Meine Länder

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Sonntag, 9. Oktober 2022

Über'n Deister

... bin ich gestern gewandert, aber - anders als bei der norddeutschen Redensart "Der ist über'n Deister" - bin ich gestern weder gestorben noch geflohen (die Redensart geht wohl in beide Richtungen des Deister, man kann also wohl sowohl von Hameln nach Hannover als auch von Hannover nach Hameln fliehen und geht jedes Mal über'n Deister).

"Häh?", fragt sich der eine oder andere Leser, "der wollte doch noch Venlo?!" Das ist richtig, das wollte ich, aber auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als ob die Mitarbeiter der Deutschen Bahn ihr eigenes Unternehmen sabotieren, war es gestern wohl eine unabhängige Macht (Mal was ganz anderes: Wieso habe ich gerade so ein Verlangen nach einem "White Russian"?), die dafür sorgte, dass der Bahnverkehr gestern Morgen stillstand.

Ich hatte mir schon die Fahrkarte von der Grenze nach Venlo gekauft (das wird eine Schererei geben, mir die 2,20 Euro erstatten zu lassen ...), als ich am Bahnsteig stand, weil ich ja extra eine Stunde früher aufgestanden war, um einen Puffer zu haben, aber aller Puffer bringt nichts, wenn gar nichts fährt, und nach eineinhalb Stunden sah ich das auch ein. Ja, ich hätte später fahren können, nachdem sich der Bahnverkehr wieder eingependelt hatte, aber mein Ex-Kollege in Venlo hätte sowieso um 16 Uhr oder 16.30 Uhr weggemusst, da hätte es allenfalls noch - wenn überhaupt - für ein oder zwei Getränke gereicht. So haben wir das Ganze jetzt verschoben.

Ich fuhr also nach Hause (die Stadtbahnen in Hannover waren nicht beeinträchtigt), plante spontan eine Wanderung und fuhr dann mit der ersten wieder halbwegs planmäßig fahrenden S-Bahn nach Lemmie. An dieser Stelle muss ich meine Kolleginnen rügen, denn die ließen mir neulich, als ich von meiner Wanderung nach "Lemmi" erzählte, diese Fehlaussprache einfach so durchgehen, obwohl das Kaff "Lemmje" ausgesprochen wird - wussten die am Ende selbst nicht, wie man das sagt?!

Jedenfalls stieg ich in Lemmie aus und lief, zunächst an den Bahngleisen, dann an der Straße nach Wennigsen entlang. Durch dieses gar nicht einmal so kleine Örtchen ging es dann in Richtung Waldkäfer (eine kleine Siedlung unmittelbar am Rande des Deister) und ab dort dann beständig bergauf.

Insgesamt überwand ich knapp 250 Höhenmeter, aber das war gar nicht einmal das Hauptproblem der Wanderung: Ich war mitten im Berg, als auf einmal unverhofft ein Regenguss hereinbrach. Nun war ich gestern kleidungsmäßig maximal suboptimal ausgestattet, indem ich nur mein (Kurzarm-)Hemd und zudem in einem Anfall von offenkundigem Schwachsinn ein Paar zwar bequemer, aber profilloser Schuhe angezogen hatte (naja, okay, eine Hose trug ich auch ...), und so stellte ich mich unter Bäume, um nicht komplett vom Regenguss durchnässt zu werden.

Das klappte auch einigermaßen, zumal ich vorher geschwitzt hatte und auch ein Unterhemd trug, sodass ich schon in Springe am Ziel meiner Wanderung wieder trockene Klamotten hatte. Davor hatten die Götter aber einen matschigen Pfad gesetzt (den einzigen der ganzen Tour auf der ansonsten wunderbar wanderbaren Strecke), und da rutschte ich mit meinen Schühchen ganz schön in der Gegend herum, konnte mich aber jeweils abfangen - Held, ich!

Auf dem Deisterkamm stehen Grenz- oder Wegsteine, die wurden mit gewisser Begeisterung fotografiert (vielleicht war es auch nur die Begeisterung, dass ich endlich oben angelangt war), und dann ging es schon an den (noch steileren) Abstieg hinunter nach Springe. Die Wanderung durch den Wald war richtig schön, und ich könnte mir gut vorstellen, den Deisterkammweg mal abzulaufen, während der kerzengerade Weg zum Bahnhof in Springe dann relativ unspektakulär war (obwohl der Blick zurück auf den Deister nicht zu verachten war), vielleicht auch, weil ich nicht auf dem Wanderweg neben der Straße, sondern auf der Straße lief, weil mir zu spät auffiel, dass es da neben der Straße noch einen Weg gibt.

Die Rückfahrt klappte dann problemlos und sogar einigermaßen pünktlich, sodass ich mir einen ganz gemütlichen Samstag Abend machte und früh ins Bett ging.

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Am Tag der Deutschen Einheit, also vergangenen Montag, war ich ebenfalls wandern, und wie es sich für einen Nationalfeiertag geziemt, besuchte ich Grenzsteine an der Bundesgrenze. Tatsächlich besuchte ich sogar Grenzsteine an zwei Bundesgrenzen, denn die Grenzen Büsingen-Schweiz und deutsches Mutterland-Schweiz sind topologisch getrennte Mengen (meine Topologie-Professoren können mich nicht verprügeln, weil ich getrennte Menge viel zu schnell bin, höhö).

Da das mit der Busfahrerei ab Bonndorf am Sonntag immer so mühsam ist, fuhr ich - ungeduscht, ich würde eh schwitzen - mit Mutters Auto zweimal über die Bundesgrenzen (Stühlingen-Schleitheim, Schaffhausen-Büsingen) und stellte mein Auto auf dem kombinierten Kirchen-und-Fußballplatz-Parkplatz in Büsingen ab.

Von dort wanderte ich zum altbekannten Grenzstein Nr. 15 an der Straße von Büsingen nach Dörflingen (ich glaube, hier hielt ich einst 2001 erstmals vorsätzlich für einen Grenzstein an) und von dort im Wesentlichen nach Norden, da mir die Ostflanke Büsingens noch fehlte. (Von einer nicht näher benannten Frau in Kaiserslautern bekam ich per WhatsApp den immer noch nicht besuchten Grenzstein Nr. 1 Büsingen-Schaffhausen unter die Nase gerieben, aber der ist im Rhein, Mann!) Es ging bis zum Grenzstein Nr. 25 (wobei sich die 24 im Gebüsch versteckte und nicht gesehen ward), dann musste ich aus zweierlei Gründen von der Grenzsteinkette Abstand nehmen - zum einen ging die Grenze jetzt mitten durch den Wald, zum anderen wollte ich noch die Verbindung zu meinen bisherigen Wanderungen herstellen, und dazu musste ich ein Stückchen quer durch die Nordostecke Büsingen marschieren.

Bei der Nr. 38 kam ich wieder an der Grenze (Büsingen-Schaffhausen) an und lief bis zur Nr. 35, ehe ich - auf Schweizer Seite - ein paar Meter von der Grenze entfernt weiterlief, nicht ohne die Grenzsteinkette bis etwa zur Nr. 28 im Blick zu behalten. Dabei entfernte ich mich aber zunehmend von der Grenze und lief - durch Dörflingen - hindurch und einen kleinen Anstieg hinauf zur Grenze zwischen dem deutschen Mutterland und dem Kanton Schaffhausen, die ich bei Grenzstein Nr. 967 erreichte. Von dort ging es zunächst bergab, später bergauf an der Kette entlang, manchmal musste ich um die Felder herumlaufen, überquerte etliche Male die Grenze, machte ein Foto mit acht Grenzsteinen auf einen Streich (acht!) und landete schließlich an der Nr. 978 mit Blick auf die Nr. 979. Die Grenzsteinkette dort endet mit der Nr. 981, die als Weiserstein auf den Rhein schon im Kanton Thurgau steht.

Von dort lief ich auf der Anhöhe über dem Rhein wieder zur Grenze Büsingen-Schaffhausen, die ich an der Nr. 4 erreichte. Bei der Nr. 5 wurde ich von einem Waldshuter Auto angehalten und gefragt, ob ich ein Geocacher sei. Nein, ich mache ich keine mit GPS-Koordinaten ausgestattete Schnitzeljagd - wobei das wahrscheinlich auch nicht so unlustig wäre ... Nr. 6 befindet sich mitten auf der Straße, sodass ich im Galopp die Straße querte und wenige nicht verwackelte Bilder der Grenzmarkierung machte, ehe ich bis zur 9 an der Grenzstraße entlanglief und dann in die Feldwege abbog.

Nr. 13 und Nr. 13a machten den Abschluss der Einheitstagwanderung, und ich wanderte zurück zum Auto.

Am Montag und gestern waren das insgesamt über 22 Kilometer (knapp elf in Büsingen und fast 12 im Deister), wurde mal wieder Zeit ...

Am Dienstag und Mittwoch fuhr ich - mit Zwischenstopp in Frankfurt zu einem Geschäftstermin - nach Hannover und ging nach einer anstrengenden Arbeitswoche am Freitag Abend in die KGB-Bar in Hannover.

Ich war unsicher, ob das in diesen Zeiten eine gute Idee war, aber als ich die ukrainische Flagge im Schaukasten sah, wusste ich, dass ich es vertretbar sein müsste, dieses Etablissement aufzusuchen. Ich trank Baltika-Bier (das kühler hätte sein können) und war verfressen, denn ich verspeiste erst georgische Chinkali, dann russische Pelmeni und schließlich ukrainische Wareniki. 

Ein Wodka ging aufs Haus, ich glaube, da war ich nicht zum letzten Mal.

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Heute bin ich ja Wahlhelfer bei der Landtagswahl in Niedersachsen. Nachdem ich gestern früh ins Bett gegangen war, war ich heute - wegen Vollmond - schon früh wach und - trotz Vollmond - einigermaßen fit. Um 7.30 Uhr war Antreten angesagt, und so um 8 Uhr waren wir fertig mit den Vorbereitungen. Ich wählte als zweiter Wähler am heutigen Tag und verabschiedete mich dann, denn meine Schicht ist erst die von 13 Uhr bis 18 Uhr.

Die Zeit nutzte ich, um einen kleinen Abstecher nach Braunschweig zu machen, und es war wirklich nur ein kleiner Abstecher zum Burgplatz, denn ich war so begeistert, dass ich es wirklich nicht besser werden konnte ... Ich wollte aber noch in Hannover frühstücken/zu Mittag essen, sodass ich schon sehr bald wieder zurückfuhr und gleich wieder in Hannover bin.

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Fotos:

Ostflanke Büsingen mit Grenzsteinen

Nr. 36 versteckt sich, wird aber gefunden

Grenze Mutterland - Schaffhausen mittlerer Kantonsteil

Annotiertes Foto mit acht Grenzsteinen

Blick auf den Rhein

Nr. 4 Büsingen-Schaffhausen

Nr. 6 auf der Straße (lauf, Autor, lauf!)

Auf dem Deisterkamm

Scharnhorst-Denkmal in Wennigsen

Blick zurück auf den Deister

Die folgenden Fotos zeigen alle die Gegend um den Burgplatz in Braunschweig herum - herrlich:












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