Meine Länder

Meine Länder
Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Sonntag, 10. Juli 2022

Wir müssen uns einen Bahnfahrer als glücklichen Menschen vorstellen

Okay, Albert Camus hat das nicht über einen Reisenden (mit der Deutschen Bahn), sondern über Sisyphus gesagt, aber ebenso wie dieser immer wieder den Stein den Berg hinaufrollt, nur um ihn wieder herunterrollen zu sehen, steige ich immer wieder in den Zug, nur um verspätet (oder gar nicht) anzukommen.

Dieses Wochenende wollte ich in Stuttgart und Umgebung bei meiner Schwägerin und meinem Bruder verbringen, und entsprechend ließ ich mich von meiner Mutter am Freitag Abend nach Rötenbach fahren, damit ich noch früher losmusste und vor allem die Ecke über Neustadt sparte.

Schon in Villingen musste ich rennen, weil der Zug natürlich Verspätung aufgeladen hatte. Ein Soldat hielt mir freundlicherweise die Zugtür offen, nur war bei dem Vollsprint mein Rucksack aufgegangen, sodass ich etwas aus meinem Rucksack verlor - ich hoffe, das wiedergefunden und abgegeben, so ein Mist aber auch!

Beim nächsten Halt der Bahn in Schwenningen fiel ein aussteigender Fahrgast irgendwie um, ich habe das nicht gesehen, aber auf einmal kam die Ansage vom Lokführer, dass der Zug aufgrund "des Vorfalls" erst einmal stehen bleiben würde - auf Gleis 2 käme ein Ersatzzug. Alle Mal raus, zum anderen Gleis, nur um fünf Minuten später vom Lokführer wieder zurückbeordert zu werden, weil er jetzt doch führe ... Oh Mann!

Der Anschluss in Rottweil wäre jetzt natürlich auch knapp geworden, nur wurde eine Minute vor Ankunft meines Zuges (und planmäßiger Abfahrt der Verbindung nach Stuttgart) angesagt, dass der Zug heute ausfalle. Freunde, wollt ihr mich alle verarschen?!

Auf der BahnApp war natürlich nichts angeschrieben, an den Gleisanzeigen auch nichts, plötzlich war der Zug auf der Gleisanzeige weg, ebenso plötzlich wurde er Minuten später mit 45 Minuten Verspätung angegeben. In der Zwischenzeit hatte ich aber schon entnervt aufgegeben und mit meiner Mutter abgesprochen, dass sie mich wieder in Rötenbach abholt. Ich wollte es am Samstag noch einmal versuchen.

Meine Mutter machte am Samstag Morgen Hektik, aber wir kamen eine halbe Stunde vor Abfahrt des Zuges in Rottweil an (nix mit Rötenbach, nix mit Villingen, fast hätte sie mich gleich nach Stuttgart gebracht ...). Der Zug gestern fuhr dann einigermaßen pünktlich, war aber gerammelt voll, ich hatte zum Glück einen Sitzplatz auf einer Fensterbank, stieg dann in Herrenberg aus, hatte einen Plan, stieg dementsprechend am Stuttgarter Hauptbahnhof in eine andere S-Bahn um und war schon fast guter Dinge, als die inzwischen deutschlandweit in den Nachrichten verbreitete Oberleitungsstörung am Stuttgarter Hauptbahnhof mir in die Quere kam.

Ich saß zwischen Hauptbahnhof und Bad Cannstatt zwischen allen Stühlen, weil ich auch nicht aus dem Zug herauskam, wir saßen eine Stunde oder so, bis wir schließlich weiterfuhren, in Fellbach verpasste ich natürlich den Bus um eine Minute, kam aber irgendwann mit zwei Stunden Verspätung (bei zwei Stunden Fahrt!) bei Schwägerin und Bruder an.

Heute Morgen war immer noch nichts gut in Stuttgart, sodass die beiden mich freundlicherweise nach Bietigheim-Bissingen brachte, wo ich gerade noch den Regionalexpress nach Würzburg noch gerade so erwischte, obwohl Google mich und in der Folge ich meinen Bruder auf die falsche Seite des Bahnhofs gelotst hatte ... Ich fand sogar einen Platz im gerammelt vollen Regionalexpress, erwischte im gerammelt vollen Würzburger Bahnhof (Platz da!) den ICE nach Hamburg und sitze jetzt hier - entspannt - im noch vergleichsweise leeren Zug.

In Fulda kamen wir gerade zwanzig Minuten zu früh an, ich kann das alles gar nicht mehr fassen, was die Bahn fabriziert, es ist unglaublich. (Da wir aber zu früh sind, können wir noch nicht an den Bahnsteig, sodass das alles auch nicht wirklich viel bringt, aber es ist wirklich unfassbar.)

Mal sehen, ob ich wirklich gut in Hannover ankomme, bestimmt schaltet sich aufgrund der langen Standzeit in Fulda das Betriebssystem des Zuges ab und muss erst wieder langwierig hochgefahren werden, aber noch habe ich Hoffnung ...

Das Wochenende, nachdem ich erst einmal angekommen war, war ganz großartig: Mein Bruder hatte seine Spezial-Paella (mit acht Knoblauchzehen drin ...) gekocht, aber ich war noch nicht oft in den Genuss gekommen, weshalb ich mich besonders darauf freute - und ich wurde nicht enttäuscht. Dazu tranken wir ein bisschen Wein, und das Unheil nahm seinen Lauf ...

Wir fuhren mit der Stadtbahn (die fuhr noch im Gegensatz zur S-Bahn und war entsprechend brechend voll, wir hatten Glück, weil wir an der Abfahrtshaltestelle in Fellbach einstiegen) in die Stuttgarter Innenstadt und liefen über den "Hamburger Fischmarkt in Stuttgart". Dort wurden Fischbrötchen und Bier verzehrt, jetzt hatte ich endgültig genug Alkohol konsumiert, sodass es nach einem nichtalkoholischen Absacker am Schlossplatz wieder in einer - überraschend leeren - Stadtbahn über Untertürkheim zurück nach Fellbach ging.

Auf dem heimischen Balkon schlief ich fast ein, verschmähte auch den Magenbitter und verzog mich ins Bett ...

Mein Magen war heute Morgen völlig fit, denn er freute sich schon auf das wie immer hervorragende Frühstück mit Piccolöchen und Kakao und Salami und Ei und Saft, und dann ging es auch schon zum Bahnhof in Bietigheim-Bissingen.

Wenn einer eine Reise tut und so, ja klar, alles gut, und so ein Oberleitungsschaden kann natürlich passieren, aber, Freunde der Sonne, in den letzten Wochen ist immer irgendetwas passiert, und dann kommt man irgendwann nicht mehr umhin, systematisches Versagen auf ganzer Linie festzustellen.

Ich finde es völlig richtig, dass man versucht, den Menschen das Zugfahren schmackhaft zu machen, aber wenn das so mit dermaßener Regelmäßigkeit völlig gegen den Baum geht, konterkariert man dieses ehrenwerte Ziel natürlich in brutalstmöglicher Weise. Schade ...

Es gibt ein Foto des Autors mit gierigem Blick auf die Paellapfanne (gar nicht gestellt, neihein), aber das muss ich den Lesern leider vorenthalten, es ist viel zu peinlich ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen