Meine Länder

Meine Länder
Länder in dunkelgrün wurden bereits besucht,
Länder in hellgrün sind fest geplant,
Länder in orange sind in vorläufiger Planung für die nächsten zwölf Monate.

Montag, 31. Oktober 2022

Eine jahrhundertealte Schnitzeljagd

... ist es ja, bei Lichte betrachtet, was ich da anstelle, wenn ich den Grenzsteine hinterherhechte, und heute hatte ich - wie sich herausstellte - 89 (in Worten: neunundachtzig) neue Grenzsteine auf dem Speiseplan. Es war anstrengend, aber auch soooooo schön ...

Ich war heute einigermaßen früh wach (obwohl ich gestern spät ins Bett gegangen war und obwohl ich heute ja - da in Niedersachsen angestellt - Feiertag hatte) und setzte mich in den Bus um 9.15 Uhr. Wie? 9.15 Uhr? Was fährt denn da, die Busse nach Neustadt fahren doch alle um 40?! Jaha, das ist ja richtig, aber werktags (und in Baden-Württemberg war ja heute Werktag) fahren noch andere Busse, und der 9.15-Uhr-Bus fuhr nach Lauchringen, wo ich Anschluss auf die Regionalbahn nach Basel haben sollte.

Es ging über die Obere Alp und dann hinunter nach Bettmaringen, danach durchs Steinatal, bis wir schließlich zum Lauchringer Bahnhof kamen. Hier hatte ich das Gefühl, auf einem Schulbusbahnhof zu sein, denn aus allen Richtungen des östlichen Kreisgebietes kamen die Busses angefahren, auf dass die Fahrgäste von Lauchringen in Richtung Basel fahren könnten.

Es ging auch bald los (ich verspeiste zwischenzeitlich mein Pizzastück und dann bald auch die Brezel, die meine Mutter nichtsahnend vom Einkauf mitgebracht hatte) mit der Zugfahrt, an allen Halten unterwegs wurde tatsächlich Halt gemacht (normalerweise fahre ich da, wie ich feststellte, mit dem Regionalexpress, der nicht an jeder Milchkanne anhält), aber trotzdem kam ich vergleichsweise zügig in Basel an.

Ich stieg in die schon bereitstehende S-Bahn nach Zell im Wiesental ein und stieg in Riehen aus.

Zunächst ging es einigermaßen gemütlich durch das Städtchen, aber schon bald folgte eine Treppe, am Schießplatz war es vergleichsweise eben, bis es schlagartig steil wurde, als ich vom Chrischonaweg auf den Krummen Weg abbog. Dennoch: Die Wanderung durch den Wald war genau das, was ich brauchte, auch wenn ich schon nach zwei Kilometern schwitzte wie ein Biber und mehrfach fast von Schweizer Bauern und Gemeindeangestellten mit ihren Traktoren überfahren worden wäre. Wie? Ich übertreiben? I wo!

Der zutreffend benannte Weg "Auf der Ebene" führte zum Britzigerweg, und auf diesem war ich am 20. November 2021 nach Bettingen und dann weiter nach Riehen geschlichen, nachdem ich die damals geplante Grenzsteinwanderung nach kaum 60 Grenzsteinen abgebrochen hatte. Heute wollte ich den Rest erledigen und freute mich entsprechend, als ich am Grenzstein 85 ankam, denn das war der letzte Grenzstein gewesen, den ich damals besucht hatte.

Anders als dereinst im Ma..., äh, November ließ ich mich von der steilen Treppe hinunter (und dann von der steilen Treppe wieder hoch) nicht abschrecken, sondern lief die folgenden acht, neun Kilometer nahezu immer direkt an der Grenze entlang.

Ich wurde von einem rüstigen Rentner verfolgt, der mir auf dem Krummen Weg entgegengekommen war (bergab), jetzt aber in die gleiche Richtung wie ich wollte. Nicht mit mir, Freundchen, denn am Grenzstein 89 folgte ich dem Grenzsteinpfad, während er geradeaus in Richtung St. Chrischona lief.

Durch den Nassen Grund (so heißt das Gebiet) ging es, hart an der Grenze entlang (außer, wenn die Grenze im Bachlauf verlief, da verlief der Weg dann oberhalb), bergab und bergauf, bis zum Grenzstein 100, der an der Forststraße zwischen Rührberg (deutsch) und dem Fernsehturm Chrischona (schweizerisch) steht.

Nicht jeden Grenzstein sah ich wirklich, weil die entweder im Bachlauf oder unter Baumtrümmern versteckt waren, aber Grenzsteine etwa mit der Nr. 105a1 (zwischen 105a und 105b, aber 105b fand ich nicht) finde ich immer noch total cool. (Die Grenzsteine an dieser Strecke waren oft aus dem Jahr 1840, in dieser Zeit haben die Badener und die Schweizer ja großflächig ihre Grenze abgeklärt.)

Unterwegs stieg mir ab und zu der Routenplaner aus und wollte neu angeworfen werden, versuchte dann aber immer, die Karte neu zu laden, was im Grenzgebiet bei abgeschaltetem Roaming immer mal Glückssache war. Aber meinen Notfallplan - einfach den Grenzsteinen folgen - konnte ich ja immer verfolgen, von daher war das jetzt auch kein großes Problem.

Den Grenzsteinen zu folgen ist aber nicht so ganz einfach, wenn die - wie unterhalb des Fernsehturms - auf einem abgesperrten Feld stehen, und hier wich ich ausnahmsweise mal mehr als 10, 20 Meter vom Grenzverlauf ab und kürzte ein bisschen über deutsches Gebiet ab. Bei der 111a kam ich aber wieder an die Grenze und verließ diese nur noch seltenst (und wenn, dann unter Protest).

Ab der 111a ging es auch im Wesentlichen bergab, und das fand ich sehr schön, zumal die Wege durch den Wald hier jetzt auch sehr gut befestigt waren (die werden sicherlich von den Patienten in der Klinik da oben zum Spazierengehen genutzt, ob die wissen, dass sie beim Spaziergang regelmäßig die Grenze überqueren?).

Die Grenze macht auch in diesem Abschnitt allerlei lustige Sprünge, aber ich folgte dem Grenzverlauf stoisch, ob das nun auf einem Trampelpfad direkt neben dem Weidezaun war oder auf dem Wirtschaftsweg (gerade so auf deutscher Seite) oberhalb des (deutschen) Neubaugebiets Neufeld.

Es ging weiter, immer weiter, ich kam zum 50., zum 60. Grenzie des heutigen Tages (die Bezeichnung Grenzie hat Jessi geschaffen), es ging den Winkelweg hinunter und den Horngrabenweg, und irgendwo hier kam ich an ein Schild, wonach der folgende Weg nicht mehr bewirtschaftet würde. Das war mir aber vergleichsweise wurscht, denn der folgende Weg war an den Grenzsteinen entlang, sodass der Schwierigkeitsgrad ein bisschen erhöht war, aber ich bin im Schwarzwald schon weniger gepflegte Wege als diesen gelaufen, und die waren offiziell ...

Über Bäume und unter Bäumen hindurch, auf laubbedeckten Steinwegen ging es zum Teil steil bergab, und war ich froh, dass ich fast jeden Grenzstein erwischt hatte und unfallfrei in Riehen ankam.

Ich lief auf (Schweizer) Straße an einem (deutschen) Wohnviertel vorbei, und irgendwann will ich da (oder so ähnlich wohnen): Wenn man da aus der deutschen Wohnung nach draußen geht und unglücklich stolpert, dann fällt man in einem anderen Land auf die Nase. "Wie geil ist das denn?" (Ich zitiere hier nur ...)

Von der 149 zur 150 kam ich nicht auf direktem Wege (jedenfalls wollte ich weder die Bahngleise unqualifiziert überqueren noch über Hausmauern klettern), als verließ ich hier die Grenze und lief 20, 30 Meter parallel auf der Eisenbahnunterquerung entlang, bis ich schließlich beim Grenzstein Nr. 150 am Rhein landete, nach insgesamt 89 (oder so) neuen Grenzsteinen am heutigen Tag, was einen neuen Rekord darstellt.

Juchhe!

Der Weg zum Badischen Bahnhof zog sich dann, zumal ich durch eine Kleingärtneranlage geschickt wurde, wo ich gar nicht wusste, ob ich da durchlaufen darf, aber ich wurde weder von schweizerischen Kleingärtnern noch von deren Hunden gefressen, sodass das dann alles in Ordnung war.

Ich kaufte mir am Badischen Bahnhof zwei Rivella (ich hatte so Durst) und fuhr dann gemütlich - wieder über Lauchringen, der Zug hatte Verspätung, aber der Bus wartete auf mich - zurück nach Bonndorf.

Eine wunderschöne Wanderung war das heute, 13 Kilometer, die es in sich hatten, bergauf, bergab, viele Grenzsteine, unzählige Grenzüberquerungen, viel Wald, kaum Menschen, herrlich!

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Die Wiesbadenreise am vorvergangenen Wochenende war ebenso herrlich gewesen: Der Abend im Sherry & Port war großartig, und es sieht so aus, als ob die Usbekistan-Tadschikistan-Reisegruppe die gleiche sein könnte, mit der meine Mutter und ich in Istanbul waren. Das wäre großartig, und ich hoffe, dass wir bald da für Ostern buchen können.

Die Heimweg war weniger herrlich, denn kurz vor Bruchsal gingen bei meinem Auto die Lichter ..., naja, an oder aus, wie man will: Die Warnleuchte für die Antriebswelle ging an und der Vortrieb ging aus, sodass ich auf einem Rastplatz ausrollte. Der ADAC kam und schleppte uns ab, wir bekamen - völlig unkompliziert - ein Mietauto, doch in den folgenden Tagen konnte die Werkstatt keinen Defekt finden, sodass wir vorgestern, am Samstag, das Auto wieder in Bruchsal abholten. Ein Neustart der Elektronik (durch neues Anlassen) hatte tatsächlich geholfen, denn wir kamen ohne Probleme zurück nach Bonndorf. In die Werkstatt kommt das Auto trotzdem mal, vielleicht braucht die Elektronik ein Update. Höhö.

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Ebenfalls am Samstag kamen dann Freunde aus Stuttgart, und das Wochenende war viel zu kurz, weil es sooooo schön war. Einem Rundgang durch Bonndorf folgte ein gemütliches Vorglühen im Schnitzer und ein wunderbarer Abend im Kranz, ehe es am Sonntag nach St. Blasien - an die Stätten meiner Kindheitsverbrechen - und dann noch kurz nach Rothaus in den Brauereishop ging.

Ich war keineswegs sauer, dass die Dame des Hauses noch in den Pferdestall wollte, denn so hatte ich dann ein paar Stunden mehr, die ich am Sonntag im Bett verbringen konnte, und auch das war wunderbar ...

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Fotos von heute:

Lohnt sich

Grenzstein Nr. 105a1

Chrischonaturm

Dienstag, 18. Oktober 2022

"Where's the bitch?"

Diese Frage stellte der französische Freund des Bräutigams damals 2012 in Bulgarien natürlich nicht wirklich, denn er wollte die Bulgaren keineswegs nach dem Weg zur bitch, also zur Schlampe, fragen, sondern - selbstverständlich - nach dem Weg zum beach, also zum Strand. Nur betonte der arme Mann das lange i in der Aussprache so kurz, dass jedes Mal Gelächter ausbrach, wenn er den Weg erklärt haben wollte.

Nun, dieser Blog soll keine Rückschau auf vor zehn Jahren sein, aber jedes Mal, als ich von dem Wochenendausflug zu Jessi und Christian und der geplanten gemeinsamen Fahrt zur Zitadelle von Bitsch in Lothringen erzählte, konnten meine - jedenfalls des Englischen mächtigen - Gesprächspartner ein feines Grinsen nicht vermeiden (gibt es das überhaupt, ein "feines Grinsen"?) ...

Nun, ich fuhr am Dienstag Abend zurück in den Schwarzwald und blieb dort bis Freitag, ehe ich nach Kaiserslautern aufbrach. Ich kam pünktlich und so wie geplant an, das Abendessen war wie immer hervorragend, und am nächsten Morgen ging es gemütlich - mit leckerem Fleischkäs im Kofferraum des außerordentlich sportlich beschleunigenden Tesla - in Richtung Frankreich.

Wir hatten schon ein bisschen die Strecke so ausgesucht, dass wir möglichst an ein paar Grenzsteinen vorbeikämen, die Ausbeute war trotzdem nicht soooooo riesig, auch weil ich keine richtige Karte mit eingezeichneten Grenzsteinen für diesen Grenzverlauf kenne, aber ein paar hübsche Grenzsteinchen haben wir schon gefunden.

In Bitsch fuhren wir - bei nicht ganz so hervorragendem Wetter - auf den Parkplatz unterhalb der Zitadelle und liefen die paar Meter hoch. An meinem "bonjour" erkannte der Kartenverkäufer sofort, dass unsere Kopfhörer in deutscher Sprache laufen sollten, und los ging es in die sehr beeindruckende Zitadelle.

So eine (selbstgeführte) Museumsführung habe ich noch nicht erlebt, weil man von einem Punkt zum nächsten geführt wurde, an jeder Station wurde ein kleiner Film abgespielt, der nicht nur die zu der entsprechenden Räumlichkeit gehörende Geschichte erläuterte, sondern eben auch den Verlauf der Belagerung der Zitadelle im deutsch-französischen Krieg. Wir drei waren sehr überrascht, dass die (französischen) Macher der Ausstellung durchaus heftige Kritik an der französischen Politik im Vorfeld des Krieges durchscheinen ließen, und ich muss wirklich sagen, dass ich von dieser Führung sehr beeindruckt war, das hat mir richtig gut gefallen, und für zehn Euro Eintritt, in dem die Führung schon enthalten ist, kann man wirklich nicht meckern.

Ich hatte die Eintrittskarten ohne Zutritt zum Friedenspark gekauft, und das war eine gute Entscheidung, denn als wir die Zitadellengewölbe verließen und wieder an die Oberfläche kamen, goss es in Strömen. Wir hechteten zum Auto und fuhren - Grenzsteinegucken würde bei Regen keinen Spaß machen - über das Saarland auf Landstraßen zurück nach Kaiserslautern.

Der Abend war so gemütlich wie der Abend zuvor, und das Frühstück am Sonntagmorgen war ebenfalls seeeehr gemütlich und schön. Mit gefühlt eineinhalb Flaschen Sekt intus brach ich auf, die beiden brachten mich zur Bushaltestelle, aber vor lauter Quatschen hatten wir alle übersehen, dass die Bushaltestelle im Moment nicht in Betrieb ist.

Die beiden brachten mich - ich fing schon an zu schwitzen - zu einer anderen Haltestelle, und ich erwischte auch gerade noch den Bus, aber am Hauptbahnhof musste ich den ersten Zug nach Mannheim fahren lassen, denn ich kam - rein physisch - nicht mehr rein: Ich hatte gerade das Ende des Fußballspiels, das Kaiserslautern 0:3 verloren hatte, erwischt und musste selbst im zweiten Zug stehen.

Ab Mannheim war dann alles in Ordnung, und ich kam zu einer akzeptablen Zeit in Hannover an.

Morgen gehe ich hier zum Fußball (Hannover gegen Dortmund, DFB-Pokal) und fahre dann wahrscheinlich am Donnerstag Abend wieder in den Schwarzwald, nur um am Samstag mit meiner Mutter nach Wiesbaden zu fahren, denn auch meine Ma möchte noch einmal ins Sherry, ehe das schließt. 

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Die erste Auslandsreise für 2023 ist jetzt auch endlich gebucht: Am 4. Februar, einem Samstag, geht es früh morgens, vermutlich von Erzingen aus, nach Basel zum Badischen Bahnhof. Von dort fahre ich zum Schweizer Bahnhof und mit dem Bus zum EuroAirport auf französischem Boden, denn ich fliege nach Budapest. Ich werde wahrscheinlich wieder im Getto Gulyás oder im Vian zu Abend essen, dann ins Rudas baden gehen, mir hoffentlich diesmal keine Corona-Infektion anfangen, zu meinem Hotel zurückfahren in der Nacht, morgens gemütlich frühstücken und dann wieder zum Flughafen zurückfahren. Einfach nur eine kleine Stippvisite in Budapest, bisschen in mein Lieblingsbad gehen, das wird schön ...

Neuerer Grenzstein bei Liederschiedt

Zugang zur Zitadelle in Bitsch

Tor zur Zitadelle

Vive la France!

Und Abschied von der Zitadelle

Sonntag, 9. Oktober 2022

Über'n Deister

... bin ich gestern gewandert, aber - anders als bei der norddeutschen Redensart "Der ist über'n Deister" - bin ich gestern weder gestorben noch geflohen (die Redensart geht wohl in beide Richtungen des Deister, man kann also wohl sowohl von Hameln nach Hannover als auch von Hannover nach Hameln fliehen und geht jedes Mal über'n Deister).

"Häh?", fragt sich der eine oder andere Leser, "der wollte doch noch Venlo?!" Das ist richtig, das wollte ich, aber auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als ob die Mitarbeiter der Deutschen Bahn ihr eigenes Unternehmen sabotieren, war es gestern wohl eine unabhängige Macht (Mal was ganz anderes: Wieso habe ich gerade so ein Verlangen nach einem "White Russian"?), die dafür sorgte, dass der Bahnverkehr gestern Morgen stillstand.

Ich hatte mir schon die Fahrkarte von der Grenze nach Venlo gekauft (das wird eine Schererei geben, mir die 2,20 Euro erstatten zu lassen ...), als ich am Bahnsteig stand, weil ich ja extra eine Stunde früher aufgestanden war, um einen Puffer zu haben, aber aller Puffer bringt nichts, wenn gar nichts fährt, und nach eineinhalb Stunden sah ich das auch ein. Ja, ich hätte später fahren können, nachdem sich der Bahnverkehr wieder eingependelt hatte, aber mein Ex-Kollege in Venlo hätte sowieso um 16 Uhr oder 16.30 Uhr weggemusst, da hätte es allenfalls noch - wenn überhaupt - für ein oder zwei Getränke gereicht. So haben wir das Ganze jetzt verschoben.

Ich fuhr also nach Hause (die Stadtbahnen in Hannover waren nicht beeinträchtigt), plante spontan eine Wanderung und fuhr dann mit der ersten wieder halbwegs planmäßig fahrenden S-Bahn nach Lemmie. An dieser Stelle muss ich meine Kolleginnen rügen, denn die ließen mir neulich, als ich von meiner Wanderung nach "Lemmi" erzählte, diese Fehlaussprache einfach so durchgehen, obwohl das Kaff "Lemmje" ausgesprochen wird - wussten die am Ende selbst nicht, wie man das sagt?!

Jedenfalls stieg ich in Lemmie aus und lief, zunächst an den Bahngleisen, dann an der Straße nach Wennigsen entlang. Durch dieses gar nicht einmal so kleine Örtchen ging es dann in Richtung Waldkäfer (eine kleine Siedlung unmittelbar am Rande des Deister) und ab dort dann beständig bergauf.

Insgesamt überwand ich knapp 250 Höhenmeter, aber das war gar nicht einmal das Hauptproblem der Wanderung: Ich war mitten im Berg, als auf einmal unverhofft ein Regenguss hereinbrach. Nun war ich gestern kleidungsmäßig maximal suboptimal ausgestattet, indem ich nur mein (Kurzarm-)Hemd und zudem in einem Anfall von offenkundigem Schwachsinn ein Paar zwar bequemer, aber profilloser Schuhe angezogen hatte (naja, okay, eine Hose trug ich auch ...), und so stellte ich mich unter Bäume, um nicht komplett vom Regenguss durchnässt zu werden.

Das klappte auch einigermaßen, zumal ich vorher geschwitzt hatte und auch ein Unterhemd trug, sodass ich schon in Springe am Ziel meiner Wanderung wieder trockene Klamotten hatte. Davor hatten die Götter aber einen matschigen Pfad gesetzt (den einzigen der ganzen Tour auf der ansonsten wunderbar wanderbaren Strecke), und da rutschte ich mit meinen Schühchen ganz schön in der Gegend herum, konnte mich aber jeweils abfangen - Held, ich!

Auf dem Deisterkamm stehen Grenz- oder Wegsteine, die wurden mit gewisser Begeisterung fotografiert (vielleicht war es auch nur die Begeisterung, dass ich endlich oben angelangt war), und dann ging es schon an den (noch steileren) Abstieg hinunter nach Springe. Die Wanderung durch den Wald war richtig schön, und ich könnte mir gut vorstellen, den Deisterkammweg mal abzulaufen, während der kerzengerade Weg zum Bahnhof in Springe dann relativ unspektakulär war (obwohl der Blick zurück auf den Deister nicht zu verachten war), vielleicht auch, weil ich nicht auf dem Wanderweg neben der Straße, sondern auf der Straße lief, weil mir zu spät auffiel, dass es da neben der Straße noch einen Weg gibt.

Die Rückfahrt klappte dann problemlos und sogar einigermaßen pünktlich, sodass ich mir einen ganz gemütlichen Samstag Abend machte und früh ins Bett ging.

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Am Tag der Deutschen Einheit, also vergangenen Montag, war ich ebenfalls wandern, und wie es sich für einen Nationalfeiertag geziemt, besuchte ich Grenzsteine an der Bundesgrenze. Tatsächlich besuchte ich sogar Grenzsteine an zwei Bundesgrenzen, denn die Grenzen Büsingen-Schweiz und deutsches Mutterland-Schweiz sind topologisch getrennte Mengen (meine Topologie-Professoren können mich nicht verprügeln, weil ich getrennte Menge viel zu schnell bin, höhö).

Da das mit der Busfahrerei ab Bonndorf am Sonntag immer so mühsam ist, fuhr ich - ungeduscht, ich würde eh schwitzen - mit Mutters Auto zweimal über die Bundesgrenzen (Stühlingen-Schleitheim, Schaffhausen-Büsingen) und stellte mein Auto auf dem kombinierten Kirchen-und-Fußballplatz-Parkplatz in Büsingen ab.

Von dort wanderte ich zum altbekannten Grenzstein Nr. 15 an der Straße von Büsingen nach Dörflingen (ich glaube, hier hielt ich einst 2001 erstmals vorsätzlich für einen Grenzstein an) und von dort im Wesentlichen nach Norden, da mir die Ostflanke Büsingens noch fehlte. (Von einer nicht näher benannten Frau in Kaiserslautern bekam ich per WhatsApp den immer noch nicht besuchten Grenzstein Nr. 1 Büsingen-Schaffhausen unter die Nase gerieben, aber der ist im Rhein, Mann!) Es ging bis zum Grenzstein Nr. 25 (wobei sich die 24 im Gebüsch versteckte und nicht gesehen ward), dann musste ich aus zweierlei Gründen von der Grenzsteinkette Abstand nehmen - zum einen ging die Grenze jetzt mitten durch den Wald, zum anderen wollte ich noch die Verbindung zu meinen bisherigen Wanderungen herstellen, und dazu musste ich ein Stückchen quer durch die Nordostecke Büsingen marschieren.

Bei der Nr. 38 kam ich wieder an der Grenze (Büsingen-Schaffhausen) an und lief bis zur Nr. 35, ehe ich - auf Schweizer Seite - ein paar Meter von der Grenze entfernt weiterlief, nicht ohne die Grenzsteinkette bis etwa zur Nr. 28 im Blick zu behalten. Dabei entfernte ich mich aber zunehmend von der Grenze und lief - durch Dörflingen - hindurch und einen kleinen Anstieg hinauf zur Grenze zwischen dem deutschen Mutterland und dem Kanton Schaffhausen, die ich bei Grenzstein Nr. 967 erreichte. Von dort ging es zunächst bergab, später bergauf an der Kette entlang, manchmal musste ich um die Felder herumlaufen, überquerte etliche Male die Grenze, machte ein Foto mit acht Grenzsteinen auf einen Streich (acht!) und landete schließlich an der Nr. 978 mit Blick auf die Nr. 979. Die Grenzsteinkette dort endet mit der Nr. 981, die als Weiserstein auf den Rhein schon im Kanton Thurgau steht.

Von dort lief ich auf der Anhöhe über dem Rhein wieder zur Grenze Büsingen-Schaffhausen, die ich an der Nr. 4 erreichte. Bei der Nr. 5 wurde ich von einem Waldshuter Auto angehalten und gefragt, ob ich ein Geocacher sei. Nein, ich mache ich keine mit GPS-Koordinaten ausgestattete Schnitzeljagd - wobei das wahrscheinlich auch nicht so unlustig wäre ... Nr. 6 befindet sich mitten auf der Straße, sodass ich im Galopp die Straße querte und wenige nicht verwackelte Bilder der Grenzmarkierung machte, ehe ich bis zur 9 an der Grenzstraße entlanglief und dann in die Feldwege abbog.

Nr. 13 und Nr. 13a machten den Abschluss der Einheitstagwanderung, und ich wanderte zurück zum Auto.

Am Montag und gestern waren das insgesamt über 22 Kilometer (knapp elf in Büsingen und fast 12 im Deister), wurde mal wieder Zeit ...

Am Dienstag und Mittwoch fuhr ich - mit Zwischenstopp in Frankfurt zu einem Geschäftstermin - nach Hannover und ging nach einer anstrengenden Arbeitswoche am Freitag Abend in die KGB-Bar in Hannover.

Ich war unsicher, ob das in diesen Zeiten eine gute Idee war, aber als ich die ukrainische Flagge im Schaukasten sah, wusste ich, dass ich es vertretbar sein müsste, dieses Etablissement aufzusuchen. Ich trank Baltika-Bier (das kühler hätte sein können) und war verfressen, denn ich verspeiste erst georgische Chinkali, dann russische Pelmeni und schließlich ukrainische Wareniki. 

Ein Wodka ging aufs Haus, ich glaube, da war ich nicht zum letzten Mal.

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Heute bin ich ja Wahlhelfer bei der Landtagswahl in Niedersachsen. Nachdem ich gestern früh ins Bett gegangen war, war ich heute - wegen Vollmond - schon früh wach und - trotz Vollmond - einigermaßen fit. Um 7.30 Uhr war Antreten angesagt, und so um 8 Uhr waren wir fertig mit den Vorbereitungen. Ich wählte als zweiter Wähler am heutigen Tag und verabschiedete mich dann, denn meine Schicht ist erst die von 13 Uhr bis 18 Uhr.

Die Zeit nutzte ich, um einen kleinen Abstecher nach Braunschweig zu machen, und es war wirklich nur ein kleiner Abstecher zum Burgplatz, denn ich war so begeistert, dass ich es wirklich nicht besser werden konnte ... Ich wollte aber noch in Hannover frühstücken/zu Mittag essen, sodass ich schon sehr bald wieder zurückfuhr und gleich wieder in Hannover bin.

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Fotos:

Ostflanke Büsingen mit Grenzsteinen

Nr. 36 versteckt sich, wird aber gefunden

Grenze Mutterland - Schaffhausen mittlerer Kantonsteil

Annotiertes Foto mit acht Grenzsteinen

Blick auf den Rhein

Nr. 4 Büsingen-Schaffhausen

Nr. 6 auf der Straße (lauf, Autor, lauf!)

Auf dem Deisterkamm

Scharnhorst-Denkmal in Wennigsen

Blick zurück auf den Deister

Die folgenden Fotos zeigen alle die Gegend um den Burgplatz in Braunschweig herum - herrlich:












Sonntag, 2. Oktober 2022

Zwei Länder

... habe ich heute (neben Deutschland) besucht, zähle ich nicht neu dazu, streiche ich aus der Liste und habe ich orange gemacht. Hä?

Also, fangen wir mal vorgestern an: Da bin ich nämlich mit dem (Klein-)Bus zum Wiizemersteg gefahren, weil das Wetter halbwegs gut war, überquerte die Grenzbrücke über die Wutach, begegnete Schweizer Anglern und Joggern, setzte mich drüben auf ein Bänkchen, genoss den Freitag Nachmittag in der (spärlichen) Sonne, führte dann - noch auf Schweizer Seite, eineinhalb Meter von der Grenze entfernt - ein dienstliches Telefonat und lief dann zurück nach Weizen. Der (Klein-)Bus zurück nach Bonndorf kam verspätet, zwei Wanderinnen saßen drin, stiegen aber in Weizen-Dorf aus, und bis zum Obertal in Bonndorf hatte ich meinen Privat-Chaffeur. Ein paar Meter lief ich durch den Japanischen Garten, dann war ich daheim.

Gestern musste ich arbeiten, aber heute machte ich eine kleine Zugtour, in deren Verlauf ich nur ein einziges Mal (ziemlich gegen Ende) kontrolliert wurde. Ich spannte Mutters Auto an, weil sonntags ja der erste Bus erst um 10.40 Uhr in Bonndorf abfährt, und ich war schon früh wach. Also fuhr ich nach Rötenbach, stellte den Wagen dort ab und setzte mich in die S-Bahn nach Freiburg, denn das erste Ziel war Breisach am Rhein. In Freiburg musste ich umsteigen, futterte dort mein Frühstück auf und regte mich gleich mal über die Bahn auf, denn in der Minute, in der die S-Bahn nach Breisach abfahren sollte, kam die Ansage, dass der Zug wegen einer Reparatur am Zug ausfällt. Argh.

Ich stiefelte zu einem anderen Gleis, von dem aus der nächste Zug eine halbe Stunde später fahren sollte - und, oh Wunder, er fuhr ... 25 Minuten später, es war jetzt so kurz vor elf, kam ich in Breisach - und es fing an zu regnen. Dankeschön auch! Davon ließ ich mich aber nicht abhalten, zog mir mein Jäckchen an und lief die paar hundert Meter in Richtung Rhein. Auf dieser Rheinbrücke ist die deutsch-französische Grenze durch eine Plakette auf dem Boden markiert (so mag ich das), für die ganz Doofen gibt es sogar noch eine farbliche Markierung - alles bestens.

Ich lief vielleicht zehn Meter nach Frankreich hinein, machte Fotos vom Rhein und lief dann wieder zurück. Ich wollte eigentlich den Bus nach Bad Krozingen nehmen und dort in die Bimmelbahn einsteigen, aber ich wurde unsicher, ob ich den Bus kostenfrei nutzen kann (obwohl in der Bahn-App als Betreiber die SBG steht, und dann wäre das gegangen, aber auf dem Haltestellenaushang stand ein lokaler Betreiber), und sprang daher noch kurz vor Abfahrt in die S-Bahn zurück nach Freiburg.

Dort fiel ich ihn den ICE nach Basel ein, stieg am Badischen Bahnhof aus, kaufte die obligatorische Rivella und schaute dann, dass ich in den Interregio-Express am Hochrhein entlang komme. Die Rivella leerte ich fast noch auf Schweizer Boden und genoss ansonsten die Fahrt am Rhein entlang.

Da die Verbindung Singen-Donaueschingen im Moment nur alle zwei Stunden bedient wird, hatte ich massig Zeit und entschied mich, in Bad Säckingen auszusteigen, mich dort einmal umzuschauen und auch über die Holzbrücke zu latschen.

Ich muss schon sagen, so hässlich ist Bad Säckingen nicht, das Fridolinsmünster ist sogar richtig schick, und die Holzbrücke - die längste Europas - sowieso. Ich überquerte erneut die deutsch-schweizerische Grenze, setzte mich in Stein (auf der schweizerischen Seite) noch auf ein Bänkchen mit Blick auf den Rhein, und als es Zeit zum Aufbruch war, lief ich wieder zurück über die Holzbrücke und zum Bahnhof.

Unterwegs nach Radolfzell (ich musste eigentlich in Singen umsteigen, hätte dort aber fast eine Stunde Aufenthalt gehabt, und wenn ich nach Radolfzell führe, müsste ich nicht öfter umsteigen und wäre mal wieder am Bodensee) durchquerten wir den dritten Schweizer Kanton des heutigen Tages (nach Basel-Stadt und Aargau), denn wir fuhren durch Schaffhausen.

In Radolfzell schließlich stieg ich aus, setzte mich auf ein Bänkchen am Bodensee (das waren viele Bänkchen in den letzten Tagen ...), guckte ein bisschen den Menschen am Ufer und den Surfern auf dem See zu und begab mich dann wieder zurück zum Bahnhof, denn die Schlussetappe von Radolfzell nach Donaueschingen (auf der Strecke wurde ich tatsächlich kontrolliert), von Donaueschingen nach Rötenbach und schließlich mit dem Auto von Rötenbach nach Bonndorf stand an.

Um 17.40 Uhr war ich wieder daheim, das war ein wunderbarer Tag mit zwei besuchten ausländischen Staaten, nämlich Frankreich und der Schweiz, das war schön ...

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Auch wenn die Annexion der vier ukrainischen Oblaste Cherson, Donetsk, Lugansk und Saporischschja noch nicht durch das russische Parlament ratifiziert worden ist, drösele ich das jetzt schon einmal auf.

Formal hat Russland ja am Donnerstag die "Unabhängigkeit" der Gebiete Cherson und Saporischschja anerkannt, so wie es im Februar die "Unabhängigkeit" der Donetsker und Lugansker "Volksrepubliken" anerkannt hatte. Damals hatte ich die "Volksrepubliken" als Land Nr. 208 und 209 anerkannt, und es gibt eigentlich keinen Grund, mit Cherson und Saporischschja anders zu verfahren, sodass wir da eigentlich bei Land Nr. 210 und 211 wären.

Das lassen wir aber schön bleiben, vielmehr nehmen wir nicht nur diese Aufstockung auf 211 Länder nicht vor, sondern vielmehr ziehe ich jetzt - im Vorgriff auf die selbstverständlich völlig freie, rechtsstaatlich saubere und völkerrechtlich unbedenkliche Entscheidung der russischen "Parlamente" - den Stecker bei der Unabhängigkeit von Donetsk und Lugansk, zumal diese vier Staaten ja offensichtlich nicht (mehr) unabhängig sein möchten.

Und somit, meine Damen und Herren, liebe Kinder, sind wir wieder bei dem Titel, den dieser Blog bis Februar hatte: Unterwegs nach Land 207. Hätte man auch einfacher haben können, und vor allem ohne Krieg und so ...

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich mich demnächst in den vier besetzten Oblasten befinden sollte, gilt meine "normale" Regel, dass die tatsächliche Kontrolle bestimmt, in welchem Land ich mich aufhalte - im ukrainisch kontrollierten Gebiet bin ich sowieso in der Ukraine, und ins russisch kontrollierte Gebiet fahre ich so bald nicht ...

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Die vierten "zwei Länder", auf die ich in der Artikelüberschrift anspiele, sind Malawi und Neuseeland. Diese beiden Länder habe ich jetzt orange gemacht, weil meine Zuversicht, dass ich nächstes Jahr dorthin komme, in den letzten Tagen noch weiter gewachsen ist - für hellgrün reicht es noch nicht, vor allem, weil noch nichts gebucht ist, aber orange passt.

Über Ostern oder so will ich gerne nach Tadschikistan, ich habe da auch schon eine Reisebegleiterin im Auge, aber ob das so alles klappt, weiß ich noch nicht. Diese Planung hätte jedenfalls den Vorteil, dass Neuseeland im (europäischen) Sommer dann nach aktueller Prognose das 150. besuchte Land würde - und sowohl mein 50. (Kanada) als auch mein 100. Land (Australien) waren - wie Neuseeland - Commonwealth Realms, also Staaten, in denen Charles King ist (das klingt immer noch ziemlich komisch ...), würde also passen. Aber da gucken wir mal, wie sich das alles ergeben wird nächstes Jahr.

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Fotos von Donnerstag und heute gibt es auch ein paar:

Wiizemersteg

Bahnhof in Breisach, weiter westlich geht's in Baden-Württemberg kaum mehr mit dem Zug

Grenzgänger (links Deutschland, rechts Frankreich)

Bad Säckingen, Fridolinsmünster

Grenzmarke auf der Holzbrücke in Bad Säckingen

Holzbrücke in Bad Säckingen

Holzbrücke in Bad Säckingen, Bundesschild auf Schweizer Territorium

Bodensee in Radolfzell