... worden bin ich gestern im Atomkraftwerk in Leibstadt, und das Beste (oder Schlimmste) war, dass ich nicht einmal etwas dafür konnte. Ich hatte nämlich - verbotenerweise - mein Handy (und meine Bluetooth-Kopfhörer) in meiner Jacke, aber dass das verboten war, wusste ich nicht: Die Führerin hatte mir das - im Gegensatz zu allen anderen Tourteilnehmern - nicht gesagt, weil ich viel zu früh vor der Führung da war und sie es bei mir - als erstem Ankömmling - schlicht vergessen hatte. Nun bin ich nicht jeden Tag in einem Atomkraftwerk und wusste das also auch so nicht (zumal auf Google das eine oder andere Bild von einem Kontrollraum existiert).
Fehler passieren, sollte man meinen, und die sind da auch mit Schließfächern direkt an der Sicherheitsschleuse entsprechend eingerichtet, aber der Wachmann meinte, mir zeigen zu müssen, was für ein Idiot (und Schwerverbrecher) ich sei, weil ich ja - "offenbar" - nicht richtig zugehört hätte. Der Führerin war das "gar nicht recht", wie der Typ mit mir umgegangen war, und sie bat mich mehrfach um Entschuldigung, aber ihr mache ich ja gar keinen wirklichen Vorwurf, nur weil sie einen Hinweis vergessen hat.
Alles in allem also ein etwas größerer Wermutstropfen in der ansonsten sehr spannenden Führung dort im Kernkraftwerk ...
Aber fangen wir, vielleicht, ausnahmsweise, mal am Anfang des insgesamt sehr ereignisreichen Tages an: Ich fuhr - mit dem Auto - nach Erzingen und stellte am dortigen Bahnhof das Auto ab. Theoretisch wäre ich auch mit Bus und Bahn nach Waldshut (meinem ersten richtigen Ziel) gekommen, aber am Wochenende ist das von Bonndorf aus immer eine mittlere Weltreise - kein Wunder, dass hier jeder Auto fährt, wenn man am Wochenende kaum in die Kreisstadt kommt.
Ich hatte noch ein bisschen Zeit und lief zur Grenze. An der Grenze stand aber nur so eine große Säule, kein richtiger Grenzstein, und nur hinten im Feld konnte ich einen echten Grenzstein erkennen. Ich suchte und suchte nach dem in der Karte eingezeichneten Grenzstein direkt an der Straße, bis ich feststellte, dass ich draufstehe: An der deutsch-schweizerischen Grenze gibt es manchmal (wie in Büsingen und Konstanz) im Boden eingelassene Grenzmarken, und eine solche hatte ich hier auch entdeckt - Nr. 299 Baden-Schaffhausen mittlerer Kantonsteil war somit verzeichnet.
Ich stiefelte zurück zum Bahnhof, kaufte mir noch ein Frühstück und fuhr dann mit der Bahn durch den Nebel nach Waldshut, wo mich plötzlich strahlender Sonnenschein erwartete. Ich stiefelte - nachdem ich mich kurz verlaufen hatte - hinunter zum Rhein und setzte mich - ich war heute oft zu früh - auf die Bank neben dem Fähranleger, denn ich wollte von Waldshut (Deutschland) hinüber nach Full (Schweiz). Es wäre etwas kalt gewesen, den Rhein schwimmend zu durchqueren, also wartete ich auf die Fähre - der Fähranleger war übrigens schön mit "Zoll / Douane"-Schild und Gummiadler ..., äh, Hoheitskennzeichen der Bundesrepublik Deutschland gekennzeichnet, alles hochoffiziell, alles wunderbar ...
Pünktlich um 11 Uhr (die Fähre fährt, wenn sie fährt, zur vollen Stunde) ging es rüber, kein Mensch trug Maske (außer mir, höhö, höhöhöhö, hust, hust) und kein Mensch zahlte ... Öhm?! Jedenfalls saßen wir da zu fünft auf der Fähre, schipperten die zwei Minuten hinüber in die Schweiz, und beim Aussteigen zeigte ich dem Kapitän dann doch an, dass ich noch zahlen wollte (ich hatte gedacht, der kassiert so ab, keine Ahnung, jedenfalls musste er erstmal nachschauen, was die einfache Überfahrt kostet: 2,90 Euro ist die Antwort ...).
Nun war ich also in der Schweiz angekommen und wanderte - WM-Radio hörend, Kopfhörer, verstehste - am Rhein entlang, war viiiiiiiel zu früh, setzte mich daher - es war so sonnig, dass ich die Kapuze meines Anoraks überzog, um mir nicht den Schädel zu verbrennen - auf eine Bank am Rhein und guckte auf die Vögel und die (unbenannte?) Insel (die zur Schweiz gehört) im Rhein. Ein Schwan kam immer mal in meine Richtung, weil er hoffte, dass ich was zu futtern hätte (hatte ich nicht), ein Hund, der zu einer Reiterin gehörte, begutachtete mich zweimal, ansonsten hörte ich das Spiel zu Ende und machte mich dann auf in Richtung Leibstadt.
Ich musste, um zum Informationszentrum zu kommen, erst an einem alten Weltkriegsbunker vorbei und dann einen steilen Anstieg hochkraxeln und war dann gegen 13.20 Uhr (um 14 Uhr war die Führung) im Informationszentrum, wo ich mich schon einmal umschaute.
Um 14 Uhr ging es los, mit Filmchen und zwei 3D-Vorführungen - eine zum Endlager, das gebaut werden soll, eine, in der das Innere des Kraftwerkes, zu dem man keinen Zutritt hat (vor allem dann nicht, wenn der Reaktor geöffnet wird ...), gezeigt wird. Auch die Ausstellung an sich war hochspannend, auch wenn gar nicht genug Zeit war, um sich das alles genauer anzuschauen, aber wenigstens habe ich jetzt eine genauere Vorstellung davon, wie so ein Siedewasserreaktor funktioniert.
In der Pause gab es Rivella und Süßigkeiten - das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.
Nach dem Malheur mit der Sicherheitskontrolle ging es dann zum Hauptkontrollraum, der in 1980er-Jahre-Optik daherkommt - auch das war sehr interessant, gerade weil die Führerin auch meinte, dass es da normalerweise ziemlich langweilig sei ...
Ein letzter Ausflug zum 144 Meter hohen Kühlturm folgte, in dem das Rheinwasser, das zur Kühlung des Wassers im Primärkreislauf eingesetzt wird, dann als Wasserdampf wieder in die Atmosphäre freigesetzt wird. Nach dem Rückweg zurück ins Informationszentrum und der Abgabe der Helme marschierte ich - als Einziger wandernd - aus dem Gelände heraus in Richtung des Rheinkraftwerks Albbruck-Dogern. Dort überquerte ich - schon im Dunkeln - die Grenze und lief in Richtung des Dogerner Industriegebietes.
Mein Bus verzögerte sich, sodass ich ein paar Schritte weiterlief zur Linde in Dogern, weil dort der - schnellere - Schienenersatzbus durchfahren würde. Der kam zwar auch verspätet, aber nicht so dramatisch, sodass ich in Waldshut noch den Anschluss nach Erzingen erwischte. Dort guckte ich nochd das Frankreich-Spiel zu Ende und fuhr dann zurück nach Bonndorf.
Beim Dönermann vergaß ich noch meinen Geldbeutel auf dem Tresen, aber zum Glück stürmte einer hinter mir und drückte mir mein Portemonnaie wieder in die Hand - vielen Dank!
Joa, das war ein spannender, anstrengender, faszinierender Tag im Atomkraftwerk mit ein paar Grenzüberquerungen an interessanten Stellen - schick ...
Begrüßungssäule kurz hinter Erzingen |
Grenzmarkierung |
Kraftwerk, Rheinfähre, Anleger mit Gummiadler |
Reaktorgebäude und Kühlturm |
Vom Wehr des Rheinkraftwerks |
Grenzmarkierung auf dem Stauwehr |