... sind komisch, aber fair.
Ein Nachteil, wenn man mit Blick aufs Meer an der Hafenpromenade wohnt, ist, dass man an der Hafenpromenade wohnt. Auf der Hafenpromenade fahren Autos, auch nachts. In Algerien hupen die Autos manchmal, mit Grund und auch ohne, aber vor allem auch nachts. Alles in allem habe ich ganz gut geschlafen, was aber vornehmlich an meiner Müdigkeit nach dem aufregenden Tag gestern als an der ruhigen Umgebung lag.
Meine Ma hingegen schlief wie ein Stein und wachte auch erst um 8 Uhr. Für sie ist das, als ob normale Menschen um 11 Uhr aufwachen würden: sehr spät. Nach einem geruhsamen Start in den Tag mit einem nicht sehr reichhaltigen, aber schmackhaften Frühstück mit Blick auf die Hafenpromenade starteten wir in den Tag.
Wir gingen erst zum Bahnhof "Alger" (Algier), um nach Fahrkarten für den Zug nach Oran morgen zu gucken, nur um dort aufgeklärt zu werden, dass der Bahnhof Algier der Bahnhof für Vorortzüge ist und der richtige Bahnhof der Bahnhof Agha sei. Nichtsdestotrotz erläuterte die Dame uns die Zugfahrzeiten und auch die Preise, sodass wir uns Gedanken machen konnten, ob wir das Abenteuer Zugfahren in Algerien auf uns nehmen wollten.
Wir liefen weiter, stiegen die Stufen wieder hoch (Algier ist sehr hügelig) und wanderten dann geradewegs in das Straßengewirr der Kasbah, der Altstadt von Algier, hinein. Dort wird fast alles auf den Straßen und in den Geschäften feilgeboten, was das Herz begehrt: Von Nüssen über Hochzeitskleider bis hin zu Schuhen wird alles verkauft, was verkauft werden kann.
Selbst in dem Gedränge dort fühlten wir uns nicht ängstlich, dass wir beklaut würden, wohl aber ein wenig unwohl, weil uns beiden das ein bisschen zu viele Menschen auf zu engem Raum waren. Wir kamen an einem kleinen Platz heraus, der die Ketchaoua-Moschee beherbergt, die aber zur Zeit mit Unterstützung der Türkei renoviert wird. Das ist ein schönes Moscheechen, durchaus, auch wenn wir nicht reingehen konnten (jedenfalls fanden wir keinen geöffneten Eingang). Nach ein paar Schritten weiter nach oben und in die Kasbah hinein ließen wir es gut sein. Ich denke schon, dass die Kasbah zu Recht Weltkulturerbe ist, aber ganz so megamäßig-fundamental-voll hat sie mich jetzt nicht umgehauen. Wir schauten uns noch den Place des martyrs an, der aber gerade für die U-Bahn untertunnelt wird, und strandeten schließlich an der Hafenpromenade mit Blick auf den kleinen Fischereihafen. Schick.
An der Hafenpromenade entlang ging es dann auch auf der Suche nach einem Geldautomaten. Einer, den wir fanden, war kaputt, und ein Zeichen für "Geldautomat" führte uns zwar zu einer anderen Bank, aber da gab es keinen Geldautomaten. Sachen gibt's. Davon ließ meine Ma sich nicht abschrecken: Sie ging rein in die Bank und fragte, ob wir wechseln könnten. Der Banker schaute uns an wie ein Auto, telefonierte dann und schickte uns dann aus der Bank auf den Place Port Said. Dort sollten wir "dans la rue", also auf der Straße, wechseln. Der Banker (!) schickte uns zum Geldwechseln auf den Schwarzmarkt (!).
Jetzt bekam das auch einen Sinn, was unser Schwarz-Taxifahrer gestern erzählt hatte: Die Banken (und auch die Hotelrezeptionen, die Schlawiner) tauschen zum offiziellen Kurs von etwas über 100 Dinar für einen Euro um; unser Taxifahrer bot uns einen Kurs von 157 Dinar für einen Euro an, also gut 50 % über Bankwert. Das erschien mir so fantastisch, dass ich einen Tipp-, Rechen- oder sonstigen Fehler von ihm vermutete, aber tatsächlich konnte ich dann heute zweimal Geld dort an dem Platz umtauschen und bekam einen Kurs von um die 150 Dinar. Krass (und bisher haben sie meine Geldscheine auch immer angenommen, scheinen also echt zu sein ...). So haben wir zwar von den ersten 100 Euro, die wir umgetauscht haben, ungefähr 30 in den Wind geschossen, aber sei's drum: Jetzt wissen wir's.
Auf diese Grenzerfahrung (die Polizisten, die hier übrigens in großer Zahl unterwegs sind und nach Auskunft unseres Taxifahrers im Wesentlichen mit Schlafen beschäftigt sind, lassen die Geldwechsler auch in Ruhe) mussten wir erstmal einen Schluck Wasser trinken und gingen ins Hotel. Ja, wir haben wirklich Wasser getrunken. Wirklich!
Zwei Stunden später gingen wir erfrischt zum diesmal hoffentlich richtigen Bahnhof und, siehe da, wir konnten sogar Karten für morgen kaufen. Wir werden zwar nicht so monstermäßig viel von Oran sehen, da wir nur ein paar Stunden da sein werden, aber wir wollen vor allem ein bisschen von Algerien sehen auf der Fahrt. An dem Bahnhof gibt es, wie an so vielen Stellen hier, eine Sicherheitskontrolle: Die hilft nur nicht viel, wenn das Pieptor einfach ausgeschaltet ist ... Könnte sonst ja zu oft piepen, klar.
Wir setzten unseren Stadtspaziergang fort, liefen eine der Hauptverkaufsstraßen Algiers, die Rue Didouche Mourad, hoch und suchten eines der Lokale, das ich in einem Online-Reiseführer gefunden hatte. Ich merkte irgendwann, dass wir schon zu weit waren, hatte aber sowohl den Namen als auch die genaue Hausnummer des Restaurants schon wieder durch mein Gedächtnissieb fallen lassen. Also suchte ich mir (gar nicht so einfach in Algier) ein offenes WLAN und sah, dass die Hausnummer 54 und nicht 65 war. Dussel, ich.
Da wir aber jetzt schon da oben waren, gingen wir noch die paar Höhenmeter weiter und schauten uns die Cathédrale du Sacré-Cœur d'Alger an. Wow. Das Ding ist wirklich atemberaubend - hässlich. So einen furchtbaren Betonklotz im Atommeilerstil habe ich noch nicht gesehen, und schon gar nicht als Kirche. Was die sich dabei gedacht haben, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. (Passenderweise erwischten wir einen Passanten dabei, wie er an die Kirche pinkelte.)
Dort in der Nähe war auch eine ziemlich versteckt liebende Bar, in der meine Ma lange Zeit die einzige Frau war. Dort genehmigten wir uns ein Bierchen der algerischen Marke Albraü, das gut trinkbar, aber jetzt auch keine global überragende Biermarke ist. Okay, vielleicht war es auch ein Bierchen mehr ...
Im Dunkeln verließen wir diese inzwischen zunehmend verräucherte Bar und marschierten in Richtung der Hausnummer 54.
Unterwegs sprach uns ein Mann an: "Sprechen Sie Deutsch?" Es stellte sich heraus, dass er Dolmetscher zwischen Arabisch und Deutsch war und in Deutschland studierte hatte. Er verriet auch, wo: in Jena! Manchmal gibt es sehr lustige Zufälle auf diesem Planeten. Wir unterhielten uns ein wenig, ehe wir dann wieder getrennter Wege gingen.
Kaum suchten wir an der richtigen Hausnummer, fanden wir unser Lokal: Nach dem nicht so guten Heiligabend-Mahl gestern Abend waren wir dieses am ersten Weihnachtstag hochzufrieden. Die Fischsuppe war lecker, der Tintenfischsalat auch, aber die Hauptspeisen waren noch viel besser: Meine Ma hatte Hähnchen mit algerischen Nudeln und Kichererbsen, ich hatte Lamm (so zart wie selten in meinem Leben) mit ganz dünnen Fladenbrotstücken und Kartoffeln. Sehr, sehr lecker. Auch mein Dessert (Milchreis mit Orangengelee oben drauf) war toll. Doch, das Lalla Mina kann man guten Gewissens empfehlen.
Danach gingen wir entspannt die Straßen wieder runter und fuhren eine Station mit hochmodernen U-Bahn, ehe wir an unserem Hotel direkt neben dem algerischen Parlament ankamen und schon früh unser Zimmer wieder heimsuchten. Jetzt sind wir schon in unseren Bettchen und sind gespannt auf die Zugfahrt morgen.
Man merkt, dass die Algerier nicht so viele Touristen gewohnt sind: Insbesondere wird man nämlich von Händlern nicht doof von der Seite angequatscht. Auch sonst sind die Leute sehr freundlich und zuvorkommend. Wir fühlen uns hier einfach sehr wohl, man kann es nicht anders sagen.
Mal sehen, was Oran morgen bringt. Wir sind sehr gespannt ...
Ein Nachteil, wenn man mit Blick aufs Meer an der Hafenpromenade wohnt, ist, dass man an der Hafenpromenade wohnt. Auf der Hafenpromenade fahren Autos, auch nachts. In Algerien hupen die Autos manchmal, mit Grund und auch ohne, aber vor allem auch nachts. Alles in allem habe ich ganz gut geschlafen, was aber vornehmlich an meiner Müdigkeit nach dem aufregenden Tag gestern als an der ruhigen Umgebung lag.
Meine Ma hingegen schlief wie ein Stein und wachte auch erst um 8 Uhr. Für sie ist das, als ob normale Menschen um 11 Uhr aufwachen würden: sehr spät. Nach einem geruhsamen Start in den Tag mit einem nicht sehr reichhaltigen, aber schmackhaften Frühstück mit Blick auf die Hafenpromenade starteten wir in den Tag.
Wir gingen erst zum Bahnhof "Alger" (Algier), um nach Fahrkarten für den Zug nach Oran morgen zu gucken, nur um dort aufgeklärt zu werden, dass der Bahnhof Algier der Bahnhof für Vorortzüge ist und der richtige Bahnhof der Bahnhof Agha sei. Nichtsdestotrotz erläuterte die Dame uns die Zugfahrzeiten und auch die Preise, sodass wir uns Gedanken machen konnten, ob wir das Abenteuer Zugfahren in Algerien auf uns nehmen wollten.
Wir liefen weiter, stiegen die Stufen wieder hoch (Algier ist sehr hügelig) und wanderten dann geradewegs in das Straßengewirr der Kasbah, der Altstadt von Algier, hinein. Dort wird fast alles auf den Straßen und in den Geschäften feilgeboten, was das Herz begehrt: Von Nüssen über Hochzeitskleider bis hin zu Schuhen wird alles verkauft, was verkauft werden kann.
Selbst in dem Gedränge dort fühlten wir uns nicht ängstlich, dass wir beklaut würden, wohl aber ein wenig unwohl, weil uns beiden das ein bisschen zu viele Menschen auf zu engem Raum waren. Wir kamen an einem kleinen Platz heraus, der die Ketchaoua-Moschee beherbergt, die aber zur Zeit mit Unterstützung der Türkei renoviert wird. Das ist ein schönes Moscheechen, durchaus, auch wenn wir nicht reingehen konnten (jedenfalls fanden wir keinen geöffneten Eingang). Nach ein paar Schritten weiter nach oben und in die Kasbah hinein ließen wir es gut sein. Ich denke schon, dass die Kasbah zu Recht Weltkulturerbe ist, aber ganz so megamäßig-fundamental-voll hat sie mich jetzt nicht umgehauen. Wir schauten uns noch den Place des martyrs an, der aber gerade für die U-Bahn untertunnelt wird, und strandeten schließlich an der Hafenpromenade mit Blick auf den kleinen Fischereihafen. Schick.
An der Hafenpromenade entlang ging es dann auch auf der Suche nach einem Geldautomaten. Einer, den wir fanden, war kaputt, und ein Zeichen für "Geldautomat" führte uns zwar zu einer anderen Bank, aber da gab es keinen Geldautomaten. Sachen gibt's. Davon ließ meine Ma sich nicht abschrecken: Sie ging rein in die Bank und fragte, ob wir wechseln könnten. Der Banker schaute uns an wie ein Auto, telefonierte dann und schickte uns dann aus der Bank auf den Place Port Said. Dort sollten wir "dans la rue", also auf der Straße, wechseln. Der Banker (!) schickte uns zum Geldwechseln auf den Schwarzmarkt (!).
Jetzt bekam das auch einen Sinn, was unser Schwarz-Taxifahrer gestern erzählt hatte: Die Banken (und auch die Hotelrezeptionen, die Schlawiner) tauschen zum offiziellen Kurs von etwas über 100 Dinar für einen Euro um; unser Taxifahrer bot uns einen Kurs von 157 Dinar für einen Euro an, also gut 50 % über Bankwert. Das erschien mir so fantastisch, dass ich einen Tipp-, Rechen- oder sonstigen Fehler von ihm vermutete, aber tatsächlich konnte ich dann heute zweimal Geld dort an dem Platz umtauschen und bekam einen Kurs von um die 150 Dinar. Krass (und bisher haben sie meine Geldscheine auch immer angenommen, scheinen also echt zu sein ...). So haben wir zwar von den ersten 100 Euro, die wir umgetauscht haben, ungefähr 30 in den Wind geschossen, aber sei's drum: Jetzt wissen wir's.
Auf diese Grenzerfahrung (die Polizisten, die hier übrigens in großer Zahl unterwegs sind und nach Auskunft unseres Taxifahrers im Wesentlichen mit Schlafen beschäftigt sind, lassen die Geldwechsler auch in Ruhe) mussten wir erstmal einen Schluck Wasser trinken und gingen ins Hotel. Ja, wir haben wirklich Wasser getrunken. Wirklich!
Zwei Stunden später gingen wir erfrischt zum diesmal hoffentlich richtigen Bahnhof und, siehe da, wir konnten sogar Karten für morgen kaufen. Wir werden zwar nicht so monstermäßig viel von Oran sehen, da wir nur ein paar Stunden da sein werden, aber wir wollen vor allem ein bisschen von Algerien sehen auf der Fahrt. An dem Bahnhof gibt es, wie an so vielen Stellen hier, eine Sicherheitskontrolle: Die hilft nur nicht viel, wenn das Pieptor einfach ausgeschaltet ist ... Könnte sonst ja zu oft piepen, klar.
Wir setzten unseren Stadtspaziergang fort, liefen eine der Hauptverkaufsstraßen Algiers, die Rue Didouche Mourad, hoch und suchten eines der Lokale, das ich in einem Online-Reiseführer gefunden hatte. Ich merkte irgendwann, dass wir schon zu weit waren, hatte aber sowohl den Namen als auch die genaue Hausnummer des Restaurants schon wieder durch mein Gedächtnissieb fallen lassen. Also suchte ich mir (gar nicht so einfach in Algier) ein offenes WLAN und sah, dass die Hausnummer 54 und nicht 65 war. Dussel, ich.
Da wir aber jetzt schon da oben waren, gingen wir noch die paar Höhenmeter weiter und schauten uns die Cathédrale du Sacré-Cœur d'Alger an. Wow. Das Ding ist wirklich atemberaubend - hässlich. So einen furchtbaren Betonklotz im Atommeilerstil habe ich noch nicht gesehen, und schon gar nicht als Kirche. Was die sich dabei gedacht haben, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. (Passenderweise erwischten wir einen Passanten dabei, wie er an die Kirche pinkelte.)
Dort in der Nähe war auch eine ziemlich versteckt liebende Bar, in der meine Ma lange Zeit die einzige Frau war. Dort genehmigten wir uns ein Bierchen der algerischen Marke Albraü, das gut trinkbar, aber jetzt auch keine global überragende Biermarke ist. Okay, vielleicht war es auch ein Bierchen mehr ...
Im Dunkeln verließen wir diese inzwischen zunehmend verräucherte Bar und marschierten in Richtung der Hausnummer 54.
Unterwegs sprach uns ein Mann an: "Sprechen Sie Deutsch?" Es stellte sich heraus, dass er Dolmetscher zwischen Arabisch und Deutsch war und in Deutschland studierte hatte. Er verriet auch, wo: in Jena! Manchmal gibt es sehr lustige Zufälle auf diesem Planeten. Wir unterhielten uns ein wenig, ehe wir dann wieder getrennter Wege gingen.
Kaum suchten wir an der richtigen Hausnummer, fanden wir unser Lokal: Nach dem nicht so guten Heiligabend-Mahl gestern Abend waren wir dieses am ersten Weihnachtstag hochzufrieden. Die Fischsuppe war lecker, der Tintenfischsalat auch, aber die Hauptspeisen waren noch viel besser: Meine Ma hatte Hähnchen mit algerischen Nudeln und Kichererbsen, ich hatte Lamm (so zart wie selten in meinem Leben) mit ganz dünnen Fladenbrotstücken und Kartoffeln. Sehr, sehr lecker. Auch mein Dessert (Milchreis mit Orangengelee oben drauf) war toll. Doch, das Lalla Mina kann man guten Gewissens empfehlen.
Danach gingen wir entspannt die Straßen wieder runter und fuhren eine Station mit hochmodernen U-Bahn, ehe wir an unserem Hotel direkt neben dem algerischen Parlament ankamen und schon früh unser Zimmer wieder heimsuchten. Jetzt sind wir schon in unseren Bettchen und sind gespannt auf die Zugfahrt morgen.
Man merkt, dass die Algerier nicht so viele Touristen gewohnt sind: Insbesondere wird man nämlich von Händlern nicht doof von der Seite angequatscht. Auch sonst sind die Leute sehr freundlich und zuvorkommend. Wir fühlen uns hier einfach sehr wohl, man kann es nicht anders sagen.
Mal sehen, was Oran morgen bringt. Wir sind sehr gespannt ...
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