Meine Länder

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Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Samstag, 28. Februar 2015

Ode an Istanbul

Oh Istanbul, du schöne Stadt, du schöne Stadt am Meer,
ich mag dich so, manch einer sagt, ich liebte dich so sehr.
Oh Istanbul, du schöne Stadt, mein Herz wird nun so schwer,
wenn ich jetzt wieder fliegen muss; ich komm' bald wieder her.

Zur Melodie von "America the Beautiful", heute spontan auf der Fähre gedichtet - man merkt, ich hatte akuten Schlafmangel ...

Ich bestellte tatsächlich ein Efes im Flieger, hat zwar nicht so arg gut geschmeckt, ich glaube, meine Geschmacksnerven waren schon vom Bier entwöhnt, aber das war mir egal. Der Flieger war nicht voll, sodass die zwei Jungs neben mir sich zu ihren Eltern verteilen konnten und wir A-C mit freiem B-Platz saßen: sehr angenehm. Ich pennte sogar ein, eineinhalb Stunden, der Flug war gefühlt jedenfalls sehr schnell vorbei, und unterwegs hatte ich auch einen tollen Blick auf das nächtliche Bagdad.

In Istanbul sprintete ich vor zum Transferdesk, um meine Bordkarte zu kriegen; trotzdem waren irgendwelche Russen vor mir, für die die Damen und Herren von Pegasus ewig brauchten, um irgendetwas auszudrucken. Argh. Die Zeit lief, liebe Leute, die Zeit lief.

Als ich endlich dran war, bekam ich binnen Sekunden meine Bordkarte und wurde zur Transitsicherheitskontrolle geschickt, was ich aber ignorierte und in die Türkei einreiste. Der Grenzer brauchte für die Leute vor mir auch ewig, aber um 6.17 Uhr war ich schließlich eingereist. Um 6.19 Uhr war ich aus dem Flughafengebäude raus, um 6.20 Uhr im Expressbus nach Kadiköy, um 6.21 Uhr fuhr der Bus ab. Das war mal wieder so ein Gefühl des puren Glücks ...

Der Bus brauchte eine gute Stunde, sodass ich um 7.20 Uhr in Kadiköy war. Boarding für den Weiterflug war um 10.55 Uhr, sodass ich so gegen 10 Uhr wieder am Flughafen sein wollte, alos so gegen 9 Uhr in den Rückbus einsteigen sollte. Um 7.30 Uhr war die Fähre nach Eminönü angezeigt, sodass ich guten Mutes war, dass das alles gut klappen würde. Um 7.29 Uhr kam eine Durchsage mit Eminönü, aber mein Schiff röhrte noch nicht, um 7.30 Uhr tutete es auf dem Nebenschiff, das in zweiter Reihe neben uns lag, welches dann pünktlich nach Eminönü abfuhr. Argh. Das hatte ich wirklich sehr intelligent gemacht, denn ich war auf dem Schiff in erster Reihe geblieben und hatte mich dem Blick nach Europa, auf Topkapı, Hagia Sophia und Blaue Moschee hingegeben.

Jetzt musste ich hoffen, dass mein Schiff auch bald abfahren würde, was zum Glück um 7.50 Uhr auch geschah. Ich wusste, dass die Fahrt so 15, 20 Minuten dauern würde, sodass ich trotzdem noch pünktlich zum 9-Uhr-Bus zurück in Kadiköy sein sollte.

Ach Leute, dieser Blick, das ist einfach soooooooo schön. Die Fahrt rüber von Kadiköy nach Eminönü oder Karaköy zählt einfach zu den schönsten Sachen, die ich erlebt habe, und das Gute ist, dass ich das relativ häufig wiederholen kann. Sooooooooo toll.

Um 7.10 Uhr waren wir drüben in Eminönü, ich stieg aus und lief um die Ecke, um gleich wieder aufs Schiff einzuchecken. Wenn mich jemand beobachtet hat, dachte der ganz bestimmt, ich spinne. Mir war's egal.

Hatte ich erwähnt, dass die Fahrt zurück hinten auf dem Schiff mit dem Blick auf Topkapı, Hagia Sophia und Blaue Moschee einfach soooo schön ist? Achja, vor fünf Zeilen, ich sehe es. Trotzdem nochmal: sooooooo schön ... Sorry. Ich reiße mich jetzt zusammen.

Der 8.40-Uhr-Bus fuhr mir vor der Nase weg, sodass ich erstmal ein Simit und Wasser zum Frühstück kaufte. Um 8.50 Uhr fuhr eine andere Linie zum Flughafen, sodass ich in die einstieg und so gegen 9.40 Uhr am Flughafen war. Das war auch gut so, denn die Ausreiseschlange war riesig und ging nicht so richtig voran. Entsprechend drängelten sich einige vor, die zum Gate mussten, wofür ich unter gewissen Umständen Verständnis habe, aber auch nicht immer. Naja, heute hatte ich halbwegs Zeit, daher war's mir egal. Der Grenzer fragte mich angesichts meiner Ausreise um 10 Uhr mit einem Einreisestempel vom gleichen Tag, woher ich denn für die paar Stunden in Istanbul gekommen sei. Meine Antwort "Kuwait" schien ihn zu beeindrucken ...

Das Boarding raus verzögerte sich etwas, was aber egal war, weil wir kürzer flogen als veranschlagt. Nach einigem Fußmarsch in Frankfurt nutzte ich als Einziger die automatisierte Grenzkontrolle (die anderen stellten sich alle bei den menschlichen Grenzern an, verstehe ich zwar nicht, aber das ist ja nicht mein Problem), wartete noch kurz auf meinen Koffer und ab ging es nach Wiesbaden. Um 13.50 Uhr oder so waren wir gelandet, um 15.33 Uhr war ich zuhause, um 16 Uhr hatte ich mein erstes Guinness vor mir stehen. Das Steak im Sherry & Port war wie immer phänomenal.

Ein Fazit vielleicht in den nächsten Tagen. Wie gesagt, Iran muss erstmal ein bisschen sacken, Kuwait hat mir besser gefallen als erwartet.

Bilder:
Azadi Tower in Teheran, in der linken Bildhälfte ist die Milad-Turm zu erahnen

Marmorthron im Golestan-Palast

Golestan-Palast

Gebäude der Sonne im Golestan-Palast

Schnee in den Bergen unweit von Teheran

Der Elburs

Der Heilige Schrein in Ghom

Jamkaran-Moschee bei Ghom

Jamkaran-Moschee
Klischee muss auch sein ...

Skyline von Kuwait, rechts der Liberation Tower

Fischmarkt in Kuwait

Kuwait Towers bei Tag ...

... und bei Nacht

Und zum Abschluss der Reise noch Istanbul

Die Entdeckung der Langsamkeit

Diesen Roman von Sten Nadolny habe ich vor Jahren, ach Gott, inzwischen sind es Jahrzehnte, in der Schule gelesen. Heute habe ich den Roman nachempfunden.

Ich schlief ziemlich aus, frühstückte recht gut - mit Blick auf den Persischen Golf, der hier "Arabischer Golf" heißt, und checkte um 11 Uhr aus, nicht ohne meinen Flughafentransfer um 0.30 Uhr rückbestätigt zu haben.

Ich lief erstmal los, da es angenehm warm war, nicht zu heiß und nicht zu kühl. Ich kam aber bald - da ich zu schnell lief, obwohl ich ja eeeeeeeewig Zeit hat - ein wenig ins Schwitzen. Ich setzte mich auf eine Bank unter einem kleinen Dach und begutachtete erst einmal - ich hatte gestern Abend ja meinen Pass gleich an der Rezeption abgeben müssen - meinen Pass und, vor allem, mein Visumblatt. Die Kuwaiter haben auf diesem Wisch, von dem ich gestern sprach, nur die Anfangsbuchstaben meiner beiden Vornamen als "Latin Name" eingetragen, außerdem die Passnummer und das Ablaufdatum des Passes. Ich hätte drei Monate in Kuwait bleiben können, und das für neun Euro Visumgebühr. Die könnten sich die Kuwaiter zwar auch sparen, aber mein Gott, so hatte ich wenigstens für ungefähr 26 Stunden so einen schönen Zettel, den ich nicht verlieren durfte.

Ich lief - es war heute, am Freitag, also dem Hauptgebetstag der Muslime - recht wenig los auf den Straßen, wenige Autos und noch weniger Fußgänger. Über den Haufen gefahren wurde ich auch nicht von den vielen Bonzenautos, die hier fahren. Ich glaube, ein BMW würde hier als Kleinwagen durchgehen, weil alle irgendwelche Allradjeeps fahren (gibt es Jeeps, die keinen Allradantrieb haben?), als ob sie täglich in die Wüste führen. Oder man fährt natürlich Lamborghini. Auch schön.

Ich kam am Dhauhafen vorbei, in dem auch heute noch einige dieser traditionellen Schiffe liegen. Dort liegen aber auch moderne Boote, die die Fischer verwenden, denn direkt nebenan befindet sich der Fischmarkt. Ich war kaum in der Nähe, da begann das Mittagsgebet und die ganzen Inder, Pakistaner und Menschen aus Bangladesch strömten aus dem Fischmarkt, die Inder wahrscheinlich eher nicht zum Beten, sondern zur Mittagspause. Ich setzte mich auf ein Bänkchen, eine meiner Lieblingsbeschäftigungen heute, und wollte das Mittagsgebet abwarten, als mir auffiel, dass doch einige Leute in den Fischmarkt reingingen. Der war also gar nicht "geschlossen wegen Mittagsgebet", sondern einfach nur relativ leer. Relativ leer von Menschen. Fische gab es unfassbar, wirklich unfassbar, viele. Ich war noch recht klein, als ich in Hamburg auf dem Fischmarkt war, ich meine auch, der Hamburger Fischmarkt sei noch ein wenig größer, aber was es hier in Kuwait für Meeresgetier gibt (teilweise in Monstergrößen) war schon sehr, sehr interessant.

Ich kaufte aber keinen Fisch, sondern ging, nachdem ich das nach Ende des Mittagsgebets noch geschäftiger werdende Treiben noch etwas beobachtet hatte, weiter in Richtung Kuwait Towers. Dabei kam ich an einigen Strändchen vorbei, an denen aber das Baden verboten ist. Ich würde hier an dem Stadtstrand auch nicht wirklich baden wollen, zudem ist das so eine Sache, quasi in der Stadt in Badeklamotten herumzulaufen. Auf dem Hinweg war da noch alles relativ leer und ich hüpfte von Bank zu Bank. Das war richtig Urlaub, dort zu sitzen und den Blick auf den Persischen Golf schweifen zu lassen.

Ich hatte heute Morgen ein Restaurant namens "Shrimpy" als Mittagessenlokal ins Auge gefasst. Als ich ankam, stellte sich heraus, dass das so ein gehobeneres Schnellrestaurant war. Davon ließ ich mich aber nicht abschrecken, sondern nahm eine Portion "Fish and Shrimps". Das war nicht ganz billig (für neun Euro), aber außergewöhnlich lecker, vor allem die Shrimps hatten es mir wirklich angetan. So sehr angetan, dass ich danach noch eine Portion Shrimps pur verdrückte. Echt gut. Nun war ich aber wirklich völlig gesättigt, und es war erst 14 Uhr oder so. Das heißt, ich musste noch zehn Stunden herumkriegen.

Ein oder zwei Stunden hätte ich sicher auf den Kuwait Towers verbracht, aber da war zu. Im Internet stand zwar, dass die zum Befreiungstag am 26. Februar wieder öffnen sollte, aber da hatte sich offenbar die Zeitplanung verschoben ... Nun denn. Ich setzte mich wieder an einen anderen Strand, als der auf einmal von der Polizei geräumt wurde. Fotografen im Anmarsch, sogar ein Fernsehteam. Nanu, Barack Obama im Anmarsch? Oder wenigstens der Emir? Tatsächlich, ein Hubschrauber schwebte plötzlich über uns. Aber er schwebte und schwebte und schwebte. Plötzlich wurden aus dem einen Punkt über uns zwei, dann drei, schließlich vier: Da waren drei Fallschirmjäger des Militärs abgesprungen und vollführten eine Punktlandung auf dem Strand. Beifall. Weiter ging's mit dem Wochenendvergnügen am Strand.

Ich spazierte in der Gegend umher und guckte immer wieder den Kuwaitern und den anderen Einwohnern Kuwaits bei ihren Wochenendfeierlichkeiten zu: Dadurch, dass am 25.2. Nationalfeiertag, am 26.2. Befreiungstag (von den Irakern 1991) und dann das Wochenende (Freitag/Samstag) kam, hatten sie offenbar vier Tage frei. Das wurde genutzt, um mit den Familien zu picknicken: Die Strandpromenade wurde immer voller. Kinder spielten Fußball und schossen fast die Leute ab (was zu einem Anschiss eines Unbeteiligten und grinsenden Kindern führte). Ich aß ein Eis und viel später noch ein und wollte mir dann den Sonnenuntergang über der Bucht von Kuwait angucken.

Ich kam jedoch an etwas wesentlich Interessanterem vorbei: einem Beachsoccer-Training. Dadurch, dass der Trainer Brasilianer war und die Trainierenden alle Kuwait-Trikots trugen, wagte ich sogar die Vermutung, dass das die kuwaitische Beachsoccer-Nationalmannschaft sein könnte. Dann sah ich sie spielen: ohje, ohje. Der Brasilianer verzweifelte an seinen Jungs, die mehr in den Boden und übers Tor als in Richtung des Gehäuses schossen, Pässe kamen höchst selten an, Balljungs mussten immer wieder die Spielgeräte vom Strand angeln. Sehr lustig für mich, nicht sehr lustig für den armen Trainer.

Als es dunkel wurde und die Spieler das Leiden ihres Trainers beendeten, lief ich wieder zu den Kuwait Towers (ich bin heute bestimmt 15 Kilometer durch die Gegend gewandert) und setzte mich an den ersten Strand. Die Skyline des einen Vorortes von Kuwait ist sogar beeindruckend. Wenn ich mich umdrehte und die Skyline von Kuwait-Stadt anschaute, war das ebenfalls sehr schick. Die Kuwait Towers werden über LEDs beleuchtet, sodass da bewegte Bilder vom Emir und sonstwem angezeigt wurden. Moderne Technik hier, sehr schön ...

Ich aß wieder ein Eis und ging dann in vier Stunden die sechs Kilometer von den Towers zum Hotel zurück. Um 23.30 Uhr war ich im Hotel, surfte noch ein bisschen im Internet und wurde dann statt um 0.30 Uhr um 1 Uhr zum Flughafen gefahren. Reichte trotzdem noch locker.

Joa, nach dem erfolgreichen Suchen des Check-in-Schalters konnte ich mein Gepäck abgeben, wechselte mein - diesmal zu viel abgehobenes - kuwaitisches Geld in türkische Lira und reiste nach 27 Stunden aus Kuwait aus. War durchaus schön hier.

Jetzt sitze ich gleich am Gate und werde, glaube ich, ich böser Mensch, im Flieger als Erstes ein Efes bestellen. Gute Nacht, ein finales Fazit dann aus Deutschland (habe bestimmt jetzt die Hälfte vergessen).

Donnerstag, 26. Februar 2015

Knock-out

Bitte auch die gesammelten Berichte der Vortage beachten, die ich - da ich jetzt in Kuwait bin - endlich hochladen konnte.

Fast k.o. geschlagen hätte ich heute einen armen Teheraner, und das völlig unabsichtlich. Er hat es aber überstanden und ich auch ... Meine Abreise aus dem Iran hatte jedenfalls damit nichts zu tun.

Ich bin heute relativ spät aufgestanden, habe wie in den letzten Tagen das Frühstück sausen lassen und bin so gegen 10 Uhr unten an der Rezeption zum Check-out aufgeschlagen. Die Schlingel wollten tatsächlich 60.000 Toman, also etwa 15 Euro, für den frühen Check-in haben, aber diesmal konnte ich mit fester Stimme, wahrheitsgemäß und überzeugend darlegen, dass ich am Sonntagmorgen nur meine Koffer abstellen wollte. Dass der Typ mir dann das Zimmer schon gegeben hat, dafür kann ich ja nichts. Außerdem habe ich genug gezahlt bei dem Verein.

Nach kurzer Diskussion ließen sie von ihrer Forderung ab. Mein Gepäck gab ich in Verwahrung, den Pass nahm ich aber sicherheitshalber mit in die Stadt. Nicht, dass die noch auf Ideen kommen (ja, sie hätten das Gepäck beschlagnahmen können, aber ich hätte wenigstens mein Identifikationsdokument gehabt). Sie kamen auf keine Ideen.

Ich hatte gestern Abend aber einen Abgooshtladen bei Google Maps gefunden und wollte den gleich mal unsicher machen. Ich setzte mich also wieder in meinen Bus Nr. 1 (rot), wechselte an einer Lieblingshaltestelle wieder in die U-Bahn Nr. 1 (rot), diesmal nach Norden, und stieg an einer Haltestelle unterwegs aus. Ich hatte den Weg ein wenig unterschätzt, denn es war noch einmal ein gut fünfzehnminütiger Fußmarsch vorbei an einem schönen Park und einer Stadtautobahn.

Um 11.15 Uhr schlug ich an dem Abgooshtbashi auf (so heißt das Restaurant), nur um mir sagen zu lassen, dass es ab 12 Uhr Essen gibt. Das würde ein wenig knapp werden, aber ich vertrieb mir die Zeit mit der Prüfung, ob es mit zwei Buslinien schneller zurück ins Hotel gehen würde (die Antwort war nein) und dem Lesen des Kuwait-Reiseführers.

Gegen 12 Uhr ging eine größere Gruppe in das Restaurant rein, ich tat es ihnen nach. Der Typ, der mich vorher sehr freundlich und höflich abgewiesen hatte, erläuterte mir nun, was es gab: Das Teil ist für seinen Abgoosht (im Deutschen wohl "Abguscht") bekannt, das ist praktisch eine vollwertige Mahlzeit mit integrierter Vorsuppe. Man nehme Lamm, Kichererbsen und einen undefinierbaren, aber sehr schmackhaften Brei, dazu ein wenig Kartoffeln und Tomate und koche alles zusammen. Den Sud gieße man ab (das ist die Suppe), den Rest isst man zur Hauptspeise.

Das Lokal war so büffetartig eingerichtet, aber der Speiseraum war ein richtiges Restaurant, mit Tischdecke und Stühlen und hübscher Einrichtung. Genau so etwas hatte ich die ganze Zeit gesucht, jetzt hatte ich es kurz vor knapp gefunden.

Die Ober waren sehr freundlich (einer stellte mir sogar das Brot auf den Tisch, das ich vergessen hatte), das Essen war außerordentlich lecker (auch wenn mir das Lamm noch lange im Atem saß ...) und pünktlich weg kam ich trotz Tee auch noch. Am Ende war ich für 9 Euro (was für Teheran natürlich nicht ganz billig ist) pappsatt. Sehr empfehlenswert, das Abgooshtbashi, das wird auch Eingang in meine Restaurantempfehlungen finden.

Ich lief den Weg, den ich gekommen war, zurück, fuhr mit dem Bus zurück und stieg an der U-Bahn-Haltestelle aus. Ich wollte nur kurz die Hand durch meine wallende Mähne gleiten lassen, als mich unvermittelt der Typ überholte. Naja, meine Hand landete in seinem Gesicht, er zeigte Nehmerqualitäten und ging einfach weiter, ich murmelte eine Entschuldigung, so schnell war die Situation bereinigt.

Der Bus war wieder ziemlich voll, aber nicht so gerammelt wie sonst, sodass mir - hoffentlich eher wegen meiner Eigenschaft als Tourist denn wegen meines Alter - sogar ein Platz angeboten wurde, den ich im zweiten Anlauf wahrnahm.

Um 13.40 Uhr war ich am Hotel, das mit der Absprache, mir ein Taxi für 14 Uhr zu reservieren, ging mal kräftig in die Hose, aber das war kein Problem, der Chefkofferträger des Hotels organisierte mir eines der zahlreichen Taxis an der Straße (das hätte ich auch noch hinbekommen) und sackte dafür ein Trinkgeld ein. Um 14.15 Uhr waren wir unterwegs, um 14.16 Uhr standen wir im Stau.

Mein Fahrer fuhr für iranische Taxifahrerverhältnisse recht gesittet (das heißt, es gab nur einen Beinaheunfall ...), sodass ich um 15.15 Uhr am Flughafen war, sehr rechtzeitig, alles in Ordnung. Ich wechselte noch mein überzähliges iranisches Geld (150 € für vier Tage zu wechseln - Hotel war schon bezahlt - war wirklich zu viel gewesen ...) in US-Dollar, ging durch die erste Sicherheitskontrolle, checkte als einer der Ersten ein und reiste aus dem Iran aus. Die Abfertigung beim Boarding können sie noch ein bisschen verbessern, es gibt einen kleinen Wartebereich und zwei Boardinghallen, aber die Boardinghallen kann man erst bei Aufruf des Fliegers betreten (mit Sicherheitskontrolle). Da der Aufruf aber erst relativ spät erfolgt, muss man sich lange in dieser Zwischenzone herumdrücken, was mich immer ein bisschen kribbelig macht. Was, wenn die den Flug irgendwie zu spät aufrufen und man dann beim richtigen Boarding noch in der Sicherheitskontrolle hängt?

Naja, in der Sicherheitskontrolle konnte man kaum hängenbleiben, die war nämlich nach meinem Empfinden eher pro forma. Sei's drum.

Ich war ja die letzten Tage ein bisschen paranoid in diesem Land geworden und machte mir zwischenzeitlich zumindest halb-ernsthaft Gedanken, ob die mich wegen meiner E-Mails an meine Verwandten mit den Reiseberichten und meinen erfolglosen Versuchen, meinen Blog aufzurufen, am Ende als "Journalisten" kategorisieren und mich wegen Visummissbrauchs für 100 Jahre einsperren. Haben sie nicht. Puh.

Ich hatte in Bahrain planmäßig nur 70 Minuten Aufenthalt und das Boarding verzögerte sich ziemlich, sodass ich ein wenig unruhig wurde, als um 17.50 Uhr das Boarding für den 18-Uhr-Abflug immer noch nicht angefangen hatte. Am Ende ging das Boarding um 17.51 Uhr los, der Flug war leer, der Flughafen auch (zwei Abflüge pro Stunde, das ist mal gemächlich), sodass wir schon um 18.10 Uhr starten konnten und zudem nur eineinhalb Stunden statt planmäßig zwei Stunden Flugzeit hatten.

Wir kamen also sogar vorfristig in Bahrain ein, die Sicherheitskontrolle dort ging auch schnell, sodass ich sogar in Versuchung geriet, in der Skybar noch ein Bier zu trinken. Aber das schien mir zeitlich nicht ganz koscher, zudem wollte ich den kuwaitischen Grenzern ungern mit einer Fahne entgegentreten.

Der fünfzigminütige Flug nach Kuwait ging ebenfalls gut rum (ich schaute im Gulf-Air-Bordprogramm, das auf Arabisch, Englisch, Französisch und Deutsch verfügbar ist - vorbildlich! - noch eine Folge "Gotham"), ehe ich die Einreiseprozedur in Angriff nahm.

Da gibt es ein paar Schalter, ein paar Sitzreihen davor und einen Kopierer zur Selbstbedienung, man muss ja seinen Pass kopieren, um das Visum beantragen zu können. Zudem braucht man solche Visumsmarken im Wert von drei kuwaitischen Dinar, die man am Automaten lösen muss. Für den Automaten braucht man aber kuwaitische Dinar, die ich noch nicht hatte. Sprich, ich füllte am Bankschalter meinen Visumantrag aus, während der Typ 20 Dollar in 6 Dinar umwechselte (den einen 20-Dollar-Schein wollte er nicht, weil da Markierungen drauf waren - Angeber). Dann stellte ich mich an, wurde auf die fehlenden Marken hingewiesen, holte die noch, bekam einen Zettel in die Hand gedrückt, wurde an den nächsten Schalter verwiesen, wo man einen Fingerabdruck nahm und dafür einen Stempel in den Pass gab.

Das Beste ist, dass man mit dem Stempel im Pass und dem Wisch in der Hand sich nicht mehr an der eigentlichen Einreisekontrolle anzustellen braucht: Ich bin einfach bei der Einreise für Crew und Diplomaten durch, kein Problem. Sehr lustig ... Ein bisschen chaotisch, aber sehr lustig.

Mein Koffer stand schon da, meine Abholung dann auch und ab ging es durch das nächste Kuwait mit vielen Wolkenkratzern zu meinem Hotel.

Ich bekam ein Upgrade meines Zimmers (ich zahle auch hier genug, da ist das nur recht und billig) und sitze nun schnell tippend auf meinem Bett, weil mein Computerakku bald alle ist und die Kabel hier nicht passen. Aber es ist ja nur ein Tag und das Handy kriege ich auch so aufgeladen, hoffe ich; will ja morgen ein paar Fotos machen.

Morgen schaue ich mir Kuwait an und lasse mich dann um 0.30 Uhr in der Nacht wieder zum Flughafen bringen, wo mein Flug um 3.25 Uhr nach Istanbul geht. Mal gucken, ob ich einreise (ich mache das ein bisschen von den tatsächlichen Ankunftszeiten abhängig). Wenn ich zumindest die planmäßigen fünfeinhalb Stunden wirklich habe, mache ich das wahrscheinlich wirklich. Wie gesagt: mal sehen.

Zwei Bemerkungen noch: Die iranischen Männer tragen sehr oft Slipper, das ist einfach am praktischsten zum Ausziehen in der Moschee, vermute ich. Und sowohl in Teheran als auch in Bahrain sind Cobus-Busse aus Wiesbaden herumgefahren. Die sehe ich überall auf der Welt. Sehr krass.

Fotos dann bei Gelegenheit, der nächste Eintrag vermutlich schon wieder aus Deutschland. War schön, bin gespannt auf Kuwait morgen, freue mich aber so langsam auch wieder auf daheim. Over and out.

Gesammelte Werke

Hier wie versprochen aus Kuwait die E-Mail-Berichte, die an meine Verwandten rausgegangen waren; Bericht von heute kommt gleich, Fotos dann wahrscheinlich nach Rückkehr.

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Die letzte Meile
25. Februar 2015

... ist immer die schwerste, das ist in der Telekommunikation so und das ist auch beim Reisen so.

Die ersten Meilen heute waren leicht: Aus dem Hotel raus, über die vierspurige Straße, zur Bushaltestelle, Karte auf den Scanner, losfahren. Diesmal stand ich von Anfang an (hatte mir halt die Rush hour um 7.30 Uhr ausgesucht), was aber den Vorteil hatte, dass ich relativ problemlos an meiner Stammumsteigestelle in die U-Bahn (Bus-Linie 1 in U-Bahn-Linie 1) aus dem Bus kam. Wieder Karte über den Scanner und ab in den Süden zum südlichen Busterminal.

Es gibt in Teheran einige Busterminals, die im Wesentlichen nach den Himmelsrichtungen gehen: Es gibt am Azadi Square das westliche, bei mir am Hotel das östliche und eben das südliche Terminal. Im Norden gibt's keins, da sind nämlich die Berge im Weg, aber es gibt noch ein Rundumterminal, wo die Langstreckenbussen abfahren (wobei die wohl auch zum Teil an den anderen abfahren, sei's drum). Von jedem der drei Himmelsrichtungsterminals fahren die Busse in die jeweilige Himmelsrichtung ab, klingt logisch, ist es auch, vor allem, wenn man bedenkt, dass man sich so den Teheraner Stadtverkehr zu nicht unwesentlichen Teilen spart.

Am südlichen Busterminal war ich erstmal ein wenig überfordert, weil es ungefähr 283 Gesellschaften gibt, die Busse anbieten, aber keine einzige von denen hat - außer ihrer Internetadresse - irgendetwas auf Englisch angeschrieben. Ich lerne ja dazu und hatte mir eingeprägt, wie Ghom auf Persisch geschrieben wird (nämlich قم). Dadurch konnte ich zumindest ausmachen, welche Gesellschaften ziemlich sicher dorthin fuhren. Eine sah mir sympathisch aus, sodass ich auf sie zusteuerte. Der erste Typ sprach kein Englisch, der zweite, an den ich verwiesen wurde, dafür ganz gut, und als er und der Kassierer feststellten, dass ich Deutscher bin, konnten sie sogar "Wie geht's?" fragen und "ich liebe dich" sagen. Hach, diese Iraner sind so romantisch ...

Der eine Fahrkartenmensch brachte mich sogar zum Bus, sodass ich in der ersten Reihe saß (in den Überlandbussen ist das mit der Geschlechtertrennung offenbar nicht so genau geregelt; aber auf dem Heimweg wurde ich von meinem Platz verjagt, damit sich zwei Frauen nebeneinandersetzen konnten, während ich neben einem Mann saß ...). Die Abfahrtszeit war mit 8.45 Uhr angegeben, am Ende sind wir um 9.10 Uhr abgefahren. Wie in vielen Ländern jodelte der Bussteward noch die ganze Zeit unser Ziel aus dem Bus heraus, damit Leute, die nicht am Terminal, sondern an der Ausfahrt des Terminals oder sonst auf dem Weg standen, auch noch aufspringen konnten, was auch etliche taten. Das führte dann auch dazu, dass wir auf dem zweispurigen Autobahnzubringer etwa 100 Meter rückwärts fuhren, um den einen Typen zu fragen, ob sein Handzeichen bedeuten sollte, dass er mitfahren will, oder ob es eine Ablehnung war. Er wollte nicht mitfahren. Und das Zurückfahren war nicht etwa auf dem Seitenstreifen oder so, sondern auf der rechten Spur. Gehupt hat da aber keiner ...

Und dann ging es auf die iranische Autobahn. Wahnsinn. Dreispurig, jeder fährt in der Mitte; wenn der Bus von hinten kommt, fährt er so weit auf, dass man beim Vordermann den Tacho ablesen kann, und wenn der dann immer noch nicht zur Seite geht, wird halt gehupt, damit das was wird. Irgendwie müssen die Busse beim Auffahren auf die Autobahn irgendeinen Wisch ausfüllen, weshalb man dann immer rechts ranfährt, irgendwelche Typen den Bus begutachten und man dann nach fünf bis zehn Minuten weiterfahren kann. Sonst alles ganz entspannt. Aber Mutter, wenn du mir noch einmal damit kommst, ich würde zu dicht auffahren! Achja, gelegentlich steht da auch ein Schild mit der Aufschrift "Drive sober". Wie, ich dachte, hier gibt es keinen Alkohol ...

Der Bus hielt in der Vorstadt vom Ghom an, da stiegen einige, aber nicht viele Leute aus, also blieb ich sitzen. Die wussten vorne ganz genau, was ich wollte, da genoss ich es jetzt einfach mal, Tourist in einem touristenarmen Land zu sein und mir von denen helfen zu lassen. Naja, so ganz genau wussten sie es offenbar nicht, denn als wir schon weitergefahren waren, fiel ihnen auf, dass ich immer noch im Bus saß. Sie fragten, ob ich zum "Haram", zum Heiligen Schrein der Fatima-al-Massumeh, wollte. Ja, das wollte ich. Also ließen sie mich an einem anderen Auffahrt der Umgehungsautobahn um Qom heraus. Der Steward war sogar so lieb, mir noch ein Privattaxi zu besorgen, was mich dann meine letzte Meile zum  Schrein fuhr. Für die zehnminütige Fahrt zahlte ich fast so viel wie für die ganze zweistündige Busfahrt aus Teheran hierher (nämlich 7.000 Toman oder 1,80 € ...).

So, nun stand ich da in Ghom und sah eine große Moschee. Ich wusste nicht, ob ich da, wo "Entry - Men" dran stand, wirklich reingehen sollte oder ob das der Eingang für irgendeine andere Moschee war. Ich gucke mal hier, mal da, und schließlich ging ich da rein. Die Taschenkontrolle bestand ich unbeschadet (ich hatte mir heute Morgen aus der Rezeption extra meinen Pass geben lassen, man weiß ja nie, wenn man über Land fährt, aber heute Abend wollte der Rezeptionist den schön wieder zurückhaben, wieso auch immer ...) und dann stand ich in einem schon sehr hübschen Innenhof mit Moschee.

Die ganzen Leute gingen da hinten rein, wo mit Pfeilen und auch in englischer Sprache auf den Schreinzugang hingewiesen wurde. Naja, dann ging ich da halt auch rein. Schuhe aus, in die Tasche (kein Zwang zur Abgabe, wofür man dann manchmal, zum Beispiel, in Istanbul auch wieder 30 Cent zahlt, sondern einfach ganz entspannt in bereitgestellte Plastiktüten) und rein in den Schrein.

Wow. Naja, das ist jetzt eigentlich erstmal eine Moschee. An der Decke sind aber Spiegel und an den Wänden wieder einmal jede Menge blau-weißer Kacheln (allein deswegen wird meine Mutter demnächst in den Iran wollen, fürchte ich). Sehr schön. Und dann der Schrein. Ich bin gar nicht so nah heran, aber auch aus der Ferne war das eine beeindruckende Atmosphäre. Das ist immer so schwer zu beschreiben: Ich mag das Wort "spirituell" nicht, denn "spirituell" ist alles und nichts, meistens eher nichts. Das hier war faszinierend. Da sitzen einige hundert Menschen in der Moschee und man hört kaum etwas. Du beobachtest die Menschen, wie sie diesen Schrein, der im Übrigen besonders für Frauen wichtig zu sein scheint, berühren und an ihm beten. Das ist sehr interessant, gar keine Frage.

Nun bin ich ja aber kein Muslim und habe daher keinen spirituellen Draht zu diesem Schrein, deswegen ging ich erstmal wieder aus der Moschee raus und guckte mir die Architektur an. Doppel-Wow. Ich muss ja gestehen, ich wusste nicht so richtig, was moscheearchitektonisch hier im Iran auf mich zukommt, aber das ist wirklich schön. Diese buntbemalten Kacheln sind einfach toll, auch wenn ich mich wiederhole. Und ja, die Fotos kommen bald.

Ich ging ein wenig durch Qom und fand wieder einmal kein ansprechendes Restaurant zum Mittagessen, sodass ich mir an einem Straßenstrand zwei Falafel und eine Samosa holte (eine Teigtasche mit Kartoffel-Fleisch-Füllung, sehr lecker, schon in Indien probiert, auch hier gut essbar).

Ich suchte mir einen Taxifahrer, der mich für gutes Geld nach Jamkaran fuhr. Dort ist eine Riesenmoschee, die architektonisch von den Bildern, die ich gesehen habe, auch sehr schön ist. Und ja, sie war sehr, sehr schön. Das ist ein riesiger Komplex, an dem heute ziemlich wenig los war, ein, naja, vielleicht zwei Fußballfelder großer "Hof", der an einer Seite von der Moschee, an den anderen drei Seiten von zum Teil noch im Bau befindlichen anderen Gebäuden begrenzt ist. Toll, aber kaum zu beschreiben, wenn man keine Fotos beilegen kann. Sorry. Wie gesagt, kommen bald.

In die Jamkaran-Moschee ging ich nicht rein, weil irgendwo im Internet stand, dass man sie als Nicht-Muslim nicht betreten dürfe. Wenn dem tatsächlich so ist, halte ich mich natürlich daran, wobei sie das, wenn es denn tatsächlich so ist (ich weiß, dass ich mich wiederhole), dann ruhig auch (auf Englisch) hinschreiben könnten. "Donation" kriegen sie nämlich an die Spendenboxen hingeschrieben. Es kann aber auch gut sein, dass diese Information schon seit einigen Jahren veraltet ist. Ich habe den Eindruck, dass der Iran in den letzten zwei, drei, vier Jahren angefangen hat, sich auch auf nichtmuslimischen Tourismus einzustellen und dass im Zuge dieser Entwicklung (wenn nicht wieder eine Wahl mit anschließenden Protesten dazwischenkommt) einige Lockerungen eingetreten sind. Jedenfalls wollte ich nicht das Risiko eines internationalen Zwischenfalls eingehen und blieb draußen.

Mein Taxifahrer, mit dem ich mich verabredet hatte, kam nicht, also nahm ich, nachdem ich ihm eine Karenzzeit von 15 Minuten gewährt hatte, ein anderes Taxi, das mich sogar billiger kam. Ich kam gerade am Busbahnhof an, als schon ein Bus fuhr, und schon war ich wieder auf dem Heimweg nach Teheran. Ab in die U-Bahn und in die Sardinenbüchse Bus und heimwärts ins Hotel. Pass wieder abgegeben und ins Zimmer.

Ich muss mal Geld zählen, ich glaube, ich habe noch viel zu viel übrig. Mal gucken, wo ich das morgen noch ausgeben kann. Im Zweifel wechsle ich ein bisschen zurück ...

Eine Sache will ich noch loswerden, ehe ich mich an ein vorläufiges Fazit mache: Gestern ist in der Seilbahn kam mir eine Gondel entgegen, in der ein Pärchen saß, das, sagen wir, am Schmusen war. So viele Gelegenheiten, hier in der "Öffentlichkeit" Zärtlichkeiten auszutauschen, gibt es halt nicht ...

So, Iran, was wolltest du mir sagen? Oder, vielmehr, was soll ich zu dir sagen? Vielleicht beides. Also. Teheran (viel mehr habe ich ja - außer heute - nicht vom Iran gesehen) ist sehr widersprüchlich, finde ich. Es gibt hochmoderne und auch ziemlich effiziente Verkehrsmittel, aber gleichzeitig diesen superchaotischen Straßenverkehr. Es gibt hübsche Frauen, die geschminkt sind und alles, aber eben dieses Tuch noch pro forma auf dem Kopf haben müssen. Es gibt Hipster (auch unter den jüngeren Damen) und schwarze Gestalten (Nikabs, also solche Schleier, bei denen nur die Augen frei sind, habe ich übrigens keinen einzigen gesehen). Es gibt die zurückhaltende Gastfreundschaft dem Ausländer gegenüber, aber auch "Down with America"-Plakate an den Straßen. Es gibt für jeden Laden eine Internetadresse, aber du kannst auf die Süddeutsche Zeitung, auf Facebook und Twitter nicht zugreifen.

Der Iran ist definitiv kein touristisch geprägtes Land und will das sicherlich auch nicht sein. Es ist ein faszinierendes Land, nicht immer ein einfaches (man kommt zwar mit zwei, drei Floskeln Persisch relativ weit, aber es reicht halt nicht für ein Gespräch, weil Englisch dann doch nicht so tief verbreitet ist, dass man über "Wie geht's?", "Ich will zum Tajrish Square", "Okay, kostet 20.000 Toman." sehr häufig hinauskäme). Die Iraner sind nicht unbedingt sofort herzlich (aber immer höflich), man muss oft den ersten Schritt machen, was aber sicher auch an der Sprachbarriere liegt.

Kann man allein durchs Land reisen? Ja, ohne Zweifel. Ist es einfacher mit einer Gruppe? Wahrscheinlich ja, einfacher schon, aber ich weiß halt nicht, ob man so viel mit den normalen Menschen interagieren kann und muss, wenn man im Touristenbus durch die Gegend fährt. Wahrscheinlich sieht man mehr von den "Sehenswürdigkeiten", weil man sein Transportmittel immer dabei hat. Aber andererseits finde ich es, gerade hier im Iran, auch sehr sehenswert, die Leute zu beobachten, weil mich das ungeheuer interessiert hat, wie die Menschen in diesem Land denn wirklich so leben. Mullah, Ajatollah, Atombombe, Auspeitschungen, das hört man ja immer in den Nachrichten, aber man sieht dort natürlich nie, wie die einfachen Leute hier ihren Alltag verbringen.

Wiederkommen? Wieso nicht? Aber ich merke gerade, ich glaube, ich brauche erstmal ein bisschen Abstand von diesem Land, nicht, weil es so schlimm wäre, das keineswegs, sondern weil es so anders, so spannend, so faszinierend war, dass das erstmal sacken muss.

Morgen schlafe ich aus, dann werde ich mir nochmal ein bisschen in der Stadt die Zeit vertreiben und mich dann so gegen 14 Uhr zum Flughafen fahren lassen. Mein Flieger geht um 18 Uhr, sodass ich auch bei Stau (morgen fängt das Wochenende an) rechtzeitig ankommen sollte, hoffe ich. Ja, und morgen Abend bin ich dann in Kuwait, in meinem 97. Land, wo ich die Nacht und den ganzen Freitag bleibe, ehe ich am frühen Samstagmorgen schon wieder nach Hause fliege.

Ich habe eben schon einer Freundin im Chat geschrieben: Die erste Amtshandlung wird ein Steak und ein Guinness im Sherry & Port sein, das Steak schön medium (kriegt man ja hier wegen der Schächterei nicht) und das Bier schön kalt. Oh ja.

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Cheili mamnun
24. Februar 2015

Qom. Oder Ghom. Oder wie auch immer. Jedenfalls war ich heute nicht da.

Ich schaute um 6 Uhr morgens, als mein Handy klingelte, auf selbiges und hatte schon keine Lust. Dazu kam, dass der Wetterbericht inzwischen für heute wunderbares Wetter und für morgen bewölkten Himmel anzeigte. Vorgestern hatte das für die beiden Tage noch gerade andersherum ausgesehen. Naja. Um es vorwegzunehmen: Strahlendblauer Himmel war heute nicht mehr und nicht weniger als die letzten Tage; es war sehr okay, aber unbewölkt war es wirklich nicht.

Ich stand halt dann erst um halb neun auf (immer noch sechs Uhr deutscher Zeit, gell?!), zog mich in Ruhe an und machte mich auf den Weg zur Talstation der Gondelbahn hoch in die Berge. Dazu setzte ich mich wieder in den Bus (ich habe dann heute bemerkt, dass mir die Karte gar nicht immer den vollen Tarif abbucht, sondern das offenbar nach Strecke macht; ich hatte gestern vorsichtshalber aufgeladen und habe aber immer noch - inzwischen hoffe ich, die persischen Zahlen halbwegs draufzuhaben - ganz schön viel - naja, etwas über einen Euro, aber das hält halt - drauf). Wie gestern hatte ich einen Sitzplatz  in der Sardinenbüchse, bis ich dann auf halber Strecke aussteigen musste. Zum Glück hatte ich das ausreichend gut vorbereitet und mich schon unmittelbar nach der Station vor meiner Aussteigestation auf den Weg gemacht: Das hat dann gereicht.

Ich stieg um in die U-Bahn und fuhr mit der Linie 1 hoch bis in den äußersten Norden. Ich muss schon sagen, das U-Bahn- und Schnellbussystem in Teheran ist erste Sahne. Viele Bahn- und Bushaltestellen sind miteinander verknüpft (zwar nicht barrierefrei, aber mir ist es - ehrlich gesagt - egal, ob ich zweimal 11 Cent bezahle oder nur einmal), an vielen Stellen sind Fußgängerbrücken (sogar teils mit Rolltreppen!) und kein Mensch hat ein Problem mit den praktischen Chipkarten, selbst die älteren Leutchen benutzen die ganz selbstverständlich. Es ist mir nur völlig unklar, wie die Verkehrssituation ohne dieses System aussehen würde: Es wäre katastrophal, so ist es nur jeden Tag ein neuer Verkehrsinfarkt ...

Ich kam also an der Endhaltestelle der Linie 1 in Tajrish an und musste erstmal gucken, wie ich jetzt zur Talstation komme. Dieses Taxisystem verstehe ich nicht, und als ich einem Taxifahrer das Ziel zeigte (auf Persisch), hielt er mir einen langen Vortrag, den ich natürlich nicht verstand. Tja, Bürschchen, hättest dir gutes Geld verdienen können, aber wahrscheinlich hat er nicht damit gerechnet, dass so ein bekloppter Ausländer das ganze Taxi chartert. Der nächste Fahrer sprach ein bisschen Englisch und bekam gutes Geld für die Fahrt berghoch zur Talstation ... Überhaupt habe ich, glaube ich, heute die Finanzen der gesamten Taxifahrermafia von Teheran-Nord saniert. Andererseits: Für drei Euro kann ich in Wiesbaden gerade ins Taxi einsteigen ...

Weiter als bis zum Parkplatz durfte oder wollte mein Taxifahrer nicht fahren, sodass ich noch zwei Kilometer zu Fuß bis zur richtigen Talstation hätte gehen müssen. Zum Glück kam ein Shuttlebus, der uns für knapp 30 Cent die Strecke fuhr. Das war es mir wert.

Schon von da unten ist der Blick auf die Berge fantastisch. Nach einigem Suchen kaufte ich mir eine Hin- und Zurückkarte und meinte schon, der Verkäufer (der Englisch sprach) hätte mich falsch verstanden, weil ich nur 25.000 Toman statt 35.000 Toman bezahlte. Es stellte sich dann aber während der Fahrt heraus, dass die Bergstation (Station Nr. 7, insgesamt gibt es vier ...) heute und wahrscheinlich im Winter nicht befahren wird, daher brauchte und bekam ich auch nur die Karte bis zur Station Nr. 5, also der zweihöchsten.

Naja, und dann stieg ich - die Tür war ein bissel eng für mein Ränzelchen - in die Gondel ein. Ich hatte eine Sechsergondel für mich allein, aber das lag nicht an meinem Gewicht, sondern daran, dass heute wenig los war. Von 1.800 Meter ging es mit kurzem Zwischenhalt auf Station Nr. 5 hoch auf 2.900 Meter. Während es unten im Tal noch ziemlich schneefrei war, war schon Station Nr. 3 ziemlich im Schnee und auf der Berg- und Talfahrt zu Station Nr. 5 wurde es dann richtig kalt, schneereich, schön und dann leider zunehmend neblig.

Als ich oben auf 2.900 Metern ankam, lag da ziemlich gut Schnee. Den Kindern gefiel das natürlich sehr gut. Leider war die Aussicht ins Tal (Teheran lag hinter einem Bergrücken) nicht vorhanden und auch hoch in die Berge konnte man nur selten einen Blick erhaschen. Die Sichtweise wechselte alle paar Sekunden von "wunderschöner Blick auf den Elburs" bis zu "wo genau ist nochmal meine Nasenspitze?". Jetzt verstehe ich, wenn Leute sich auf einmal in den Bergen verirren, auch wenn sie nur wenige Meter von der Hütte entfernt sind. Krass.

Auf einmal stapfte die Bergwacht vorbei, und ich bin nicht sicher, ob auf der Trage wirklich einer lag oder ob das nur eine Übung war. Ich hoffe auf Zweiteres. Ein paar Helden versuchten mit ähnlich, ähem, guter Ausrüstung wie ich den Aufstieg zur Station Nr. 7 (man kann alle Station erwandern), aber ohne Stöcke und mit zwar Winter-, aber keinen Schneeschuhen war das ein aussichtsloses Unterfangen, was sie glücklicherweise auch bald einsahen. (Ich hatte es gar nicht erst probiert, ich bin doch nicht völlig bekloppt!) Da oben war richtig kalt. Daher war ich froh, als ich wieder die Bahn nach unten nehmen konnte.

An der Zwischenstation (Nr. 3, hieß jetzt aber Nr. 2 ...) guckte der Typ ein bisschen blöd, als ich aussteigen wollte, aber er ließ es wenigstens zu. Der Blick auf Teheran wurde von dort oben zwar vom Smog ziemlich getrübt, es war sehr diesig, aber man konnte trotzdem erahnen, was für ein riesiger Moloch die iranische Hauptstadt sein muss. Selbst der Milad-Turm war nur schemenhaft zu erkennen. Sehr beeindruckend.

Ich fuhr runter, aß in einem Schnellrestaurant an der Talstation ein - durchaus leckeres - Sandwich mit Geflügelwurst, Hackfleisch und anderem Gedöns und lief dann die anfangs beschriebenen zwei Kilometer bergab zu Fuß. Ich verhalf auch dem zweiten Taxifahrer zu Wohlstand und fuhr dann mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof, weil dort ein schönes Teehaus sein sollte.

Inzwischen fange ich ja an, einzelne Buchstaben entziffern zu können, aber das heißt ja noch lange nicht, dass ich verstehen würde, was da geschrieben steht. Ich suchte und suchte also, fand kein Teehaus und fuhr mit einmaligem Zwischenstopp am Theater zurück in Richtung Tehranpars und östlichem Busbahnhof. Bei der Einfahrt in die Schlusshaltestelle sah ich eine Gaststätte, die ich aufsuchte. Mit Händen und Füßen bestellte ich zwei Hähnchenspieße, die wirklich sehr lecker waren, und holte danach bei meinem Stammhändler (der gerade zu machte) eine Flasche Fanta für den Abend und die Nacht.

Nun sitze ich - ich hatte Internet heute sogar kurzzeitig im Zimmer! - hier neben meinem Bett und schreibe mal wieder "Blog".

Vier Sachen will ich noch loswerden: Manchmal stehen hier vor Gaststätten (oder eine Tante schwingt so ein Gefäß, das ich für Weihrauch kenne, in der Gegend rum) mit einem Zeug daran, das so widerlich stinkt, dass ich beim ersten Riechen fast in die nächste Ecke ... gerannt wäre, um möglich weit weg davon zu sein. Boah. Und sowas steht vor Lokalen!?!

Auch wenn das wahrscheinlich niemanden überrascht, aber auch hier rennt jeder mit Handys rum. Man sieht noch das eine oder andere offenbar ältere Klapphandy, aber die meisten Jungen und viele Mittelalte haben selbstverständlich Smartphones. Samsung ist sehr beliebt, ein iPhone habe ich noch nicht gesehen. Mag aber natürlich hauptsächlich an den Sanktionen liegen ...

Ich werde hier in der U-Bahn regelmäßig angequatscht und muss den Leuten dann verständlich machen, dass ich keine Ahnung habe, wovon sie reden. Manche denken wahrscheinlich, ich bin taub, weil ich so eine kreisende Bewegung am Ohr mache, während ich mit dem Kopf schüttle, aber das versteht man am ehesten, denke ich. Ich bin aber froh, dass ich nicht sofort für einen Russen gehalten werde. Wahrscheinlich sind hier Touristen in der U-Bahn so selten, dass die meisten gar nicht auf die Idee kommen, da könnten Ausländer mitfahren.

Die Iraner sind, wenn sie (dann) merken, dass ich Ausländer bin, relativ zurückhaltend. Keineswegs unfreundlich, aber zurückhaltend. Wenn ich mir aber dann beim Rausgehen die Zunge verschlucke und "cheili mamnun" sage (was "danke" heißt) oder auch "chodahafez" ("Auf Wiedersehen"), dann guckt mich jeder, aber wirklich jeder Iraner an wie ein Auto. Jeder! Auf einmal trauen sie sich dann, ihr Englisch zu versuchen, fragen, wo ich herkomme, was ich beruflich mache, und verabschieden sich nach dem kurzen Gespräch mit Handschlag. Man liest ja viel, dass die Einheimische es in vielen Ländern sehr honorieren, wenn man ein paar Brocken ihrer Sprache spricht, aber so heftig wie hier im Iran habe ich das noch nie erlebt.

Morgen soll es aber dann wirklich nach Ghom gehen (Ghom ist laut Wikipedia die deutsche Schreibweise, Qom die englische; daher verwende ich jetzt die deutsche).

Und dann ist meine Zeit hier im Iran auch schon wieder fast vorbei. Am Donnerstag Abend geht es dann über Manama (Bahrain) nach Kuwait. Wird auch spannend.

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We do not only have terrorism here
23. Februar 2015

Ich hätte es gestern einfacher haben können, als ich zum Azadi Square wollte. Ich hätte nicht im Zickzack durch Vorstadtstraßen in Richtung U-Bahn-Haltestelle gehen müssen. Ich hätte nicht auf halber Strecke aus der einen überfüllten U-Bahn in die andere überfüllte U-Bahn umsteigen müssen. Ich hätte einfach gegenüber des Hotels in den Schnellbus einsteigen müssen und wäre am gegenüberliegenden Ende der Stadt, nämlich am Azadi Square, angekommen. Hätte, hätte, Fahrradkette, wie man so eloquent sagt.

Zuvor habe ich heute Morgen aber gefrühstückt und mein Hotel scheint, ich ziehe das offenbar so ein bisschen an, ein Hotel für eher konservative Leute zu sein. Heute Morgen gab es ungefähr eine Frau (ins Zahlen: eins), die nicht so eine schwarze Gestalt mit einem schwarzen Ganzkörperumhang, schwarzer Hose und schwarzen Schuhen war. Selbst die Mädchen waren ab, ich weiß nicht, 10, 12 Jahren alle so gekleidet. Zum Frühstück gab es - neben Ei, Tomaten, Gurken, Gemüsemortadella und Weichkäse - eine braune Soße mit Pilzen und Kichererbsen, die, wenn sie warm gewesen wäre, sicherlich geschmeckt hätte. So war sie allenfalls noch lauwarm und nicht so richtig lecker. Ebenfalls gab es eine braune Paste, die recht gut schmeckte, wobei ich aber nicht weiß, woraus sie bestand. Meiner Ma hätte es beim Frühstück eher nicht gefallen: Der Frühstücksraum war so schwülstig eingerichtet, aber dafür waren die Tischdecken vollgekleckert und kein Mensch räumte die Tische ab. Naja, ab in die Stadt.

Ich betrat also - wieder mit meiner schicken Chipkarte - den Zusteigebereich. Bei den Bussen ist das anders als in der U-Bahn, es gibt nämlich eine strikte Geschlechtertrennung: Frauen sitzen vorne, Männer hinten. In der U-Bahn ist das so halbdurchlässig: Frauen dürfen in den allgemeinen Bereich, haben aber auch zwei Waggons exklusiv für sich. Da habe ich mir gestern wahrscheinlich auch gleich mal einen Fauxpas geleistet, als ich der Dame in der U-Bahn den Platz anbot: Womöglich setzt sich eine iranische Frau nicht zwischen zwei fremde Männer, und neben mir saßen halt nun einmal auch Männer. Naja, böse gemeint war es jedenfalls nicht, und ich hatte den Eindruck, dass sie das auch gemerkt hat.

Aber zurück in den Bus: Ich ergatterte, da ich an der Abfahrtshaltestelle einstieg, einen Sitzplatz, den ich bis zum Azadi Square nicht mehr hergab. Wir fuhren durch den östlichen Teil der Stadt und ich konnte mir nun ein Bild von Teheran über der Erde machen (bisher, also, öhem, gestern, war ich ja fast nur U-Bahn gefahren und dann irgendwo aus der Unterwelt erschienen, jetzt konnte ich mal ein längeres Stück überirdisch gucken). Naja, so richtig total megabegeisternd ist das alles nicht unbedingt. Die Häuser sehen jetzt nicht alle so arg gepflegt aus, der Verkehr ist halt schon nicht ganz ohne (auch wenn der Schnellbus auf seiner eigenen Spur fährt und daher sehr gut vorankommt), alles in allem chargiert Teheran zwischen Grau und Braun (viele Autos sind in einem fröhlichen Weiß angestrichen), unterbrochen von den vielen Leuchtreklamen, die es hier an den Häusern gibt.

Am Azadi Square stieg ich aus, kaufte mir wieder etwas zu trinken und fuhr dann mit der U-Bahn in Richtung Innenstadt zurück. Ich wollte noch etwas essen und dann zum Golestan-Palast. Ich stieg am Theater aus und suchte eine Gaststätte, die im Online-Reiseführer empfohlen war. Wie so oft fand ich sie nicht. (In Zukunft sage ich nicht mehr, dass ich etwas nicht gefunden hätte, ich sage dann, ich betreibe Experimentalreisen, das klingt einfach kompetenter ...) Es gab die eine oder andere Gaststätte drumherum, aber so richtig Hunger hatte ich - zwei Stunden nach einem zwar nicht üppigen, aber eben einem Frühstück - noch nicht. Ich lief an dem einen oder anderen Schuhgeschäft vorbei, an - wieder einmal - geschätzt zwanzig Banken (es gibt hier unendlich viele Kreditinstitute, irgendein kluger Mensch hatte die Idee, anstatt "Bank" manchmal "Credit Institution" als englische Übersetzung zu verwenden, was speziell bei der "Samen Credit Institution" ganz gut ist, sonst hätten sich viele Deutsche wahrscheinlich jedesmal scheckig gelacht, wenn sie an so einer Bank vorbeifahren) und an einigen Wechselstuben. Ich hatte zwar noch über eine halbe Million (Rial, nicht Toman!), aber da ich sicherlich noch den einen oder anderen Tomas ausgeben wollte, wechselte ich.

Die Wechselstuben haben nicht alle ihre Kurse in "unseren" Zahlen, die wir "arabisch" nennen, angeschrieben, sondern oft auch in persischen Zahlen, die den in arabischen Staaten als "arabisch" verwendeten,  ziemlich ähnlich sehen. Und dann steht da halt nicht "3915" (Toman für einen Euro), sondern "۳۹۱۵". Man braucht ein bisschen, bis man das kapiert hat, aber mit den Zahlen geht es noch relativ einfach. Bei den Buchstaben tue ich mich schon sehr schwer, Kyrillisch und Griechisch sind da sehr einfach dagegen, zumal ich hier gar nicht immer genau weiß, wo ein Buchstabe aufhört und der nächste anfängt. Und außerdem haben die ja noch diese Unart der Schönschrift: Wenn die Kalligrafie-Persisch schreiben, steigt ohnehin jeder normale Mensch aus.

Ich ging in die Wechselstuben rein, schob meine 100 Euro rüber, bekam meine fast 4 Millionen Rial (ach, komm, ich schreibe jetzt wirklich nur noch in Toman, also fast 400.000 Toman) und hatte kein Wort mit dem Wechsler gesprochen.

Ein paar Meter weiter lief ich an der türkischen Botschaft vorbei, als mir am Haus daneben so ein Gummivogel an der Wand ins Auge fiel. Ich hatte - wirklich und ernsthaft zufällig - die deutsche Botschaft gefunden! Juchhe. Leider stand auch am Zaun der Botschaft sehr eindeutig "No photos", sodass ich das nach der Erfahrung gestern Morgen auch sein ließ. Denn Polizei ist wirklich viel auf den Straßen. Ich kann nicht so richtig einschätzen, ob alle für alles zuständig sind (eher nicht), aber an jeder Straßenecke steht, wenn auch nicht ein Mullah, so doch ein Polizist in der Gegend herum.

Ich hatte mich jetzt entschieden, erst nach dem Golestan-Palast zu essen und machte mich auf den Weg dorthin. Ich hatte mich ja heute Morgen entschieden, Experimentalreisen zu betreiben und also auf Google Maps nicht nachgeschaut, wo genau denn der Palast liegt. Ich wusste, wo er ungefähr sein müsste, lief aber nicht zum Eingang, sondern zum diagonal entgegengesetzten Punkt, wo man nicht mal erkennen konnte, dass man relativ in der Nähe war. Voll absichtlich, ey! Plötzlich war ich wieder am Basar. Wenn ich gestern Morgen dachte, dass die Hölle los war, dann wurde ich heute mächtig eines Besseren belehrt: Heute war da voll. Richtig voll. Tausende Menschen, die kaufen und verkaufen, plötzlich fährt eine Kutsche vorbei (eine Kutsche!), du wirst - wie fast überall in Teheran, aber am Basar noch mehr - von auf dem Bürgersteig (!) fahrenden Mopeds über den Haufen gefahren, es war so eng, dass man kaum aneinander vorbeikam. Toll, zumal ich mich hier auch wirklich sicher fühle ...

Ich umrundete also diesen Komplex, der auf der rudimentären Mappe von Google Maps möglicherweise ein Museum anzeigen konnte, und sah, nach einigem Suchen und ohne einen Wegweiser entdeckt zu haben, plötzlich das Ziel meiner Reise: den Golestan-Palast. Beim Eintritt nehmen sie den Ausländern ungefähr das Achtfache ab, was sie von einem Iraner verlangen, aber 50.000 Toman (etwa 13 Euro) für das Rundumpaket in einem Weltkulturerbe ist immer noch okay, finde ich. "Rundumpaket", weil man - zusätzlich zum eigentlichen Eintritt für 15.000 Toman - noch für jeweils 5.000 Toman zusätzliche Eintrittskarten für "Unter-Museen" erwerben kann. Der relativ ahnungslose Tourist nimmt natürlich das "Rundumpaket", was kein wirklicher Fehler war, aber auch nicht unbedingt nötig. So richtig lohnt sich eigentlich - meines kunstbanausigen Erachtens nach jedenfalls - nur die Salam Hall (der Empfangssaal), wobei in dem Paket auch noch der Spiegel- und der Elfenbeinsaal enthalten sind. Die anderen Museen sind ganz okay und für jeweils 1,30 € kann man auch überhaupt nichts sagen, aber sooooo toll sind sie dann auch wieder nicht.

Jetzt habe ich aber ein wenig vorweggenommen, denn erstmal musste ich die Anlage ja betreten: Wow. Zwar waren heute die Springbrunnen abgeschaltet (es ist Winter, auch hier in Teheran), aber der Blick auf den Marmorthron und das ihn umgebende Gebäude sind schonmal ein sehr schönes Willkommen im Golestan-Palast. Selbst das Gebäude, das heute als Verwaltungsgebäude dient, ist so schön mit Kacheln verziert, dass es prompt fotografiert wurde. Danach ging ich an einer - ebenfalls sehr schön - verzierten Terrasse vorbei, ehe ich die ersten beiden Museen aufsuchte: eine persische Bildsammlung und eine Ausstellung von Geschenken an den Shah. Anschließend ging es - mit Überschuhen an den Füßen - die Treppe hoch zu den Hauptsälen des Palastes. Fotografieren ist auch hier verboten, was sehr, sehr, sehr schade ist, denn der Spiegelsaal und vor allem der Empfangssaal, in dem der Shah Gesandte begrüßte, sind atemberaubend. Und zwar so atemberaubend, dass selbst der Iraner sich beim Betreten des Saales ein "wow" nicht verkneifen wollte. Für das Selfie mit ihm ("we do not only have terrorism here") stand ich gerne bereit, für den Anschiss (Fotografieren verboten!) musste er selbst geradestehen. Er betonte beim Selfiemachen übrigens, dass er nicht schwul sei. Na dann.

Der Spiegelsaal ist - surprise, surprise - voller Spiegel. Sorry, das ist jetzt schwer zu beschreiben, weil das ein ganz eigenartiges Gefühl ist. Ich war noch nicht in Versailles, aber die Franzosen müsssen sich anstrengen, um das hier toppen zu können. Wahnsinn.

Der Empfangssaal dann ist nochmal wahnsinniger: Mehrere Kronleuchter, auf dem Boden bemalte Kacheln, an den Wänden Stuck über Stuck, hinten im Raum der Riesenthron (nicht der Pfauenthron!). Das ist der Hammer. Und dafür dann auch (nur!) 1,30 € Eintritt zu verlangen, ist schon kurios.

Ich umrundete die Anlage weiter gegen den Uhrzeigersinn. Leider war der Brillantensaal zu (der soll auch toll sein), aber das "Gebäude der Sonne", das danach kommt, haut dich schon wieder um (und diesmal auch mit Fotos, irgendwann): Diese bunt bemalten Kacheln sind einfach etwas unglaublich Schönes. Das Gebäude hat zwei hohe Türme, von denen der Shah einen Panoramablick auf die ganze Stadt hatte. Man kommt da zwar nicht rein oder gar hoch, aber schon von außen ist das sehr beeindruckend. Auch der wenige Meter danebenstehende "Gebäude der Windfänger", mit dem die Anlage im Sommer gekühlt wurde, ist wunderschön anzusehen. Weniger beeindruckend sind das Fotografiemuseum und das ethnografische Museum (bei diesem am interessanten sind die Fotografien aus der Revolutionszeit).

Irgendein Museum hatte ich nicht gefunden, aber die 1,30 € verschmerzte ich. Weniger schmerzunempfindlich waren meine Füße: Die brannten schon jetzt wie Feuer, sodass ich mich gelegentlich auf eine Bank niederließ und meinen Füßen eine Pause gönnte. Nach einiger Erholungszeit verließ ich den Palast. Unbedingt empfehlenswert (haben übrigens auch die ganzen anderen Deutschen, die heute im Golestan-Palast waren, offenbar so gesehen).

Gegenüber des Basars hatte der Reiseführer von guten Falafelständen gesprochen, und gut sind sie allemal. Für 2.500 Toman (65 Cent) erhält man ein großes Brot mit vier, fünf Kichererbsenbällchen und kann sich dann selbst mit Gurke, Tomate, Kohl und Ketschup das Falafel verfeinern. Nach dem ersten aß ich noch ein zweites, so gut waren sie und so hungrig war ich.

Ein Teehaus fand ich auch heute nicht, sodass ich in die U-Bahn stieg, in Richtung Schnellbusstrecke fuhr, dort umstieg und schließlich schon wieder früh am Hotel ankam. Ich kaufte noch eine Fanta von einem freundlichen Händler, der mich als zweiter Iraner (nach dem im Empfangssaal) fragte, wo ich denn herkäme. "Almanya" kommt immer gut.

So, jetzt ist Feierabend für heute.

Beim Surfen im Internet fiel mir auf, dass die Internetseite der Süddeutschen Zeitung ebenfalls - natürlich nur aus rein technischen Gründen - gesperrt ist. Spiegel und FAZ gehen aber, sehr interessant.

Die sonst so beliebte Bierkunde fällt aus (naja, fast: es gibt hier überall alkoholfreies Holsten-Bier - pfui Teufel). Zu berichten gibt es trotzdem ein bisschen was: Coca Cola oder Pepsi bekommt man hier völlig problemlos in jedem Straßenkiosk; was man auch gut bekommt und was - mir - gut schmeckt, ist Doogh. Das ist so etwas Ähnliches wie das türkische Ayran, nur dass das hier - soweit ich es bisher kennengelernt habe - mit Pfefferminz verfeinert wird. Also lecker. Tee gibt es in allen Variationen, auf Kaffee habe ich - naturgemäß für mich - nicht so geachtet.

Achso, heute Morgen beim Telefonieren fiel mir eine Weltkarte im Stock obendrüber ins Auge. Natürlich musste ich gucken, wie sie die Situation in Nahost darstellen: Also, das Westjordanland gehört zum Oman (soll Jordanien sein, klar), und das Land dazwischen heißt "Palästina". Ich zitiere Pippi Langstrumpf: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.

Morgen geht es vielleicht nach Qom, mal sehen, wie früh ich wach bin. Denn übermorgen soll das Wetter ganz toll sein (es war auch die letzten beiden Tage viel blauer Himmel) und da will ich mal sehen, ob ich mir einen Blick von oben aus den Bergen auf Teheran gönne. Naja, und am Donnerstag habe ich ja noch einen halben Tag, ehe es dann wieder an den Flughafen und nach Kuwait geht.

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Azadi
22. Februar 2015

So, die Fahrt zum Flughafen war wie immer relativ ereignislos und beim Check-in guckte die Dame nicht mal nach, ob ich irgendetwas dabei habe, ein Visum oder fürs Visum nötige Unterlagen oder was auch immer. Wenn ich bedenke, was mitteleuropäische Fluglinien da für ein Geschiss machen, gute Güte ... Ich bekam zwar meine Bordkarte für den Flug nach Istanbul nach Teheran noch nicht, aber das lag eher daran, dass ich so früh dran war und längeren Aufenthalt in Istanbul hatte als alles andere.

Der Check-in war im C-/D-Riegel am Flughafen, sodass das Gate sowohl eine C- als auch eine D-Bezeichnung hatte. Das sorgte für einige Verwirrung, weil am C-Gate vorher noch ein Lufthansa-Flug abgefertigt wurde (wo sich das Bodenpersonal über einige Dinge deutlich hörbar nicht immer einig war ...), aber ausnahmsweise blieb ich in der Situation ruhig und fing nicht an, wie Rumpelstilzchen von Bodentante zu Bodenonkel und zurück zu springen.

Ich beobachtete unseren Flieger bei seiner (verspäteten) Landung, also bei Flightradar und live, und stellte dabei fest, dass es sich bei den Radardaten zumindest für Pegasus tatsächlich um Echtzeitdaten handelte. Schick. Das war so ein "5, 4, 3, ... da isser"-Moment ...

Auf dem Istanbul-Flug verjagte ich eine Mutter vom Fensterplatz, aber den wollte dann schon ich haben, wenn ich den unter Aufwendung letzter Internetkörner schon erobert hatte. Da wir aber im Landeanflug auf Istanbul eine weite Schleife übers Marmarameer flogen, brachte mir der Platz auch nicht so viel. Naja, hab Istanbul ja schon bei Nacht gesehen.

Am Transferdesk herrschte mal wieder Chaos, aber ich bekam, als ich dann endlich dran war, sehr schnell und unkompliziert meine Bordkarte ausgedruckt. Ich speiste ein deliziöses Abendessen im Flughafen-Burger-King und setzte mich dann zwei Stunden vor Abflug ans Gate. Das blöde Flughafen-WLAN beschiss mich: Es hat zwar jetzt meine Kreditkartendaten und bucht bestimmt die drei Euro nochwas ab, aber von meinen zwei Stunden gebuchten Internet hatte ich exakt null Sekunden etwas. Helden der Steinzeit, also wirklich. Wenn die das wirklich abbuchen, mache ich mal wieder Terz ...

Der Abflug verzögerte sich etwas, weil sich drei Familien wegen ihrer Sitzplätze in die Haare bekamen, aber die Stewardessen bekamen es nach endlicher Zeit geregelt. Sehr schön. Der Flug nach Teheran war kurz, ich konnte nicht schlafen, aber hey, was soll's?

Ich stiefelte in Teheran nun also zum Visaschalter, bekam einen Zettel mit der Aufschrift "60 €" und wurde drei Meter weiter zur Bank geschickt. Dort drückte ich das Geld ab und stellte mich gerade soeben vor einer größeren italienischen Reisegruppe wieder in die Schlange für die Visa. Vor mir war nur ein Franzose gewesen, und nach jeweils 30, 40 Minuten bekamen wir unsere Pässe mit hübschem Visum zurück. Da hängt zwar ein großer Zettel von wegen Krankenversicherungsnachweispflicht neben dem Visumschalter, aber bei uns Europäern war das den Iranern egal (den einen Araber haben sie zum Schalter geschickt, verstehe, wer will).

Die Einreise selbst gestaltete sich langwierig, weil ich Depp mich natürlich in die "Foreigner"-Schlange einreihte. Die ganzen Chinesen standen in allen möglichen Schlangen, einschließlich der für Iraner, und wurden anstandslos und sogar schneller als wir abgefertigt. Saftl... Oh, ich muss da ein wenig aufpassen, denn hier wird zensiert. Meinen Reiseblog kann ich nicht aufrufen und also vom Iran aus nicht führen, daher kommen diese Reiseberichte an meine Verwandten per E-Mail und für alle anderen werten Leser in Kuwait oder spätestens nach meiner Rückkehr gesammelt in den Blog, wie angekündigt und versprochen.

Auch ein wenig aufpassen sollen hätte der Typ vor mir, der nämlich lustig in der Einreiseschlange alles Mögliche fotografierte, wahrscheinlich sogar das groß und breit an den Grenzerhäuschen angepappte Schild "No photos". Der wurde gleich mal aus der Schlange gezogen und einer Sonderbehandlung unterzogen. Ich denke aber, er wird es - nach Löschung des Fotos und einem persischsprachigen Rüffel - überlebt haben. Ich hoffe es für ihn, jedenfalls.

Mein Gepäck stand schon auf dem Gepäckband. Die Zöllner waren sich uneins, ob ich es auf den Scanner legen müsste, und entschieden sich schließlich dagegen, um 5.30 Uhr oder so war ich in die Islamische Republik Iran eingereist. Mein 96. Land. Yabadabadooo ...

Ich wechselte - nach Tipp des Franzosen, den ich den ganzen Abend (oder Morgen) immer wieder sah - auf der Abflugebene Geld (zu einem um etwa 30 % besseren Kurs als dem offiziellen ...) und ließ mich dann mit dem Taxi ins Hotel fahren. Der Taxifahrer fuhr bei Geschwindigkeitsbegrenzung 50 teilweise 130 (!!). Mindestens einmal war es wirklich richtig knapp, weil er und sein Nebenmann in (nicht "vor", "in" der Ausfahrt) sich noch jeweils umentscheiden wollten. Der Nebenmann war natürlich der Dubbel ... Und auch sonst passen ab und zu mal keine 500-Blatt-Packungen Papier zwischen zwei Autos. Manchmal haarsträubend, wenn man es überstanden hat, aber auch lustig.

Im Hotel konnte ich gleich einchecken (obwohl ich ausdrücklich von "leave my bags here" sprach, wenn die da noch eine Nacht berechnen wollen, werde ich doch noch zum Rumpelstilzchen) und ins Zimmer. Für die Lebenshaltungskosten hier ist das Einzelzimmer ziemlich überteuert, aber es ist noch erträglich.

Ich habe neulich eine Folge CSI gesehen und da wurde davon gesprochen, dass nach sieben Wochen irgendwie neun verschiedene DNA-Spuren auf dem Deckbett eines Hotelzimmer gefunden wurden. Hier sind sicherliche einige Dutzend menschliche, nicht menschliche, unmenschliche und - wegen der zwischenzeitlichen Evolution - nicht mehr menschliche DNA-Spuren auf Deckbett und Teppichboden zu finden. Da bin ich doch ausnahmsweise froh, dass es im Hotel so Schläppchen gibt ...

Ich machte mich um 6.30 Uhr auf in die Stadt, lief zur nächsten U-Bahn-Haltestelle und geriet natürlich voll in die Rush hour.

Liebe Teheraner, ihr macht es den Touristen ja schon relativ leicht, sich in der U-Bahn zurechtzufinden: Die Beschilderungen sind alle auf Englisch (die Ansagen nicht, aber es gibt oft Anzeigen im Zug und immer die Anzeigen an den Bahngleisen, in welcher Station man ist). Aber wenn ihr eine U-Bahn-Station "Azadi" und die andere "Azadi Square" nennt, müsst ihr euch nicht wundern, wenn manche Touristen, die zum Azadi Square wollen, bei der Station "Azadi" aussteigen (zumal der Azadi Square auch in Übersetzung nicht übersetzt wird und "Maydane Azadi" oder so ähnlich heißt ...)

Da die U-Bahn aber spottbillig ist (13 Cent pro Fahrt und etwa 50 Cent für so eine aufladbare Karte, die man nicht zwingend braucht, die ich aber als Andenken haben wollte), stieg ich halt wieder runter in die übrigens topmodernen und auch künstlerisch nicht unanspruchsvollen Katakomben und fuhr nun zum Azadi Square.

Auf dem Weg von der U-Bahn-Station zum richtigen Azadi Square muss man einen Mega-Kreisverkehr überwinden, und inzwischen weiß ich, dass es eine fünfte Stufe der Straßenüberquerung gibt:

Stufe 1: Überqueren der Straße in einem Örtchen im Schwarzwald - es kommt eh kein Auto, du gehst über die Straße
Stufe 2: Überqueren der Straße in einer Großstadt in Deutschland - du wartest, bis kein Auto kommt und gehst über die Straße
Stufe 3: Überqueren der Straße in China (zumindest 2001) - du läufst los, spielst Gott, hältst mit ausgestrecktem Arm alle Autos an und gehst über die Straße
Stufe 4: Überqueren der Straße in Istanbul - du läufst los, läufst gleichmäßig, die Autos halten an, wenn sie dich sonst überfahren würden, du gehst über die Straße
Stufe 5: Überqueren der Straße in Teheran - du läufst los, eins, zwei, drei, Walzerschritt, hinter dem gerade vorbeigefahrenen Auto vorbei, läufst weiter, eins, zwei, dreeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee - hup, quietsch - du bleibst abrupt stehen, weil das Auto dahinter auch vor dir vorbeibraust, das Auto hinter dem schert aber aus und fährt - mit einem Affenzahn - hinter dir vorbei, du läufst weiter und bist - wenn du Glück ist - bald auf der anderen Straßenseite.

Das Positive an Stufe 5 ist: Man lernt das schnell oder gar nie mehr ... Außerdem scheinen die Teheraner Autofahrer auch nicht so erpicht darauf zu sein, Fußgänger abzuschießen. Sehr beruhigend.

Als ich dann die andere Straßenseite erreicht hatte, genoss ich erstmal den Blick auf die Berge. Ich hatte heute Morgen Glück, die Smogwolke war noch nicht so dicht, sodass die Berge sich in einer unwirklichen Nähe vor mir auftürmten. Dieser Blick in Kombination mit dem Blick auf den Milad Tower (einen der höchsten freistehenden Türme der Welt) und den Azadi Tower (architektonisch durchaus - und nicht abwertend gemeint - interessant): ein Traum. Wow. Wirklich toll.

Der Azadi Tower wird gerade umgebaut, deswegen konnte man nicht rein. Ich umrundete den Tower, genoss nochmal den Blick auf die Berge und setzte abermals mein Leben aufs Spiel, um wieder zur U-Bahn-Station zu kommen (Ma, ich übertreibe ...).

Ich fuhr zurück - die Rush Hour war noch nicht vorbei, stieg irgendwann aus (J., Mexico City kann nicht schlimmer gewesen sein!), weil es mir zu voll war (da gab es wirklich Druckmassage, Sauna und Aromatherapie für 13 Cent all inclusive, und zur Aromatherapie habe ich wahrscheinlich nach den Stunden im Flieger durchaus aktiv beigetragen), ließ ein paar Züge fahren und landete schließlich in der Nähe des Basars. Dort ließ ich mich einfach treiben, vorbei an Schmuck-, Teppich-, Stoffhändlern noch und nöcher, das eine oder andere Perserteppichmuster kam mir bekannt vor, und landete schließlich in einer vom Online-Reiseführer empfohlenen iranischen Gaststätte direkt gegenüber einer wunderschön gekachelten Moschee (überhaupt sind die Moscheen, die ich hier gesehen habe, außergewöhnlich schön; leider soll man manchmal nicht fotografieren).

Das Essen war in Ordnung, und ich merkte, dass die Iraner schon lustige Sachen mit ihrem Geld machen: Die Währung heißt Rial, und offiziell ist ein Euro etwa 30.000 Rial wert. Selbst am Flughafen bekommt man aber für einen Euro fast 40.000 Rial. Schwarzmarkt ist mir ja seit Algerien kein unbekannter Begriff mehr, dass das auch in den Wechselstuben offiziell so ausgeschildert wird, habe ich aber auch noch nicht erlebt. Das Spannende ist jetzt aber, dass kaum ein Iraner den Rial als solchen verwendet; vielmehr benutzen die die Einheit "Toman", das sind 10 Rial. Wenn also ein Saft mit "3.000" ausgeschildert ist, sind das 3.000 Toman, also 30.000 Rial, die wiederum offiziell einen Euro, in schwarzmarktecht aber nur 75 Cent wert sind. Alles klar?

Nach dem Essen suchte ich noch eine Caféstraße, fand sie nicht und entschied dann, Feierabend zu machen. Nun sitze ich um kurz nach 16 Uhr iranischer Zeit in der "Etagenlobby" und schreibe diese Zeilen. Ich habe schon geduscht, schreibe gleich noch zwei, drei E-Mails und gehe dann schlafen. War ein langer Tag seit gestern Morgen.

Achja, so ein bisschen zur Kultur wollte ich ja noch schreiben: In Istanbul kamen 80 % der Frauen ohne irgendeine Kopfbedeckung zum Gate, in Teheran stiegen 100 % der Frauen mit einer solchen aus. Das sieht gerade bei den Westlerinnern schon sehr nach Verkleidung aus, sodass ich mich manchmal schon sehr zusammenreißen muss, nicht zu grinsen. Die Iranerinnen, zumindest die meisten jungen, stehen den westlichen Frauen aber in puncto Mode in nichts nach: Und dass das Haar wirklich bedeckt sein muss, halte ich für einen Mythos, weil so viele Frauen da pro forma den Hinterkopf mit einem Tuch bedeckt haben, aber das Haupthaar ganz gut zu sehen ist. Da wird anscheinend zwischen der Jugend und der Religionspolizei gelegentlich mal um Zentimeter gefeilscht. Sachen gibt's ...

Es gibt aber nicht nur jüngere Frauen, die viel Haar (und Jeans oder so) zeigen, es gibt auch ein paar - sagen wir - mittelalte Damen, die das auch machen. Ich habe heute zwar gesehen, wie sie einen Mann festgenommen haben, aber das war nicht die Religionspolizei und hatte mit Religion auch wahrscheinlich gar nichts zu tun. Es ist also keineswegs so, dass an jeder Straßenecke ein Mullah mit Rohrstock steht und auf die Frauen eindrischt, die es wagen, ein Kopfhaar unter dem Tschador hervorlugen zu lassen.

Morgen geht es wahrscheinlich noch mal in die Stadt, ich will den Golestan-Palast bewundern, immerhin ein Weltkulturerbe. Iranisches Essen wird weiter gekostet und morgen setze ich mich dann gewiss auch wirklich mal in ein Café und gucke den Menschen beim Leben zu.

Samstag, 21. Februar 2015

سَلام

Salâm, hi, hallo.

Ich weiß noch nicht genau, ob ich das dem iranischen Grenzer entgegenschmettern werde oder eher ein förmliches "صبح بخیر" oder ob ich anfangs auf jeglichen Versuch, Persisch zu sprechen, verzichte. Man muss ja niemanden provozieren ...

Jetzt sitze ich wieder einmal an einem Samstagmorgen vor meinem Rechner und bin voller Vorfreude auf den Iran und auf Kuwait. Ein bisschen Bauchgrimmen habe ich aber tatsächlich, gar nicht mal aus Sicherheitsgründen, sondern weil ich einfach nur endlich mein iranisches Visum im Pass haben und am Grenzer vorbeisein will. Und das dauert noch ein paar Stunden ...

Ich habe gestern Abend schon eingecheckt und sitze auf dem Flug nach Istanbul sogar am Fenster. Pegasus weist einem einen Sitzplatz zu und wenn man einen anderen haben will, muss man zahlen. Pustekuchen. Nicht mit mir. So sitze ich auf dem Flug nach Teheran dann in der Mitte. Für drei Stunden werde ich das überleben.

Sicherheitshalber will ich vorwegschicken, dass ich nicht genau weiß, ob mein Hotel in Teheran WLAN hat. Das könnte man möglicherweise überbrücken, indem man in ein Internetcafé geht. Ich weiß aber auch nicht, ob die iranischen Behörden die Blogspot-Domain komplett zensieren oder nur einzelne irankritische Blogs. Es kann also sein, dass es die nächsten Tage (bis Donnerstag Abend, in Kuwait sollte ich dann laut Buchung WLAN haben, und ich hoffe mal, die Kuwaiter blockieren nicht auch diese Seite) keine Einträge hier im Blog gibt.

Ich würde in dem Fall der Sperrung versuchen, die eine oder andere E-Mail an besorgte Mütter, Schwägerinnen und Brüder zu schreiben, damit die nicht jeden Tag beim Auswärtigen Amt nachfragen müssen, ob die was von diesem bekloppten Deutschen wissen, der seit mindestens mehreren Stunden im Iran verschollen ist. (Die E-Mails würden dann später gesammelt hier als Mahnung an die Nachwelt im Blog erscheinen.)

Apropos Kuwait: Ein Shuttle meines Hotels holt mich am Donnerstagabend freundlicherweise vom Flughafen ab und bringt mich am frühen Samstagmorgen auch wieder hin. Jedenfalls haben sie mir das so bestätigt. Und das Ganze ist auch noch kostenlos. Schick.

Jetzt gehe ich erstmal duschen und dann geht's ab zu meinem Leib-und-Magen-Flughafen ...

Freitag, 13. Februar 2015

San Pietro

Ja, in der Nähe von San Pietro, also des Petersdoms, werde ich im Hochsommer ein paar Tage verbringen. Die Freundin, der ich letztes Jahr im Oktober schweren Herzens absagen musste, hat nun endlich ihre Tour bekommen. Heute Abend haben wir gebucht.

Wir fliegen mit der Alitalia non-stop hin und mit Air France zurück, dabei steigen wir in Paris um. Ein wenig ärgerlich ist, dass - obwohl ich Gepäck bei der Suche erwähnt hatte - nun für den Air-France-Flug das Gepäck nicht dabei ist. Vor allem hat mir die Buchungsseite das erst mit der Flugbestätigung angezeigt. Saubande. Aber das werden wir überleben.

Rom im Hochsommer wird heiß und hoffentlich ein bisschen leer. Wir wohnen wenige hundert Meter vom Vatikan entfernt, und sicherlich werden wir die vatikanischen Museen ein bisschen unsicher machen.

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In acht Tagen um die Zeit sitze ich schon wieder im Flieger von Istanbul nach Teheran. Ich bin sehr gespannt auf Teheran und dann auch auf Kuwait. Das wird sehr interessant werden, hoffe ich. Aber ich mache drei Kreuze, wenn das mit der Einreise in den Iran geklappt hat.

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In Sydney machen wir am 23. Mai einen richtigen Sporttag. Wer mich kennt, weiß, dass das passiver Sport sein wird: Wir gucken uns erst ein Australian-Rules-Football-Spiel an, um 14.10 Uhr im Sydney Olympic Park, und dann um 19.30 Uhr eine Rugby-Partie. Das wird die Wiederholung des letztjährigen Finales der internationalen Liga, die aus Teams aus den drei rugbybegeistersten Ländern der südlichen Hemisphäre, nämlich Australien, Neuseeland und Südafrika, besteht. Wir zahlen jeweils gut 25 € für die Karten. Ich bin auch hier sehr gespannt.

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Ich bin immer noch ein bisschen unsicher, ob es über den 1. Mai irgendwohin gehen soll. Ich blase im Moment ziemlich viel Geld durch mein Kreditkartenkonto, sodass es gut sein, dass ich die zwei Tage Urlaub, die ich vor und nach dem 1. Mai habe, noch ein bisschen nach hinten schiebe.

Soviel zum Mid-Februar-Catch-up ...

Sonntag, 1. Februar 2015

Volver

Zurückkehren, nach Mexiko und nach Mexiko-Stadt, das möchte ich ganz gewiss. Es wird wahrscheinlich nicht dieses Jahr werden und vielleicht auch nicht eines der bald folgenden, aber es gab hier so viel zu sehen, was ich nicht gesehen habe, so viel zu erleben, was ich nicht erlebt habe (und ich habe eine Menge erlebt!), so viel zu entdecken, was ich nicht entdeckt habe, dass mir gar nichts anderes übrig, als in nicht zu ferner Zukunft hier mal wieder aufzuschlagen.

Heute Morgen waren wir noch in San Ángel, einem Künstlerviertel, auf dessen Samstagsmarkt dementsprechend viele Maler und Kunsthandwerker ihre Werke anboten. Von naiver Malerei bis zum Expressionismus der besseren Sorte (soweit ich das beurteilen kann) war alles dabei, ebenso von übelstem Nippes bis hin zu durchaus schickem Schmuck.

Wir frühstückten dort in einem schönen Lokal im Freien. Und auch wenn Nachos und Hühnchen zum Frühstück (vielleicht war es auch eher ein Brunch) ein bisschen gewöhnungsbedürftig sind: Lecker war es allemal.

Nach letzter U-Bahn-Fahrt und letzter Fußstrecke vom U-Bahnhof Polanco hoch zum Hotel duschte ich noch kurz, weil ich doch ein wenig geschwitzt hatte und das meinen Mitreisenden im Flieger nicht antun wollte.

Der Fahrer holte mich um 17 Uhr ab, und die Horrorstorys von wegen zwei Stunden im Stau bis zum Flughafen kann ich nun (am Samstag Nachmittag) wirklich nicht bestätigen: Um 17.20 Uhr war ich am Flughafen, um 17.45 Uhr durch Check-in und Sicherheitskontrolle durch und hatte auch schon den vom Reiseführer von vorgestern empfohlenen Tequila eingekauft.

Jetzt sitze ich hier viel (mehr als zwei Stunden!) zu früh am Gate, werde mir sicherlich noch ein oder zwei Bierchen reinpfeifen und dann mal sehen, ob ich eine oder doch zwei Stunden im Flieger schlafen kann.

Ohje, jetzt ist die Woche schon wieder vorbei. Es war schön, es war toll, es war faszinierend, es war lecker, es war anstrengend, es war viel Verkehr, es gab ausschließlich leckeres Bier (gestern Abend habe ich das Negra Modelo für mich entdeckt, ein schwarzes Modelo, aber eigentlich kann man - außer vielleicht Corona - alle mexikanischen Bieren sehr gut trinken). Ich habe mich in Mexiko-Stadt immer sehr sicher gefühlt, weil J. mir da am ersten Abend gleich den Wind aus den Segeln genommen hat, als wir nachts um elf noch einen Spaziergang durch Polanco gemacht haben (zugegeben, Polanco ist mit Sicherheit eines der besten Viertel von Mexiko-Stadt, das mag drüben im Osten der Stadt wegen der dort größeren Armut ein wenig anders sein).

Highlights? Klar, die Pyramiden von Teotihuacán waren atemberaubend. Puebla und Cholula haben mir auch sehr gut gefallen, ob es nun der Ausblick auf die Vulkane oder die vielen schönen Kirchen waren. Der Zócalo von Mexiko-Stadt selbst ist in seiner Leere (da ist nichts außer der Riesenfahne) jetzt nicht so toll, aber die Gebäude drumherum, die Kathedrale, der Nationalpalast, selbst der Templo Mayor, aber auf alle Fälle die vielen kleinen Sträßchen in der Nähe, die sehr gepflegt und zum Teil Fußgängerzone sind, sind auf alle Fälle empfehlenswert.

Eine Woche ist für Mexiko-Stadt und Umgebung definitiv zu wenig, auch weil man eigentlich zwischendurch mal ein paar Tage an den Strand (vier, fünf Stunden Strecke) fahren sollte, um mal so rein gar nichts zu tun. Es gibt so viel zu sehen in dieser Stadt, dass man sich kaum traut, einfach mal einen Nachmittag in einem Straßencafé zu sitzen und die Leute zu beobachten.

Vom Bier habe ich schon geschwärmt, aber auch vom Essen kann man getrost begeistert sein. Klar muss man an den Straßenständen ein bisschen aufpassen, und das habe ich auch getan (man kann sich ja entscheiden, dass man an Ständen isst, die an einem Haus sind und also Wasseranschluss haben sollten), aber Moctezuma hat sich weder nach dem Konsum der torta am Straßenstand gestern noch sonstwann so wirklich bösartig gezeigt. Die Tacos (die ich übrigens bis gestern Nachmittag immer falsch gegessen habe; man legt die nämlich nicht so wrapartig zusammen, sonst presst die beiden Enden aneinander und isst dann so) sind fantastisch, egal ob mit Zwerchfell, Hühnchen, Steakfleisch oder anderem Rindviech, und die Schärfe kann man oberhalb eines Grundrauschens auch selbst bestimmen, weil man sich auf die Tacos noch Jalapeños und anderes mehr oder minder scharfes Zeug legen kann oder es aber lässt. Sehr schmackhaft und sehr günstig, wenn man nicht unbedingt ins Touristenlokal geht.

Es war, wie immer toll, aber dieses Mal fand ich es besonders anstrengend, was sehr gut daran liegen kann, dass Mexiko-Stadt auf über 2.000 m Höhe liegt. Die Erkältung, woher auch immer die gekommen sein mag, war sicher auch nicht hilfreich, aber ist auch schon fast wieder weg. Ich freue mich - wie immer - dann doch schon wieder ein bisschen auf Deutschland, auch wenn ich den Mexikanern wirklich nicht versprechen kann, dass ich sie in Zukunft von einem Besuch von mir verschont bleiben. Da unten im Südosten soll es noch ein Pyramidenkomplexchen (Chichén Itzá) geben, was man sich ja - vielleicht in Kombination mit (einer Teilmenge aus) Belize, Guatemala, El Salvador und Honduras - mal angucken könnte.