Meine Länder

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Sonntag, 1. Juli 2012

Eine mittlere Weltreise

... habe ich gestern zumindest gefühlt unternommen.

Nach halbwegs zeitigem Aufstehen und dem Genuss des Frühstücks im Hotel machte ich mich auf zum Darajani-Markt und dem gegenüberliegenden Dalla-Dalla-Bahnhof. Wieder einmal verlief ich mich und kam nach einigem Zick-Zack-Gelaufe schließlich dort an, wo ich hinwollte. Der Darajani-Markt ist, nunja, gewöhnungsbedürftig. Die Früchte sind völlig in Ordnung, aber in der einen Markthalle wird Fleisch verkauft, und, hm, der Geruch von oben herumhängendem Fleisch auf halbnüchternen Magen war jetzt nicht unbedingt etwas, was ich jeden Tag erleben muss.

Ich irrte ein wenig auf dem Dalla-Dalla-Bahnhof herum, weil der Bus, den ich nehmen wollte, nicht zu finden war, wurde dann aber angequatscht und (für ein kleines Trinkgeld) zum richtigen Dalla Dalla gebracht. Der conductor wollte mich aber abzocken (und verlangte mehr als das Dreifache des Preises), sodass ich ihn stehenließ und noch einmal eine Runde ging. Im zweiten Versuch bei einem anderen conductor klappte alles wunderbar.

Ich stieg also in das Gefährt ein, das aus einem Führerhaus und einem überdachten Sitzbereich bestand: Auf der Stirnseite war eine Bank, und im rechten Winkel waren jeweils zwei weitere lange Bänke angebracht, sodass offiziell 20 Menschen, inoffiziell nach meiner Zählung etwa 30 (plus zwei Kleinkinder) Platz fanden. Das Ganze war sehr eng, aber in gewisser Weise auch sehr lustig. Wenn da einer mit einem (lebenden!) Huhn in der Hand zusteigt oder ordnungsgemäß verhüllte Frauen dicht and dicht neben jungen Männern sitzen, eine Frau ihrem Kind (unter dem Gewand natürlich) die Brust gibt und allerlei Gepäck im Gang steht, auf das man sich im Zweifelsfall auch setzen kann, dann ist das wahrscheinlich Sansibarer Leben, wie man es selten so hautnah (im wahrsten Sinn des Wortes) mitbekommt. Wir fuhren gute eineinhalb Stunden für 1500 Schilling (75 Cent), und ich war heilfroh, als ich endlich aus dem Ding aussteigen konnte, weil selbst ich schon für dieses Gefährt zu groß war: Das eingezwängte Sitzen drückt ganz schnell auf den Gesäßmuskel, und das klingt lustiger als es ist.

Nun war ich also in Matemwe im Nordosten Sansibars gelandet und lief erstmal in die Richtung von ein paar Hotels, um einen Zugang zum Strand zu finden. Das Problem ist, dass die Strandlinie völlig mit Hotels zugebaut ist (und man keine "öffentlichen" Strandzugänge hat), während dahinter dann ein sehr ursprüngliches Einheimischen-Dorf ist (in dem man sehr oft mit Jambo gegrüßt wird und die Kinder vor Verzückung über einen mzungu ihr rudimentäres Englisch ausprobieren). Ich fragte schließlich in einem Hotel nach, ob ich dort an den Strand könne, was mir mit Verweis auf ausgebuchte Zimmer (?!) verweigert wurde. Am anderen Ende des Dorfes fand ich nach einigem Suchen und durch den Busch hindurch schließlich einen Zugang an den Strand.

Hm, natürlich, sehr, sehr schön, aber ich muss gestehen, dass der Strand da im Süden von Daressalaam mich wirklich umgehauen hat. An sich wäre es ja ganz schön, wenn man ganz einsam am Strand ist wie ich es im Wesentlichen war, aber der Reiseführer hat mit seinem Avoid isolated places auch bei mir Spuren hinterlassen. Die wenigen Fischer und Kinder, die vorbeikamen und mich beim Umziehen beobachteten, waren allerdings völlig harmlos, das Wasser war, wie immer, toll.

Nach dem Verlassen des Wassers ließ ich mich lufttrocknen, während ein alter Mann mir ein paar Muscheln verkaufen wollte, was ich aber ablehnte, obwohl da ein paar schöne dabeiwaren. Ich lief anschließend (Jambo, mzungu!) wieder zurück zur Kreuzung im Ort, von wo die Dalla Dallas abfuhren. Meiner war schon in Matemwe gerammelt voll, leerte sich dann aber glücklicherweise, je mehr wir in Richtung Sansibar-Stadt kamen. Mein Mittagessen fiel ins Wasser, weil mein Lieblingslokal gerade zumachte (Mittagspause), sodass ich mich auf die Dachterrasse meines Hotels setzte und mir eines der Hemingway-Bücher (auf Deutsch!) mit Kurzgeschichten anguckte. Praktischerweise ging es da um Safaris, und natürlich ist es ganz schick, wenn in der Geschichte die Rede von Arusha oder Nairobi ist, Städte, in denen ich gerade erst war.

Zum Abendessen ging ich dann wieder in mein Stammrestaurant, aß einen Garnelen-Avocado-Wrap und trank wieder meine zwei Säfte (diesmal Mango und Banane, hmmm). Danach ging ich ins Hotel und sehr früh ins Bett.

Heute Morgen schlief ich aus und sitze nun seit einer Stunde wieder auf der Dachterrasse mit einem grandiosen Ausblick auf den Indischen Ozean. Ich habe nicht vor, heute großartig ins Schwitzen zu kommen. Heute ist wirklich Urlaub angesagt, gleich werde ich eine Kleinigkeit essen gehen, dann vielleicht ein bisschen in der Stadt rumlaufen (oder auch die Dachterrasse wieder aufsuchen) und gegen Abend dann auf ein Bierchen und eine weitere Kleinigkeit wieder an die Strandpromenade gehen. Es ist schön, mal wieder kein großes Programm zu haben ...

Morgen habe ich noch einmal den Großteil des Tages hier auf Sansibar, ehe meine Fähre um 15.30 Uhr rüber nach Daressalaam geht. Nach meiner Ankunft werde ich wohl gleich ins Bett gehen, weil ich übermorgen schon um 1 Uhr ein Taxi zum Flughafen nehmen will. Mein Flug geht um 3.45 Uhr. Um 10.50 Uhr bin ich Istanbul und fahre in die Stadt, ehe es dann um 19.30 Uhr weiter in Richtung Stuttgart geht. Dort werde ich  um 21.30 Uhr (deutscher Zeit) eintreffen.

Mein Reiseführer war sehr gut, wenn auch drei Jahre halt eine lange Zeit sind zwischen Erscheinen und Nutzen. Gelegentlich war er unfreiwillig komisch: Try not to look like a tourist. Ja, klar, als Weißer in Schwarzafrika, Freunde!

Ein Fazit und ein ganzer Haufen Bilder wird dann hoffentlich am 4. Juli hier erscheinen.

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