Nachtrag: Ein paar Links.
Jaja, Lahore. Wir waren dann am Abend noch in der Sufi-Qawwali-was-auch-immer-Singstunde und wurden ueberschwaenglich begruesst. Irgendwann bald nach Anfang der Zeremonie schliefen mir und anscheinend auch den anderen, die mitgefahren sind, die Fuesse ein; unser Aufpasser vom Hostel fuehrte uns hinaus in eine Teestube, um den eigentlichen Gesang abzuwarten. Dort lernten wir den Director einer Stiftung kennen, der uns ueberschwaenglich sein "Hospital" zeigte. Es handelt sich um eine groessere Arztpraxis, aber ich vermute fast, dass das in der aermeren Gegend in den Aussenbezirken von Lahore schon eine grosse Verbesserung gegenueber dem vorherigen Zustand ist. Jedenfalls kam dann der Gesang und das Dach war voll besetzt, aber wir wurden bis vorne zur Buehne geholt, wo wir gleich nach dem Obermufti, dem Mufti und dem Untermufti (oder so aehnlich) die vierthoechsten Ehrengaeste waren. Wieder schliefen mir die Fuesse ein, eingezwaengt zwischen Buehne und Menschen kauernd, aufpassend, dem Obermufti nicht die Fuesse entgegenzustrecken (im Islam eine Beleidigung) und immer wieder die Position wechselnd, wenn den Saengern Geldscheine ueber die Instrumente geworfen wurden ... Der Gesang an sich war uebrigens, nunja, interessant. D. fragte mich noch, ob ich nochmal hingehen wuerde, wenn ich wuesste, was auf mich zukaeme. Unser Gespraech wurde unterbrochen ...
Die Heimfahrt ist eine Geschichte fuer sich. Nachdem wir zunaechst erlebt hatten, wie zwei Frauen von ungefaehr zehn Maennern belaestigt wurden, nahmen wir eine Grossrikscha zurueck zum Hostel. Nun, dort ist ein Fahrerstuhl, eine Reihe fuer drei Menschen vorne und eine hinten (mit Blick nach hinten). Mit diesem Gefaehrt fuhren ungefaehr elf Menschen mit: Einer von uns (ein verrueckter Franzose - eigentlich waren alle drei Franzosen in dem Hostel verrueckt) hing sich erst an die Rikscha hinten dran, und als ihm das angesichts der Schlagloecher zu bunt wurde, setzte er sich D. und mir auf den Schoss. Wieder Beine eingeschlafen ... Wir kamen aber gluecklich im Hostel an.
Am naechsten Morgen checkte ich aus, und D. und ich (D. bleibt noch ein paar Tage in Lahore) fuhren in die Altstadt, liefen ein wenig durch die Basare, schauten uns die Badshahi-Moschee gegenueber dem Fort an (eine der groessten Moscheen der Welt, wobei D. nicht ganz unzutreffend meinte, man brauche ja nur einen Riesen-"Acker" zu ummauern und nach Mekka ausrichten, dann habe man eine Moschee), wollten in einen Hindu-Tempel ("no entry") und guckten uns noch den Turm an, der zu Ehren der Gruendungsdokumente Pakistans in Lahore steht. Der Aufzug hoch ist laut Lonely Planet geschlossen, weil es zu viele Selbstmorde gab ... Unten erklaerten uns dann auch zwei Jugendliche leicht widerspruechlich, hier sei es total sicher, aber es sei eine Taliban-Hochburg und es gebe Anschlaege. Naja, wahrscheinlich haben sie das Gleiche gemeint: Dass es total sicher ist. Oder so.
Ueberhaupt: Grundsaetzlich muss ich sagen, dass die Pakistaner sehr, sehr freundlich sind. Manchmal etwas gewoehungsbeduerftig, aber sehr freundlich und sehr neugierig auf Fremde, was gelegentlich, aber eher selten auch auf den Senkel geht, aber wenn man keine Haendeschuettel-Allergie hat, geht das auch, denn Haende schuetteln muss man oft, sehr oft.
Danach fuhren wir zurueck ins Hostel, ich holte mein Zeug und ab ging es mit Bus 3 und 4 ueber den Bahnhof nach Wagah und von da mit dem Minibus zur Grenze. Widerspruechliche Angaben (mal wieder) zur Grenzschliessungszeit liessen mich etwas frueher aufbrechen als ich es fuer notwendig hielt, aber das war keine Minute zu frueh. Ich kam als Letzter (!) an diesem Tag aus Pakistan raus (aber nicht als Letzter nach Indien rein, weil ich im neutralen Gebiet noch eine indische Reisegruppe ueberholte ...) und wurde von den indischen Grenzern schon mit grimmiger Miene zur Eile angetrieben ... Nach der Grenze kehrte ich erst ein und dann um: Ich wollte direkt zurueck zur Grenze, um die Grenzschliessungszeremonie zu beobachten. Aehm, ich merke gerade, das klingt komisch. Also: Die pakistanisch-indische Grenze ist lang: Zwischen erster Kontrolle auf pakistanischer Seite und letzter Kontrolle auf indischer Seite liegen sicher ein Kilometer und etwa eine dreiviertel Stunde Buerokratie: Pakistanische Einlasskontrolle in die Grenzzone, pakistanischer Zoll, pakistanische Grenzbeamte, pakistanische Ausreiseeintragung (in ein richtiges Buch!), Uebertritt der eigentlichen Grenze mit Den-Soldaten-den-Pass-mit-Ausreisestempel-Zeigen, indische Eintragung (auch in ein richtiges Buch!), indische Grenzbeamte, indischer Zoll, indische Auslasskontrolle aus der Grenzzone. Achso, und wenn dann der pakistanische Grenzer seinen Stempel nicht findet, wird's schonmal kribbelig, wenn die Zeit eng wird ;-). So, nach mir war die Grenze dann faktisch zu, man konnte sie also nicht mehr ueberqueren. Nach kurzer Zeit werden aber die Grenzzonen auf pakistanischer und indischer Seite wieder geoeffnet (nicht aber die Grenze!), damit die vielen (vielen!) Schaulustigen die formelle Grenzschliessung sehen koennen: Man kann also an die Grenze, aber nicht mehr ueber die Grenze.
So, zu dieser Grenzschliessungszeremonie kam ich aber mit meinem Rucksack nicht mehr rein, also musste ich den unterstellen. Ein findiger Wirt an der Grenze bot mir gleich an, dass ich den Rucksack bei ihm unterstellen koenne und fand gleich ein triftiges Argument, mich bei ihm niederzulassen: Bier (ich weiss, dass da gerade in der Naehe des Steinwegs jemand grinst). Jedenfalls versorgte er mich mit Bier (Haywards extra strong, mindestens 5,25 Prozent, lecker, aber eben stark). Er sagte aber, ich solle das Bier in ein Glas schuetten und die Flasche dann auf den Boden stellen. In Punjab ist offenbar der Genuss von Alkohol in der Oeffentlichkeit untersagt ... Jedenfalls bekam ich auch ein paar Samosas (Teigtaschen mit Kartoffel-und-was-weiss-ich-noch-Fuellung) und liess mich dann zu einer Taxifahrt im Anschluss an die Grenzschliessung ueberreden, bezahlte aber einen durchaus akzeptablen Preis dafuer.
Die Grenzschliessung an sich ist ganz lustig, auch wenn Europaeer mit diesem nationalistischen Zeugs nicht mehr so viel anfangen koennen, glaube ich. Im Lonely Planet stand was von "to out-shout the other side". Ich wusste nicht, was ich mir darunter vorstellen musste, aber die bruellen tatsaechlich gegenseitig ueber die Grenze, und welcher Soldat laenger den Vokal bruellen kann, dessen Seite hat gewonnen, oder so aehnlich. Jedenfalls hat es mich aber gefreut, mal wieder tanzende Frauen zu sehen.
Naja, nach der Grenzschliessung dann zurueck zu meinem Wirt, nochmal ein Bier (ich haette nach einer Woche Pakistan echt gedacht, dass man mich nicht ganz so leicht rumkriegt, aber ein Bier ...) und ein Tee, dann ins Taxi nach Amritsar. Dort nach einer Stunde Fahrt gut angekommen, in der Wechselstube mitbekommen, dass Deutschland im Hockey-WM-Halbfinale gewonnen hat, und zum Bahnhof. Dort zwei Stunden rumgessen. Ich hatte ja online eine Fahrkarte gekauft, aber dabei ein indische Fantasie-Handy-Nummer angegeben, da man nur nach Angabe einer solchen buchen kann. Daher wusste irgendein armer Teufel hier in Indien nix mit seiner Platzreservierungs-SMS anzufangen, aber eben ich auch nicht, wo ich sass. Ich musste also auf die Aushaenge warten, die dann endlich etwa 30 Minuten vor Abfahrt aushingen. Ich fand nach endlicher Suche meinen Namen und ging ins Abteil, wo schon ein einzelner Mann und eine Sikh-Familie sass. Kein Gespraech, kein gar nichts, aber das war mir in der Situation sehr recht. Ich verzog mich fuenf Minuten vor Abfahrt in mein Hochbett und ward nicht mehr gesehen, von der Fahrkartenkontrolle abgesehen.
Nach schlechtem Schlaf kam ich gegen 7 Uhr in Delhi an und ging erstmal ne Runde vor Taxi- und Rikschafahrern fluechten, bis ich mich schliesslich einem anvertraute, der mich nicht so ganz arg beschiss. Wieder nach Pahar Ganj gefahren, wieder ins Cottage Yes Please gewollt, wieder woanders hinschleppen lassen, aber das hier ist auch nicht so schlecht, vor allem schoen ruhig, was hier in Pahar Ganj eher selten ist: Das ist die Haupt-Basar-Gegend und dementsprechend brausen durch die groesseren Gassen auch nachts gerne mal die Motorikschas mit Hupen ... Die Bettwaesche sieht zwar nicht ganz so sauber aus, aber ganz sauber bin ich im Moment auch nicht mehr (ja, ich weiss, was ich gerade geschrieben habe). Ich freue mich auf die Dusche morgen Frueh!
Danach zum Ambedkar-Stadion gefahren (fahren lassen von einem ehrlichen Rikscha-Fahrer, nachdem ich ein Stueck gelaufen war), um meine Internet-Reservierung fuer die Karte fuer den Finaltag der Hockey-WM morgen in die richtige Karte umzutauschen. Habe dann auch gleich noch eine Karte fuer heute gekauft. Dann noch, um das Kulturprogramm heute mal anzufangen, zu Humayuns Grab fahren lassen: Weltkulturerbe, und das zu Recht. Schoene Mischung aus Taj-Mahal-Marmor und Rotes-Fort-Sandstein, sehr ansehnlich mit Park drumherum, in dem ich mich angesichts eines bevorstehenden Hitzschlags erstmal ein wenig erholt habe. Dann zum India Gate fahren lassen und von dort den kurzen Fussweg zum Hockey-Stadion. Man beachte: Karten umtauschen und kaufen an einem anderen Stadion als das Turnier!
Aehnlich intelligent verlief auch die Einlasskontrolle: Kameras sind verboten, und natuerlich hatte ich eine dabei. Die Sicherheitsleute liessen sich aber zum Glueck darauf ein, meine Kamera fuer mich aufzubewahren. Dafuer hatte ich dankbar sein wollen, merkte aber spaeter, dass alle Inder um mich herum ihre Handys und Kameras mit im Stadion hatten. Da war ich dann doch ein wenig sauer. Wenn ich Lust habe, schreibe ich den Organisatoren einen geharnischten Brief, aber nicht heute, weil ich morgen ja zum Finale noch ungeschoren reinkommen will (ohne Kamera ...).
Heute ging es um die Plaetze 5 bis 10. Im Spiel um Platz 9 besiegte Neuseeland Suedafrika im Siebenmeterschiessen, nachdem es in der letzten Aktion der regulaeren Spielzeit, einer Strafecke, zum 4:4-Ausgleich getroffen und die Verlaengerung ohne Tor geblieben war. Im Spiel um Platy 7, dem Highlight von der Stimmung her, unterlag Indien gegen Argentinien mit 2:4, bevor schliesslich Spanien mit einem 2:0 gegen Suedkorea sich den Platz 5 sicherte. Doch, Hockey ist ein schoenes Spiel, muss ich schon sagen, vor allem, weil die durch ein paar Regeln das Spiel schoen schnell machen: Der Ball muss zum Beispiel nicht zwingend ruhen bei einem Freischlag oder so und es wird sehr viel Vorteil laufen gelassen. Auch der Videobeweis, den es gibt, verzoegert das Spiel nur selten und dann nicht wesentlich, weil es regelmaessig um eine bedeutende Situation geht.
Heute wurde ich erst (vor Humayuns Grab) fuer einen Russen (wie schon in Syrien), dann im Stadion fuer einen Argentinier gehalten. Ich hoffe, dass ich morgen dank meiner Fahne (schwarz-rot-gold, kein Alkohol!) eindeutig identifiziert werden kann und werde.
Morgen ist Ausschlafen angesagt, dann geht es so gegen 15 Uhr oder so zum Stadion zum Spiel um Platz 3 und anschliessend gegen 20 Uhr steigt das Finale: Deutschland gegen Australien. Diese Begegnung hat es mir dieses Jahr angetan, im Juni werde ich bei der Fussball-WM die gleiche Paarung sehen ...
War mal wieder ein laengerer Eintrag. Jetzt geht es gleich ins Bett, glaube ich ...
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