Die Alternativüberschrift heute wäre
„Ein-Mann-Gelage“ gewesen, aber „je suis ravi“ - „ich bin
begeistert“ - klingt einfach besser.
Das Hotel war doch hellhöriger als
vorgestern Abend gedacht, vielleicht war da auch nur ich derjenige,
der Lärm gemacht hat. Jedenfalls war ich um 5 Uhr oder so das erste
Mal auf, schlief dann aber tapfer in Etappen bis um 9 Uhr, als
schließlich mein Wecker klingelte. Der Muskelkater hielt sich
überraschend in Grenzen, aber einen ruhigeren Tag als gestern wollte
ich dann doch einlegen.
Ich machte mich also gemütlich fertig
und spazierte mitsamt Koffer aus dem Hotel raus. Mitsamt Koffer?! Ja,
vor lauter Vorfreude hatte ich den Koffer noch an der Hand.
Zurückmarschmarsch ins Hotel und Koffer dort aufbewahren lassen …
Jetzt ging es, deutlich befreiter, wieder zu meiner U-Bahn-Station Riquet, von dort mit zweimal Umsteigen (dass man das Musée d'Orsay nicht einfacher erreichen kann, ts) zu ebendiesem Museum am Südufer der Seine. Leider waren mehrere Menschen auf die Idee gekommen, heute am kostenfreien Tag ins Musée d'Orsay zu gehen – die Schlange war seeeeehr lang … Ich schwankte, ob ich mich doch anstellen sollte, entschied mich angesichts des Kultur-Overkills gestern im Louvre dagegen und spazierte über die Seine und durch die Tuilerien, die im Frühjahr bestimmt ganz toll aussehen, aber jetzt im Winter doch ganz eindeutig das Revier der unverzagten Jogger sind.
Ich stieg in die U-Bahn in Richtung
Etoile und dort in die U-Bahn in Richtung Anvers, am Fuße von
Sacre-Cœur.
Dort stieg ich aus der U-Bahn, lief ein paar Schritte hoch, dann zum
Funiculaire (heute wollte ich mir so viel Fußweg wie sinnvoll
möglich sparen), fuhr hoch und ging danach in die Kirche hinein.
Überall wird groß und breit erläutert
(und angeschrieben), dass man nicht fotografieren soll. Was machen
die Leute (unter Aufsicht der Aufseher)? Fotografieren! Diesmal
wollte ich nicht der einzige Bekloppte sein, der sich an Regeln hält,
und machte also auch ein Foto … Da gerade Gottesdienst war, hielt
ich mich nicht lange im Inneren der Kirche auf, ging also wieder aus
und sah den Hinweis zum Aussichtspunkt im Kirchturm.
Sechs Euro Eintritt waren zu löhnen
und 300 Stufen zu überwinden, aber diese Anstrengung lohnt sich,
aber sowas von! Der Blick auf die (übrigens fast durchgehend grauen)
Dächer von Paris und auf den Eiffelturm ist schlicht und ergreifend
fantastisch – das ist so, so, soooooo toll … Wiederkommen ich
werde.
Ich hatte mir im Vorhinein schon eine
Belohnungskneipe ausgesucht und in diese fiel ich nun nach der
anstrengenden Bezwingung von Sacre-Cœur
ein.
Liebe Einwohner von Paris (ich wollte
jetzt nicht „Liebe Pariser“ schreiben, klingt komisch …),
wenigstens ein paar von euch müssen doch das Klischee von mürrischen
Kellnern im Besonderen und Bürgern von Paris im Allgemeinen, die
lieber ihre Zunge verschlucken als ein Wort Englisch von sich zu
geben, erfüllen – es kann doch nicht sein, dass wirklich jeder
(Junge) unter euch wie selbstverständlich ins Englische wechselt,
wenn er merkt, dass man sich schwertut, der französischen Sprache
Herr zu werden.
Also, im Ernst: In Paris kommt man
jedenfalls inzwischen wunderbar durch, auch ohne ein einziges Wort
Französisch zu sprechen (naja, „merci“ oder „bonjour“ sollte
man schon auf der Pfanne haben, aber sonst …?). Was die Franzosen
allerdings machen, ist, dass sie beim Französischen bleiben, wenn
man sich bemüht, ihre Sprache zu sprechen und dabei offenbar nicht
nur „Ich möchte diesen Teppich nicht kaufen“ sagt … (Zum Glück
wusste ich eben beim Steak, dass „a point“ „medium“ heißt,
sonst hätte das womöglich eine mittelprächtige Katastrophe gegeben
…)
Also, meine Kellnerin im Grand Comptoir
d'Anvere war ganz grandios, und das Essen dort war fast noch
grandioser. Dementsprechend artete das Mittagessen (zu meiner
Entschuldigung: Ich hatte nicht gefrühstückt) zu dem
Ein-Mann-Gelage aus, was ich zuvor angedeutet hatte. Es gab erst
Schnecken mit ein ganz klein bisschen, hochleckerer Knoblauchsauce
(zum Glück konnte ich noch rechtzeitig im Internet nachlesen, wie
man mit dieser Schneckenzange umgeht …) und dann ein ziemlich gutes
Entrecôte als Hauptspeise. Satt war ich, aber verfressen eben auch,
also nahm ich noch die Dégustation:
drei Austern und ein Glas Wein. Die Austern und der Wein schmeckten
mir so gut, dass ich das Gleiche nochmal nahm …
Zwei Stunden, zwei
Bier und zwei Weinchen später und einen durchaus stattlichen
Eurobetrag (naja, genauer gesagt, äh, 75 Euro ...) ärmer, aber
hochzufrieden fuhr ich zurück in Richtung meines Hotels, schaute in
der Paname Brewing Company noch das Rugby-Match Italien-Wales zu
Ende, nachdem ich noch ein paar Minütchen draußen auf dem Ponton
mit Blick auf das Bassin de la Villette verbracht hatte (für einen
kurzen Moment kam sogar die Sonne raus, sodass man sich da ohne
Mantel gut aufhalten konnte!), und fuhr dann – wie sich
herausstellte, viiiiiiiel zu früh – zurück zum Flughafen.
Nun bin ich also
zwei Stunden vor Boarding schon hier im Sicherheitsbereich, habe eben
für teuer Geld ein halbwegs akzeptables Panini gegessen und warte
jetzt auf meinen Rückflug.
Ich lasse das jetzt
noch ein bisschen sacken, aber möglicherweise gesellt sich zu
Istanbul, Sydney und Tel Aviv noch eine vierte Stadt dazu, mal sehen
...
Funiculaire hoch zum Montmartre |
Sacre-Cœur von innen |
Paris mit Eiffelturm |
Sacre-Cœur von außen |
Bassin de la Villette im 19. Arrondissement |
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