Meine Länder

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Donnerstag, 10. April 2025

Der Kollege hatte absolut recht

Der Kollege wird (fast) nicht glauben, dass ich das öffentlich kundtue (wir frotzeln öfter mal miteinander), aber mit der Empfehlung und Erinnerung, dass Ronda in der Nähe meiner Reiseroute liegt, lag er goldrichtig - ich war zwar nur kurz in Ronda, aber die Stunde, die ich da war, war ganz grandios - und Gibraltar war auch schön, aber ganz schön windig ... Jetzt sitze ich am Ende des Tages in einer kleinen Straßenbar im Osten von Sevilla, hier spricht keiner Englisch, aber mein Spanisch ist passiv noch einigermaßen vorhanden und aktiv, naja, bisher habe ich immer gekriegt, was ich wollte, auch die cerveza morena (das dunkle Bier) anstelle des Pils.

Verschlafen habe ich heute Morgen auch noch, weil mein Handy komplett ausgestiegen war - das ist mir noch nicht passiert, und das sollte übermorgen und am Sonntag definitiv nicht passieren, aber ich hoffe noch, dass das ein einmaliger Ausrutscher war. Am Ende waren es aber nur zehn Minuten, um die ich verschlafen habe, meine innere Uhr ist inzwischen ganz gut, und als ich den Vorhang zurückzog, der mein Zimmer verdunkelte, sah ich das erste Mal - nach der zweiten Nacht im Hotel - das Meer bei Tag vom Balkon. Herrlich!

Jetzt war die Sonne im Begriff, durch die Wolkendecke zu stoßen, und ich wollte an der Costa del Sol mal gucken, was das Mar so macht, also warf ich mich in Badehose und Flipflops (und das Hemd vom Anreisetag) und marschierte - durch die mit Zimmerkarte zu öffnende Tür - zum Strand. Ein paar Jogger waren zu sehen, sonst niemand, und am Strand war sowieso keiner. Ich ließ die Flipflops stehen und ging mit dem Wunsch, vielleicht wirklich schwimmen zu gehen, ans Wasser. Meine Füße und Knöchel wurden gerade vom Salzwasser umspült, als ich von dem Wunsch absah - es war jetzt nicht eiskalt, aber schon kalt, sodass ich mit den Füßen im Wasser stehen konnte, aber nicht weiter reinwollte ...

Die Duschen am Strand waren leider nicht angeschaltet, aber die Fußwäsche des Hotels funktionierte, sodass ich mit sauberen, wenn auch nassen Flipflops zurück aufs Zimmer marschierte. Die Dusche war wunderbar (zumal ich gestern Abend doch nicht mehr geduscht hatte), ich packte und ging zum Frühstück. Dort verspeiste ich - wenn ich schonmal in Spanien bin - Serrano-Schinken auf Brötchen, und gegen 9.30 Uhr checkte ich, nachdem ich mein Gepäck geholt hatte, aus.

Ich entschied ich, zuerst nach Ronda und danach nach Gibraltar zu fahren, und wegen einer Streckensperrung musste ich einen kleinen Umweg machen, sodass ich direkt an meinem Hotel auf die Autobahn in Richtung Málaga fuhr. Nach einer, ich weiß nicht, Dreiviertelstunde fuhr ich von der Autobahn ab, ab da ging es über kleine Sträßchen durch das ländliche und überraschend grüne Andalusien.

Kurz vor Ronda hatte ich ein spanisches Auto vor mir, aber die fuhren wie Deutsche (am Ende, in Ronda, stellte sich raus, dass das - natürlich - wirklich Deutsche waren). Woran merkte ich das? Nun, die Spanier stellen jede Menge Verkehrsschilder auf (gefühlt noch mehr als in Deutschland!), meinen die aber nicht wirklich ernst (sonst würden da keine 40-km/h-Schilder auf völlig freier Strecke stehen, nur weil von rechts eine gute einsehbare Einmündung kommt). Wir Deutschen sind es aber halt gewöhnt, dass unsere Straßenmeistereien nur Schilder aufstellen, die sie auch ernstmeinen, und also fuhren die Deutschen bei Schild 40 stur auch 40 (oder 45). Und weil die Straßen halt verwinkelt waren, konnte ich die auch nicht gut überholen ...

In Ronda mussten wir uns erstmal in die Innenstadt vorkämpfen, das klappte, auch ein Parkticket bekam ich (und wurde namentlich begrüßt, weil ich die App heruntergeladen und mit meinem Kennzeichen verknüpft hatte). Das Parkhaus war brutal eng, ich musste zum Kurvenfahren öfter als einmal nochmal zurücksetzen, aber am Ende fand ich einen wunderbaren Parkplatz.

Ich stieg empor auf die Plaza del Socorro - und war schon gleich einmal begeistert, weil das ein richtig schönes Plätzchen ist. Ich lief in Richtung eines Aussichtspunktes, verfehlte diesen vor lauter Quatschen (am Telefon mit meiner Bonusoma und meiner Ma), landete am Ende an der Puente Viejo, der Alten Brücke, und hatte einen grandiosen Blick auf die Schlucht, die Teil von Ronda ist. Mir fehlte aber noch der Blick auf die Brücke, die die beiden Seiten der Schlucht verbindet und die ich von Ronda vor Augen hatte, also marschierte ich den steilen Anstieg hoch zurück in die Stadt - und wurde von Touristen erschlagen. Unfassbar, was da heute los war. Ein paar Schritte die Straße runter kam ich aber zum - richtigen - Mirador und, voilà, da war auch die Brücke mit dem hohen Bogen, die ich unbedingt sehen wollte.

Ich kämpfte mich durch die Menschenmassen, machte ein paar Fotos und lief dann über ebendiese Brücke wieder in Richtung Auto. Ich kaufte kurz Getränke ein (dringend nötig) und ging dann - nach kaum einer Stunde in Ronda, ich komme wieder, ehrlich! - zurück zum Auto.

Gestern in Algeciras (bei einer anderen Parkhausgesellschaft) hatte das mit der App wunderbar geklappt, da wurde beim Ausfahren (nachdem ich das geschnallt hatte) mein Kennzeichen gelesen und ich durfte ausfahren. Hier in Ronda versuchte ich das Gleiche - und scheiterte kläglich. Am Ende stellte sich heraus, dass ich trotzdem mit der App das Parkticket hätte scannen und dann noch explizit bezahlen müssen. Das wusste ich halt nicht (diese Regelung in an sich sinnvoller als die von gestern, gerade für Mietwagen, weil da nicht versehentlich ein Nachbesitzer auf den Vorbesitzer Parkgebühren abdrücken kann, wenn Letzterer vergisst, sich abzumelden), also stand ich vor verschlossener Schranke. Der Aufseher erklärte mir das Problem - ich verstand das meiste, dankte ihm dann für die - angesichts der Umstände - wirklich relativ freundliche Erklärung, verabschiedete mich mit Handschlag von ihm und machte, dass ich wegkam.

Ich machte drei Kreuze, als ich aus Ronda draußen war, weil das da schon eng ist und man, wenn man nicht aufpasst wie ein Schießhund, schnell mal Fußgänger auf die Schippe nehmen könnte. Jetzt ging es über die Carretera del montaña oder so, und da war regelmäßig 40 oder maximal 50 ausgeschildert. Freunde, so wird das nix, zumal ich selbst mit 20 über der Begrenzung ein Verkehrshindernis war ..., äh, halt, stopp, gewesen wäre natürlich ...

Nachdem mich ein Abschleppdienst überholt hatte, hatte ich aber die Strecke zunächst fast für mich allein, fuhr an wunderschön aussehenden kleinen Bergdörfern wie Atajate und Benadalid vorbei, die mit ihren weißen Häusern und ihrem Kopfsteinpflaster in einem anderen Leben eigenständige Touristenziele wären. Problem an der Strecke war, dass da auch der eine oder andere Lkw fuhr, und die zu überholen war schwierig. Einmal hielt ich an einem Aussichtspunkt hat, hatte aber dann das Pech, dass die Leutchen, die unmittelbar vor mir an dem Punkt standen, dann auch unmittelbar vor mir weiterfuhren - waren, glaube ich, auch Deutsche ...

Am Ende landete ich aber wohlbehalten nach einer wunderbaren Fahrt auf der Autobahn in Richtung Süden und fuhr bald darauf ab in Richtung La Línea de la Concepción.

Nach ein bisschen Gegurke konnte ich am Stadion kostenfrei parken und stieg aus. Fast wurde ich umgepustet, denn das Wetter war umgeschlagen: Hatte ich in Ronda noch wunderbarstes Wetter gehabt, war es auf der Fahrt immer weiter zugezogen, und in La Línea stürmte es fast bei bewölktem Himmel. Mir war's wurscht, ich lief am Meer entlang in Richtung Grenzübergang und kam dort nach vielleicht 20 Minuten Spaziergang an.

Die spanische Ausreise funktioniert elektronisch (und den Grenzern ist da anscheinend vieles egal), die gibraltarische Einreise ist ein einziger Witz: Du läufst mit Pass - auf der Fotoseite geöffnet - im Anschlag an den Grenzern vorbei, ohne anzuhalten, die richten einen flüchtigen Blick auf dein Dokument (wenn du Glück hast), und schon bist du in Gibraltar eingereist. Halleluja! Zum ersten Mal seit fast 27 Jahren (ja, so alt bin ich schon!) war ich in dieses britische Überseegebiet eingereist.

Irgendwo hatte ich gelesen, dass sie auch für Fußgänger einen Tunnel unter der Flughafenlandebahn gebaut hätte, aber davon sah ich nix, denn wir liefen - in Scharen! - bald nach der Grenze über den Flughafen. Eine British-Airways-Maschine war kurz vor meiner Ankunft gelandet, aber davon bekam ich beim Überqueren der Landebahn schon nichts mehr mit. Menschenmassen bewegten sich nach Gibraltar hinein, und an der dritten Ampel wählte ich einen anderen Weg als die anderen (war natürlich mehr oder weniger ein Fehler). Jedenfalls kam ich nicht auf dem allerdirektesten Weg am Grand Casemates Square an, aber ich kam an.

Und da, liebe Leserin, lieber Leser, ist das pralle Leben der Touristenfallen, es ist herrlich. Ich schnorrte mir ein kostenfreies WLAN und guckte nach schönen Kneipen, dann lief ich die Fußgängerzone ein bisschen hoch und in eine Seitengasse rein, denn da befindet sich die angeblich älteste Bar Gibraltars. Ich setzte mich an den Tresen, die Chefin - ich meine, eine Polin - war sehr umtriebig, die spanische Barkeeperin nicht ganz so, aber ich bekam mein Bier und konnte auch - ich war schließlich in einem britischen Überseegebiet - Fish & Chips bestellen.

Holla, die Waldfee, das war eine Portion Fisch, von der eine ganze britische Garnison satt geworden wäre (und ich tatsächlich auch!), auch wenn die Erbsen - handgezählt 28 - und die Chips nicht ganz so umfangreich waren. Das tat dem Genuss aber keinen Abbruch, denn der Fisch war wunderbar. Ich rechnete ein bisschen wegen des Alkohols herum, entschied mich, noch ein in Gibraltar gebrautes Bier zu verspeisen, und verließ dann geraden Schrittes das Etablissement.

Es ging weiter die Fußgängerzone hoch, vorbei an vielen Geschäften, die man in jeder britischen High Street sieht (Marks & Spencer darf nicht fehlen!), vorbei am Rathaus und dem gibraltarischen Parlament, bis hoch zum Gouverneurspalast. Dort drehte ich um, marschierte - unter gelegentlicher Einnahme einer Sitzbank - wieder runter zum Grand Casemates Square und folgte diesmal den vielen anderen Fußgängern zum richtigen Durchgang.

Es ging wieder zur Landebahn, über selbige hinweg, eine gibraltarische Ausreise gibt es nicht, die spanische Einreise war wieder elektronisch, um 17.26 Uhr war ich wieder in Spanien und gegen 18 Uhr - wieder gut durchgepustet (ich hatte zwar ein Sakko dabei, trug das aber auf dem Arm mit mir herum, während viele Gibralter und Spanier dick eingepackt waren ...) - am Auto. Ich entschied, dass genug Zeit zwischen Alkohol und Abfahrtszeitpunkt war, fuhr durch den Stadtverkehr von La Línea in Richtung Autobahn, fand unterwegs auch endlich den Tempo-Limiter, sodass ich auf dem Gaspedal bleiben konnte und meinen Fuß nicht so anwinkeln musste, dass ich fast einen Krampf kriege, und rollte so die verbleibenden zwei Stunden über meist gute, manchmal aber brutal schlaglochbehaftete Autobahnen in Richtung Sevilla.

In Sevilla war die Hölle los, ein bisschen Stau, ein Spurwechsel funktionierte nur mit Reindrängeln und Hand-zum-Dank-Heben, aber irgendwann bog ich recht ab, fuhr geradeaus, nahm keine Fußgänger auf die Schippe und bekam die Ansage "Sie haben Ihr Ziel erreicht". Jo, gute Frau, das mag schon sein, aber da fand ich beim besten Willen keinen Parkplatz. Ich drehte einmal im Karrée, fand vor einem Mülleimer einen guten Platz (Rückwärtseinparken mit Kamera ist schon gut) und lief die verbleibenden 100 Meter zu meiner Unterkunft.

Der junge Chef spricht nur Spanisch, aber das bekamen wir hin, er meinte, es gäbe einen Privatparkplatz, also holte ich das Auto, fuhr über einen Bordstein zwischen zwei parkenden Autos hoch auf den Gehweg (war alles eng und knapp, aber erfolgreich), und nun steht das Auto im Hinterhof meiner Unterkunft, was mir nach den Erfahrungen aus St. Étienne sehr recht ist.

Er zeigte mir mein Zimmer, das einfach ist, aber alles hat, was man braucht, das passt sehr gut. Vom Balkon rief ich meine Ma an und lief dann in Richtung der Bar, die der Chef mir empfohlen hatte. Eigentlich wollte ich kein großes Abendessen mehr einnehmen, aber die kleinen Tintenfischtuben lachten mich einfach an, sodass ich die bestellte. Für 9 Euro bekam ich eine sehr vernünftige Portion, trank - window shopping - ein am Nebentisch gesehenes Ale und studierte dann doch noch einmal die Karte. Ich googelte ein paar Bezeichnungen - und war dann neugierig/verfressen/verrückt/sucht es euch aus, sodass ich noch ein Salmorejo, eine kalte Tomatensuppe, und einen Kabeljau in süßer Kürbiscreme probierte. Der Kabeljau war lecker, die Kürbiscreme sehr lecker, aber der Salmorejo war ernsthaft fantastös - unglaublich, unfassbar, monstermäßig lecker. Nam, nam, den esse ich nochmal (obwohl das wohl aus Córdoba kommt und nicht aus Sevilla, aber das war grad egal).

Jetzt sitze ich hier - um 23 Uhr - immer noch völlig entspannt draußen, genieße mein - versprochen! - letztes Bier und werde morgen versuchen, wirklich ein bisschen auszuschlafen.

Auch heute war ein ganz grandioser Tag in einem bisher ganz grandiosen Urlaub, das macht richtig, richtig Spaß ...


Kabeljau in Kürbiscreme

Salmorejo

Tintenfisch

Kneipe in Sevilla

Landebahn in Gibraltar 

Fußgängerweg

Very British 

Lokales Bier

Lokale Speise

Grand Casemates Square 

E. T. nach Hause ... (kennt noch jemand den Film)

The Rock

Leben am Limit

Ronda

Auch Ronda

Tor in Ronda

Kirche in der Nähe der Alten Brücke 

Plaza del Socorro 

Good morning, Costa del Sol


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