Meine Länder

Meine Länder
Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Sonntag, 5. Februar 2017

Je suis ravi

Die Alternativüberschrift heute wäre „Ein-Mann-Gelage“ gewesen, aber „je suis ravi“ - „ich bin begeistert“ - klingt einfach besser.

Das Hotel war doch hellhöriger als vorgestern Abend gedacht, vielleicht war da auch nur ich derjenige, der Lärm gemacht hat. Jedenfalls war ich um 5 Uhr oder so das erste Mal auf, schlief dann aber tapfer in Etappen bis um 9 Uhr, als schließlich mein Wecker klingelte. Der Muskelkater hielt sich überraschend in Grenzen, aber einen ruhigeren Tag als gestern wollte ich dann doch einlegen.

Ich machte mich also gemütlich fertig und spazierte mitsamt Koffer aus dem Hotel raus. Mitsamt Koffer?! Ja, vor lauter Vorfreude hatte ich den Koffer noch an der Hand. Zurückmarschmarsch ins Hotel und Koffer dort aufbewahren lassen …

Jetzt ging es, deutlich befreiter, wieder zu meiner U-Bahn-Station Riquet, von dort mit zweimal Umsteigen (dass man das Musée d'Orsay nicht einfacher erreichen kann, ts) zu ebendiesem Museum am Südufer der Seine. Leider waren mehrere Menschen auf die Idee gekommen, heute am kostenfreien Tag ins Musée d'Orsay zu gehen – die Schlange war seeeeehr lang … Ich schwankte, ob ich mich doch anstellen sollte, entschied mich angesichts des Kultur-Overkills gestern im Louvre dagegen und spazierte über die Seine und durch die Tuilerien, die im Frühjahr bestimmt ganz toll aussehen, aber jetzt im Winter doch ganz eindeutig das Revier der unverzagten Jogger sind.

Ich stieg in die U-Bahn in Richtung Etoile und dort in die U-Bahn in Richtung Anvers, am Fuße von Sacre-Cœur. Dort stieg ich aus der U-Bahn, lief ein paar Schritte hoch, dann zum Funiculaire (heute wollte ich mir so viel Fußweg wie sinnvoll möglich sparen), fuhr hoch und ging danach in die Kirche hinein.

Überall wird groß und breit erläutert (und angeschrieben), dass man nicht fotografieren soll. Was machen die Leute (unter Aufsicht der Aufseher)? Fotografieren! Diesmal wollte ich nicht der einzige Bekloppte sein, der sich an Regeln hält, und machte also auch ein Foto … Da gerade Gottesdienst war, hielt ich mich nicht lange im Inneren der Kirche auf, ging also wieder aus und sah den Hinweis zum Aussichtspunkt im Kirchturm.

Sechs Euro Eintritt waren zu löhnen und 300 Stufen zu überwinden, aber diese Anstrengung lohnt sich, aber sowas von! Der Blick auf die (übrigens fast durchgehend grauen) Dächer von Paris und auf den Eiffelturm ist schlicht und ergreifend fantastisch – das ist so, so, soooooo toll … Wiederkommen ich werde.

Ich hatte mir im Vorhinein schon eine Belohnungskneipe ausgesucht und in diese fiel ich nun nach der anstrengenden Bezwingung von Sacre-Cœur ein.

Liebe Einwohner von Paris (ich wollte jetzt nicht „Liebe Pariser“ schreiben, klingt komisch …), wenigstens ein paar von euch müssen doch das Klischee von mürrischen Kellnern im Besonderen und Bürgern von Paris im Allgemeinen, die lieber ihre Zunge verschlucken als ein Wort Englisch von sich zu geben, erfüllen – es kann doch nicht sein, dass wirklich jeder (Junge) unter euch wie selbstverständlich ins Englische wechselt, wenn er merkt, dass man sich schwertut, der französischen Sprache Herr zu werden.

Also, im Ernst: In Paris kommt man jedenfalls inzwischen wunderbar durch, auch ohne ein einziges Wort Französisch zu sprechen (naja, „merci“ oder „bonjour“ sollte man schon auf der Pfanne haben, aber sonst …?). Was die Franzosen allerdings machen, ist, dass sie beim Französischen bleiben, wenn man sich bemüht, ihre Sprache zu sprechen und dabei offenbar nicht nur „Ich möchte diesen Teppich nicht kaufen“ sagt … (Zum Glück wusste ich eben beim Steak, dass „a point“ „medium“ heißt, sonst hätte das womöglich eine mittelprächtige Katastrophe gegeben …)

Also, meine Kellnerin im Grand Comptoir d'Anvere war ganz grandios, und das Essen dort war fast noch grandioser. Dementsprechend artete das Mittagessen (zu meiner Entschuldigung: Ich hatte nicht gefrühstückt) zu dem Ein-Mann-Gelage aus, was ich zuvor angedeutet hatte. Es gab erst Schnecken mit ein ganz klein bisschen, hochleckerer Knoblauchsauce (zum Glück konnte ich noch rechtzeitig im Internet nachlesen, wie man mit dieser Schneckenzange umgeht …) und dann ein ziemlich gutes Entrecôte als Hauptspeise. Satt war ich, aber verfressen eben auch, also nahm ich noch die Dégustation: drei Austern und ein Glas Wein. Die Austern und der Wein schmeckten mir so gut, dass ich das Gleiche nochmal nahm …

Zwei Stunden, zwei Bier und zwei Weinchen später und einen durchaus stattlichen Eurobetrag (naja, genauer gesagt, äh, 75 Euro ...) ärmer, aber hochzufrieden fuhr ich zurück in Richtung meines Hotels, schaute in der Paname Brewing Company noch das Rugby-Match Italien-Wales zu Ende, nachdem ich noch ein paar Minütchen draußen auf dem Ponton mit Blick auf das Bassin de la Villette verbracht hatte (für einen kurzen Moment kam sogar die Sonne raus, sodass man sich da ohne Mantel gut aufhalten konnte!), und fuhr dann – wie sich herausstellte, viiiiiiiel zu früh – zurück zum Flughafen.

Nun bin ich also zwei Stunden vor Boarding schon hier im Sicherheitsbereich, habe eben für teuer Geld ein halbwegs akzeptables Panini gegessen und warte jetzt auf meinen Rückflug.

Ich lasse das jetzt noch ein bisschen sacken, aber möglicherweise gesellt sich zu Istanbul, Sydney und Tel Aviv noch eine vierte Stadt dazu, mal sehen ...
Funiculaire hoch zum Montmartre

Sacre-Cœur von innen

Paris mit Eiffelturm

Sacre-Cœur von außen

Bassin de la Villette im 19. Arrondissement

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen