Meine Länder

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Montag, 27. Februar 2017

Şarküteri

Eintrag wurde am 28. Februar 2017 ergänzt (erster Satz).

Das heißt auf Türkisch „Metzgerei“ (oder auch nicht, siehe späteren Post) und die phonetische Ähnlichkeit zur französischen „charcuterie“ ist unüberhörbar. Fand ich so interessant, dass ich es an den Anfang des dieswochenendlichen Blogeintrages stellen musste.

Wie der nicht nur gelegentliche Leser dieses Blogs weiß, endet eine Reise meistens mit einem „Es war toll“. Man muss manchmal mit Lesegewohnheiten brechen, deshalb am Anfang: „Es war toll!“ Nur halt nicht so richtig schlafreich, und die Haxen tun mir auch weh …

Der Büro-Freitag war ein wenig zäh, und deshalb fuhren Christina und ich hochgradig pünktlich um 17 Uhr zum Bahnhof. Meine Mutter wartete dort auch schon und war trotz des Zustandes meiner Wohnung ganz friedlich. Zur vereinbarten Zeit um 17.30 Uhr war auch Andrea da, sodass wir in die S-Bahn einfielen und ordnungsgemäß am Flughafen ankamen. Den Check-in hatte ich schon am Freitagmorgen gemacht, sodass wir zügig zum Abflugbereich B durchgingen, aus dem Schengen-Raum ausreisten und schließlich vor verschlossener Tür am Gate B20 standen. Dieses Gate ist ein sogenanntes Wechselgate, das heißt, es kann durch Öffnen und Schließen der richtigen Türe sowohl für Schengen-Flüge aus auch für Nicht-Schengen-Flüge verwendet werden. Eine Stunde vor Abflug durften wir rein und warteten auf das Boarding. Das funktionierte mit den Handy-Bordkarten relativ gut (außer bei meiner Ma, wieso auch immer), und prompt wurde meine Mutter zur Gepäckabgabe des Handgepäcks herausgezogen – na gut, da musste sie es wenigstens nicht mehr schleppen.

Wir kamen verspätet in Frankfurt weg und wären pünktlich in Istanbul gelandet, wenn wir nicht eine Dreiviertelstunde oder so Warteschleifen hätten fliegen müssen, das habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Der Pilot sprach denn auch davon, dass in Istanbul „die Hölle los sei“, während ihm im selben Moment einfiel, dass das nach den Anschlägen letztes Jahr vielleicht kein ganz so gelungenes Sprachbild war … Jedenfalls landeten wir verspätet nach allerdings fantastischen Blicken auf das nächtliche Istanbul, standen relativ lange an der Einreise und fuhren dann mit dem (teuren) Taxi zur Hagia Sophia. Ich klopfte mir vor Freude buchstäblich auf die Schenkel, als wir da die Straße zwischen Blauer Moschee und Hagia Sophia hochfuhren – Istanbul, olé. Ähm, räusper … Wir machten noch ein paar Fotos von Istanbul by night und gingen dann die paar Schritte zum Hotel. Dort konnten wir zum Glück schnell einchecken, waren aber trotzdem erst um 4 Uhr Ortszeit (2 Uhr deutscher Zeit) in der Heia …

Selbst meine Ma genoss es, am Samstag erst um 8 Uhr aufstehen zu müssen, weil wir uns erst für 9 Uhr zum Frühstück verabredet hatten. Frühstück war okay, nicht ganz so gut wie letztes Jahr an gleicher Stelle, aber reichte für das Bekämpfen des nicht vorhandenen Hungergefühls deutlich aus.

Wir verließen das Hotel und machten uns erst einmal entlang der Straßenbahnschienen auf hinunter zum Fährhafen in Eminönü. Die Straßenbahn fuhr laut bimmelnd an uns vorbei, als uns ein Mann halb ernsthaft ansprach, dass er seit acht Monaten kein Deutsch mehr auf den Straßen Istanbuls gehört hätte, und in der Tat: Touristen waren gefühlt sehr wenige unterwegs, auch wenn im Vergleich jetzt nicht gerade Hochsaison war. In Eminönü haben sie die Piers ein wenig verlegt, wir fanden aber den Einstieg nach Kadiköy und fuhren von der Galatabrücke, mit Blick auf den Galataturm, die Neue Moschee, die Süleymaniye, die Blaue Moschee und die Hagia Sophia, den Topkapı-Palast und die Bosporus-Brücke, Möwen fütternd (das glaubt mir keiner, wie entspannend es ist, auf der Fähre Möwen zu füttern) hinüber nach Asien.

Christina vergaß, den Kontinentalwechsel gebührend (d.h. hüpfend) zu begehen, was aber verschmerzbar war. Nach kurzem Aufenthalt in Asien fuhren wir zurück, nach Europa, aber diesmal nach Beşiktaş. Von dort liefen wir am Bosporus und dem Dolmabahçe-Palast vorbei nach Kabataş und von dort mit dem Füniküler, der Standbahn, hoch zum Taksim-Platz.
Auf dem Taksim war überraschend wenig Polizei, aber in der İstiklal, der Haupteinkaufsstraße, Istanbuls dafür umsomehr – es schien, da auch bald eine Veranstaltung zu sein, denn unterwegs kamen wir an einer Polizei-, naja, -fünfzigschaft in Kampfmontur vorbei, an dem wir zügig vorbeiliefen, man weiß ja nie in Erdoğans Türkei.

Die Mädels kauften ein, während meine Ma und ich das erste Efes genossen. Wir stellen fest, dass die İstiklal lang und die alte Straßenbahn dort zumindest vorübergehend weg ist, ehe wir auf die steilen Straßen in Richtung Galataturm einbogen. Wir stärkten uns mit Kaffee- und Teeprodukten in einem schönen Caféle und schauten uns den Turm von unten an – am Ende der Straße wurde ein leckerer Döner verspeist (ohne Knoblauch!). Danach ging es mit der Straßenbahn auf die andere Seite des Goldenen Horns und hoch in Richtung Sultanahmet.

Wir stiegen in Beyazit aus und liefen in den Großen Basar hinein. Am Einlass ist eine Sicherheitskontrolle, die nicht nur deswegen einigermaßen sinnlos ist, weil das Ding entweder immer piept oder aber ganz ausgeschaltet ist, sondern weil man als „Händler“ mit drei zusammengerollten Teppichen auf dem Arm problemlos daran vorbeilaufen kann, wie Christina feststellte. Aktionismus nennt man das wahrscheinlich. Joa, der Große Basar ist halt der Große Basar, weil es da ganz viele Sachen, von Teppichen über Lampen und T-Shirts zu kaufen gibt – man merkte an zwei Umständen relativ gut, dass gerade Nebensaison ist: Man kam relativ schnell voran, weil die kleinen Gassen nicht völlig überfüllt waren, und die Händler sprachen einen nur einmal kurz an, ließen einen aber dann ist der Regel in Ruhe. Als jemand von uns als Antwort auf den Gesprächseinstieg des Verkäufers „just looking“ sagte, entgegnete diese „I'm just selling ...“ Das war fast schon lustig …

Irgendwie war aber niemand so richtig in Kauflaune bei uns, sodass wir in Richtung Gewürzbasar liefen, aber vorher nochmal kurz den Berg hochliefen in Richtung Süleymaniye-Moschee. Unterwegs „verloren“ wir – nach 15 Kilometern Fußmarsch am heutigen Tag – meine Ma, weil die kaputt war und mit dem Taxi zurück ins Hotel fuhr, während wir den Aufstieg bewältigten und uns am Ausblick auf Istanbul von dort oben sattsahen – das ist so, so schön dort oben, speziell, wenn, wie am Samstag, das Wetter einigermaßen mitspielte.

Ein paar Minuten später waren wir wieder auf dem Weg zum Gewürzbasar, kauften dort noch hübsch ein und quälten uns nach einem kurzen Abstecher in die im Umbau befindliche und daher gerade nicht wirklich sehenswerte Neue Moschee zur Straßenbahn. Wir fuhren zwei Stationen (das war es uns wert) und ließen uns im Hotel nieder … So richtig wollte keiner mehr aufstehen, nur meine Mutter zog das durch und blieb tatsächlich daheim, während wir drei anderen uns nach einer Stunde Verschnaufen wieder aus dem Hotel machten.

In einem Anfall von Wahnsinn hatte ich schon länger vorgeschlagen, zum Abendessen nach Asien herüberzufahren, und weil mir keiner wirklich vehement widersprach, liefen wir – im zu allem Überfluss einsetzenden Nieselregen – hinunter nach Eminönü und erwischten dort die ziemlich volle Fähre. Wir hatten bis dahin 25.000 Schritte hinter uns gebracht, und es wurden in Asien noch ein paar mehr, als wir vom Fähranleger hoch in diese wunderbare Restaurantgasse liefen.

Die Mädels folgten mir, als ich mich zielstrebig meinem Wunschlokal näherte, und der Schlepper/Inhaber, der mich schon vor einem Jahr von einem Ein-Mann-Gelage (das ist also keine Pariser Erfindung!) überzeugt hatte, war wieder da und behauptete gar, mich wiederzuerkennen. Er organisierte uns einen Tisch in einem der vier Räume, die inzwischen zum Hamsi Pub gehören – und das Unheil nahm seinen Lauf ... Wir nahmen gefüllte Weinblätter, Makrele, Garnelen und eingelegten Paprika als Vorspeise und tranken dazu Cola (Christina), Efes-Radler (Andrea) und Efes (ich). Sehr, sehr lecker war das. So lecker, dass wir natürlich noch vier Hauptspeisen bestellten, nämlich einen Seebarsch, Lachs, gegrillten Tintenfisch und gebratene Muscheln. Der gegrillte Tintenfisch wurde vergessen, aber das eine weise Entscheidung der Ober, denn wir waren auch so satt (als „Entschädigung“ gab es einen Obstteller aufs Haus). Andrea und ich gönnten uns ein kleines Fläschchen Raki, und obwohl wir vorher alle mit fester Stimme behauptet hätten, dass wir die letzte Fähre rüber nach Eminönü um 21 Uhr nehmen würden, mussten wir uns ein bisschen beeilen, um die letzte (23-Uhr-)Fähre nach Karaköy noch zu kriegen … (Unsere Rechnung bestand aus einem leeren Zettel mit einer Zahl drauf, aber weil der Preis realistisch erschien und der Typ mir zudem ansah, dass ich ernsthaft und wirklich wiederkommen will und werde, glaube ich, dass das so im Großen und Ganzen seine Richtigkeit hatte.)

Von Karaköy ging es wiederum mit der Straßenbahn zurück nach Sultanahmet (die Strecke sind wir am Samstag gefühlt fünf Mal gefahren) und auf der Direttissima ins Bett …

Am Sonntag saßen wir wieder pünktlich um 9 Uhr beim Frühstück, verquatschten uns fast, aber da wir noch auschecken mussten und in die Hagia Sophia wollten, standen wir gegen 10.15 Uhr auf. Andrang war in der Hagia Sophia kein großer, sodass wir zügig drin waren und dieses immer wieder beeindruckende Bauwerk begutachteten. Diese Mosaike da oben auf der Empore, die Größe des Raumes, diese riesigen Tafeln in den Ecken, das ist – und ich war jetzt zum vierten oder fünften Mal in der Hagia Sophia – immer wieder unglaublich, zumal einige der Dinger ja schon weit über 1.000 Jahre alt sind … Sehr, sehr schön …

Die beiden Damen wollten noch Jeans kaufen (8 kg Handgepäck hatten wir formal, aber zum Glück sind die Türken da noch dreister als wir …), sodass meine Ma und ich uns in ein schönes Kneipchen setzten und die türkische Hopfenkultur aber noch einmal ganz genau unter die Lupe nahmen. Andrea und Christina waren noch nie in der Zisterne gewesen, sodass wir uns für diese und gegen die Blaue Moschee entschieden (muss ja noch was für Christinas nächsten Besuch übrig bleiben …). Ich bin ja kein so'n riesengroßer Mega-Fan der Zisterne, aber hübsch anzugucken ist sie allemal, auch wenn sie das Wasser zur Zeit abgelassen haben und da irgendwas herumbauen. Die Tränensäule und die Medusenköpfe wurden in Augenschein genommen und dann ging es ans Tageslicht. Irgendwie hatten wir mit Frühstücken und Einkaufen und Trinken und Gucken einen richtig entspannten Vormittag hinter uns gebracht, sodass wir jetzt noch eine Dreiviertelstunde Zeit hatten und diese mit einem Döner verbringen wollten. Naja, lecker war er nicht, der Typ „beglückte“ uns ein bisschen zu sehr mit seinem Geschwafel und (milde) übers Ohr gehauen hat er uns auch noch – dort gehe ich im Gegensatz zum Hamsi jedenfalls nicht mehr hin …

Unsere Rezeptionistin, bei der wir jetzt unser Gepäck holten, überzog uns mit Bettelei, dass wir doch bitte in der Hotelbewertung mindestens eine 10 geben (10 ist das Maximum), was heute in meiner Bewertung zu einem Punktabzug in der B-Note und letztlich zu einer 9,2 (immer noch „ausgezeichnet“) führte. Die Fahrt mit dem Hoteltransfer zum Flughafen klappte dafür wunderbar.

Nicht wunderbar ist die Ausreisekontrolle. Meine Mutter hatte ja in Frankfurt Probleme mit der Handy-Bordkarte gehabt, sodass ich ihr auch „nur“ den QR-Code heruntergeladen habe. Der Ausreisegrenzer ist aber in Istanbul gleichzeitig Bordkartenkontrolleur (was ziemlicher Schmarrn ist) und wollte eine Bordkarte mit Namen sehen. Der QR-Code hat den Namen nicht drauf, sodass ich – glücklicherweise hatte ich die Bordkarte auch mit heruntergeladen – diese vorzeigen musste. Saftladen, saftiger!

Naja, nach diesem Ausbruch von Unverständnis meinerseits gingen wir noch auf die – ernsthaft – schönste Flughafenraucherterrasse der Welt, ehe wir nach Duty-free-Einkäufen den Flieger stürmten. Drei Kinder brüllten die ganze Zeit während des Fluges, aber wir waren so k.o., dass uns das auch nicht mehr richtig störte. Andrea war noch zu einem Geburtstag eingeladen, Christina, meine Ma und ich dagegen wollten „noch ein Bier“ als Absacker zu uns nehmen. Das Sherry hat ja sonntags leider zu, das Irish Pub, das ich zunächst ansteuerte, war – ich hatte völlig vergessen, dass Fastnacht ist – ziemlich sicher überfüllt, also landeten wir im vergleichsweise leeren „Alex“. Naja, es war am Ende mehr als ein Bier, aber wen wundert das?

Anstelle eines „Es war toll“ (siehe oben) kommt der abschließende Teil des Istanbul-Zyklus zur Melodie von „America the beautiful“:

Oh Istanbul, du schöne Stadt, du schöne Stadt am Meer,
ich mag dich so, manch einer sagt, ich liebte dich so sehr.
Oh Istanbul, du schöne Stadt, es hat doch keinen Sinn,
es ist ganz klar, jetzt, hier und heut', ich fahr bald wieder hin ...

Tusch, Applaus, Abgang ...

Fotos großteils von Christina und Andrea:

Anflug

Nachts

Galata

Basar

Von der Süleymaniye aus

Hagia Sophia

Zisterne

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