Nach gutem Mittagessen mit A. in Jena fuhr uns dieser liebenswürdigerweise zum Bahnhof in Weimar, damit wir nicht noch einmal umsteigen mussten. Die erste Überraschung war, dass der Zug mit 40 Minuten Verspätung ausgewiesen wurde - daraus sollten dann 60 Minuten werden. Naja, mit Verspätungen würden wir in Afrika wohl ohnehin leben müssen, daher war das kein Problem. Als der Zug dann endlich kam, wurden wir von einem im Gang Stehenden (Zug voll!) mit "Willkommen in der Sauna!" begrüßt - die Klimaanlage war ausgefallen, was uns der Schaffner in seiner Ansprache extra noch einmal mitteilen musste. Nachdem wir uns in Erfurt einen Sitzplatz erkämpft hatten, entschieden wir uns, in Eisenach schon wieder auszusteigen, da uns das im wahrsten Sinne des Wortes zu heiß wurde. Der nächste Zug kam auch 20 Minuten später, hatte aber den Nachteil, dass wir in Frankfurt am Hauptbahnhof umsteigen mussten. Dies wurde aber durch den Monster-Vorteil mehr als ausgeglichen, dass dieser Zug leer und (aaaaah) kühl war ...
Nach Ankunft in Frankfurt Umsteigen in die S-Bahn, die dann auch zügig kam. Schnell waren wir am Flughafen. Dort fanden wir nach einigem Suchen und nach dem Beginn meines Kampfes mit meinem Gürtel unseren Check-in für den Ethiopian-Airlines-Flug. Allerdings war unser ursprünglicher Flug storniert worden und auf 45 Minuten später, also 24 Uhr Abflug, ein neuer Flug bestätigt. Davon hatte uns aber niemand in Kenntnis gesetzt, aber das war erst der Anfang ... Mein Gürtel wollte endgültig nicht mehr wie ich, und den Kampf gewann ich zwar, aber um den Preis des Gürtels, den wir zerschneiden und einen Ersatz kaufen mussten, damit ich zukünftig wieder die Chance haben konnte, die Toilette aufzusuchen und dort etwas auszurichten ...
Nach problemlosem Check-in und schneller Sicherheitskontrolle saßen wir am Gate und warteten ... Und warteten ... Und warteten ... Der Flug kam aus London und hatte dort schon Verspätung, konnte dann wegen Sturms lange nicht in Frankfurt landen, sodass wir erst um 2.45 Uhr am Freitag Morgen anstatt wie ursprünglich geplant um 23.15 Uhr am Donnerstag Abend abflogen. Es gibt auf unser Tour nur einen knappen Anschlussflug, und das war natürlich genau unser Flug von Addis Abeba nach Simbabwe, der zweieinhalb Stunden nach unserer geplanten Ankunft abfliegen sollte, jetzt waren wir schon dreieinhalb Stunden hintendran.
Der Flug selbst war sehr angenehm, selbst die Kinder um uns herum waren nach der ganzen Warterei angenehm müde und ruhig. Nach Ankunft in Addis Abeba war offenbar allen völlig klar gewesen, dass der Flug auf uns (es wollten einige aus Frankfurt nach Harare) wartet. Nach höchstens 200 Schritten auf äthiopischem Boden und einem Aufenthalt von dreieinhalb Minuten im Flughafengebäude standen wir schon im Shuttle-Bus zum anderen Flugzeug, das dann bald nach unserem Eintreffen startete.
Um 13.50 Uhr simbabwischer (und mitteleuropäischer Zeit) kamen wir in Simbabwe an, kauften uns das Doppel-Einreise-Visum für jeweils 45 US-Dollar unter den Augen von Robert Mugabe und den Klängen einzelner Vuvuzelas und warteten auf unser Gepäck, das schnell kam. Der Taxifahrer machte mit uns das Geschäft seines Lebens (naja, 25 Dollar für zehn Kilometer vom Flughafen zum Busbahnhof), aber dafür ging das Umtauschen meiner Internet-Buchungsbestätigung gegen die eigentlichen Busfahrkarten völlig problemlos, und das Gepäck konnten wir auch unterstellen. Anschließend suchten wir im ersten (und besten) Hotel Harares die Bar auf und verfolgten das Eröffnungsspiel der WM zwischen Südafrika und Mexiko. Dabei genossen wir ein sehr süffiges simbabwisches Bier namens "Zambezi".
Von Simbabwe und Harare waren wir in den wenigen Stunden, die wir bisher dort waren, recht überrascht. Die Menschen waren alle sehr freundlich und hilfsbereit, und so entschieden wir uns dann auch, die paar Meter vom Hotel zum Busbahnhof zurück im Dunkeln zu Fuß zu unternehmen - wir haben es offenkundig überlebt, entgegen so mancher Schauermärchen.
Der Check-in und das Einsteigen verliefen wie vermutet afrikanisch-chaotisch-effizient, und wir kamen zu meiner Überraschung mit nur wenigen Minuten Verspätung weg. Unser Bus war sehr modern und hatte im Gegensatz zu manch anderem vom Busbahnhof abgehenden Vehikel weder zwei Meter hoch Gepäck auf dem Dach noch Fahrgäste auf selbigem. 16 Stunden Fahrt standen vor uns - und das war nichts, worauf wir uns unbedingt aus ganzem Herzen freuten. Wir kamen aber doch ein wenig zum Schlafen, obwohl wir in der ersten Reihe saßen, aber auch die Straßensituation und die Fahrweise unserer Busfahrer war überraschend entspannt.
Gegen 4 Uhr am Samstag Morgen kamen wir zur simbabwisch-südafrikanischen Grenze: Die Ausreise aus Simbabwe war problemlos - Aussteigen aus dem Bus, ins Kabuff den Pass abstempeln lassen, vor dem Bus warten, dass kontrolliert wird, dass wir einen Ausreisestempel haben, rein in den Bus und weiter nach Südafrika. Der britische Einfluss in Simbabwe und auch in Südafrika wird daran sichtbar, dass man hier Schlange steht und nicht ein ganzes Pulk von Menschen sich nach vorne drängelt. Die Einreise nach Südafrika war komplizierter: Erst durch die Anti-Maul-und-Klauen-Seuche-Schleuse, dann zur Einreise (unproblematisch), aber der Zoll hatte es in sich. Erst alles Gepäck aus dem Bus, dann mit dem eigenen Gepäck durch den Zoll laufen (alle im grünen Kanal), danach Leibesvisitation und wir dachten, wir hätten es geschafft. Pustekuchen! Weiter das Gepäck ziehend, folgten wir unserem Bus durch den Zoll, bis auf einmal doch alle noch eine genauere Gepäckuntersuchung genießen durften ... Wie so oft ging es in meinem Gespräch mit dem Zöllner, während er pro forma in meinem Koffer herumwühlte, um Fußball - "a German, going to Durban to watch the match", wie er seinen Kollegen laut lachend mitteilte, alles in allem umständlich, aber dank der Freundlichkeit der (allermeisten) Zöllner dann doch nicht so schlimm.
Wir können nun einigermaßen nachfühlen, wie sich Schwarze in Deutschland fühlen, denn es waren nicht so viele Weiße auf die Idee gekommen, mit dem Bus von Harare nach Südafrika zu fahren. Neugierige Blicke von kleinen Kindern tun ja aber nicht weh, und die Fahrt mit dem Bus hat den Vorteil, dass wir auch vom Norden Südafrikas einige schöne Landschaften gesehen haben. Überrascht waren wir bisher von der Sauberkeit des Straßenbildes, der Toiletten, eigentlich von allem, besonders in Südafrika.
Nachdem wir am Freitag nicht genau gewusst hatten, wann wir den Äquator überquert hatten, da gerade ein Film und auch keine Ansage kam, konnten wir die samstägliche Überquerung des südlichen Wendekreises zeitlich recht genau auf 8.45 Uhr festlegen. Damit fehlt mir nur noch der südliche Polarkreis an den großen Breitenkreisen dieser Erde.
Nach der Ankunft in Johannesburg konnten wir dank der freundlichen Mithilfe einiger Bus-Angestellter unseren Avis-Stand finden, wo wir nach endlicher Zeit auch unseren ziemlich neuen VW Polo in Empfang nehmen konnten. Danach ging es prompt in den Großstadtverkehr von Johannesburg zum FIFA-Ticket-Center, in dem wir unsere Fußballkarten bekommen sollten. Ich parkte in zweiter Reihe und begab mich in das Gebäude. Nachdem der Automat und meine Kreditkarte nicht so wollten wie ich, schnitt der Automat meine WM-Karte mitten im Ausdruck ab, sodass ich mich doch in die Schlage stellen musste und der Dame erläuterte, dass es wohl ein Problem gegeben habe. Sie war zwar nicht extrem freundlich, aber hilfsbereit: Ich bekam meine Karten für das Spiel in Durban. Als ich zum Auto zurückkam, stand es anders da als vorher, ein freundlicher Südafrikaner hatte für meine Mutter das Einparken in die Parkbucht übernommen.
Insgesamt sind wir von der Freundlichkeit der Menschen hier sehr beeindruckt. Auch wenn es mal nicht perfekt läuft, sind die Südafrikaner stets guter Laune, das macht Spaß.
Schließlich kamen wir deutlich später als erhofft aus Johannesburg raus. Unterwegs gingen wir (auf der sehr guten Autobahn) erst einmal etwas einkaufen und trafen unsympathische Deutsche. Leider wurde es zunehmend dunkel, und es ist deutlich schöner, mit 120 über eine helle Autobahn als über eine dunkle zu fahren. Das Fahren im Linksverkehr stellte sich aber glücklicherweise einfacher als gedacht dar, sodass zumindest hierin kein großes Problem lag, wenn man davon absieht, dass meine Mutter ein paar Mal einen Herzkasper bekam, weil ich (ihrer Meinung nach) zu weit links war.
Wir fuhren also im Dunkeln über Straßen, meistens in der Mitte der Straße, weil links und rechts teilweise böse Schlaglöcher lauerten und kamen dann nach einer langen Fahrt bergauf schließlich in Clarens im Free State an. Dort fanden wir zügig unser Hotel, checkten nach kleinen Schwierigkeiten (die Rezeptionistin verstand "P" anstelle von "B" in meinem Nachnamen) und blieben kurz auf dem Zimmer, bevor es wieder zum Essen ins Foyer ging. Wir aßen sehr, sehr gut (Sushi bzw. Samosas als Vorspeise und Baby Chicken bzw. ein sehr leckeres Rinderfilet als Hauptgerichte) und tranken "Hansa"-Bier, durchaus genießbar. Ebenso genießbar war, dass England gegen die USA nur 1:1 spielte ... Danach ging es erst unter die Dusche (nach 60 Stunden sehr angenehm!) und dann ins Bett. Ich schlief auf der Stelle ein.
Am nächsten Morgen ging es früh in Richtung Lesotho, die Ausreise aus Südafrika und die Einreise nach Lesotho waren völlig problemlos. Es ist sehr merkwürdig, denn man überquert die Grenze zwischen Südafrika und Lesotho und fühlt sich in einer anderen Welt: Die Straßen sind dreckiger, die Wohngebäude weniger schön, dafür viel weiter ausgedehnt, sodass man kaum eine Strecke hat, an der kein Haus steht, während das in Südafrika sehr viel konzentrierter ist.
Die Landschaft ist dafür genauso fantastisch schön wie im Free State: Es ist nicht zu beschreiben und auch Fotos vermitteln keinen genügenden Eindruck, weil es zu traumhaft ist.
Wir fuhren durch den Golden-Gate-Nationalpark auf die Autobahn und von dort in Richtung Durban. Je näher wir Durban kamen, desto größer war die Konzentration von Deutschland-Fans ... Wir kamen in unserem von außen sehr schönen Hotel in einem Vorort von Durban an und waren schwupps wieder weg, weil andere Deutsche gerade auf dem Weg zum Stadion waren und der Hotel-Bus uns mitnehmen wollte/sollte. In der Hektik vergaßen wir Handy und Kamera und konnten keine Bilder von Durban oder vom Spiel machen. Schade ...
Durban: Toll. Strand: Toll. Mutter auslachen, weil eine Welle höher kommt als sie gedacht hatte: Toll. Dann selbst von der Welle erwischt werden: Weniger toll. Schlange fürs Klo im Food Court: Nicht so schön. Fischessen ebenda: Extrem lecker. Stimmung: Fantastisch. Einlass ins Stadion: Effizient. Stimmung im Stadion: Der absolute Hammer.
62.660 Mann mit geschätzten 30.000 Vuvuzelas (die übrigens gar nicht einen so furchtbaren Krach machen, klar, sie sind laut, aber es ist erträglich), die meisten Deutschland-Fans waren Südafrikaner (aber mit schwarz-rot-goldener Perücke, Vuvuzela, Bemalung, Trikot und Flagge). Es ist komisch, wenn man einen Deutschland-Fan in voller Montur anspricht und dann auf Englisch weitermachen muss, weil er kein oder kaum Deutsch kann ...
Spiel: klasse, wenn auch nach Herzinfarkt in der 3. Minute nach einer australischen Großchance. Unsere südafrikanische Sitznachbarin, mit der wir ins Gespräch kamen, fragte, wie wir Südafrika fänden. Die wahrheitsgemäße Antwort war: "Fantastic". Wir sollten es unseren Freunden erzählen, bat sie. Was wir hiermit tun und auch noch zu Hause oft genug tun werden. 4:0, tolles Spiel, fantastische Stimmung, ich plane schon für Brasilien 2014 ...
Danach mit dem Taxi nach Hause und ins Bett, nachdem wir unser Zimmer gefunden und nicht ganz so arg begeistert waren, da wir immerhin 180 € dafür gezahlt hatten, aber gut, Durban und in der Nacht nach einem WM-Spiel, da zahlt man keine Jugendherbergspreise.
Am nächsten Tag nach wider Erwarten im Preis inbegriffenen Frühstück auf die Autobahn in Richtung Norden, am Indischen Ozean entlang und dann ins Landesinnere, in Richtung Swasiland. Aus- und Einreise immer noch mühelos, wenn auch etwas bürokratischer als für Lesotho. Swasiland überraschend schön, auch angenehmer als Lesotho. Heute Abend im Hotel angekommen, Fußball geguckt (Japan - Kamerun). Jetzt gleich zu Abendessen und dann Paraguay gegen Italien anfeuern in einem sehr schönen Pub in einem sehr schönen Hotel mit tollem Ausblick auf die Umgebung von Mbabane, der Hauptstadt von Swasiland. In vier Tagen vier neue Länder, ein schöner Nebeneffekt ...
Wir sind restlos begeistert von Südafrika. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, jedenfalls im Moment nicht.
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