Immerhin war's ein neuer Grenzstein-Rekord, glaube ich, aber dafür, dass ich gestern 20 Kilometer mit weit über 100 Grenzsteinen erobern wollte, war ich dann fast beschämt, als ich durch Bettingen und Riehen schlich, um möglichst schnell zu einer Bahnstation zu kommen, von wo aus ich dann ohne Aufpreis wieder nach Hause tuckern durfte ...
Der Tag begann schon einmal mit einem kapitalen Fehlstart, denn um kurz nach sechs Uhr stand meine Mutter an meinem Bett und dachte, ich hätte verschlafen. Nur hatte ich gesagt, dass ich nicht den 6.40-Uhr-Bus nehmen will, sondern erst den um 8.40 Uhr. Folgerichtig stand ich um kurz vor 8 Uhr auf, duschte und marschierte dann zum Rathaus.
Ich fuhr nach Neustadt, stieg dort in die Bahn, stieg aber in Titisee wieder aus, frühstückte ein Salamibrötchen und setzte mich dann in die Buslinie 7300, die von Titisee bis nach Zell im Wiesental fuhr, dabei eineinhalb Stunden unterwegs war und auf dem Feldberg Station machte. Das ist eine richtig schöne Buslinie, gerade wenn man da von Bärental hoch zum Feldberg fährt, und auch talwärts ist der Blick ins Wiesental keineswegs zu verachten.
Nach drei Stunden unterwegs stieg ich in Zell im Wiesental in die Baseler S6 der SBB um und fuhr bis zur letzten Station in Deutschland, Lörrach-Stetten. Dort stieg ich aus, wollte aber nicht noch 20 Minuten auf den Bus warten, sondern lief von dort los in Richtung Grenze.
Auf dem Grenzweg begegnete mir der erste Grenzstein (Nr. 45 Basel-Baden), und an der Grenzstein lief entlang an Schweizer Kleingärten bis hinauf zu einem Feld. Auch hier standen die Grenzsteine zum Teil auf den Feldern, ich suchte - und fand - den Waldpfad entlang der Grenzsteine und marschierte - durch Gestrüpp - bis hinauf zur 50, an der die Grenze einen scharfen Knick macht.
Zwischen der 50 und der 51 begegnete mir eine Gruppe von Schweizer Grenzsteinforschern (komische Menschen, die gucken sich Grenzsteine an ...), die ich aber überholte und dann über einen meist wunderbaren Weg, gelegentlich aber auch über Stock und Stein in diesem "Eiserne Hand" genannten Gebiet bis zum Grenzstein Nr. 63 gelangte. Hier befindet sich der nördlichste Punkt des Kantons Basel-Stadt - und wenige Meter später war ich auch am östlichsten Punkt des Kantons, denn dieser wird vom Grenzstein Nr. 64 gebildet.
Der Kanton Basel-Stadt besteht keineswegs nur aus der Stadt Basel, vielmehr sind bei der Teilung des Kantons Basel auch die Gemeinden Riehen und Bettingen mit zum Kanton Basel-Stadt übergegangen. Während - wenn ich das richtig verstehe - die Stadt Basel vom Kanton Basel-Stadt im Wesentlichen mitregiert wird, haben Riehen und Bettingen "normale" Gemeindestrukturen und in dem Rahmen auch ihre Selbstverwaltung.
Am Grenzstein Nr. 64 befindet sich aber auch der Grenzpunkt zwischen Lörrach und der (deutschen) Gemeinde Inzlingen, sodass ich da am Drei-Gemeinden-Eck auch meine dritte Gemeinde des heutigen Tages sah.
Auf der Südseite der Eisernen Hand, die wie ein Finger Schweizer Gebiets nach Deutschland hineinragt, ging es - diesmal mehr über Stock und Stein - vorbei an wieder etlichen Grenzsteinen bis zum Maienbühlhof.
Von hier ging es auf deutschem Gebiet - ich musste am Ende ein bisschen klettern - in Richtung des Grenzsteins 77, der mitten auf einer Kuhweide anguckte. Der grimmige Blick des Bullen ließ mich erst den falschen Weg einschlagen, doch ich bemerkte meinen Fehler und kam am Ende durchs Gebüsch an der Zollstation zwischen Riehen und Inzlingen heraus.
Von dort hing es hinunter zum Aubach und dann wieder eine steile Treppe hinauf. Ich keuchte und schnaufte, hatte manchmal meinen Anorak an, manchmal entblößte ich auch nur mein Kurzarmhemd, und ich keuchte weiter den Berg hinauf, bis ich beim Grenzstein 84 auf eine ebenere Strecke kam.
Ich lief noch bis zur Nr. 85, sah, dass der Weg steil abwärts ging, wusste, dass kurz darauf wieder ein steiler Anstieg kam, mir taten die Gräten weh, die Tracking-App drohte aufgrund des schwächelnden Handy-Akkus auch demnächst auszufallen, ich hatte auch keine rechte Lust mehr und außerdem unterwegs viel zu wenig getrunken, sodass ich umdrehte und - nicht so richtig wissend, wo ich hinwollte - bis nach Bettingen lief, nur um dort wieder nach Nordwesten in Richtung S-Bahn-Haltepunkt Riehen zu marschieren (das hätte ich vom Abbruchpunkt aus auch kürzer haben können, aber dann hätte ich weniger Weg durch den schönen Wald gehabt ...). (In Wirklichkeit hatte ich ein paar Minuten den Plan gehabt, nur abzukürzen und dann irgendwann die Grenzsteinkette wieder aufzugreifen, aber von dem Plan nahm ich dann irgendwann zügig Abstand ...)
In Riehen fiel dann die Tracking-App wirklich aus, zu allem Überfluss hatte ich auch noch keine Verbindung zu meinem bisherigen Wandernetz hergestellt (das will ich vielleicht kommenden Samstag nachholen, heute war ich zu kaputt), und ich war wirklich froh, in Riehen absitzen zu können.
Die S-Bahn, die ich hätte erwischen müssen, um noch um 18.14 Uhr in Bonndorf anzukommen, hatte ich knapp verpasst (ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich die erwischen könnte, sonst hätte ich die letzten Körner verbrannt und mich ein bisschen beeilt), also wartete ich in Riehen, wartete in Basel (und kaufte mir dort zwei Flaschen des bekanntesten Schweizer Molketrunkes), wartete in Freiburg und musste in Neustadt dann zügig laufen, um zum Bus zu kommen.
Ich habe meine Bahncard 100 neuerdings in der Hülle meines Handys und hielt sie dem Busfahrer hin. Doch der meinte "andersherum!" - ich guckte auf die Hülle, da war die Bahncard richtig, aber er wollte das Handy-Display sehen, das er in der Tat nicht sehen konnte. Ich protestierte schwach, dann sah er die Bahncard, meinte "Oh, die 100", ich grinste und lief in den Bus hinein ...
In Bonndorf schleppte ich mich aus dem Bus und nach Hause, verschwand unter der Dusche und leckte dann vor dem Rechner meine Wunden ... Heute habe ich das Haus nicht verlassen, und das wird auch so bleiben.
Blick auf Basel |
Grenzstein 77 mit aggressiv guckendem Rindviech |
Grenzstein mit Baselstab |
Unterwegs in der Eisernen Hand |
Badische Seite eines Grenzsteines |
Baseler Seite eines Grenzsteines |
Badenian/Swiss Summer |
Mein Griffel auf dem nördlichsten Punkt des Kantons Basel-Stadt |
Blick zurück auf den Grenzstein |
Blick auf den Baseler Fernsehturm |
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