde, das ist in Bergamo richtig auffällig), es war elf, halb zwölf, immer noch ein bisschen früh, aber ich verzog mich wieder auf die Piazza Vecchia, guckte mich da ein bisschen um, und entschied mich dann - mit Mühe - für eine der beiden ins Auge gefassten Kneipen.
Dort verspeiste ich Aufschnitt bergamaschi mit Schinken und Salami, saß neben einer kolumbianisch-deutschen Familie, verspeiste dann als Hauptspeise Kaninchen mit Polenta taragna (Polenta mit Käse), wobei mich die Polenta ganz besonders begeisterte, und gönnte mir dann noch einen fast himmlisch zu nennenden Schokoladenkuchen.
Nun brach ich auf, lief einen anderen Weg zum Funikular, fuhr wieder runter (oben kaum Menschen, unten riesiger Andrang), fuhr - diesmal klappte das - einigermaßen in die Nähe des Hotels und holte dort mein Zeug. Ich stiefelte - mit viel Puffer - zurück zum Bahnhof, und dort fing die Katastrophe an: Da waren Menschenmassen, die auf den Flughafenbus warteten, sodass ich in den ersten Bus nicht wirklich reinkam - Wahnsinn! Zwanzig Minuten später kam der nächste Bus, der Busfahrer deutete mit der international bekannten Halsabschneider-Geste den Einweisern schon an, dass auch der Bus voll war, da war es mir dann zu blöd und ich entschied mich, dem Bus entgegenzulaufen.
Der nächste Bus erwischte mich gerade zwischen Baum und Borke, war aber auch voll, aber den nächsten Bus, um kurz vor 15 Uhr, erwischte ich dann. Auch hier musste ich erst stehen, bekam aber dann - ironischerweise am Bahnhof, wo etliche ausstiegen und erst dann neue Menschen einstiegen - einen Platz, weil eine mittelalterliche Frau den nicht haben wollte. Da hatte sie dann halt Pech ...
Ich checkte unterwegs noch ein, bekam den einzigen noch verfügbaren Mittelplatz verdonnert (seufz) und lief dann nach Ankunft am Flughafen zur Sicherheitskontrolle. Die dauerte ein wenig, aber nicht übermäßig lang, dann lief ich durch das Labyrinth des Flughafens hier. Also, ganz ehrlich, hier haben sie es echt übertrieben: Man läuft, bis man zur Ausreisekontrolle kommt, praktisch einmal im Kreis, weil die Planer den Hals nicht voll gekriegt haben und noch immer mehr Geschäfte dazwischengepackt haben - das ist so wirklich nicht nötig ...
Die Ausreisekontrolle ging am Automaten fix, und nun geht es gleich zum Boarding. Der Taxifahrer in Marrakesch hat mir schon eine WhatsApp mit seiner Nummer und dem Treffpunkt geschickt, das lässt sich schonmal gut an ...
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Der Flug war recht gut, ich hatte nur vergessen, meine Handys frühzeitig genug aufzuladen bzw. hatte keine Steckdose mehr gefunden, aber ich schaffte mit Energiesparmodus und Gedöns, die Handys am Leben zu erhalten. Eine österreichische Mathematik-Lehrerin korrigierte neben mir ihre Klassenarbeit der linearen Algebra (zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten), ich hörte Musik und las ein bisschen.
Die Einreise am hochmodernen Flughafen hier in Marrakesch ging leidlich schnell, auch wenn ich nie verstehen werde, wieso die Marokkaner von einem den Beruf wissen wollen, zumal mein Grenzer mit meiner Antwort "Mathematiker" sowieso nicht viel anfangen konnte ...
Mein Fahrdienstleiter war auch schon da und verteilte mich mit meiner Paar aus Manchester auf die Busse, nach einer mittleren Stadtrundfahrt schmiss mich der Fahrer zehn Gehminuten vom Hotel entfernt raus - das war aber völlig in Ordnung so, denn da, wo mein Hotel ist, kommt man mit dem Auto wirklich nicht (gut) hin ... (Mal sehen, wie das beim Heimweg wird, dafür hatte ich ja gestern auch noch das Taxi gebucht ...)
Der Fahrer erklärte mir noch, dass Marokko ab nächsten Jahr auf Englisch als Hauptverkehrssprache umstellen will; das erklärt, wieso hier inzwischen fast jeder ganz akzeptables Englisch spricht.
Der Check-in im schönen, etwas abgewohnten, aber völlig akzeptablen Riad ging fix (nachdem ich den Eingang gefunden hatte, Google Maps ist super, aber man muss natürlich auch an der richtigen Stelle abbiegen ...), ich war schnell wieder draußen (es war jetzt schon 22 Uhr) ... Meine Versuche, Geld abzuheben, schlugen allesamt fehl, da muss ich morgen nachbessern, aber das hielt mich nicht ab, einen kleinen Spaziergang über die Djemaa el-Fna, den zentralen Platz Marrakeschs, zu machen - was da alles verkauft wird, von Gewürzen bis - neuerdings - Videoaufzeichnungen des marokkanischen Siegeszuges bei der letzten Männer-WM, geht fast auf keine Kuhhaut.
Ich fiel in eine Terrassenbar ein, bei der ich mit Karte zahlen konnte und auch noch etwas zu essen bekam; die Hühnchen-Tajine war okay, vor allem mit der Zitrone und den Oliven, aber die Leber können sie sich definitiv schenken, und auch sonst war ich wahrscheinlich ein bisschen zu verfressen, denn Hühnchen auseinandernehmen mag ich ja doch nicht sooooo gern ...
Bier gibt es hier inzwischen auch problemloser als vor 15 Jahren (auch mit Happy Hour, selbst wenn ich am Ende die Preisbildung nicht mehr verstanden habe, weil ich müde war), überhaupt ist Marrakesch gefühlt wahnsinnig modern geworden: Der Taxifahrer hörte Katy Perry, die eine Motorradfahrerin vor uns hatte westliche Klamotten mitsamt dazu passender Mütze auf, die Straßen sind perfekt asphaltiert, das ist sehr, sehr schön hier ...
Mal gucken, ob ich morgen zum Frühstück gehe, es ist ja doch schon wieder spät jetzt, aber morgen mache ich einen ganz gemütlichen Tag mit Spaziergang über die Djemaa el-Fna, ein bisschen Tee trinken, einfach Marokko genießen - das wird schön ...
Fotos gibt es heute von Bergamo und morgen von Marrakesch:
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